Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Bestimmen physikali
scher Größen von ein- oder mehrkomponentigen Flüssigkeiten
auf der Basis eines Festkörpereffektes.
In der bisher unveröffentlichten deutschen Patentanmeldung
198 28 093.9 wurde vom Anmelder bereits dargelegt, daß spe
ziell für eine Meßaufgabe sensibilisierte bzw. auf bestimmte
Meßgrößen sensible polymere Netzwerke in der Lage sind oder
hierzu befähigt werden können, gezielt auf physikalische Grö
ßen von Flüssigkeiten unter Veränderung ihrer Volumina, ihrer
dielektrischen Eigenschaften oder ihrer elektrischen Leitfä
higkeit zu reagieren, die durch geeignete Umwandlung in ein
Signal, z. B. eine elektrische Größe ausgewertet und/oder vi
sualisiert werden können. Wesentlicher Vorteil dieser Meßgrö
ßenaufnehmer auf Basis dieser speziellen polymeren Netzwerke
ist eine hohe Empfindlichkeit gegenüber der Meßgröße bei
gleichzeitig geringer Querempfindlichkeit gegenüber anderen
Größen.
Die Veränderungen der Eigenschaften eines polymeren Netzwer
kes bei Einwirken physikalischer Größen lassen sich mit einer
Volumen- und Masseänderung, Veränderungen der optischen Ei
genschaften, ihrer mechanischen Eigenschaften, der dielektri
schen Eigenschaften und ihrer elektrischen Leitfähigkeit be
schreiben.
In der vorgenannten deutschen Patentanmeldung werden als Um
wandlungsmethoden des Meßsignals im wesentlichen kapazitive
und resistive Prinzipe vorgeschlagen, die hauptsächlich auf
den beiden letztgenannten Eigenschaftsänderungen der polyme
ren Netzwerke beruhen. Kapazitäts- und Widerstandsmessungen
erfordern jedoch, daß der Meßsignalumwandler (Transducer), im
ungünstigsten Falle nur von der Flüssigkeit getrennt durch
das polymere Netzwerk, dem Meßobjekt räumlich sehr nahe
kommt. Dies kann dazu führen, daß das Meßobjekt, die Flüssig
keit, auch mit dem elektrischen Meßsignalumwandler in Wech
selwirkung tritt. So können z. B. Elektrolyte die Leitfähig
keit oder die Kapazität einer resistiven oder kapazitativen
Anordnung erheblich beeinflussen. Dieser Einfluß kann derart
bedeutend sein, daß ein erheblicher Mehraufwand in Form zu
sätzlicher Meß- oder Auswerteelektronik bzw. -software not
wendig ist, um ein dem wahren Wert genügend nahekommendes Meß
ergebnis zu erzielen.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Meßverfahren
bereitzustellen, mit dem der Einfluß von Störgrößen einer
Flüssigkeit auf die Meßsignalaufnahme (Eigenschaftsänderung
eines sensitiven bzw. sensibilisierten polymeren Netzwerkes
infolge Meßobjekteinwirkung) und der Umwandlung in ein aus
wertbares oder visualisiertes Signal erheblich minimiert und
sein Berücksichtigen im Meßergebnis vereinfacht wird.
Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch die in den Ansprüchen
1 und 2 angegebenen Merkmale gelöst. Vorteilhafte Ausgestal
tungen sind in den begleitenden Unteransprüchen 3 bis 13 an
gegeben.
Danach erfolgt eine Nutzung frequenzanaloger Meßverfahren,
insbesondere unter Nutzung von Sensoranordnungen mit mechani
schen Resonanzstrukturen. Sie beruhen auf der Massenänderung
und/oder der Änderung der mechanischen Eigenschaften (z. B.
Festigkeit, Steifigkeit, Schub- oder E-Modul) bzw. daraus
folgend der Änderung des Schwingverhaltens, insbesondere des
mechanischen Schwingverhaltens bei direkter und/oder indirek
ter Schwinganregung, eines als eigentliches meßgrößenempfind
liches Element fungierenden polymeren Netzwerkes, welches in
der Lage ist oder hierzu befähigt wurde, gezielt auf physika
lische Größen von Flüssigkeiten mit einer Änderung seiner
Masse zu reagieren.
Einfluß auf Meßwerte der frequenzanalogen Meßverfahren besit
zen vorrangig die Temperatur, die Viskosität und die Dichte
der Flüssigkeit sowie der Druck und in geringerem Maße die
Tauchtiefe der Sensoranordnung. Diesen Einflüssen ist gemein
sam, daß die durch sie verursachten systematischen Meßabwei
chungen bzw. ihre physikalischen Zusammenhänge bekannt sind
und deshalb im Meßergebnis entsprechend berücksichtigt werden
können.
Ein besonders vorteilhaftes Meßverfahren für die Auswertung
und/oder Visualisierung des erhaltenen Meßsignales Masseände
rung und/oder Festigkeitsänderung der meßgrößenempfindlichen
Polymerschicht beruht auf dem Einsatz von Quarzresonatoren
bzw. anderer piezoelektrischer Resonatoren. Dieses Meßverfah
ren ist vergleichsweise kostengünstig realisierbar. Eine wei
tere Möglichkeit besteht darin, für die Umwandlung des Meßsi
gnals in ein elektrisches oder andersgeartetes Signal das Wä
geprinzip zu nutzen.
Die Erfindung soll anhand von Ausführungsbeispielen näher er
läutert werden. In der zugehörigen Zeichnung zeigt:
Fig. 1 eine Quarzmicrobalance-Resonator-Anordnung in der Sei
tenansicht und in der Draufsicht und
Fig. 2 einen Lamb-Wellen-Oszillator.
Am Beispiel einkristallinen Quarzes sollen zunächst wesentli
che Zusammenhänge piezoelektrischer Resonatoren erläutert
werden. Kristalliner Quarz besitzt stabile elastische Eigen
schaften und ist piezoelektrisch. Je nach Herausschneidung
des Schwingquarzes aus dem Einkristall bezüglich der Kristal
lorientierung sind nicht nur unterschiedliche Schwingerarten
realisierbar, sondern es kann aufgrund der Eigenschaftsani
sotropie aufgrund der Kristallstruktur auch Einfluß auf seine
Resonanzfrequenz genommen werden. Für das Meßverfahren beson
ders interessant sind sogenannte Dickenscherschwinger, insbe
sondere AT-Quarze. Für die Grundwelle wird ein Frequenzbe
reich von etwa 500 kHz bis 20 Mhz genutzt. AT-Quarze mit höhe
ren Frequenzen beruhen im allgemeinen auf der Obertonanre
gung.
Ein Meßverfahren mittels Quarzresonatoren soll anhand des
Quarzmicrobalance-Prinzips (QMB) näher erläutert werden, des
sen prinzipieller Aufbau in Fig. 1 dargestellt ist.
Ein auf einer Resonanzfrequenz (im Regelfall der Grundwelle)
über Elektroden 1, 2 elektrisch angeregter Quarzresonator 3
ist mit einer sensitiven polymeren Netzwerkschicht 4, des ei
gentlichen meßgrößenempfindlichen Elementes, beschichtet.
Vollführt diese Schicht 4 infolge der Einwirkung der als Meß
größe fungierenden physikalischen Größe 5 einer ein- oder
mehrkomponentigen Flüssigkeit eine Massenänderung, bewirkt
sie eine Frequenzänderung der Schwinganordnung, die elektro
nisch erfaßt und verarbeitet werden kann. Die Massenempfind
lichkeit dieser Meßeinrichtung kann bei AT-geschnittenen
Quarzen in der Größenordnung von 103 Hz/µg bei Nutzung von
15 MHz-Quarzen liegen. Bei Einsatz eines 2-Quarz-Systems, wo
bei ein Quarz als Referenzresonator genutzt wird und nicht
mit der Meßflüssigkeit in Kontakt steht, kann eine Fre
quenzauflösung im Hz-Bereich erreicht werden. Besonders ge
eignet sind AT-geschnittene Schwingquarze mit Frequenzen zwi
schen 1 MHz und 30 MHz. Das Verhältnis Schichtdicke Polymer/Dicke
Schwingquarz übersteigt im Regelfall nicht den Faktor
0,7 und sollte aus funktionellen Gründen und der Systemdyna
mik möglichst klein gewählt werden, da u. a. das Zeitverhalten
der Polymerschicht-Massenänderung direkt proportional dem
Quadrat seiner Schichtdicke ist.
Es kann erwartet werden, daß sich ähnliche Prinzipe auch mit
mikromechanischen Resonatoren realisieren lassen, indem bei
spielsweise eine Resonatorzunge mit einem sensitiven bzw.
sensibilisierten polymeren Netzwerk beschichtet wird und als
Sensor zum Einsatz kommt.
Ein ebenfalls auf Massenänderung, aber auch auf Änderungen
der mechanischen, dielektrischen und/oder Leitfähigkeitsei
genschaften des sensitiven polymeren Netzwerkes beruhendes
Meßverfahren nutzt ebenfalls einen Resonator oder aber eine
Verzögerungsleitung in einer Oszillatorschaltung. Letzterer
Fall soll am Beispiel eines Lamb-Wellen-Oszillators (LWO) an
hand Fig. 2 beschrieben werden.
Auf einer beispielsweise aus einem Si-Substrat 1 herausgeätz
ten sehr dünnen piezoelektrischen Verzögerungsleitung 2, de
ren Dicke erheblich kleiner als die Wellenlänge sein sollte
(spezielles Kriterium für Lamb-Wellen), ist ein sensitiver
polymerer Netzwerk-Film 3 aufgebracht. Die Verzögerungslei
tung 2 oszilliert zunächst mit einer konstanten Frequenz, an
geregt durch ein Elektrodenpaar 4, 5. Wird die sensitive
Schicht 3 durch die Meßgröße 6 in ihren Eigenschaften verän
dert, beeinflußt sie durch die Kopplung mit der Verzögerungs
leitung 2 deren Wellenleitungsverhalten, die als Frequenzän
derung erfaßt und verarbeitet werden kann.
Der Vorteil speziell eines LWO gegenüber dem QMB besteht in
einer um etwa den Faktor 40 höheren Empfindlichkeit bei glei
chen Frequenzen. Andere Oszillatorprinzipe mit Verzögerungs
leitungen sind noch ca. um den Faktor 10 empfindlicher als
das QMB-Prinzip bei allerdings höheren Frequenzen. Sie besit
zen jedoch den Nachteil einer komplizierten Fertigung.
Mit sensitiven bzw. sensibilisierten polymeren Netzwerke kön
nen selbstverständlich nur Querempfindlichkeiten innerhalb
der physikalischen Gesetzmäßigkeiten erreicht werden. Für be
stimmte Meßaufgaben wird die vorhandene Querempfindlichkeit
nicht genügen. Die Selektivität von Sensoranordnungen läßt
sich jedoch durch einige prinzipielle Maßnahmen erhöhen. So
können etwaige Anlagerungs- bzw. Anreicherungseffekte von
Flüssigkeitskomponenten, die eine Störgröße bilden, an oder
im polymeren Netzwerk vermieden werden. Dies geschieht, indem
man eine Phasentrennung realisiert, welche die Aufgabe hat,
die Störgröße von dem Meßgrößenaufnehmer (der sensitiven bzw.
sensibilisierten polymeren Netzwerkschicht) fernzuhalten. Die
Phasentrennung kann zum Beispiel mit semipermeablen Membranen
realisiert werden, welche für die Störgröße undurchlässig
ist, aber für andere Flüssigkeitskomponenten, insbesondere
für die Meßgröße, durchlässig ist. Ebenso können Phasengren
zen genutzt werden, die eine natürliche Barriere für die
Störgröße bilden. Dies können Phasengrenzen zwischen nicht
mischbaren Flüssigkeitskomponenten oder auch Phasengrenzen
flüssig-gasförmig sein.
Eine andere Möglichkeit der Verminderung der Querempfindlich
keit von Sensoranordnungen auf Basis polymerer Netzwerke bie
tet der Einsatz von Sensorsystemen, die aus mehreren Einzel
sensoren mit jeweils unterschiedlicher Sensitivität bestehen.
Für einen einfachen Fall einer dreikomponentigen Flüssigkeit
reichen zwei Einzelsensoren für ein befriedigendes Meßergeb
nis aus. Der erste Sensor besitzt eine polymere Netzwerk
schicht, die auf die als Meßgröße fungierende Flüssigkeits
komponente sensitiv ist, der zweite Sensor ist sensitiv ge
genüber der Flüssigkeitskomponente, die als Störgröße wirkt.
Durch entsprechende Auswertung der Meßsignale kann ein Meßer
gebnis erzielt werden, welches dem wahren Wert sehr nahe
kommt. Die Einzelsensoren können, müssen aber nicht beide auf
dem Meßprinzip der Detektion der Eigenschaftsänderungen poly
merer Netzwerke beruhen.
Für komplexere Meßaufgaben kann durch Einsatz ganzer Sensor
arrays, also einer Vielzahl von Einzelsensoren, nicht nur die
Selektivität beträchtlich erhöht werden, sondern auch viel
komponentige Flüssigkeiten hinsichtlich ihrer Komponentenan
teile zu analysieren. Derartige Sensorarrays erfordern aber
aufwendige Auswertverfahren.