DE19910650A1 - Auf HERV-LTR-Sequenzen basierende retrovirale Expressionsvektoren - Google Patents
Auf HERV-LTR-Sequenzen basierende retrovirale ExpressionsvektorenInfo
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Abstract
Die vorliegende Erfindung betrifft retrovirale Expressionsvektoren mit zellspezifisch regulierbaren Promotoren. Die Vektoren sind beispielsweise zur zellspezifischen Expression therapeutisch wertvoller Gene im Rahmen einer Gentherapie einsetzbar. DOLLAR A Die Erfindung beschreibt retrovirale Expressionsvektoren, enthaltend zumindest die nachfolgenden Elemente in funktioneller Anordnung: DOLLAR A a) DNA-Sequenzen zur Verpackung der Vektor-RNA und zur zellspezifischen Expression von Proteinen oder Peptiden, die von heterologen DNA-Nukleotidsequenzen kodiert werden; DOLLAR A b) eine oder mehrere für ein Protein oder Peptid kodierende DNA-Nukleotidsequenzen, dadurch gekennzeichnet, daß die DNA-Sequenzen zur zellspezifischen Expression eine zellspezifisch regulierbare Promotorregion aus einer humanen endogenen retroviralen DNA-Nukleotidsequenz (HERV) enthalten.
Description
Die vorliegende Erfindung betrifft retrovirale Expressionsvektoren mit zellspezifisch regulier
baren Promotoren. Die Vektoren sind beispielsweise zur zellspezifischen Expression thera
peutisch wertvoller Gene im Rahmen einer Gentherapie einsetzbar.
Retroviren sind RNA-Viren, bei denen die viralen Gene von einem einzelsträngigen RNA-
Molekül kodiert werden. Nach Eindringen der Viren in die Zelle wird die virale RNA in ein
doppelsträngiges DNA-Molekül durch die reverse Transkription umgewandelt. Die DNA dringt
in den Kern ein und integriert in das zelluläre Chromosom. Die integrierte virale DNA-Form,
das sogenannte Provirus, bildet die Matrize zur Expression der viralen Gene.
Die Integration des viralen Genoms in das zelluläre Chromosom ist ein obligatorischer Teil der
viralen Replikation und wird durch viral kodierte Enzyme vermittelt. Es scheint, daß, mit we
nigen Ausnahmen, das Vorliegen des retroviralen Genoms in der Zelle, die Expression seiner
Gene und die Bildung von Viruspartikeln die Lebensfähigkeit der infizierten Zelle nicht oder
kaum beeinträchtigt.
Retroviraler Gentransfer wird dazu benutzt, funktionelle Gene, insbesondere therapeutisch
wertvolle Gene, in die Zellen einzuführen, ohne die Proliferationsfähigkeit der Wirtszelle zu
beeinflussen. Aufgrund ihres Replikationsmodus eignen sich Retroviren für eine derartigen
Gentransfer. In der einfachsten Ausgestaltungsform wird zumindest ein Teil der viralen Gene
durch ein Gen von Interesse ersetzt und, unter Zuhilfenahme des effizienten viralen Infekti
onsprozesses, wird dieses Gen von Interesse in die Zielzelle transferiert.
Retrovirale Vektoren eignen sich deshalb zur Gentherapie, weil die Infektion durch Retroviren
hocheffizient verläuft und die retroviralen Vektoren so modifizierbar sind, daß sie heterologe
DNA aufnehmen und stabil in das Wirtszellgenom integrieren können. Eine Vielzahl von
retroviralen Vektoren wurde in den letzten Jahren entwickelt, und nur beispielsweise wird hier
auf die Übersichtsartikel von Günzburg et al. (1996) und Robbins et al. (1998) hingewiesen.
Eine mögliche bevorzugte Ausgestaltungsform für retrovirale Vektoren sind sogenannte
ProCon-Vektoren, die zum ersten Mal in der WO 96/07748 beschrieben wurden. Zur Offen
barung wird vollständig auf diese Druckschrift Bezug genommen.
ProCon-Vektoren tragen heterologe Promotor- und wahlweise weitere Regulationselemente
in der 3'LTR, die, nach Infektion, dupliziert und an die 5'LTR in der Zielzelle transloziert werden
und die befähigt sind, die Expression von Markergenen oder therapeutischen Genen zu regu
lieren. Diese heterologen Gene sind nicht direkt mit dem Promotor verbunden, sondern werden
in das Innere des Vektors inseriert.
ProCon-Vektoren umfassen einen 5'LTR-Abschnitt der Struktur U3, R, U5 sowie zumindest
eine kodierende und/oder nicht-kodierende Sequenz sowie einen 3'LTR-Bereich, der einen
vollständig oder teilweise deletierten U3-Abschnitt umfaßt, wobei der deletierte U3-Abschnitt
durch eine Polylinker-Sequenz ersetzt wurde, worauf sich der R- und U5-Abschnitt an
schließt.
Die Vermehrung dieser Vektoren erfolgt mit Hilfe einer Helferzellinie, die große Mengen der
viralen Proteine produziert, die vom Expressionsvektor selbst nicht mehr synthetisiert werden.
Die Helferzellinie ist jedoch nicht mehr in der Lage, ein replikationskompetentes Virus zu
produzieren. Diese Zellinie wird auch als Verpackungszellinie bezeichnet und umfaßt eine mit
mindestens einem zweiten Plasmid transfizierte Zellinie, das diejenigen Gene trägt, die eine
Verpackung des modifizierten retroviralen Vektors ermöglichen.
Die für das modifizierte Retrovirus (Expressionsvektor) kodierende DNA wird in die Verpac
kungszellinie transfiziert. Unter diesen Bedingungen wird das modifizierte retrovirale Genom
einschließlich der inserierten therapeutischen Gene bzw. Markergene transkribiert und in die
retroviralen Partikel verpackt (rekombinate virale Partikel). Dieses rekombinante Virus wird
dann zur Infektion der Zielzellen eingesetzt; das Genom des modifizierten Retrovirus, d. h. des
Expressionsvektors, wird in das Genom der Zielzellen integriert, und zwar zusammen mit den
Markergenen bzw. den therapeutischen Genen. Eine mit den so erzeugten rekombinanten
viralen Teilchen infizierte Zelle kann ein neues Vektorvirus nicht mehr produzieren, da in
diesen Zellen keine weiteren viralen Proteine mehr vorliegen. Die in die Wirtszelle integrierte
DNA des Expressionsvektors mit den therapeutisch wertvollen Genen bzw. den Markergenen
liegt in der zellulären DNA integriert vor und kann nunmehr in der Zelle exprimiert werden.
Therapeutisch wertvolle Gene, die über derartige retrovirale Expressionsvektoren zur Ex
pression gebracht werden, sollen bevorzugt in zell- und gewebespezifischer Form exprimiert
werden. Hierzu werden zellspezifische Regulationssequenzen in der LTR-Sequenz des Ex
pressionsvektors eingesetzt. Diese zellspezifischen Regulationssequenzen umfassen bei
spielsweise zellspezifisch regulierbare Promotorabschnitte, zellspezifische Enhancerse
quenzen sowie Transkriptionsfaktor-Bindungsstellen. Die Promotoren liegen im U3-Abschnitt
der LTR.
Zur Zeit werden in retrovirale Vektoren zelluläre Promotorsequenzen oder Promotorsequenzen
exogener Retroviren eingesetzt.
Zelluläre Promotoren sind häufig auf zusätzliche Signalstrukturen angewiesen, die in großer
Distanz stromaufwärts oder stromabwärts des Promotors liegen können. Es hat sich deshalb
immer wieder als schwierig erwiesen, starke, gewebespezifische zelluläre Promotorsequenzen
zu isolieren und in retrovirale Vektoren zu klonieren. Promotoren exogener Retroviren haben
den Vorteil, daß sie in der retroviralen LTR auf kleinem Raum alle benötigten regulativen
Elemente enthalten und daher weitgehend unabhängig von den benachbarten DNA-
Sequenzen des Integrationsortes transkribiert werden. Ein schwerwiegender Nachteil ist je
doch, daß sie zwar sehr stark, aber nicht gewebespezifisch sind und in der Regel in allen
Zelltypen gleich stark exprimiert werden.
Es ist deshalb eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, neue retrovirale Expressionsvektoren
bereitzustellen, die zwar die Vorteile der retroviralen Promotoren nutzen, alle für die Trans
kription erforderlichen Signalstrukturen auf engem Raum innerhalb der U3 und R-Region zu
konzentrieren, die damit verbundenen Nachteile jedoch vermeiden.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß in retrovirale Expressionsvektoren
ein zellspezifisch regulierbarer Promotorabschnitt aus einer humanen endogenen retroviralen
DNA-Nukleotidsequenz (HERV) eingesetzt wird. Diese Promotorsequenzen humaner en
dogener retroviraler Viren liegen bereits in der Wirtszelle vor, und es wurde erfindungsgemäß
gefunden, daß sie sich in hervorragender Weise zur Regulation der zellspezifischen Expres
sion von Markergenen und therapeutisch wertvollen Genen eignen.
Endogene Retroviren (ERV) sind im Genom aller Zellen eines Organismus zu finden. Sie
werden vertikal über Keimbahnzellen übertragen und können durch Umwelteinflüsse reaktiviert
werden. Das menschliche Genom besteht zu etwa 2% aus endogenen Retroviren und retro
viralen Sequenzen, wobei solitäre HERV-LTRs mit 20.000-40.000 Kopien pro Genom ver
treten sind (Tab. 1) (Leib-Mösch et al., 1993; Wilkinson et al., 1994, Patience et al., 1997).
Da HERV-Sequenzen bereits vor 30-40 Millionen Jahren in das Genom von Primaten in
tegriert sind, kann davon ausgegangen werden, daß im Verlauf der Evolution die meisten
pathogenen Sequenzen durch Mutationen und Rearrangements aus dem Provirus eliminiert
bzw. so verändert wurden, daß sie für den Organismus nicht mehr von Nachteil sind. Retrovi
rale Vektoren, die aus derartigen Sequenzen konstruiert werden, haben gegenüber Vektoren
aus animalen Viren den Vorteil, daβ keine neuen viralen Sequenzen in das Genom einge
bracht werden müssen. Auch durch Rekombination mit bereits im Genom vorhandenen
HERV-Sequenzen können keine neuartigen Retroviren entstehen, wie das z. B. der Fall wäre,
wenn Retroviren anderer Spezies als Vektoren eingesetzt werden. Aus diesem Grund kann die
Verwendung dieser Sequenzen zur Konstruktion retroviraler Vektoren das Sicherheitsrisiko
minimieren. Desweiteren könnten im Genom enthaltene homologe Regionen für eine gewe
bespezifische Integration der retroviralen Vektoren in bestimme Stellen eines Chromosoms
genutzt werden.
HERV-Elemente haben während der Evolution eine Reihe zellulärer Funktionen übernommen.
So werden Promotor- und Enhancer-Elemente von HERV-LTRs zur Steuerung der Trans
kription zellulärer Gene benutzt (Kato et al., Feuchter-Murthy et al., 1993; Di Christofano et al.,
1995). Ein Beispiel für die Verwendung von LTR-Regulationselementen zur gewebespezifi
schen Expression eines zellulären Gens ist das Amylase-Gen des Menschen. Dieses Gen
wird durch die LTR eines HERV-E-Elements kontrolliert und dadurch spezifisch nur in den
Speicheldrüsen exprimiert (ring et al., 1992). Darüber hinaus haben Schulte und Mitarbeiter
(1996) gezeigt, daß die Insertion eines endogenen Retrovirus in die 5' nicht translatierte Re
gion des Pleiotrophin-Gens für dessen Trophoblasten-spezifische Aktivität verantwortlich ist
(Schulte et al., 1996). In anderen Fällen können polyA-Signale von HERV-LTRs auch dazu
dienen, zelluläre Transkripte zu polyadenylieren (Mager, 1989; Goodchild et al., 1992).
Der große Vorteil beim Einsatz retroviraler Promotoren liegt darin, daß, wie bereits oben
ausgeführt, alle für die Transkription erforderlichen Signalstrukturen auf engem Raum inner
halb des U3-Bereichs und des R-Bereichs der LTR lokalisiert sind, da Retroviren möglichst
unabhängig von der Umgebung ihres Integrationsortes transkriptionsaktiv bleiben müssen. Da
diese HERV-Promotoren seit Millionen Jahren im Primatengenom persistieren, haben sie sich
im Laufe der Evolution so angepaßt, daß sie wie zelluläre Promotoren zelltyp-spezifisch aktiv
sind, und somit die Vorteile zellulärer und retroviraler Promotoren in sich vereinen.
Die Transkription der HERVs wird von einem klassischen RNA-Polymerasell-Promotor aus
gestartet (Wilkinson et al., 1994). Dieser Promotor ist innerhalb der LTR-Region lokalisiert.
Das HERV-Transkript besteht daher nicht aus der vollständigen Kopie des Provirus. Um den
Verlust der Transkriptionskontrollelemente zu kompensieren, haben diese Elemente den
Mechanismus der reversen Transkription entwickelt, mit dem die verlorengegangenen Se
quenzen an beiden Seiten der Elemente regeneriert werden, woraus wiederum die LTRs
entstehen. Neben Promotorsequenzen enthalten HERV-LTRs noch eine Vielzahl verschie
dener Bindungsstellen für Transkriptionsfaktoren (Seifarth et al., 1998), die für die Gewebe
spezifität der Expression verantwortlich sind.
Obwohl eine gewisse strukturelle Ähnlichkeit zwischen HERVs und exogenen animalen
Retroviren wie MLV oder MMTV besteht, wurden HERV-Sequenzen und insbesondere
Promotoren von HERVs nie als mögliche Kandidaten für die Entwicklung retroviraler Expres
sionsvektoren in Betracht gezogen. Sie wurden, ganz im Gegenteil, im Zusammenhang mit
einer Gentherapie bisher ausschließlich als Störfaktoren betrachtet (Patience et al., 1997). Es
wurde befürchtet, daß sie in der Zielzelle durch Rekombinationen aufgrund von Sequenz
homologien mit dem therapeutischen Vektor interferieren könnten. Diese Befürchtungen
konnten bislang zwar nicht experimentell bestätigt werden, jedoch mit der Entwicklung sehr
effizienter humaner Verpackungszellinien tauchte das Problem des Mitverpackens und der
ungewollten Übertragung möglicherweise infektiöser HERV-Sequenzen auf. Daher wurde die
mögliche Verpackung exprimierter HERV-Sequenzen in Virionen, die auf MLV basieren,
ausführlich untersucht. Patience et al. (1998) identifizierten mRNA-Transkripte mehrerer
verschiedener HERV-Familien wie HERV-K und HERV-H in humanen Verpackungszellinien.
Jedoch konnten selbst mit einem hochsensitiven RT-PCR-Test keine dieser Sequenzen in den
von den Zellen freigesetzten MLV-Vektor-Partikeln nachgewiesen werden.
Nach diesen Befunden schien eine Verpackung und Übertragung von HERV-Sequenzen und
damit schließlich auch HERV-basierender Vektoren in MLV-Verpackungssystemen ausge
schlossen zu sein. Zwar weisen HERV-Gene eine Sequenzhomologie zu MLV-Genen von 50-65%
auf, jedoch besitzen gerade die für die Verpackung und Infektion essentiellen Bereiche,
insbesondere das zwischen der 5'-LTR- und der gag-Region lokalisierte Verpackungssignal
und die LTR selbst, keine erkennbare Sequenzhomologie zu den entsprechenden MLV-
Sequenzen. Effiziente HERV-Verpackungssysteme hingegen sind zur Zeit ebenfalls nicht
vorstellbar, da bislang keine Ziellinien bekannt sind, die in ausreichenden Mengen HERV-
Partikel produzieren.
Die vorliegende Erfindung löst somit das Problem von retroviralen Expressionsvektoren, die
eine zell- und gewebespezifische Expression von Fremdgenen (Gen von Interesse) steuern,
dadurch, daß Expressionsvektoren bereitgestellt werden, die, in funktioneller Anordnung,
zumindest die nachfolgenden Elemente enthalten.
- a) DNA-Sequenzen zur Verpackung der Vektor-RNA und zur zelispezifischen Expression von Proteinen oder Peptiden, die von heterologen DNA-Nukleotidsequenzen kodiert werden;
- b) ein oder mehrere für ein Protein oder Peptid kodierende heterologe DNA- Nukleotidsequenzen (Transkriptionseinheit);
Die DNA-Sequenzen zur zellspezifischen Expression sind dadurch charakterisiert, daß sie
eine zellspezifisch regulierbare Promotorregion umfassen, die aus einem humanen endogenen
retroviralen Virus, insbesondere der LTR-Sequenz dieses Virus, stammen.
Der Promotorbereich aus einer HERV-Sequenz kann den gesamten LTR-Bereich des HERV
umfassen. In weiteren Ausführungsformen der Erfindung umfaßt der Promotorbereich jedoch
nur den U3-Bereich oder den R-U3-Bereich der HERV-LTR. In einer weiteren bevorzugten
Ausführungsform der Erfindung wird neben diesen Bereichen zusätzlich der nicht translatierte
Bereich zwischen der 5' LTR und den gag-Genen vom Promotorabschnitt mit umfaßt. Erfin
dungsgemäß wurde nämlich festgestellt, daß auch in diesem Bereich Sequenzen lokalisiert
sind, die eine zellspezifische Expression von Proteinen bzw. Peptiden steuern, d. h. für diese
zellspezifische Expression zumindest mit verantwortlich sind.
Die Promotoren sind Teilabschnitte der DNA, die für den Start der Transkription der zugeord
neten Strukturgene notwendig ist. Der Promotor beinhaltet den Startpunkt der Transkription,
die Erkennungs- und Bindungsstelle für die RNA-Polymerase. Der Promotor kann auch wei
tere Sequenzen umfassen, an die regulatorische Proteine binden können und dadurch spezi
fisch die Initiation der Transkription regulieren. Beispiele für derartige Proteine sind Transkrip
tionsfaktoren und Repressoren. Beispiele für diese Regulationselemente der Transkriptions
aktivität sind die CAAT-Box, die GC-Box und die TATA-Box. Die Promotoren werden von
einer Polymerase des Typs II erkannt.
Die Promotorabschnitte zur zellspezifischen Expression von Fremdproteinen aus HERVs
können wahlweise mit weiteren Sequenzen kombiniert werden, die aus exogenen Retroviren
stammen und die zellspezifische Expression fördern. Auch eine Kombination mit Regulati
onssequenzen aus zellulären Genen ist denkbar, um die zellspezifische Expression zu un
terstützen.
Der erfindungsgemäße retrovirale Expressionsvektor enthält weiterhin zumindest DNA-
Sequenzen zur Verpackung des Vektors durch eine Verpackungs-Helferzellinie. Die DNA-
Sequenzen zur Verpackung sind zwischen der 5' LTR und dem gag-Gen lokalisiert. Der
retrovirale Expressionsvektor der vorliegenden Erfindung enthält ein oder mehrere Transkrip
tionseinheiten, die für eine Aminosäuresequenz kodieren. Die Aminosäuresequenz steht für
ein Protein oder Peptid. Es können beliebige Sequenzen in den Expressionsvektor inseriert
werden, die für ein beliebiges Protein oder Peptid von Interesse kodieren. Derartige Proteine
oder Peptide können beispielsweise von Markergenen, therapeutisch wertvollen Genen, an
tiviral wirkenden Genen, Antitumorgenen und/oder Zytokingenen kodiert werden. Diese Liste
ließe sich beliebig ergänzen. Die in den retroviralen Expressionsvektor einsetzbaren Gene sind
dem Fachmann bekannt. Die Art der eingesetzten Gene hängt vom Anwendungszweck des
erfindungsgemäßen Vektors ab.
Die erfindungsgemäßen Vektoren können beispielsweise in der Gentherapie eingesetzt werden,
um heterologe DNA in Targetzellen zu transferieren, um Krankheiten einer spezifischen
Therapie zugänglich zu machen. Die Vektor-DNA wird in die ausgewählten Targetzellen derart
eingeführt, daß die heterologe DNA in der Zielzelle exprimiert und das durch die DNA kodierte
Produkt produziert wird. Hierunter fallen insbesondere solche Gene zur Expression von Pro
teinen, die in der Zielzelle nicht oder nicht mehr oder in nicht ausreichender Menge produziert
werden, so daß sich ein Krankheitszustand einstellt. Die Erfindung umfaßt nicht nur solche
Proteine bzw. Peptide, die natürlicherweise vorkommen, sondern auch solche, die in einer
Weise abgeändert wurden, daß ein gewünschter Effekt erreicht wird, beispielsweise eine hö
here Aktivität eines Enzyms, die Blockierung der Bindungsstelle von Viren, Zerstörung von
Tumorzellen durch Suizidgene usw.
Bei den für ein Protein oder ein Peptid kodierenden DNA-Nukleotidsequenzen handelt es sich
im allgemeinen um heterologe RNA, die für RNA und Proteine kodiert, die normalerweise in
vivo von der Zelle, in der die Proteine bzw. Peptide exprimiert werden, nicht produziert werden.
Sie kann auch als Fremd-DNA bezeichnet werden. Beliebige Proteine, beispielsweise En
zyme, Hormone und Antikörper, fallen hierunter.
Die erfindungsgemäß eingesetzten Promotorbereiche werden aus HERV-Sequenzen aus
gewählt, die aus den bekannten HERV-Familien stammen. Beispiele hierfür sind HERV-K,
HERV-H, HERV-E, HERV-L, HERV-T, HERV-R, HERV-I, HERV-P, ERV9.
Selbstverständlich können auch andere, zur Zeit noch nicht bekannte HERV-Familien
gescreent werden, um noch unbekannte, die zellspezifische Expression steuernde Promo
torsequenzen aufzufinden.
Erfindungsgemäß bevorzugte LTR-Sequenzen aus HERVs, die zur gewebespezifischen
Expression von Proteinen und Peptiden von Interesse einsetzbar sind, werden im Anhang
offenbart. Sie sind in retrovirale Expressionsvektoren einsetzbar, um die erfindungsgemäß
gestellte Aufgabe zu lösen. Selbstverständlich können durch an sich bekannte Methoden auch
nur Teile dieser LTRs ausgewählt werden, um die in den Vektor eingesetzten Sequenzen so
klein wie möglich zu halten. Mit Hilfe verschiedener Deletionsmutanten können die geeigneten
Fragmente ausgewählt werden. Auch weitere Abänderungen dieser LTR-Sequenzen sind
möglich, z. B. Punktmutationen, Insertionen, Additionen, Austausch mehrerer Nukleotide etc.,
um die Effizienz der gewerbespezifischen Expression zu steigern und an die gewünschte
Funktion anzupassen.
In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung werden die eingangs beschriebenen
ProCon-Vektoren eingesetzt. Derartige ProCon-Vektoren umfassen einen 5' LTR-Abschnitt
der Struktur U3-R-US, ein oder mehrere Sequenzen, die für ein Protein oder Peptid kodieren,
und wahlweise nicht kodierenden Sequenzen, und einen 3' LTR-Abschnitt, umfassend einen
teilweise oder vollständig deletierten U3-Abschnitt, wobei der deletierte U3-Abschnitt zu
mindest die erfindungsgemäß eingesetzten HERV-LTR-Sequenzen umfaßt, gefolgt vom R-
U5-Abschnitt. Nähere Einzelheiten sind beispielsweise in der WO 96/07748 und der
WO 96/28564 beschrieben. Auf diese Schriften wird hier vollinhaltlich Bezug genommen.
Erfindungsgemäß wurde eine Strategie entwickelt, um zellspezifisch wirkende Promotorse
quenzen aufzuspüren. Diese Strategie wird in der nachfolgenden Beschreibung näher erläu
tert. Selbstverständlich sind grundsätzlich auch andere Methoden zum Auffinden von zell
spezifisch wirksamen HERV-LTR-Sequenzen denkbar und anwendbar. Die Erfindung ist
somit nicht auf die nachfolgenden Ausführungsbeispiele beschränkt.
Die erfindungsgemäßen retroviralen Expressionsvektoren sind verpackungsdefizient, d. h. sie
sind nicht in der Lage, ohne Hilfe einer Verpackungs-Helferzellinie Viruspartikel zu produ
zieren. Die Erfindung umfaßt deshalb auch ein retrovirales Vektorsystem, das einen retrovi
ralen Expressionsvektor, wie er in der vorliegenden Erfindung beschrieben wird, und eine
Verpackungszellinie mit zumindest einem retroviralen oder rekombinanten retroviralen Kon
strukt enthält, das für die Verpackungsproteine des retroviralen Expressionsvektors kodiert.
Derartige Verpackungszellinien sind an sich bekannt und beschrieben. Beispielsweise wird
hier auf die murine Verpackungszellinie PA317 (Saller et al., 1998) hingewiesen.
Nachfolgend wird die Erfindung zunächst allgemein und dann anhand von Ausführungsbei
spielen beschrieben.
Erfindungsgemäß wurde die Eignung humaner endogener Retroviren zur Entwicklung ge
webespezifischer Vektoren für die Gentherapie untersucht. Dazu wurde zunächst die Gewe
bespezifität der HERV pol Transkription in verschiedenen Zellinien wie T-Zellen, Keratinozyten
und Brustkrebs-Zellen in einem "Reversen Dot Blot"-Verfahren überprüft. Die Expressi
onsmuster der vierschiedenen HERV-Familien erwiesen sich dabei durchwegs als Zelltyp
abhängig. Zur Isolierung der transkriptionsaktiven HERV-LTRs aus verschiedenen Zellinien
und Geweben wurden Primer entwickelt, mit denen spezifisch die U3/R-Regionen aus mRNA-
Präparationen amplifiziert werden können. Die isolierten LTR-Sequenzen sowie einzelne
Vertreter bereits bekannter LTRs wurden in Expressionsvektoren eingebaut. Die Aktivität der
LTR-Promotoren wurde nach transienten Transfektion der Reporterplasmide über Luzifera
seaktivität bzw. über eGFP-Fluoreszenz in verschiedenen Zellinien getestet. Es zeigte sich,
daß die Promotoraktivitäten der einzelnen HERV-LTRs deutlich in Abhängigkeit von der ge
testeten Zellinie variieren. Die Promotorregion einer HERV-H LTR, die aus Astrozyten und
Leberzellen isoliert worden war und sich in mehreren Versuchen als besonders aktiv in Lun
genfibroblastenzellen (LC5) erwiesen hatten, wurden in zwei retrovirale Promotor
konversionsvektoren (pLESN und PLX) eingebaut, in Verpackungszellinien getestet, die
Verpackungseffizienz untersucht und überprüft, ob nach Infektion der Zielzellen eine Promo
torkonversion stattgefunden hat. Zum Nachweis der Transkriptionsaktivität in den Zielzellen
wurden FACS-Analysen durchgeführt.
Es wurde somit eine Methode beschrieben, mit der HERV-Promotorsequenzen (U3/R-
Region), die eine gewebespezifische Expression vermitteln, identifiziert und isoliert werden
können. Die Gewebespezifität und Promotoraktivität dieser Sequenzen wurde dann in einem
transienten Transfektions-Assay in verschiedenen humanen Zellinien getestet. Schließlich
wurden geeignete Sequenzen ausgewählt, in einen Promotorkonversionsvektor (ProCon-
Vektor) kloniert und dabei ihre Eignung zur Konstruktion gewebespezifischer Vektoren für die
Gentherapie überprüft.
Zur Untersuchung der HERV Transkription in unterschiedlichen Zellen wurde im ersten Schritt
eine Methode (Reverse Dot-Blot Hybridisierung) eingesetzt, die ursprünglich zum Nachweis
der HERV-Expression in mononukleären Zellen des peripheren Bluts entwickelt worden war
(Herrmann und Kalden, 1994). Dabei wurden klonierte und charakterisierte HERV pol-
Genfragmente aus humaner genomischer DNA auf einer Membran fixiert und mit radioaktiven
HERV-pol Gensonden hybridisiert. Die Sonden wurden mittels RT-PCR aus mRNA ver
schiedener Zellen unter Verwendung degenerierter Oligonukleotide amplifiziert, die zu einem
hochkonservierten Bereich retroviraler pol-Gene homolog sind (Shih et al., 1989; Donehower
et al., 1990). Mit dieser Methode erhielten wir mit jeder bisher untersuchten Zellinie ein cha
rakteristisches Hybridisierungsmuster, was einen ersten Hinweis auf eine gewebespezifische
Expression der HERV Elemente darstellte.
Die gewebespezifische Expression eines Retrovirus ist vor allem durch ihre U3-Region fest
gelegt. In diesem Bereich sind alle regulatorischen Sequenzen wie Promotor, Enhancer und
die Bindungsstellen für verschiedene zelluläre Transkriptionsfaktoren lokalisiert. Aus diesem
Grund wurden Primer entwickelt, mit denen diese HERV-Sequenzen durch eine RT-PCR aus
mRNA unterschiedlicher Zellinien gezielt isoliert werden konnten (Tab. 2; Abb. 1). Auf diese
Weise wurden ca. 30 verschiedene HERV-LTRs kloniert. Ein Teil dieser Sequenzen wurde in
einem Reporterplasmid auf Promotoraktivität und Gewebespezifität getestet.
Im ersten Ansatz wurde für die PCR ein polydT-Primer mit einem Primer kombiniert, der
komplementär zum Polypurin Trakt (PPT) der retroviralen RNA ist (Abb. 1). Der PPT-Trakt ist
eine konservierte Region im nicht translatierten Bereich zwischen dem env Gen und der U3-
Region der 3'-LTR. Die PPT-Region wird während der reversen Transkription des Retrovirus
als Primerbindungsstelle für die Synthese des Plus-Stranges genutzt (Sorge und Hughes,
1982).
Durch Datenbankanalysen wurden PPT-Sequenzen unterschiedlicher HERV-Familien iden
tifiziert und durch Vergleich ihrer Homologien in verschiedene Gruppen eingeteilt. Aus den
Konsensussequenzen der einzelnen Gruppen wurden Oligonukleotide als Primer für die RT-
PCR synthetisiert. Die mRNA wurde aus verschiedenen Zellinien präpariert: Epithelzellen
(HeLa, HaCaT), Fibroblastenzellen (LC5), T-Zellen (H9, HUT78), Lymphoblasten (CML),
Gliomzellen (85HG66, U373), Pancreaszellen (MiaPaCa2, Panc1), Leberzellen (Chang Liver)
und Brustkrebszellinien (T47-D, MCF7). Darüber hinaus wurden zusätzlich cDNA-Genbanken
(Clontech) verschiedener menschlicher Gewebe (Gehirn, Herz, Leber, Niere, Lunge, Pan
kreas, Plazenta, Skelettmuskel) für die RT-PCR eingesetzt.
Die erhaltenen Fragmente wurden anschließend kloniert, sequenziert und mittels Datenbank
vergleichen analysiert. Von denn PCR-Fragmenten, die mit den PPT- und den polydT-Primern
erhalten wurden, konnten zwei LTRs über Homologievergleiche der HERV-H- und der HERV-K-
Familie zugeordnet werden. Durch die Verwendung von polydT-Primern in diesen PCR-
Ansätzen wurden zahlreiche Sequenzen amplifiziert, die keine Homologien zu bekannten
retroviralen LTRs und darüber hinaus auch keine Promotorstrukturelemente enthielten. Aus
diesem Grund wurden weitere Sequenzen aus konservierten Bereichen der U3-Region und
aus der R-Region von HERV-K und HERV-H Familien zur Primersynthese ausgesucht (Mold
et al., 1997), (Abb. 1, Tab. 1). Die resultierenden PCR-Produkte wurden nach Auftrennung im
Agarosegel auf Nitrozellulosefilter transferiert und mit Sonden hybridisiert, die aus den LTR-
Regionen verschiedener HERV-LTRs (HERV-K-p1167, HERV-H-H6, HERV-E, HERV-L)
präpariert wurden. Die hybridisierenden Fragmente wurden anschließend in einen Vektor
(pZERO, Invitrogen) kloniert und sequenziert. Mit dieser Methode konnten verschiedene
HERV-LTRs isoliert werden, die in Tabelle 3 aufgelistet sind.
Die HERV-K-LTRs, die aus menschlichem Gehirn und Herzgewebe sowie aus T47-D Zellen
isoliert wurden, zeigen sehr hohe Sequenzhomologien zu der 3'LTR von HERV-K10. Die
HERV-H LTRs zeigen dagegen sehr viel höhere Sequenzvariabilitäten. HERV-H31, HERV-
H3, HERV-HCM1, HERV-HCM4, HERV-HMP23 sind homolog zu der von Mager et al. iso
lierten HERV-H-H6 LTR, die anderen HERV-H Sequenzen zeigen Homologien zu den von
Anderssen et al. (1997) isolierten HERV-H LTRs aus Meerkatze, Krallenaffe und Mensch.
Zur Analyse der Promotoraktivität und der Gewebespezifität der isolierten HERV-LTRs wurden
diese zunächst in ein Luziferasereporterplasmid (pBL, Butz, K., DKFZ, Heidelberg) kloniert.
Dieser Vektor enthält das Photinus pyralis Luziferasegen, fusioniert an das SV40 polyA Signal
von pBLCAT2 (Hoppe-Seyler et al., 1991).
Die einzelnen Vektorkonstrukte wurden transient in verschiedene Zellinien transfiziert. Nach
48 h wurde die Luziferaseaktivität aus dem Zellysat mit dem Luziferase-Assay Kit von Pro
mega gemessen und nach Abgleichen der β-Galaktosidaseaktivität bzw. der Renilla-
Luziferaseaktivität als relative Luziferaseaktivität bestimmt. Die Promotoraktivitäten der LTRs
wurden in Epithelzellen (HeLa, HaCaT), Fibroblastenzellen (LC5), T-Zellen (H9, HUT78),
Gliomzellen (85HG66, U373), Leberzellen (Chang Liver), Pancreaszellen (MiaPaCa2, Panc1)
und Brustkrebszellinien (T47-D, MCF7) bestimmt.
Die Ergebnisse sind in den Abb. 2a-2f dargestellt. Die HERV-H-H6 LTR besitzt
demnach von allen untersuchten endogenen LTRs den stärksten Promotor. Die HERV-K LTR
aus Plazenta ist in HeLa-Zellen (besonders aktiv. In allen anderen Zellinien ist diese LTR nur
sehr schwach aktiv. Ebenfalls eine starke Aktivität in HeLa Zellen zeigte HERV-K-T47-D,
diese LTR war auch in HaCat-Zellen und Pankreaszellen aktiv. Die HERV-L LTR besizt in
Leberzellen eine starke Promotoraktivität und ist in T-Zellen und Pankreaszellen schwach
aktiv. Die HERV-T-S71A und HERV-E LTRs waren in keiner getesteten Zellinie aktiv. Ebenso
konnte bisher keinerlei Aktivität einer HERV-LTR in CML-Zellen beobachtet werden.
Die klonierten HERV-H LTRs (HERV-H1, HERV-H8, HERV-H13, HERV-H19, HERV-H-H6,
Tab. 3) waren fast alle in 85HG66 Zellen aktiv, wobei HERV-H1 und HERV-H8 in dieser Zel
linie die höchste Aktivität zeigten (ohne Abbildung). HERV-H19 war in HeLa-Zellen sehr aktiv. Die
HERV-HCM1 LTR zeigte in allen Zellinien die höchste Promotoraktivität und war besonders in
Lungenfibroblasten (LC5) aktiv (Abb. 3).
Die Funktionsfähigkeit menschlicher endogener retroviraler LTR Sequenzen in retroviralen
Vektoren wurde in zwei unterschiedlichen Promotorkonversionsvektoren (ProCon) ausgete
stet. Dazu wurden hybride HERV/MLV Vektoren unter Verwendung zweier auf MLV basie
render Vektoren pLESN-MMTV (Abb. 7) und pLX-MMTV (Abb. 8) konstruiert. Diese Vektoren
enthalten das EGFP Gen als Reportergen, das von der 5' LTR (unterschiedlich, je nachdem ob
vor oder nach der Promotorkonversion) aus exprimiert wird, sowie ein Neomycingen, das von
einem SV40 Promotor aus exprimiert wird. Darüberhinaus enthält der Vektor pLX-MMTV
einen prokaryotischen Replikationsorigin, der die Reklonierung des Provirus für weitere mo
lekulare Charakterisierungen erlaubt.
Zur Konstruktion der HERV-Hybrid Vektoren wurde jeweils die MMTV-LTR durch die HERV-
HCM1 LTR ersetzt (Abb. 7). Dazu wurde die LTR zunächst mittels PCR aus dem Vektor pBL-
HERV-H mit spezifischen Primern amplifiziert, die zusätzliche Sequenzen für die Restrikti
onsenzyme MluI und SacII enthielten. Diese Fragmente wurden anschließend in die 3'U3 de
letierten Vektoren eingebaut. Das Reportergen EGFP wird nach der Transfektion in die Ver
packungszellinie zunächst vonn MLV Promotor aus exprimiert (Abb. 9a). Nach Infektion der
Zielzellen und erfolgreicher Promotorkonversion durch die reverse Transkription in den Ziel
zellen liegt das Reportergen unter der Transkriptionskontrolle der HERV LTR vor.
Die HERV-Hybrid Vektorkonstrukte pLESN-HERV-H (Abb. 7) und pLX-HERV-H (Abb. 8),
sowie die Ursprungsvektoren pLESN-MMTV und pLX-MMTV wurden in die amphotrophe
Verpackungszellinie PA317 transfiziert. Die resultierenden retroviralen Vektorpartikel wurden
anschließend benutzt, um die Zellinien CrfK und LC5 zu infizieren.
Die infizierten Zellinien wurden kloniert und die selektionierten Zellklone daraufhin untersucht,
ob sie die Vektorkonstrukte enthielten und ob die Promotorkonversion stattgefunden hatte.
Dazu wurde aus infizierten und nicht infizierten Zellen chromosomale DNA präpariert und mit
tels PCR analysiert. Die Primer wurden aus der MLV U3 (P5) und R (P2) Region sowie aus der
HERV-H Region (P1) ausgesucht und in Kombination mit einem Primer aus der EGFP Region
für eine PCR eingesetzt (Abb. 9a). Die PCR-Produkte wurden mit HERV-H spezifischen
Sonden hybridisiert (Abb. 9b). Dabei ergab die DNA, die mit den pLX HERV-H Partikeln infi
ziert wurden, nach Amplifikation mit den Primern P1 und P3 ein PCR Produkt von 1,1 kb, das
mit der HERV-H-Sonde hybridisierte. Die Amplifikation mit den MLV U3 spezifischen Primern
(P2/P3) ergab mit DNA von Zellen, die mit pLX und mit pLX HERV-H infiziert waren, PCR
Produkte mit einer Größe von etwa 900 bp, die nicht mit der HERV-H Sonde hybridisierten.
Aus der Amplifikation mit den MLV R Primern (P5/P3) wurde kein PCR-Produkt erhalten, das
mit der HERV-H Sonde hybridisierte. Diese Ergebnisse zeigen, daß eine Promotorkonversion
stattgefunden hat und der MLV Promotor der 5'LTR durch den HERV-Promotor ersetzt
worden war.
Die Promotoraktivität der HERV LTR in den retroviralen Vektoren wurde nach Integration in die
DNA der Zielzellen mittels FACS-Analysen über die Messung der EGFP Fluoreszenz be
stimmt (Abb. 10). Die Aktivität des Ausgangsvektors pLX-MMTV wurde dabei mit dem HERV-
Vektor pLX-HERV-H (H6) vor und nach Induktion mit Dexamethason verglichen. Der Vektor
mit der MMTV LTR ist durch Dexamethason aktivierbar. Der Vektor mit der HERV LTR wird
durch Dexamethason nicht aktiviert, er ist jedoch um etwa den Faktor 10 aktiver als der Dex
amethason-stimulierte MMTV-Hybrid-Vektor.
Um auszutesten, welcher Sequenzbereich für einen funktionsfähigen HERV-Promotor erforder
lich ist, wurde an einigen Beispielen der Einfluß von zusätzlichen LTR-Sequenzen, die außer
halb der U3-Region in der LTR lokalisiert sind, untersucht. Dazu wurde von 7 HERV-K LTRs
(HERV-K-T47D, L5, L50, L8, L9, L48 und L20/49) die Aktivität der U3-Region mit der Aktivität
der entsprechenden U3-R-Fragmente im Luziferase-Assay verglichen. Überraschenderweise
zeigte sich, daß die verschiedenen R-Regionen den Promotor in der U3-Region sehr unter
schiedlich beeinflussen können. Bei LTRs der Gruppe 1 (L5, L50, L8, L9) führt die Anwesenheit
von R-Sequenzen in allen getesteten Zellinien zu einem deutlichen Anstieg der Promotoraktivität
(Abb. 4a). Bei LTRs der Gruppe 2 (L20/L49) hingegen wird die Aktivität des HERV-Promotors
durch die R-Region reduziert (Abb. 4b). Der HERV-K-T47D-Promotor (Abb. 5) und der L48-
Promotor (ohne Abbildung) werden durch die entsprechenden R-Sequenzen nicht wesentlich
beeinflußt. Interessanterweise haben jedoch im Falle der HERV-K-T47D-LTR Sequenzbe
reiche, die downstream der U3-R-Region lokalisiert sind und die US-Region, sowie den 3' nicht
translatierten Bereich und den Beginn des gag-Gens umfassen, einen deutlich aktivierenden
Effekt (Abb. 5).
Die Sequenzanalyse der verschiedenen getesteten R-Regionen zeigte, daß LTRs der Gruppe
1 in der R-Region eine Bindungsstelle für den Transkriptionsfaktor SP1 aufweisen, die in der
R-Region der Gruppe 2 LTR fehlt (Abb. 6). Dagegen enthält die Gruppe 2 R-Region eine
potentielle Bindungsstelle für den Faktor TFS3, der als Transkriptionsrepressor wirkt. Dies
zeigt, daß die Aktivität von HERV-Promotoren durch den Einbau zusätzlicher Regulationse
lemente wie Transkriptionsfaktorbindungsstellen, Enhancer-Sequenzen oder negativ regu
lierende Elemente modifiziert werden kann.
Anderssen, S., Sjottem, E., Svineng, G., Johansen, T. (1997). Comparative analyses of LTRs
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Claims (21)
1. Retroviraler Expressionsvektor, enthaltend zumindest die nachfolgenden Elemente in
funktioneller Anordnung
- a) DNA-Sequenzen zur Verpackung der Vektor-RNA und zur zellspezifischen Expression von Proteinen oder Peptiden, die von heterologen DNA-Nukleo tidsequenzen kodiert werden;
- b) ein oder mehrere für ein Protein oder Peptid kodierende DNA-Nukleotidse quenzen,
2. Expressionsvektor nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß die DNA-Sequenzen zur zellspezifischen Expression aus dem LTR-Bereich
und wahlweise dem nicht translatierten Bereich zwischen der 5' LTR und dem gag-
Bereich von HERVs stammen.
3. Vektor nach Anspruch 1 oder Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß der gesamte LTR-Bereich, der U3-Bereich oder der R- und U3-Bereich aus
einer humanen endogenen retroviralen Nukleotidsequenz stammt.
4. Vektor nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die für ein oder mehrere Proteine oder Peptide kodierenden Nukleotidsequenzen
ausgewählt werden aus einem oder mehreren Elementen der Gruppe, bestehend
aus Markergenen, therapeutischen Genen, antiviralen Genen, Antitumorgenen und
Zytokingenen.
5. Vektor nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die zellspezifisch regulierbare Promotorregion aus dem LTR-Bereich einer zell
spezifisch exprimierten endogenen humanen retroviralen Nukleotidsequenz stammt.
6. Vektor nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die humanen endogenen retroviralen zellspezifisch regulierbaren Promotorse
quenzen ausgewählt werden aus einem oder mehreren Promotorsequenzen von
HERV-Familien der Gruppe, bestehend aus HERV-K, HERV-H, HERV-E, HERV-L,
HERV-T, HERV-R, HERV-I, HERV-P, ERV9.
7. Vektor nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Promotorregion neben der TATA-Box weitere Erkennungs- und Bindungs
stellen für regulatorische Proteine umfaßt.
8. Vektor nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Erkennungs- und Bindungsstellen für regulatorische Proteine die GC-Box,
die CAAT-Box, Enhancersequenzen und Repressorsequenzen sowie Hormon-re
sponsible Sequenzmotive umfassen und daß wahlweise zusätzlich Erkennungs-
und Bindungsstellen für regulatorische Proteine aus der LTR-Region exogener Re
troviren und/oder aus zellulären Genen enthalten sind.
9. Vektor nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Vektor ein Promotor-Konversionsvektor ist, umfassend einen 5' LTR-Ab
schnitt der Struktur U3-R-U5, ein oder mehrere Sequenzen, ausgewählt aus kodie
renden und nicht kodierenden Sequenzen, und einen 3' LTR-Abschnitt, umfassend
einen teilweise oder vollständig deletierten U3-Abschnitt, wobei der deletierte U3-
Abschnitt durch eine zelllspezifisch regulierbare Promotorregion aus einer HERV-
LTR-Sequenz ersetzt ist, gefolgt vom R-U5-Abschnitt.
10. mRNA oder RNA eines retroviralen Expressionsvektors nach einem oder mehreren
der vorhergehenden Ansprüche.
11. Prokaryontenzelle oder Eukaryontenzelle, enthaltend einen retroviralen Expres
sionsvektor nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche.
12. Eukaryontenzelle, enthaltend einen retroviralen Expressionsvektor nach einem oder
mehreren der vorhergehenden Ansprüche in integrierter Form.
13. Verwendung eines zellspezifisch regulierbaren Promotorabschnitts aus einer huma
nen endogenen retroviralen DNA-Nukleotidsequenz zur Steuerung der Expression
von Fremdgenen in retroviralen Expressionsvektoren, bevorzugt ProCon-Vektoren.
14. Verwendung eines Expressionsvektors nach einem oder mehreren der vorherge
henden Ansprüche zur Expression von Fremdgenen in der Gentherapie.
15. Virion, enthaltend eine retrovirale Expressionsvektor-RNA, abgeleitet von einer Ex
pressionsvektor-DNA nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche.
16. Verfahren zur Herstellung eines Virions nach Anspruch 15 zum Einführen einer oder
mehrerer für ein Protein oder Peptid kodierender Nukleotidsequenzen,
dadurch gekennzeichnet,
daß der retrovirale Expressionsvektor nach einem oder mehreren der vorhergehen
den Ansprüche in eine geeignete Verpackungszellinie unter solchen Bedingungen
eingebracht wird, daß das Virion ausgebildet wird und von der Verpackungszellinie
freigesetzt wird.
17. Verfahren zum Einführen von Nukleotidsequenzen, die für ein oder mehrere Protei
ne oder Peptide kodieren, in eine Eukaryontenzelle,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Zelle mit einem Virion nach Anspruch 15 unter solchen Bedingungen infi
ziert wird, daß die für das Protein oder Peptid kodierenden Nukleotidsequenzen in die
chromosomale DNA der Eukaryontenzelle inseriert wird.
18. Verfahren nach Anspruch 17,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Eukaryontenzelle eine Säugerzelle ist.
19. Verfahren nach Anspruch 18,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Säugerzelle eine menschliche Zelle ist.
20. Retrovirales Vektorsystem, umfassend einen retroviralen Expressionsvektor nach
einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche und eine Verpackungszellinie
mit zumindest einem retroviralen oder rekombinanten retroviralen Konstrukt, das für
die Verpackungsproteine des retroviralen Expressionsvektors kodiert.
21. Retrovirales Vektorsystem nach Anspruch 20,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Verpackungszellinie retrovirale oder rekombinante retrovirale Konstrukte
enthält, die für solche retroviralen Proteine kodieren, die vom retroviralen Expres
sionsvektor nicht kodiert werden.
Priority Applications (4)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE19910650A DE19910650A1 (de) | 1999-03-10 | 1999-03-10 | Auf HERV-LTR-Sequenzen basierende retrovirale Expressionsvektoren |
EP00918779A EP1144667A2 (de) | 1999-03-10 | 2000-03-09 | Retrovirale expressionsvektoren auf der basis von herv-ltr-sequenzen |
JP2000603410A JP2002537846A (ja) | 1999-03-10 | 2000-03-09 | Hervltr配列に基づく、レトロウイルス発現ベクター |
PCT/EP2000/002064 WO2000053789A2 (de) | 1999-03-10 | 2000-03-09 | Retrovirale expressionsvektoren auf der basis von herv-ltr-sequenzen |
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Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE19910650A DE19910650A1 (de) | 1999-03-10 | 1999-03-10 | Auf HERV-LTR-Sequenzen basierende retrovirale Expressionsvektoren |
Publications (1)
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DE19910650A1 true DE19910650A1 (de) | 2000-09-21 |
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ID=7900460
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DE19910650A Withdrawn DE19910650A1 (de) | 1999-03-10 | 1999-03-10 | Auf HERV-LTR-Sequenzen basierende retrovirale Expressionsvektoren |
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