DE19503336C2 - Arzneiform zur Abgabe von Wirkstoffen an Wunden, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung - Google Patents
Arzneiform zur Abgabe von Wirkstoffen an Wunden, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre VerwendungInfo
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Description
In der Wundbehandlung müssen Wirkstoffe, die mit der Wund
oberfläche bzw. dem Wundgrund in direkten Kontakt kommen
sollen oder müssen, mittels Arzneiformen verabreicht wer
den, die aufgrund ihrer Konsistenz auch auf sehr unebene
Oberflächen lückenlos aufgebracht werden können. Dies ge
schieht üblicherweise mit Hilfe von Lösungen, Pulvern, Pu
dern, Sprays, halbfesten Zubereitungen wie Salben, Cremes
und Gelen. Die Nachteile dieser Arzneiformen werden insbe
sondere dann deutlich, wenn hochwirksame Substanzen in ge
ringer Menge exakt und reproduzierbar dosiert werden müs
sen, oder wenn für die Therapie eine kontrollierte Freiset
zung aus der Arzneiform zur Aufrechterhaltung einer
gleichmäßigen Wirkstoffkonzentration in der Wunde über ei
nen bestimmten Zeitraum hinweg wünschenswert ist.
Wundauflagen, die aufgrund ihres Aufbaus und ihrer Struktur
mit Wirkstoffen beladen werden und diese verzögert oder
kontrolliert freisetzen, sind beispielsweise in der US
5,098,417, in der EP 49 177 oder in der DE-AS 11 90 608 be
schrieben. Diese Wundauflagen weisen den Nachteil auf, daß
sie insbesondere bei tiefen Wunden nicht mit dem Wundgrund
in Kontakt kommen. Die Funktionsfähigkeit solcher Wundauf
lagen ist zudem in starkem Maße von der Interaktion mit
Wundflüssigkeit abhängig, da die Freisetzung nur durch Dif
fusion des Wirkstoffs an der Grenzfläche zwischen Wundauf
lage und Wundflüssigkeit oder durch Erosion des Wirkstoffs
aus der Wundauflage nach Flüssigkeitsaufnahme und Quellung
des Trägermaterials erfolgen kann. Da die Flüssigkeitsver
hältnisse in Wunden individuell sowie in Abhängigkeit von
Wundtyp und Phase der Wundheilung stark schwanken, können
vergleichbare und reproduzierbare Freisetzungskinetiken
mit solchen Wundauflagen in vivo nicht erreicht werden.
Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine
Arzneiform anzugeben, die einerseits eine genaue und repro
duzierbare Wirkstoffdosierung sowie eine verläßliche
Steuerung der Wirkstofffreisetzung ermöglicht, und die an
dererseits entsprechend den eingangs genannten traditionel
len Arzneiformen auch bei tiefen Wunden an unebene Wundflä
chen anpaßbar und in Kontakt zu diesen bringbar ist.
Überraschenderweise wurde die Lösung in einer wirkstoff
haltigen, folien- oder schichtförmigen Einmaldosen-Arzneiform
gefunden, die dadurch gekennzeichnet ist, daß
- a) Wirkstoff an Wunden abgegeben wird,
- b) die Arzneiform kohärent, flächenförmig und verformbar ist,
- c) ihre flächenmäßige Ausdehnung gleich oder kleiner als die zu versorgende Wundfläche ausgelegt ist,
- d) eine vorbestimmte Wirkstoffmenge beliebig oft und reproduzierbar appliziert werden kann und der Wirkstoff in homogen verteilter Form vorliegt.
Weitere Ausgestaltungen der Arzneiform sind entsprechend
den Merkmalen der Unteransprüche vorgesehen.
Im Gegensatz zu einem herkömmlichen Wirkstoffpflaster wird
sie nicht auf die intakte Haut appliziert, sondern auf
Wunden. Sie stellt im Grunde genommen eine verfestigte
Salbe oder Creme (halbfeste Zubereitung) in Folienform dar
(vgl. auch die anmeldungsgemäßen Beispiele), die ohne
Träger appliziert wird und nicht klebend ausgebildet ist.
Herkömmliche verformbare, wirkstoffabgebende Arzneiformen,
die nach Applikation in die Wunde flächenförmige Strukturen
ausbilden, wie beispielsweise Gele, Salben, Cremes oder
auch flüssige Mehrkomponentensysteme, die nach dem Zusam
mengeben in der Wunde unter Verfestigung miteinander rea
gieren, gehören nach der Fachterminologie zu den sogenann
ten Mehrfachdosen-Arzneiformen. Das bedeutet, daß in einem
Behältnis eine Menge der Arzneiform enthalten ist, die für
eine Vielzahl von Anwendungen mit entsprechenden Dosisvor
gängen vorgesehen ist. Die Dosierung selbst erfolgt indivi
duell durch den Anwender. Aussagen über die dosierte Wirk
stoffmenge kann der Anwender nur machen, wenn er die jewei
lige Dosis vor Anwendung wiegt. Bei wiederholter Anwendung
wäre die reproduzierbare Applikation einer gleichbleibenden
Wirkstoffmenge nur mit Hilfe eines vorgeschalteten Wägevor
gangs möglich. Diese individuell variable Dosierung ist nur
möglich aufgrund der geringen Kohärenz und leichten Abteil
barkeit dieser Arzneiformen. Andererseits bietet die gerin
ge Kohärenz den Vorteil, daß die Arzneiform, wie erwähnt,
beliebig verformbar ist und an unebene Oberflächen angepaßt
werden kann.
Demgegenüber ist die erfindungsgemäße Arzneiform eine Ein
maldosen-Arzneiform, die, ähnlich wie Tabletten oder Kap
seln, kohärent und vorgeformt ist und eine definierte Wirk
stoffdosis für eine Anwendung in homogen verteilter Form
enthält. Das hat den Vorteil, daß beliebig oft und reprodu
zierbar eine vorbestimmte Wirkstoffmenge appliziert werden
kann. Unter Kohärenz wird in diesem Zusammenhang eine Fe
stigkeit und ein innerer Zusammenhalt der Arzneiform ver
standen, die, im Gegensatz zu den dargestellten her
kömmlichen Arzneiformen, eine Handhabung durch den Anwender
ermöglicht, bei der die vorgegebene Arzneiformmenge und
damit die gegebene Wirkstoffmenge durch die Handhabung
selbst nicht automatisch bestimmt, verändert oder beein
flußt wird.
Die erfindungsgemäße Arzneiform unterscheidet sich von an
deren Einmaldosen-Arzneiformen, wie beispielsweise Tablet
ten oder Kapseln, dadurch, daß sie zwar einerseits die zur
Handhabung notwendige Kohärenz aufweist, andererseits aber
flexibel und verformbar ist, so daß sie nach Einbringen in
die Wunde an die Unebenheiten des Wundgrunds angepaßt und
in Kontakt mit diesem gebracht werden kann. Voraussetzung
dafür ist, daß die flächenförmige Ausdehnung der Arzneiform
kleiner oder maximal gleich der zu versorgenden Wundfläche
ist. Ähnlich wie bei den genannten festen Arzneiformen wird
die Homogenität der Wirkstoffverteilung dadurch erreicht,
daß zunächst eine Gesamtmasse aus den Hilfsstoffkomponenten
hergestellt wird, in der Wirkstoff homogen verteilt wird.
Aus einer solchen Masse wird üblicherweise im Zuge des Arz
neiformungsprozesses eine Vielzahl abgeteilter Arzneiformen
von gleicher Gestalt und gleichem Gewicht hergestellt, die
dementsprechend alle den gleichen Wirkstoffgehalt aufwei
sen. Typischerweise findet im Zuge der Arzneiformung durch
physikalische Mittel, z. B. Ausübung von Druck, oder chemi
sche Reaktionen eine Verfestigung statt, die der abgeteil
ten, einzelnen Arzneiform ihre Kohärenz verleiht.
Zur Herstellung einer erfindungsgemäßen Arzneiform wird
zunächst eine niedrigviskose, fließfähige Masse, z. B. eine
Lösung, eine Dispersion oder eine Schmelze, die Wirkstoff
in homogen verteilter Form enthält, hergestellt. Diese Mas
se wird dann nach dem Fachmann bekannten Verfahren auf ein
flächiges Substrat beschichtet. Im Gegensatz zu den genann
ten festen Arzneiformen findet bei der Herstellung einer
erfindungsgemäßen Arzneiform der Verfestigungsvorgang, der
der einzelnen, abgeteilten Arzneiform ihre Kohärenz ver
leiht, nicht während des Arzneiformungs- und -abteilungs
vorgangs statt, sondern vorher. Die Verfestigung erfolgt
nach der Beschichtung auf ein flächiges Substrat durch Ent
zug des Lösungs- oder Dispersionsmediums mittels Trocknung
bzw. durch Abkühlung, falls aus der Schmelze beschichtet
wird. Der dabei stattfindende Aufbau kohäsiver Kräfte hängt
in Art und Stärke von der Hilfsstoffzusammensetzung ab. Es
resultiert ein breites, folienförmiges Endlosband mit einer
durch die Beschichtung vorgegebenen Dicke. Limitierender
Faktor für die Dicke des Bands ist bei einer gegebenen For
mulierung die Forderung nach Flexibilität und Verformbar
keit der einzelnen, abgeteilten Arzneiform zur Anpassung an
den Wundgrund nach Einbringen in eine Wunde. Die Abteilung
einzelner Arzneiformen mit vorgegebener Fläche erfolgt aus
dem Endlosband nach bekannten Verfahren, wie z. B. Stanzen
und Schneiden. Da die Beschichtung mit einer Masse, die
Wirkstoff in homogen verteilter Form enthält, und unter
Einhaltung eines konstanten Beschichtungsgewichts durchge
führt wird, enthalten alle einzeln abgeteilten Arzneiformen
die gleiche Wirkstoffmenge in homogener Verteilung. Dadurch
wird dem Anwender eine exakte und reproduzierbare Dosierung
ermöglicht.
Da Wirkstoffgehalt pro Flächeneinheit und Fläche selbst
durch das Herstellverfahren in breitem Rahmen stufenlos
variiert werden können, bietet die erfindungsgemäße Arznei
form die Möglichkeit, auch sehr geringe Wirkstoffmengen
exakt und zuverlässig zu dosieren.
Darüber hinaus kann der Anwender eine an der jeweiligen
Problemstellung und den Therapieerfordernissen orientierte
Wirkstoffdosierung vornehmen. So kann der Anwender bei
spielsweise mehrere Arzneiformen gleichzeitig in die Wunde
einbringen und nebeneinander auf den Wundgrund applizieren.
Der Anwender kann aus einer Arzneiform gegebener Fläche
aber auch kleine Stücke abteilen, wenn z. B. die zu behan
delnde Wundfläche kleiner als die flächenmäßige Ausdehnung
der Arzneiform ist, oder wenn die durch die Fläche gegebene
Wirkstoffdosis der Arzneiform für eine spezielle Behandlung
zu hoch ist. So kann die erfindungsgemäße Arzneiform dem
Anwender beispielsweise zur Verfügung gestellt werden in
Verbindung mit einem inerten flächenförmigen Substrat, von
dem die Arzneiform sich leicht abheben läßt, wie beispiels
weise einer silikonisierten Folie, wobei diese eine Eintei
lung in cm-Maßstab aufweisen kann. Da die Flächenbeladung
der Arzneiform mit Wirkstoff bekannt ist, kann der
Anwender aus einer blattförmigen oder aufgerollten, band
förmigen Arzneiform die Fläche und damit die Wirkstoffmenge
aus- bzw. abschneiden, die er aus therapeutischer Sicht für
notwendig erachtet.
In jedem Fall wird erreicht, daß die flächenförmige Ausdeh
nung der Arzneiform kleiner oder maximal gleich der zu ver
sorgenden Wundfläche ist. Dadurch wird die Applikation an
den Wundgrund ermöglicht und sichergestellt, daß die appli
zierte Wirkstoffmenge in der Wunde freigesetzt wird. Bei
wundrandüberlappender Applikation würde nur der in die Wun
de reichende Teil der Arzneiform Wirkstoff freisetzen, wo
durch der Vorteil der exakten Dosierung zunichte gemacht
würde.
Wirkstoffe, die in den erfindungsgemäßen Arzneiformen in
Wunden zur Verwendung kommen, sind vorzugsweise blutstil
lende Wirkstoffe, wundreinigende Wirkstoffe wie z. B. Enzy
me, Antiseptika, Desinfizientia und Antibiotika sowie wund
heilungsfördernde Wirkstoffe, durch die die Granulation
angeregt, die Gefäßneubildung induziert oder die Epitheli
sierung gefördert wird. Unter den wundheilungsfördernden
Wirkstoffen gewinnen biologisch aktive Peptide und Protei
ne, die bereits in sehr geringer Konzentration hohe Aktivi
täten entfalten, und zum großen Teil mittels rekombinanter
Technologien hergestellt werden, zunehmend an Bedeutung. Zu
diesen Substanzen, für die die erfindungsgemäße Arzneiform
ein besonders geeignetes Träger- und Abgabesystem dar
stellt, gehören sogenannte Wachstumsfaktoren wie Platelet
derived growth factor (PDGF), Epidermal growth factor
(EDF), Platelet derived endothelial cell growth factor (PD-
ECGF), acidic Fibroblast growth factor (aFGF), basic Fibro
blast growth factor (bFGF), Transforming growth factor α
(TGFα), Transforming growth factor β (TGFβ), Keratinocyte
growth factor (KGF), Insulin-like growth factors 1 und 2
(IGFI IGF2) sowie Tumor necrosis factor (TNF).
Ein weiterer Vorteil der erfindungsgemäßen Arzneiform ist,
daß aus ihr Wirkstoff kontrolliert freigesetzt werden kann.
Da die Arzneiform nach Applikation in jedem Fall mit Wund-
bzw. Gewebsflüssigkeit in Kontakt tritt, hat die Interak
tion mit Flüssigkeit entscheidenden Einfluß auf die Wirk
stofffreisetzung, was wiederum zur Steuerung der Freiset
zung genützt werden kann. So kann die Rezeptur der erfin
dungsgemäßen Arzneiform zur Erzielung einer relativ schnel
len Wirkstofffreisetzung so ausgelegt werden, daß die Arz
neiform in Wundflüssigkeit löslich bzw. zerfallbar ist. Die
Freisetzungskinetik für Wirkstoff hängt in diesem Fall von
der Auflösungs- bzw. Zerfallsgeschwindigkeit der Arzneiform
ab. Nach Ablauf der Applikationszeit muß die aufgelöste
bzw. zerfallene Arzneiform, ähnlich wie Salben oder Cremes,
aus der Wunde ausgewaschen werden, es sei denn, daß die
Rezeptur so ausgelegt wird, daß die Arzneiform in Wundflüs
sigkeit bis in den molekularen Bereich der einzelnen Kom
ponenten vollständig abbaubar und resorbierbar ist.
Eine Verzögerung und Verlängerung der Wirkstofffreisetzung
kann erreicht werden, wenn die Zusammensetzung so gewählt
wird, daß die Arzneiform unter Wundflüssigkeitsaufnahme
lediglich quillt. Die Wundflüssigkeit löst insbesondere den
Wirkstoff aus der Arzneiform heraus, was bei dieser zu ei
ner langsamen Erosion führt. In diesem Fall hängt die Wirk
stofffreisetzung vom Quellvermögen und der Erosionsge
schwindigkeit der Arzneiform ab.
Eine noch weitergehende Verzögerung und Verlängerung der
Wirkstofffreisetzung wird erzielt, wenn die Zusammensetzung
der Arzneiform so gewählt wird, daß diese inert gegenüber
Wundflüssigkeit ist und nicht mit ihr interagiert. Die
Freisetzungskinetik für Wirkstoff hängt dann nur von der
Diffusionsgeschwindigkeit von Wirkstoff innerhalb der Arz
neiform sowie an der Grenzfläche zwischen Arzneiform und
Wundgrund bzw. Wundflüssigkeit ab.
In den genannten Fällen, in denen die Arzneiform nicht lös
lich oder zerfallbar ist, hat der Anwender den Vorteil, daß
er diese jederzeit ohne Auswaschen oder ähnliche Manipula
tionen vollständig aus der Wunde entfernen kann.
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform ist die er
findungsgemäße Arzneiform mehrschichtig aufgebaut. So kann
beispielsweise eine in Wundflüssigkeit lösliche oder zer
fallbare Schicht, die der schnellen Freisetzung von Wirk
stoff zur möglichst raschen Erreichung der mindest notwen
digen Wirkstoffkonzentration dient, in Laminatform zusam
mengebracht sein mit einer quellbaren oder einer inerten
Schicht, die einer langsamen und gleichmäßigen Freisetzung
von Wirkstoff zur Aufrechterhaltung der notwendigen Wirk
stoffkonzentration über einen längeren Zeitraum dient.
Derartige mehrschichtige Arzneiformen können auch verwendet
werden, wenn beispielsweise die Freisetzung unterschiedli
cher Wirkstoffe zu unterschiedlichen Zeitpunkten oder mit
unterschiedlichen Freisetzungsraten erfolgen soll.
In einer bevorzugten Ausführungsform einer mehrschichtigen
Arzneiform umfaßt diese ein Sperr- und/oder Steuerelement,
das keinen Wirkstoff enthält, wie beispielsweise eine fle
xible Folie aus Polyurethan, Polyester oder Polypropylen.
Mit Hilfe eines solchen Sperr- bzw. Steuerelements soll die
Wirkstoffabgabe in eine bestimmte Richtung gelenkt werden.
Wenn beispielsweise eine verformbare, wirkstoffabgebende
Schicht an den Wundgrund appliziert wird, so kann durch
eine darauf laminierte Sperrschicht verhindert werden, daß
beispielsweise in einer stark exsudierenden Wunde Wirkstoff
an die umgebende Wundflüssigkeit abgegeben wird, was mög
licherweise zu einem unerwünscht starken Verdünnungseffekt
führen könnte. Eine erfindungsgemäße Arzneiform mit Sperr
element erweist sich beispielsweise dann von Vorteil, wenn
bei Infektionen die in Wundgrundnischen sitzenden Bakte
rienkolonien rasch und hochkonzentriert mit Antiseptika
oder Antibiotika bekämpft werden sollen.
In einer weiteren bevorzugten Ausführung der erfindungsge
mäßen Arzneiform für die Wundbehandlung ist diese porös, z. B.
schaum- oder schwammartig. Die Größe der Poren und die
Struktur der Arzneiform ist so ausgelegt, daß das Einwan
dern von Zellen wie z. B. Fibroblasten in diese möglich ist
und in den Zellen dabei eine strukturelle Orientierung gegeben
wird, die insbesondere auf den vorzugsweise dem natürlichen
Bindegewebe ähnlichen Ordnungsgrad der Schwammstruktur in
der Arzneiform zurückzuführen ist. Das Einwachsen der Zel
len kann z. B. notwendig sein für den Abbau der Zubereitung
oder zur Abgabe bzw. Ablagerung von Substanzen, die z. B.
für Gewebsneubildung benötigt werden oder für die Vaskula
risation eines Gewebes, das an die Stelle der erfindungs
gemäßen Arzneiform nach deren Abbau treten soll. Die Vor
aussetzungen für die Porosität der Arzneiform würden dabei
im Zuge der Herstellung dadurch geschaffen, daß beispiels
weise in die zu beschichtende Masse mit homogener Vertei
lung von Wirkstoff Luft eingeführt wird oder daß nach Be
schichtung aus der Lösung oder Dispersion durch externe
Trocknungsbedingungen das verdampfende Lösemittel oder Dis
persionsmedium Löcher bzw. Poren in der beschichteten Bahn
hinterläßt.
Die Auswahl von Materialien und Hilfsstoffen zur Herstel
lung der erfindungsgemäßen Arzneiform wird zunächst be
stimmt durch die Anforderung an deren Kohärenz, Flexibili
tät und Verformbarkeit sowie durch Anforderungen an die
gewünschte Freisetzungskinetik für Wirkstoff. Weiterer be
schränkender Faktor ist, daß das Spektrum verwendbarer Ma
terialien und Hilfsstoffe auf solche, die bei Kontakt mit
Wundgewebe eine ausgezeichnete Verträglichkeit aufweisen,
reduziert ist. Die aus einer Kombination von Materialien
und Hilfsstoffen hergestellte Arzneiform sollte nach Appli
kation in die Wunde Zellen wie beispielsweise Keratinocy
ten, Fibroblasten oder Endothelzellen in ihrer Funktion und
Aktivität nicht behindern.
Mindestens notwendig zur Herstellung einer erfindungsgemä
ßen Arzneiform sind Hilfsstoffe aus der Gruppe der Polymere
und Hilfsstoffe aus der Gruppe der Weichmacher. Polymere
sorgen für den inneren Zusammenhalt und die Kohärenz der
Arzneiform, da sie nach Beschichtung und Trocknung bzw.
Abkühlung durch beispielsweise kovalente Bindungen, Wasser
stoffbrücken oder ionische Wechselbeziehungen Netzwerke
bilden, die der Verfestigung dienen und somit die notwendi
ge Kohärenz der Arzneiform schaffen. Durch Weichmacher wird
die Konsistenz der Arzneiform so eingestellt, daß sie fle
xibel und verformbar und somit an den Wundgrund anpaßbar
ist. Geeignete Weichmacher mit physiologischer Eignung für
die Wundbehandlung sind vorzugsweise niedermolekulare,
mehrwertige Alkohole wie beispielsweise Glycerin, Sorbitol,
niedermolekulares Polyethylenglykol oder niedermolekulares
Polypropylenglykol.
Polymere mit Eignung für eine schnellfreisetzende Vorrich
tung, die in Wundflüssigkeit löslich ist oder zumindest
zerfällt, sind insbesondere wasserlösliche Polymere. Dazu
gehören vorzugsweise Kollagen und Gelatine, pflanzliche
Polysaccharide wie Alginate, Pektine, Carrageenane oder
Xanthan, Cellulosederivate wie Methylcellulose, Hydroxipro
pylcellulose, Hydroxiethylcellulose, Hydroxipropylmethyl
cellulose oder Natriumcarboximethylcellulose, Stärke und
Stärkederivate, Galaktomannan und Galaktomannanderivate,
Chitosan und Chitosanderivate, Glykoproteine, Proteoglyka
ne, Glucosaminoglykane, Polyvinylalkohol, Polyvinylpyrroli
don, Vinylpyrrolidon-Vinylacetat-Mischpolymerisate, höher
molekulare Polyethylenglykole und höhermolekulare Polypro
pylenglykole.
Polymere mit Eignung für eine verzögert und über einen län
geren Zeitraum freisetzende Arzneiform, die in Wundflüssig
keit quillt oder nicht mit Wundflüssigkeit interagiert,
sind insbesondere wasserquellbare oder wasserunlösliche
Polymere. Dazu gehören vorzugsweise Cellulosederivate wie
Ethylcellulose, Celluloseacetatphthalat, Hydroxipropylme
thylcellulosephthalat, Celluloseacetatsuccinat oder Ethyl
cellulosesuccinat, Polyoxiethylen-Polyoxipropylen-Copolyme
re, Polyvinylalkohol, Polyacrylate und Polymethacrylate,
Polylactide, Polyglycolide sowie Polyaminosäuren.
Als weitere Hilfsstoffe kann die Arznei enthalten:
- - Konservierungsmittel, wie bspw. p-Cl-m-Kresol, Phenyl ethylalkohol, Phenoxiethylalkohol, Chlorbutanol, 4-Hy droxibenzoesäuremethylester, 4-Hydroxibenzoesäurepro pylester, Benzalkoniumchlorid, Cetylpyridiniumchlorid, Chlorhexidindiacetat oder -digluconat, Ethanol oder Propylenglykol
- - pH-Regulatoren wie bspw. Glycinpuffer, Citratpuffer, Boratpuffer, Phosphatpuffer oder Citronensäure-Phosphat-Puffer
- - Antioxidantien wie bspw. Ascorbinsäure, Ascorbylpalmi tat, Tocopherolacetat, Propylgallat, Butylhydroxianisol oder Butylhydroxitoluol,
- - Hilfsstoffe zur Stabilisierung der biologischen Aktivi tät von Wirkstoffen wie Mannitol, Glucose, Lactose, Fructose, Saccharose, Cyclodextrin oder Dextran,
- - Emulgierbare Hilfsstoffe wie Öle, Fette und Wachse,
- - Emulsionsstabilatoren wie z. B. nichtionogene Emulgato ren, amphotere Emulgatoren, kationaktive Emulgatoren und anionaktive Emulgatoren,
- - Füllstoffe wie z. B. mikrokristalline Cellulose, Alumi niumoxid, Zinkoxid, Titandioxid, Talkum, Siliciumdioxid, Magnesiumsilikat, Magnesium-Aluminium silikat, Kaolin, hydrophobe Stärke, Calciumstearat oder Calciumphosphat,
- - Schäumungsmittel wie Saponine, Alginsäureester, Amin oxide oder Fettaminoxide.
34 g Aceton, 6 g Polyethylenglycol 400 und 16 g Ethylacetat
werden in einem verschließbaren Rührgefäß vorgelegt. In dem
Lösemittelgemisch werden unter gleichmäßigem Rühren nach
einander 33,6 g eines Polyvinylpyrrolidon-Polyvinylacetat-
Copolymers, 2 g eines Polyoxyethylen-Polyoxypropylen-Copo
lymers und 3,3 g Hydroxipropylcellulose gelöst.
In der Stammlösung nach Beispiel 1 werden unter gleichmäßi
gem Rühren 3,3 g Lidocain gelöst. Die Lösung wird mit einer
Strichstärke von 300 µm auf ein silikonisiertes Papier ge
strichen und konvektiv in einem Trockenkanal bei 50°C und
einer Luftgeschwindigkeit von ca. 5 m/sec getrocknet. Nach
dem Trocknen wird ein weicher, leicht getrübter, flexibler
Film erhalten, der ein Flächengewicht von 130 g/m2
und dementsprechend einen Wirkstoffgehalt von 0,8 mg Lido
cain/cm2 aufweist.
Aus dem Film werden runde Arzneiformen mit einer Fläche von
5 cm2 und dementsprechend einem Wirkstoff von 4 mg Lidocain
ausgestanzt. Die Arzneiformen werden jeweils in eine
Paddle-Over-Disk-Apparatur gegeben und in 500 ml entminera
lisiertem Wasser bei 32°C mit 50 U/min gerührt. Nach 30 Mi
nuten, 1, 2, 4 und 24 Stunden werden jeweils 10 ml des
Freisetzungsmediums entnommen. Die freigesetzte Wirkstoff
menge wird mittels HPLC bestimmt. Ergebnis:
Entnahmezeitpunkt | |
freigesetzte Wirkstoffmenge (in mg; kumuliert) | |
30 Min | 3,1865 |
1 Stunde | 3,4828 |
2 Stunden | 3,7978 |
4 Stunden | 3,8807 |
24 Stunden | 4,1102 |
Nach 30 Min ist die Arzneiform in mehrere kleine Teile zer
fallen; zu diesem Zeitpunkt sind bereits knapp 80% und nach
4 Stunden 97% des Wirkstoffs aus der Arzneiform freige
setzt. Die gewünschten Anforderungen an diese Art von Arz
neiform, schnelle Wirkstofffreisetzung zur Erzielung einer
raschen Schmerzlinderung und möglichst vollständige Nutzung
des applizierten Wirkstoffs, werden erfüllt.
In der Stammlösung nach Beispiel 1 werden unter gleichmäßi
gem Rühren 5,2 g Chlorhexidinhydrochlorid gelöst. Die Lö
sung wird unter gleichen Bedingungen wie in Beispiel 2 auf
ein silikonisiertes Papier gestrichen und getrocknet. Der
resultierende weiche, verformbare Film weist ein Flächenge
wicht von 130 g/m2 und dementsprechend einen Wirkstoffge
halt von 1,2 mg Chlorhexidinhydrochlorid/cm2 auf. Aus dem
Film werden runde Arzneiformen mit einer Fläche von 5 cm2
und dementsprechend einem Wirkstoffgehalt von 6 mg Chlorhe
xidinhydrochlorid ausgestanzt. Die Arzneiformen werden je
weils in eine Paddle-Over-Disk-Apparatur gegeben und in 500
ml entmineralisiertem Wasser bei 32°C mit 50 U/min gerührt.
Nach 30 Minuten und einer Stunde werden jeweils 10 ml des
Freisetzungsmediums entnommen. Die freigesetzte Wirkstoff
menge wird mittels HPLC bestimmt. Ergebnis:
Entnahmezeitpunkt | |
freigesetzte Wirkstoffmenge (in mg; kumuliert) | |
30 Min | 6,1400 |
1 Stunde | 6,1963 |
Nach 30 Minuten ist die Arzneiform vollständig zerfallen,
und es sind 100% der applizierten Wirkstoffmenge freige
setzt. Bei Anwendung würde die antiseptische Wirkung des
Chlorhexidinhydrochlorids sehr schnell und hochkonzentriert
einsetzen, was bei Infektionen auch erforderlich ist. Die
Ausnutzung des eingebrachten Wirkstoffs ist optimal.
34 g Aceton, 16 g Ethylacetat und 6 g Polyethylenglykol 400
werden in einem verschließbaren Rührgerät vorgelegt. In dem
Lösemittelgemisch werden unter gleichmäßigem Rühren nach
einander 6 g Ethylcellulose, 11 g eines Polyvinylpyrroli
don-Polyvinylacetat-Copolymers, 5,5 g Hydroxipropylcellulo
se, 1 g Polyoxiethylen-Polyoxipropylen-Copolymers und 0,9 g
Estradiol gelöst.
Die Lösung wird mit einer Strichstärke von 400 µm auf ein
silikonisiertes Papier gestrichen und konvektiv in einem
Trockenkanal bei 50°C und einer Luftgeschwindigkeit von ca.
5 m/sec getrocknet. Nach dem Trocknen wird ein weicher, ver
formbarer Film erhalten, der ein Flächengewicht von 130
g/m2 und dementsprechend einen Wirkstoffgehalt von 0,385 mg
Estradiol/cm2 aufweist. Dieser Film unterscheidet sich von
den in den Beispielen 2 und 3 beschriebenen dadurch, daß es
zur Erzielung einer wundheilungsfördernden Wirkung durch
Applikation von Estradiol notwendig ist, daß von diesem
Wirkstoff optimalerweise nach Freisetzung einer Initialdo
sis kontinuierlich und kontrolliert über einen längeren
Zeitraum niedrig dosiert eine Erhaltungsdosis freigesetzt
werden muß.
Zur Untersuchung der Freisetzungskinetik werden aus dem
Film runde Arzneiformen mit einer Fläche von 5 cm2 und ei
nem Wirkstoffgehalt von 1,924 mg Estradiol ausgestanzt. Die
Vorrichtungen werden jeweils in eine Paddle-Over-Disk-Appa
ratur gegeben und in 500 ml entmineralisiertem Wasser bei
32°C mit 50 U/min gerührt. Nach 30 Minuten sowie 2, 6 und
24 Stunden werden jeweils 10 ml des Freisetzungsmediums
entnommen. Die freigesetzte Wirkstoffmenge wird mittel HPLC
bestimmt.
Ergebnis:
Entnahmezeitpunkt | |
freigesetzte Wirkstoffmenge (in mg; kumuliert) | |
30 Min | 0,9957 |
2 Stunden | 1,0943 |
6 Stunden | 1,1814 |
24 Stunden | 1,3079 |
Nach 30 Minuten ist die Arzneiform mäßig gequollen; es ist
etwa die Hälfte der applizierten Wirkstoffmenge freige
setzt. Die Ergebnisse zeigen, daß danach die Wirkstofffrei
setzung deutlich reduziert wird und als Erhaltungsdosis ca.
10-20 µg Estradiol pro Stunde abgegeben werden. Nach 24
Stunden sind 68% der applizierten Wirkstoffmenge freige
setzt. Das Wirkstoffreservoir der Arzneiform, die auch nach
mehreren Stunden zerfällt, ist so ausreichend bemessen, daß
auch bei mehrtägiger Anwendung eine kontinuierliche, nied
rig dosierte Estradiol-Freisetzung möglich ist.
Claims (15)
1. Wirkstoffhaltige, folien- oder schichtförmige
Einmaldosen-Arzneiform, dadurch gekennzeichnet, daß
- a) Wirkstoff an Wunden abgegeben wird,
- b) die Arzneiform kohärent, flächenförmig und verformbar ist,
- c) ihre flächenmäßige Ausdehnung gleich oder kleiner als die zu versorgende Wundfläche ausgelegt ist,
- d) eine vorbestimmte Wirkstoffmenge beliebig oft und reproduzierbar appliziert werden kann und der Wirkstoff in homogen verteilter Form vorliegt.
2. Arzneiform nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet daß
sie mehrteilig und in mehreren kleinen Teilen in die
Wunde einbringbar ist.
3. Arzneiform nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
sie einteilig und vor Applikation zur Ermöglichung des
Einbringens in die Wunde individuell auf die Fläche der
jeweiligen Wunde zuschneidbar ist.
4. Arzneiform nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis
3, dadurch gekennzeichnet, daß sie mit Hilfsmitteln
zur kontrollierbaren Freisetzung vom Wirkstoff
ausgebildet ist.
5. Arzneiform nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis
4, dadurch gekennzeichnet, daß sie in Wundflüssigkeit
löslich oder zerfallbar ist, wobei die Freisetzungski
netik für Wirkstoff von ihrer Auflösungs- oder Zer
fallsgeschwindigkeit abhängt.
6. Arzneiform nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis
5, dadurch gekennzeichnet, daß sie in Wundflüssigkeit
abbaubar und resorbierbar ist.
7. Arzneiform nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis
6, dadurch gekennzeichnet, daß sie in Wundflüssigkeit
quellbar ist, wobei die Freisetzungskinetik für den
Wirkstoff von der Erosionsgeschwindigkeit der Arznei
form abhängt.
8. Arzneiform nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis
4, dadurch gekennzeichnet, daß sie gegenüber Wundflüs
sigkeit inert ist und die Freisetzungskinetik für Wirk
stoff nur von der Diffusionsgeschwindigkeit des Wirk
stoffs abhängt.
9. Arzneiform nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis
8, dadurch gekennzeichnet, daß sie einen mehrschichti
gen Aufbau aufweist.
10. Arzneiform nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis
9, dadurch gekennzeichnet, daß sie zur Lenkung der
Wirkstoffabgabe in eine bestimmte Richtung mindestens
ein Sperr- und/oder Steuerelement aufweist.
11. Arzneiform nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis
10, dadurch gekennzeichnet, daß sie mindestens einen
Hilfsstoff aus der Gruppe der die Freisetzungsgeschwin
digkeit beeinflussenden Polymere und Hilfsstoffe aus
der Gruppe der Weichmacher enthält.
12. Arzneiform nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis
11, dadurch gekennzeichnet, daß sie wasserlösliche Po
lymere enthält.
13. Arzneiform nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet,
daß sie wasserquellbare und/oder wasserunlösliche Poly
mere enthält.
14. Verfahren zur Herstellung einer Arzneiform zur Abgabe
von Wirkstoff an Wunden, dadurch gekennzeichnet, daß
zunächst eine niedrigviskose, fließfähige Masse, eine
Lösung, eine Dispersion oder eine Schmelze, die Wirk
stoffe in homogen verteilter Form enthält, zubereitet
und auf ein flächiges Substrat beschichtet wird, wonach
eine Verfestigung der Masse durch Entzug des Lösungs-
oder Dispersionsmediums mittels Trocknung oder bei
Schmelze mittels Abkühlung vorgenommen wird, wobei ein
folienförmiges Flächenmaterial mit einer durch die Be
schichtung vorgegebenen Dicke resultiert, woraus zu
letzt durch Stanzen oder Schneiden eine Anzahl von Arz
neiformen von gleicher Gestalt und gleichem Gewicht
abgeteilt werden.
15. Anwendung der Arzneiform entsprechend den vorhergehen
den Ansprüchen, dadurch gekennzeichnet, daß sie voll
ständig ohne Wundrandüberlappung in die Wunde einge
bracht wird.
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