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Die Erfindung betrifft ein Linearwälzlager mit einer Wälzkörper-Endlosbahn. Die Bahn, in der Wälzkörper endlos umlaufen, setzt sich aus einer geradlinigen Rücklaufbahn, einer geradlinigen Lastlaufbahn für belastete Wälzkörper und zwei Umlenkbahnen zusammen, die die Rücklaufbahn mit der Lastlaufbahn verbinden.
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Bei der Konstruktion der Wälzkörper-Endlosbahn eines Linearwälzlagers ist einem sanften Einlauf der Wälzkörper in die Umlenkbahnen und einem ebenso sanften Auslauf besondere Beachtung zu schenken, um eine i. a. abrupte Richtungsänderung, eine stoßartige Belastung und die daraus resultierenden Geräusche, Wärme und Verschleiß infolge von Reibung zu vermeiden. Vorbekannte Konstruktionen, bei denen die Wälzkörper-Endlosbahn durch eine tangentenstetige Verbindung der Umlenkbahn, die sich oft aus Geraden, Kreis- oder Ellipsen-Bögen zusammensetzt, mit den geradlinigen Rück- und Last-Laufbahn entsteht, können nicht als zufriedenstellende Lösung angesehen werden, weil die Krümmungsunstetigkeit in Anschlußpunkten eine abrupte Änderung der zentripetalen Beschleunigung und eine große Stoßkraft auf Kanalflächen der Umlenklaufbahnen verursacht. Dies führt zu einer Gleitreibung, zu Schwingungen und Geräuschen, insbesondere wenn der Laufwagen des Linearwälzlagers mit einer erhöhten Geschwindigkeit fährt.
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7A zeigt eine in der
US 4 296 974 A angegebene Wälzkörper-Endlosbahn, wobei die Umlenkbahn
1, ein Halbkreis mit Radius R, mit zwei geradlinigen Laufbahnen tangentenstetig verbunden ist. Im Anschlußpunkt B verändert sich die Krümmung sprungartig von Null auf 1/R. Ähnlich verändert sich die Krümmung im Anschlußpunkt C sprungartig von 1/R auf Null. Die
US 4 505 522 A beschreibt eine Umlenkbahn, wie in
8A dargestellt, die aus zwei Viertelkreisbögen und einem Geradensegment besteht. Den beiden Konstruktionen ist gemeinsam, daß die Wälzkörper-Endlosbahn tangentenstetig, jedoch nicht krümmungsstetig ist. Die Krümmungsunstetigkeit führt zu dem Auftreten der vorher erwähnten Stoßkraft, einer Gleitreibung und eines Verschleißes sowie von Geräuschen in der Wälzkörper-Endlosbahn. Die Krümmungsunstetigkeit der beiden Konstruktionen ist aus
7B und
8B ersichtlich.
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Eine verbesserte Konstruktion der Endlosbahn ist beispielsweise in der
US 4 652 147 A beschrieben, wobei sich eine Umlenkbahn aus zwei oder mehreren Kurven mit unterschiedlichen Krümmungen zusammensetzt (
9A,
9B,
10A und
10B). Obwohl die Krümmungsdifferenz in Anschlußpunkten dadurch reduziert ist, weist die Wälzkörper-Endlosbahn Krümmungsunstetigkeit auf. Eine weitere Konstruktion beschreibt das US-Patent, wie in
11A gezeigt, wonach die Kreisbögen durch Ellipsenbögen ersetzt sind. Dadurch läßt sich die Differenz von Krümmungen in Anschlußpunkten zwischen der Umlenkbahn und der geradlinigen Laufbahn weiter reduzieren, jedoch, wie
11B zeigt, nicht eliminieren.
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In der
US 5649 770 A ist ein Endlos-Wälzlager mit Umlenkbahnen aufgezeigt, dessen Wälzkörperbahn derart verläuft, daß an den Anschlußstellen zwischen den jeweils geraden Lastlaufbahnen bzw. Rücklaufbahnen und den Umlenkbahnen ein unendlicher Krümmungsradius auftritt, was einem krümmungs- und tangentenstetigen Übergang entspricht. Überdies offenbart diese Druckschrift räumliche Wälzlagerbahnen, bei denen die obigen Übergänge krümmungs- und tangentenstetig ausgeführt sein können.
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Linearwälzlager, darunter Linearwälzführungen, Kugelbüchsen und Wellenführungen, finden immer breitere Anwendungen in Bereichen der Werkzeugmaschinen, Halbleiterfertigung und Automatisierung. Die ständig erhöhte Anforderung an die Produktionseffizienz führt dazu, daß die Laufwagen der Linearwälzlager mit immer höherer Geschwindigkeit gefahren werden. Vor dem Hintergrund sind die Probleme Stoßkraft, Gleitreibung und Verschleiß, Schwingungen und Geräuschentwicklung in den Umlenkbahnen immer signifikanter. Vorbekannte Konstruktionen lösen die Probleme durch tangentenstetige Verbindung der Lastlaufbahn mit der Rücklaufbahn mit Hilfe einer oder mehrerer Kurven aus Geraden, Kreis- oder Ellipsenbögen.
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Durch die Erfindung wird ein Linearwälzlager mit einer derartigen Wälzkörper-Endlosbahn geschaffen, daß sie einen sanften Umlauf der Wälzkörper ohne Beschleunigungssprünge gewährleistet und die vorher erwähnten Nachteile vorbekannter Konstruktionen vermeidet.
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Das wird erfindungsgemäß durch eine sowohl tangentenstetige als auch krümmungsstetige Verbindung der Umlenkbahnen mit der geradlinigen Lastlaufbahn und der geradlinigen Rücklaufbahn erreicht, wobei jede Umlenkbahn vier Klothoiden-Kurvensegmente aufweist, die paarweise krümmungs- und tangentenstetig aneinander angesetzt sind und von denen das eine Paar an die Lastlaufbahn, und das andere Paar an die Rücklaufbahn jeweils krümmungs- und tangentenstetig angesetzt ist.
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Im folgenden wird die Erfindung anhand der Zeichnung im einzelnen näher erläutert. Es zeigen:
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1A eine erfindungsgemäße Umlenkbahn;
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1B die Krümmungsverteilung der Umlenkbahn aus 1A;
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2A eine Modifikation der Umlenkbahn;
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2B die Krümmungsverteilung der Umlenkbahn aus 2A;
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3 die Krümmungsverteilung eines Klothoidensegments einer erfindungsgemäßen Umlenkbahn;
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4 die Krümmungsverteilung eines Klothoidensegments einer erfindungsgemäßen Umlenkbahn;
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5 eine Schnittkurve zweier Klothoidenflächen;
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6A eine Wälzkörper-Endlosebahn für eine Kugelbüchse;
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6B eine Klothoidenkurve auf einer Zylinderfläche;
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7A eine vorbekannte Umlenkbahn aus einem Kreissegment;
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7B die Krümmungsverteilung der Umlenkbahn aus 7A;
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8A eine weitere vorbekannte Umlenkbahn;
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8B die Krümmungsverteilung der Umlenkbahn aus 8A;
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9A eine vorbekannte Umlenkbahn aus drei Kreissegmenten;
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9B die Krümmungsverteilung der Umlenkbahn aus 9A;
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10A eine vorbekannte Umlenkbahn aus fünf Kreissegmenten;
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10B die Krümmungsverteilung der Umlenkbahn aus 10A;
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11A eine vorbekannte Umlenkbahn aus vier Kreisbögen und einem Geradensegment;
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11B die Krümmungsverteilung der Umlenkbahn aus 11A;
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1A bis 6B sind praktische Anwendungsbeispiele der Erfindung. 7A bis 11B sind vorbekannte Konstruktionen der Umlenkbahn.
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Um die Beschleunigungssprünge der Wälzkörper-Endlosbahn zu vermeiden, weist die Erfindung eine sowohl tangenten- als auch krümmungsstetige Verbindung der Umlenkbahnen mit der Last- und Rücklaufbahn auf, wobei die Umlenkbahn vier Klothoiden-Kurvensegmente umfasst. Die resultierende krümmungsstetige Endlosbahn ermöglicht einen sanften Anstieg zentripetaler Beschleunigung der Wälzelemente von Null bis zu einem definierten Wert, wenn die Elemente von einer geradlinigen Laufbahn in eine Umlenkbahn einlaufen. Damit lassen sich Nachteile wie Stöße und Geräusche vermeiden.
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Es ist bekannt, daß die Krümmung einer Laufbahn einen engen Zusammenhang mit der zentripetalen Beschleunigung eines Wälzkörpers hat. Läuft ein Wälzkörper mit einer konstanten Geschwindigkeit V in einer Laufbahn, läßt sich die zentripetale Beschleunigung des Wälzkörpers an sich mit folgender Gleichung beschreiben: an = V2/r, wobei r der Krümmungsradius bzw. der Kehrwert der Krümmung der Laufbahn ist. Aus der Gleichung ist ersichtlich, daß die zentripetale Beschleunigung proportional zur Krümmung ist.
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Läuft der Wälzkörper 2 gemäß 7A auf dem geradlinigen Bahnsegment, beträgt die zentripetale Beschleunigung des Körpers Null, da die Krümmung einer Geraden Null ist. Sobald der Wälzkörper 2 den Anschlußpunkt B überfährt, nimmt die zentripetale Beschleunigung des Körpers sprungartig auf V2/R zu, weil die kreisförmige Umlenkbahn eine konstante Krümmung 1/R entlang der gesamten Bahn aufweist. Der Beschleunigungssprung hat, wie vorher erwähnt, eine enorme Stoßkraft auf die Umlenklaufbahn, ein Rucken des Wälzkörpers und einen Verschleiß und Geräusche zur Folge.
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Die Erfindung verwendet die Krümmung als einen primären Konstruktionsparameter für die Gestaltung der Wälzkörper-Endlosbahn. Erfindungsgemäß sind Klothoidenkurven, auch Comu- oder Euler-Kurven genannt, eingesetzt. Da die Krümmung einer Klothoidenkurve zu deren Bogenlänge relativ zu ihrem Anfangspunkt eine explizite mathematische Beziehung aufweist, ist es einfacher, das Grundprinzip der Kurvenverbindungstechnik der Erfindung mit Hilfe der Klothoidenkurve im folgenden zu erläutern.
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Die allgemeine Gleichung einer Klothoidenkurve lautet in Parameterform (X(u), Y(u)) = (X0, Y0) + [h∫u 0cos(f(u))du, h∫u 0sin(f(u))du] wobei (X(u), Y(u)) Kurvenpunkt, (Xo, Yo) Anfangspunkt der Kurve, h Skalierungsfaktor, u Bogenlänge zwischen Anfangs- und Kurvenpunkt, und f(u) Tangentenfunktion, deren Wert der Winkel zwischen der x-Achse und der Tangente an die Kurve in dem Punkt (X(u), Y(u)) ist. Die Tangentenfunktion f(u) ist oft wie folgt definiert: f(u) = πu2/2
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Die Krümmungsfunktion ergibt sich in folgender Parameterform: c(u) = πu/h
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Die erfindungsgemäße Umlenkbahn und deren Modifikationen sind in den 1A bis 6B gezeigt. 1A zeigt eine Umlenkbahn, die sich aus vier Klothoidenkurven a, b, c, und d zusammensetzt. Die in 2A gezeigte Umlenkbahn besteht aus vier Klothoidenkurven und einem Geradensegment. Die beiden Umlenkbahnen weisen einen stetigen Verlauf der Krümmung auf (1B und 2B).
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In den obigen Beispielen ist die Krümmung eine lineare Funktion des Parameters Bogenlänge u, d. h. die Krümmung ist zu der Bogenlänge relativ zum Anfangspunkt proportional. Der Verlauf der Krümmung kann auch mit Hilfe von Polynomen höherer Ordnung oder Sinusfunktionen spezifiziert werden. Zum Beispiel kann ein quadratisches Polynom zur Definition des Krümmungsverlaufs wie folgt aussehen: C(u) = 6πu(1 – u)
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Die entsprechende Klothoidenkurve in Parameterform: X(u) = ∫u 0cos(6π(u2/2 – u3/3))du Y(u) = ∫u 0sin(6π(u2/2 – u3/3))du
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Die Krümmungsverteilung einer Kurve mit der oberen Integrationsgrenze eins ist in 3 gezeigt.
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Eine mit Sinusfunktionen definierte Krümmungsfunktion kann wie folgt aussehen: C(u) = πsin(2u)
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Die entsprechende Klothoidenkurve in Parameterform: X(u) = ∫u 0cos(πsin(u2))du Y(u) = ∫u 0sin(πsin(u2))du
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Die Krümmungsverteilung einer Kurve mit der oberen Integrationsgrenze π/2 ist in 4 dargestellt.
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Zur Erläuterung der Erfindung wurden in den obigen Beispielen ebene Klothoidenkurven zur Gestaltung der ebenen Umlenkbahn verwendet. Klothoidenkurven können auch zur Gestaltung räumlicher Umlenkbahnen eingesetzt werden. Beispielweise läßt sich eine räumliche Umlenkbahn durch Einbeziehen einer Durchdringungskurve zweier Klothoidenflächen definieren. Unter einer Klothoidenfläche wird hier eine Translationsfläche verstanden, die durch Verschiebung einer ebenen Klothoidenkurve längs des Normalenvektors der Ebene, auf der sich die Kurve befindet, entsteht. 5 zeigt ein Beispiel solcher Konstruktionen. Die Bahn 1 ist die Schnitt- bzw. Durchdringungskurve zweier Flächen, die durch Translation zwei Klothoidenkurven entsteht. Eine der Klothoidenkurve liegt in der durch Last- und Rücklaufbahn definierten Ebene. Die andere liegt in einer Ebene, die senkrecht zu der vorherigen Ebene steht.
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Eine andere Methode zur Konstruktion einer räumlichen Umlenkbahn ist beispielsweise die Abbildung einer ebenen Klothoidenkurve auf einer räumlichen gekrümmten Oberfläche. 6A zeigt beispielsweise die Abbildung einer Klothoidenkurve auf einer Zylinderfläche. Die abgebildete Kurve ist insbesondere für die Umlenkbahn der Linearkugelbüchse geeignet. Eine ausführliche Beschreibung des Abbildungsverfahren wird später ausgeführt.
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Bei praktischen Anwendungen der Erfindung kann eine Umlenkbahn u. a. unter Berücksichtigung geometrischer Beschränkungen wie z. B. Raumbedarf durch tangenten- und krümmungsstetige Verbindung von Klothoidenkurven, welche einen kontinuierlichen Krümmungsverlauf aufweisen, mit Geradensegmenten, Kreis- und Ellipsen-Bögen sowie andere Kurven gestaltet werden.
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6A zeigt ein Anwendungsbeispiel der Erfindung im Bereich der Linearkugelbüchse, wobei die Umlenkbahn durch Abbildung einer Klothoidenkurve auf einer Zylinderfläche ermittelt ist. Nach 6B läßt sich die Abbildung wie folgt beschreiben: x = X 0 = Y/R
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Es gilt dann die abgebildete räumliche Klothoidenkurve (x(u), y(u), z(u)) in Parameterform: x(u) = X = cos(∫u 0cos(f(u))du y(u) = Rsin(Y/R) = Rsin(∫u 0sin(f(u))du/R) z(u) = Rcos(Y/R) = Rcos(∫u 0sin(f(u))du/R)
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Es kann gezeigt werden, daß der Parameter u die Bogenlänge der Raumkurve ist und deren Krümmungsfunktion wie folgt aussieht: C(u) = √(d2x/du2)2 + (d2y/du2)2 + (d2z/du2)2
= √(df(u)/du)2 + (sin2(f(u))/R)2
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Aus der obigen Gleichung ist ersichtlich, daß im Vergleich zur ebenen Klothoidenkurve ein zusätzlicher Term in der Krümmung durch die Abbildung entsteht. Trotzdem weist die räumliche Klothoidenkurve Krümmungsstetigkeit auf.
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Das vorherige Beispiel ist eine Anwendung im Bereich der Linearkugelbüchse. Die grundlegende Überlegung der Erfindung ist es, Kurven mit der Eigenschaft, daß ihre Krümmung von Null bis zu einem bestimmten Wert kontinuierlich variieren kann, bei der Gestaltung der Wälzkörper-Endlosbahn einzusetzen, um eine ruckfreie Bewegung der Wälzkörper der Linearwälzlager zu ermöglichen.
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Obwohl das Ziel der Erfindung insbesondere darin besteht, die Krümmungsstetigkeit der Umlenkbahn der Wälzkörper sicherzustellen, kann ein Umlenkkanal unter Berücksichtigung der Montierbarkeit kleiner Modifikationen unterliegen, wie z. B. Einführung von Fasen, Rundungen oder Senkungen in den Öffnungen des Umlenkkanals. Die modifizierte Umlenkbahn zählt ebenfalls zu dem Bereich der Erfindung.
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Außer in den vorher erwähnten Beispielen findet die Erfindung auch Anwendungen in Bereichen von Linearbewegungskomponenten wie zum Beispiel einer Linearwälzführung, einer Linearkugelbüchse und einer Linearwellenführung sowie einem Linearpositioniertisch (linear transfer table), wobei die eingesetzten Wälzkörper Kugeln, Rollen oder Wälzelemente ähnlicher Arten sein können.