DE19525218A1 - Verfahren zur thermischen oder thermochemischen Behandlung von Präzisionsbauteilen aus Stahl - Google Patents

Verfahren zur thermischen oder thermochemischen Behandlung von Präzisionsbauteilen aus Stahl

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Description

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur thermischen oder thermochemischen Behandlung von Präzisionsbauteilen aus Stahl mit unterschiedlichen Wand­ stärken, insbesondere Tassenstößel, Wälzlagerteile, Getriebe- und Kupplungs­ elemente, bestehend aus wenigstens den Stufen Härten, Tiefkühlen und An­ lassen.
Derartige Verfahren sind seit längerem bekannt und haben das Ziel, durch Erzeugung unterschiedlicher Phasen und Phasenanteile, durch Phasenumwand­ lung, vollständige oder teilweise Karbidauflösung gewünschte Eigenschaften der Stahllegierung zu erzielen, beispielsweise eine hohe Härte durch Martensit­ bildung. So ist es in diesem Zusammenhang bekannt, Präzisionsbauteile derart wärmezubehandeln, daß sie zunächst gehärtet, anschließend tiefgekühlt und danach angelassen werden (Technologie der Wärmebehandlung von Stahl, VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1987, Seite 238 ff). Die Tief­ kühltemperaturbehandlung wird zur Reduzierung des Restaustenitgehaltes angewendet, da der Restaustenit als relativ weicher Gefügebestandteil die Härte des Abschreckgefüges vermindert.
Nachteilig dabei ist, daß diese Verfahrensweise für Präzisionsbauteile mit unterschiedlichen Wandstärken nicht bzw. nur bedingt anwendbar ist. Die Tiefkühltemperaturbehandlung erfaßt nämlich das gesamte Bauteil, d. h. sowohl die Bereiche mit ausgeprägter Wandstärke als auch die Bereiche mit wesentlich verringerter Wandstärke.
So kann es beispielsweise sein, daß in Präzisionsbauteilen mit unterschiedlicher Wandstärke die dickwandigen Teile einen Restaustenitgehalt aufweisen, der sich tribologisch ungünstig auswirkt, während die dünnwandigen Teile einen tribolo­ gisch unkritischen Restaustenitgehalt haben. Bei einer kompletten Tiefkühltem­ peraturbehandlung eines solchen Bauteiles würde der Fall eintreten, daß auch bei den dünnwandigen Teilen je nach vorliegender Restaustenittiefe gegebenen­ falls bis in den Kernbereich hinein eine martensitische Umwandlung mit den bekannten negativen Folgen, z. B. einer Versprödung des Gesamtquerschnittes oder der Ausbildung eines ungünstigen Eigenspannungsverlaufes über den Querschnitt, stattfindet. Die dünnwandigen Teile des Bauteiles wären dann relativ bruchempfindlich bzw. rißanfällig.
Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Verfahren zur thermischen bzw. thermo­ chemischen Behandlung von Präzisionsbauteilen aus Stahl mit unterschiedlichen Wandstärken so weiterzuentwickeln, daß deren dünnwandige Bereiche nicht aufgrund einer unerwünschten Restaustenitumwandlung in ihren mechanischen Eigenschaften beeinflußt werden.
Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe nach dem Kennzeichen des Hauptanspru­ ches dadurch gelöst, daß die Präzisionsbauteile einer partiellen Tiefkühlung unterworfen sind, so daß der Abbau des primären Restaustenits bevorzugt an den beaufschlagten Stellen erfolgt. Durch diese Verfahrensweise ist gesichert, daß an den nicht beaufschlagten Stellen eine Umwandlung von vorhandenem Restaustenit nicht eintreten kann, d. h. diese Bereiche werden in ihrer Duktilität nicht eingeschränkt und sind daher weniger bruchempfindlich.
Weitere, erfindungsgemäße Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprü­ che und werden im folgenden näher beschrieben. So ist nach Anspruch 2 vorgesehen, daß die Funktionsflächen mit der gewünschten Tiefkühltemperatur beaufschlagt sind. Unter Funktionsflächen sind dabei die Flächen zu verstehen, die aufgrund eines zu hohen Restaustenitgehalts ungünstige mechanische bzw. ungünstige tribologische Eigenschaften aufweisen.
Aus Anspruch 3 geht hervor, daß die Tiefkühltemperaturbehandlung im Bereich zwischen -35°C und -120°C erfolgen soll. Diese Richtwerte sind aus Literatur­ angaben bekannt.
Nach einem weiteren Merkmal der Erfindung gemäß Anspruch 4 sollen die Präzisionsbauteile unmittelbar nach der Tiefkühlbehandlung auf Raumtempera­ tur erwärmt werden. Diese Erwärmung auf Raumtemperatur soll verhindern, daß ein Wärmeübergang vom wärmeren Teil (Bereich der dünnen Wandstärke) zum kälteren Teil (Bereich mit dicker Wandstärke) stattfindet. Würde nämlich dieser Temperaturausgleich erfolgen, so würde das Präzisionsbauteil im Bereich der dünneren Wandstärke durch den Wärmeübergang abgekühlt und eine uner­ wünschte Restaustenitumwandlung erfahren.
Nach einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung gemäß Anspruch 5 soll sich die Tiefkühltemperaturbehandlung unmittelbar an das Härten bzw. Ab­ schrecken anschließen. Es besteht nämlich sonst die Gefahr, daß durch eine Lagerzeit zwischen Abschrecken und beginnender Tieftemperaturbehandlung eine Stabilisierung des Restaustenits eintritt.
Aus Anspruch 6 geht hervor, daß der Boden eines Tassenstößels der Tiefkühl­ temperaturbehandlung unterworfen ist. Durch die dadurch bedingte Umwand­ lung eines Teils des relativ weichen Restaustenits in Martensit wird der abrasive Verschleiß zwischen Nocken und Boden des Tassenstößels entscheidend ver­ ringert, d. h. die Lebensdauer der Reibpaarung Nocken/Boden wird erhöht, während die zylindrische Wandung der Tasse aufgrund der fehlenden Rest­ austenitumwandlung in ihrer Bruchempfindlichkeit nicht negativ beeinflußt wird.
Die Erfindung wird an nachstehendem Ausführungsbeispiel näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1 einen Längsschnitt durch eine Stößelkonstruktion,
Fig. 2 ein Temperatur-Zeit-Regime für eine Wärmebehandlungsva­ riante des obengenannten Stößels und
Fig. 3 die Temperaturverteilung der Stößelkonstruktion nach Fig. 1 am Gehäuseboden und an der zylindrischen Wandung.
Die Fig. 1 zeigt eine Konstruktion, bei der ein erstes tassenförmiges Teil 1 mit einer zylindrischen Wandung 2 und einem geschlossenen Boden 3 gebildet ist. In dieses erste tassenförmige Teil 1 ist ein zweites Teil 4 in Form eines M-förmi­ gen Trichters eingefügt, das einen zylindrischen Außenmantel 5 aufweist, der sich in die Bohrung der zylindrischen Wand 2 einfügt. An seinem an den Boden 3 des ersten Teiles 1 angrenzenden Ende geht der zylindrische Außen­ mantel 5 in einen vom Boden 3 abgekehrten kegelstumpfförmigen Bereich 6 über, an den sich seinerseits ein zylindrischer vom Boden 3 abgekehrter Bereich 7 anschließt. Dieser zylindrische Bereich 7 dient zur Aufnahme des inneren Stößelteiles. Wie aus Fig. 1 weiter erkennbar, ist der dargestellte Tassenstößel 1 mit unterschiedlichen Wandstärken ausgestattet. Insbesondere der Boden 3 weist gegenüber den anderen Teilen eine Verstärkung auf, da an der Außenseite dieses Bodens 3 der Nocken an läuft und aus diesem Grund eine besondere Verschleißfestigkeit des Bodenteiles 3 gegeben sein muß. Demgegenüber ist die zylindrische Wandung 2 an ihrem dem Bodenteil 3 abgewandten Teil in ihrer Querschnittsfläche vermindert. Das trifft ebenso für den zylindrischen Außen­ mantel 5 des Trichters 4 zu. Es ist unschwer vorstellbar, daß bei einer Wärme­ behandlung nach dem bisherigen Stand der Technik das Tiefkühlen alle Berei­ che der Tasse 1 erfaßt und somit Restaustenit auch dort umgewandelt würde, wo es nicht erwünscht ist, d. h. im Bereich der zylindrischen Wandung 2.
In Fig. 2 ist schematisch ein mögliches thermisches Behandlungsverfahren dargestellt. Es besteht aus den Teilstufen Härten 8, Tiefkühlen 9 und Anlassen 10.
Der Außenboden 3 des in Fig. 1 dargestellten Tassenstößels 1 wurde auf eine auf -196°C abgekühlte Kupferplatte gestellt. Aufgrund der hohen Temperatur­ differenz von 210°C zwischen Tassenstößel 1 und der Kupferplatte sowie der hohen spezifischen Wärmekapazität des Kupfers kam es zu sehr raschen Ab­ kühlung des Bodens 3. Wie insbesondere aus Fig. 3 erkennbar, ergab sich eine Temperaturdifferenz von ca. 50°C-70°C zwischen Boden 3 und dem oberen Teil der zylindrischen Wandung 2. Der Gehäuseboden wurde etwa 30 Sekun­ den auf der Kupferplatte belassen und anschließend wurde der Tassenstößel 1 auf eine Kupferplatte mit 20°C gestellt. Wie aus Fig. 3 entnommen werden kann, ergeben sich unterschiedliche Temperaturverläufe zwischen Boden 3 und zylindrischer Wandung 2, so daß in der zylindrischen Wandung 2 gegenüber dem Boden 3 die Umwandlung des Restaustenits wesentlich verringert ist. Die Tiefkühlung reichte aus, um den Restaustenit im Boden 3 von etwa 50% auf etwa 20% abzusenken. Beim anschließenden Anlassen reduzierte sich der Restaustenit nochmals auf Werte unterhalb 20%.
Durch diese erfindungsgemäße Verfahrensweise einer partiellen Tiefkühlbehand­ lung des Tassenstößels ergibt sich insgesamt die angestrebte günstige Situation, daß der Abbau des Restaustenitgehalts ausgehend vom größten Abbau am Boden 3 in Richtung nach der offenen Tassenseite immer mehr abnimmt, so daß einerseits zwischen Nocken und Boden 3 die tribologischen Verhältnisse verbessert werden, aber andererseits das dünnwandige Tassenhemd 2 aufgrund einer möglichst geringen Beeinflussung keiner Bruchgefahr, bzw. besonderen Rißanfälligkeit unterliegt.
Bezugszeichenliste
1 tassenförmiges Teil
2 zylindrische Wandung
3 Boden
4 M-förmiger Trichter
5 zylindrischer Außenmantel
6 kegelstumpfförmiger Bereich
7 Bereich
8 Härten
9 Tiefkühlen
10 Anlassen

Claims (6)

1. Verfahren zur thermischen oder thermochemischen Behandlung von Präzi­ sionsbauteilen aus Stahl mit unterschiedlichen Wandstärken, insbesondere Tassenstößel (1), Wälzlagerteile, Getriebe- und Kupplungselemente, bestehend aus wenigstens den Stufen Härten (8), Tiefkühlen (9) und Anlassen (10), da­ durch gekennzeichnet, daß die Präzisionsbauteile einer partiellen Tiefkühlung (9) unterworfen sind, so daß der Abbau des primären Restaustenits bevorzugt an den beaufschlagten Stellen erfolgt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Funktions­ flächen mit der gewünschten Tiefkühltemperatur beaufschlagt sind.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Tiefkühltem­ peraturbehandlung (9) im Bereich zwischen -35°C und -120°C erfolgt.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Präzisions­ bauteile unmittelbar nach der Tiefkühltemperaturbehandlung (9) auf Raumtem­ peratur erwärmt werden.
5. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sich die Tiefkühl­ temperaturbehandlung (9) unmittelbar an das Härten (8) bzw. Abschrecken an­ schließt.
6. Verfahren nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Boden (3) eines Tassenstößels (1) der Tiefkühltemperaturbehandlung (9) unterworfen ist.
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