Die Erfindung betrifft ein radial zustellbares rotie
rendes Bohrwerkzeug gemäß dem Oberbegriff des Patentanspru
ches 1.
Ein derartiges Bohrwerkzeug ist aus der EP 0 654 315 A1
bekannt und wird in der Serienfertigung von Gehäusebauele
menten, beispielsweise von Motor-/Getriebegehäusen einge
setzt. Dabei werden die jeweiligen Bearbeitungsstationen,
beispielsweise Transfermaschinen, Feinbohreinheiten, Son
dermaschinen, Bohrwerke oder Bearbeitungszentren mit einem
Bohrwerkzeug ausgerüstet, bei dem das Schneidwerkzeug mit
einer Arbeitsspindel der Werkzeugmaschine radial zustellbar
gekoppelt ist.
Das Bohrwerkzeug erlaubt es während der Produktion auf
tretende Fehler zu kompensieren, die beispielsweise durch
Schneidenverschleiß, Schneidentoleranz, Einstellfehler oder
Maßschwankungen, verursacht durch Temperaturänderungen der
Maschine, etc. auftreten können. Des weiteren ermöglicht
das Bohrwerkzeug das Ausbilden von Zylinderbohrungen mit
engsten Toleranzen oder mit Bohrungen, deren Radius in Ab
hängigkeit von der Bohrungstiefe veränderlich ist
(beispielsweise Ausbilden von Fasen, Radien, Einstichen,
konvexen, konkaven oder kegeligen Umfangswandungen).
Das bekannte Bohrwerkzeug kann an unterschiedlichen
Werkzeugaufnahmen, beispielsweise Bohrstangen, sogenannten
Exzenterspindeln oder Zustellköpfen ausgebildet werden.
Bei dem aus der EP 0 654 315 A1 bekannten Bohrwerkzeug
ist eine als Zustellspindel ausgebildete Innenspindel
zentrisch in einer Außenspindel gelagert. Die
Innenspindel trägt stirnseitig eine Steuernocke, über die
ein auf einer stirnseitigen Führung der Außenspindel
gelagerter Werkzeughalter in Radialrichtung verschiebbar
ist, um eine Zustellbewegung zu bewirken. Die Innen- und
Außenspindel sind unabhängig voneinander antreibbar, so daß
beim Vorsehen einer Drehzahldifferenz aufgrund der
Relativverdrehung zwischen Außen- und Innenspindel eine
Zustellbewegung des Werkzeughalters erfolgt. Bei synchron
angetriebenen Spindeln erfolgt keine Zustellbewegung.
Problematisch bei dieser bekannten Lösung ist, daß der
Werkzeughalter sowohl auf der Außen- und auf der Innenspin
del geführt werden muß, so daß ein erheblicher Aufwand zur
spielfreien Führung erforderlich ist. Sämtliche Führungs
elemente sind stirnseitig ausgebildet, so daß die Zustell
einrichtung insbesondere in Radialrichtung einen erhebli
chen Bauraum benötigt.
Demgegenüber liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde,
ein Bohrwerkzeug der eingangs genannten Art zu schaffen,
bei dem eine Zustellung mit minimalem vorrichtungstechni
schen Aufwand ermöglicht ist.
Diese Aufgabe wird durch ein Bohrwerkzeug mit den Merk
malen des Patentanspruchs 1 gelöst.
Erfindungsgemäß wird die Werkzeugaufnahme an einem Ex
zenterabschnitt der Zustellspindel ausgebildet, die exzen
trisch in der Außenspindel gelagert ist. Durch Verdrehen
der Zustellspindel mit Bezug zur Außenspindel kann eine Zu
stellbewegung mit minimalem Aufwand eingeleitet werden.
Durch die flächige Lagerung des Exzenterwellenabschnittes
der Zustellspindel in der Außenspindel ist eine spielfreie
Lagerung des Werkzeughalters gewährleistet. Die Erfindung
zeichnet sich durch einen sowohl in Radial- als auch in
Axialrichtung kompakten Aufbau aus, wobei die bewegten Mas
sen gegenüber dem vorbeschriebenen Stand der Technik mini
mal sind.
Der Einsatz rotationssymmetrischer Bauelemente ermög
licht des weiteren extrem hohe Drehzahlen sowohl für die
Spindel als auch für die Betätigungswelle, so daß hohe Zer
spanungsleistungen realisierbar sind.
Da die Zustellbewegung alleine aufgrund einer Drehzahl
differenz zwischen Betätigungswelle und Spindel erfolgt,
können schnelle Zustellbewegungen auch während des Zerspa
nungsvorgangs realisiert werden.
Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind Gegen
stand der Unteransprüche.
Zusätzlich zum radial verstellbaren Schneidwerkzeug
kann die Werkzeugaufnahme noch ein weiteres Vorbearbei
tungswerkzeug tragen.
Die Außenspindel und die Zustellspindel können über je
weils einen Riementrieb angetrieben werden oder - alterna
tiv dazu - direkt an den Rotor eines Elektromotors, bei
spielsweise eines Gleichstrommotors, eines Drehstrommotors
mit einem Frequenzumformer (beispielsweise eines Drehstrom-
Asynchronmotors) angekoppelt sein.
Im folgenden wird ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel
der Erfindung anhand schematischer Zeichnungen näher erläu
tert. Es zeigen:
Fig. 1 ein Ausführungsbeispiel eines Bohrwerkzeugs mit
Exzenterspindel;
Fig. 2 ein Diagramm zur Veranschaulichung der Stellbe
wegung der Exzenterspindel; und
Fig. 3 eine weitere Antriebsvariante für das Ausfüh
rungsbeispiel aus Fig. 1;
In den Fig. 1 und 2 ist ein Ausführungsbeispiel dar
gestellt, bei dem eine Werkzeugaufnahme 32, im folgenden
als Bohrstange bezeichnet, an einem Exzenterkopf gelagert
ist. Ein derartiger Exzenterkopf ist prinzipiell bereits
aus dem Stand der Technik bekannt, so daß im folgenden le
diglich auf einige erfindungswesentliche Bauelemente einge
gangen werden muß.
Der Antrieb einer Zustellspindel 25 und einer Außen
spindel 6, im folgenden auch als Hauptspindel oder kurz als
Spindel bezeichnet, erfolgt über Antriebsmotoren 56 bzw.
64, die über Riemenscheiben 90, 94 bzw. 80, 84 und Zahnrie
men 92 bzw. 82 mit der Zustellspindel 25 und der Spindel 6
verbunden sind. Letztere ist wiederum über Wälzlager 76, 77
in einem Spindel-Gehäuse 78 gelagert, das an dem Bohr
schlitten 68 - auch Vorschubeinheit genannt - befestigt ist.
Die Drehachse der Spindel 6 ist in der Darstellung nach
Fig. 1 mit M2 gekennzeichnet.
Die Zustellspindel 25, im folgenden auch als Betäti
gungswelle bezeichnet, ist innerhalb der Spindel 6 gelagert
und hat einen Antriebswellenabschnitt 120, an dessen in
Fig. 8 rechtem Endabschnitt die Zahnriemenscheibe 90 und die
Zuführung 54 für Kühl-/Schmiermittel ausgebildet sind. An
dem anderen Ende des Antriebswellenabschnittes 120 ist ein
innenverzahntes Kegelrad 122 ausgebildet, das mit ei
nem entsprechenden außenverzahnten Kegelrad 124 kämmt.
Letzteres ist an einem Exzenterwellenabschnitt 126 der Be
tätigungswelle 25 ausgebildet.
Der Antriebswellenabschnitt 120 verläuft koaxial zur
Drehachse M2 und ist über Wälzlager 128 in der Hauptspin
del 6 gelagert.
Der Exzenterwellenabschnitt 126 ist ebenfalls über ge
eignete Wälzlager 130 in der Spindel 6 abgestützt, wobei
die Exzentermitte durch die Achse M1 gekennzeichnet ist.
Der Antriebswellenabschnitt 120 und der Exzenterwellenab
schnitt 126 sind von einem durchgängigen Bohrungssystem 132
durchsetzt, über das Kühl-/Schmiermittel von der Zufüh
rung 54 hin zur Werkzeugschneide 24 leitbar ist.
An der Stirnseite des Exzenterwellenabschnitts 126 ist
die Bohrstange 32 mit einem Schneidwerkzeug 24 befestigt,
d. h., die Mittelachse der Bohrstange 32 verläuft koaxial
zur Achse M1 des Exzenters. Die Zustellbewegung oder Verän
derung der Schneideneinstellung erfolgt durch Verdrehen des
Exzenterwellenabschnitts 126 mit Bezug zur Hauptspindel 6,
so daß der Radialabstand zwischen der Hauptspindeldrehachse
M2 und der Werkzeugschneide aufgrund der Exzentrizität ver
ändert wird. Diese Stellbewegung ist schematisch in Fig. 2
dargestellt. M1 und M2 kennzeichnen die Drehachsen der
Bohrstange 32 bzw. der Hauptspindel 6. Eine Wendeschneid
platte 24 ist auf der Bohrstange 32 befestigt und bewegt
sich somit bei einer Relativverdrehung der Bohrstange 32
gegenüber der Hauptspindel 6 auf einem Kreisbogen 130. Auf
grund des Abstands e zwischen den Achsen M1 und M2 ändert
sich bei dieser Relativverdrehung der Radialabstand zwi
schen der Hauptspindelachse M2 und der Werkzeugschneide.
D. h., bei der mit #1 gekennzeichneten Position bewegt sich
die Werkzeugschneide bei angetriebener Spindel auf einem
Drehkreis 132 mit vergleichsweise großem Außendurchmesser.
Bei einer Verstellung des Exzenterwellenabschnitts um einen
Winkel α gegenüber der Hauptspindel läßt sich ein Drehkreis
134 mit einem mittleren Durchmesser und bei einer Relativ
verdrehung um einen Winkel β ein Drehkreis 136 mit geringe
rem Durchmesser einstellen.
Für den Fall, daß die Schneideneinstellung dem Sollwert
entspricht, werden die Hauptspindel 6 und die Zustellspin
del 25 - oder genauer gesagt, deren Antriebswellenab
schnitt 120 und Exzenterwellenabschnitt 126 mit gleicher
Drehzahl betrieben, so daß keine Relativbewegung zwischen
Exzenterwellenabschnitt 126 und Hauptspindel 6 erfolgt - die
Schneideneinstellung wird beibehalten und eine Bohrung mit
konstantem Durchmesser ausgebildet.
Zur Veränderung des Bohrungsdurchmessers und zur Kom
pensation von Produktionsfehlern wird die Drehzahl des Zu
stellmotors 56 soweit verändert, bis sich eine vorbestimmte
Drehzahldifferenz zwischen dem Exzenterwellenabschnitt 126
und der Spindel 6 einstellt, so daß die vorbeschriebene
Stellbewegung erfolgt. Nach Erreichen dieses Sollwertes
werden die Hauptspindel 6 und die Zustellspindel 25 wieder
- wie bei dem vorbeschriebenen Ausführungsbeispiel - mit der
gleichen Drehzahl angetrieben, so daß keine Relativver
schiebung zwischen Exzenter und Spindel 6 erfolgt.
Eine derartige Exzenterspindel ist in Abhängigkeit von
der Exzentrizität prinzipiell für Bohrungsdurchmesser von
10 mm und größer einsetzbar.
Die Drehzahlen der Spindel 6 und der Betätigungswel
le 25 werden wiederum über Meßaufnehmer 72 bzw. 62 aufge
nommen, über die eine geeignete Ansteuerung erfolgt. Die
Führungsgrößen für den Vorschub und für die Drehzahl der
Motoren werden beispielsweise in einem Interpolator aus dem
von den Meßaufnehmern 62, 72 erfaßten Daten, der Geometrie
des Werkzeuges und der Vorschubbewegung generiert. In den
als Folgesystem arbeitenden Lageregelkreisen werden über
die Mechanik des Bohrschlittens und durch entsprechende An
steuerung der Antriebsmotoren die gewünschte Ist-Position
des Werkzeuges eingestellt. Wichtig ist dabei, daß die di
gitale oder analoge Antriebstechnik einen winkelgenauen
Synchronbetrieb der Hauptspindel 6 und der Betätigungswelle
ermöglichen, so daß die gewünschte Soll-Größe konstant ge
halten werden kann. Das Konstruktionsprinzip mit ineinander
geführten Antriebswellen (Spindel, Betätigungswelle) hat
eine hohe Steifigkeit, die sich direkt an der Werkzeug
schneide durch minimale Auslenkungen auswirkt. Da im we
sentlichen rotationssymmetrische Teile verwendet werden, ist
das erfindungsgemäße Zustellsystem auch für hohe Drehzahlen
geeignet. Die dynamischen Servoantriebe (Zustellmotoren 56,
64) ermöglichen schnelle Zustellbewegungen, die auch wäh
rend des Zerspanungsvorganges erfolgen können, so daß auch
eine komplizierte Bohrungsgeometrie mit hoher Genauigkeit
herstellbar sind.
In Fig. 3 ist ein Antrieb für das Bohrwerkzeug ange
deutet.
Bei dem in Fig. 3 dargestellten Ausführungsbeispiel,
bei dem lediglich der antriebsseitige Teil des Zustellsy
stems gezeigt ist, wird ein Riementrieb zur Übertragung der
Antriebsmomente des Zustellmotors 56 bzw. des Spindelmotors
64 verwendet.
Die Hauptspindel 6 ist über die Wälzlager 76, 77 in ei
nem Gehäuse 78 gelagert, das am Bohrschlitten 68 befestigt
ist. An dem in Fig. 3 rechten, in Radialrichtung zurückge
stuften Endabschnitt der Hauptspindel 6 ist eine Spindel
zahnriemenscheibe spielfrei gelagert, die von einem Zahn
riemen 82 angetrieben wird, der seinerseits mit einer Ab
triebsscheibe 84 des Spindelmotors 64 kämmt, der im Paral
lelabstand zur Spindelachse angeordnet ist. Der in Fig. 3
linke Endabschnitt der Zustellspindel 25 ist über Wälzlager
86 in der Hauptspindel 6 gelagert. Der andere Endabschnitt
der Zustellspindel 25 wird über Lageranordnungen abge
stützt, die im Bereich der Zuführung 54 für Kühl-
/Schmiermittel angeordnet sein können. Über diese rotie
rende Zuführung 54 kann das Kühl-/Schmiermittel durch die
gestrichelt angedeutete Axialbohrung 88 hindurch zur Werk
zeugschneide geführt werden.
Im Bereich der Zuführung 54 ist eine Zahnriemenscheibe
90 drehfest mit der Zustellspindel 25 verbunden, die über
einen Zahnriemen 92 mit der Abtriebsscheibe 94 kämmt, so
daß das Antriebsmoment des Zustellmotors 56 auf die Zu
stellspindel 25 übertragbar ist.
Die Drehzahlen der Spindel-Zahnriemenscheibe 80 und der
Zahnriemenscheibe 90 werden über Meßaufnehmer 72 bzw. 62
aufgenommen, die mit der Steuereinheit zur Ansteuerung der
beiden Antriebsmotoren 56, 64 verbunden sind.
Die in Fig. 3 dargestellte Konstruktion hat den Vor
teil, daß die Axiallänge des Zustellsystems gering ist und
daß der Zahnriemenantrieb eine robuste und einfach zu war
tende Konstruktion darstellt, die die Verwendung von Stan
dardbauteilen ermöglicht und auch nachträglich durch Aus
tausch der Zahnriemenscheiben auf einfache Weise Änderungen
der Antriebscharakteristik ermöglicht.
Das rotierende Bohrwerkzeug ist von der Spindel ange
trieben und ist über eine Stelleinrichtung in Zustellrichtung
verstellbar. Die Stelleinrichtung ist von einer Betätigungs
welle angetrieben, die mittels eines eigenen Zustellmotors
synchron mit der Spindel oder mit einer vorbestimmten Dreh
zahldifferenz mit Bezug zur Spindel antreibbar ist. Bei
synchronem Antreiben von Betätigungswelle und Spindel erfolgt
keine Zustellung, während bei Einstellung einer Drehzahl
differenz über die Stelleinrichtung eine Verstellung des
Schneidwerkzeuges erfolgt. Nach Einstellung der Soll-
Position des Schneidwerkzeuges ist die Betätigungswelle und
die Spindel wieder mit gleicher Drehzahl betrieben.