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Bei der Durchführung von Tiefbohrungen werden vorwiegend Aufschlämmungen
von Ton in Wasser zum Austragen des abgebohrten Gutes verwendet. Daneben wendet
man noch Öl und Öl-Invertemulsionsspülungen an. In Tonspülungen auf Wasserbasis
kann Öl emulgiert enthalten sein. Unter Tiefbohrbedingungen sind reine Tonsuspensionen
nicht ausreichend stabil. Die steigende Temperatur und der auftretende Elektrolytgehalt
beim Durchteufen entsprechender Formationen führen zu Ausflockungen des Tons und
machen damit die Bohrspülungen untauglich. Durch den Einsatz von Schutzkolloiden
werden die Spülungen stabilisiert. Stärke, Stärke- und Cellulosederivate, wie Carboxymethylcellulose,
werden in großem Umfang als Schutzkolloide für Bohrspülungen eingesetzt. Als synthetische
Produkte sind Polymere von Acrylsäure und/oder Acrylsäureamid gelegentlich verwendet
worden. Zur Regulierung der Fließeigenschaften von Bohrspülungen werden häufig Lignosulfonate
und Lignite als Verflüssiger zugesetzt.
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Mit der in den letzten Jahren zunehmenden Anzahl von Tiefstbohrungen
steigt der Bedarf an hochtemperaturbeständigen Schutzkolloiden. Stärke und Stärkederivate
sind sehr anfällig gegen bakterielle Zersetzung. Bei Temperaturen oberhalb von 120°
C verlieren sie ziemlich schnell ihre Schutzkolloideigenschaften, was den Einsatz
nur bis zu bestimmten Bohrtiefen ermöglicht. Für Cellulosederivate, wie Carboxymethylcellulose,
liegt diese Temperatur höher. Ihre Einsatzgrenze liegt bei Bohrlochtemperaturen
von 160 bis 180° C. Polyacrylamide/-acrylate sind noch bei höheren Temperaturen
beständig.- Ihr Nachteil ist die große Empfindlichkeit gegenüber den Härtebildnern
des Wassers. Schon geringe Mengen von Calcium-Ionen fällen das Polyacrylat aus.
Das Polyacrylamid hydrolysiert bei hohen Temperaturen und pH-Werten zu Polyacrylsäure.
Damit scheiden Schutzkolloide des Typs Polyacrylamid/-acrylat für Bohrspülungen
im Gebirge mit Anhydritschichten, die sehr oft vorkommen, und durch Salzlager, wo
fast stets Calcium- und Magnesium-Ionen in die Spülung gelangen, aus.
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Rein kationaktive Schutzkolloide, z. B. Poly-N-vinylcarbonsäureamide,
deren Verwendung für wasserbasische Tonspülungen in der deutschen Auslegeschrift
1214 267 vorgeschlagen wurde, haben bisher keine praktische Bedeutung erlangt. Ihre
Anwendung hat eine Umladung der Suspensionsteilchen zur Folge. Bei der stetigen
Aufnahme von elektronegativen Teilchen während des Bohrvorganges lassen sich solche
Systeme nur schwer stabil halten. Es kommt zu Flokkungen von Ton und zu Ausfällungen
von Beschwerstoffen, wir Bariumsulfat.
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Es wurde nun gefunden, daß man die vorstehend geschilderten Nachteile
vermeiden und auch für die Durchführung von Tiefbohrungen eine geeignete wasserbasische
Bohrspülung mit einem Gehalt an Schutzkolloiden auf Basis von polymeren N-Vinylcarbonsäureamiden
erhält, wenn man der wasserbasischen Tonspülung als Schutzkolloide Mischpolymerisate
aus Vinylsulfonsäure und N-Vinylcarbonsäureamiden sowie gegebenenfalls außerdem
kleine Anteile einer weiteren polymerisierbaren anionaktiven Vinylverbindung, wie
z. B. Acrylsäure, Methacrylsäure oder Vinylphosphonsäure, zusetzt.
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Das erfindungsgemäß zu verwendende Mischpolymerisat besteht somit
aus anionischen und schwach kationaktiven Monomeren. Als schwach kationaktive N-Vinylcarbonsäureamide
kommen vorzugsweise N Vinyl-N-methylacetamid, N-Vinyl-N methylformamid oder N-Vinylpyrrolidon
zur Anwendung.
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In den Mischpolymerisaten kann das Verhältnis der Vinylsulfonsäure
zu den N-Vinylcarbonsäureamiden in weiten Grenzen variieren. Im allgemeinen beträgt
das Verhältnis dieser Monomere etwa 1: 4 bis 4: 1, vorzugsweise 2 : 3 bis 3 : 2
Gewichtsteile. Die Menge der gegebenenfalls ferner einzupolymerisierenden dritten
Komponente einer weiteren anionaktiven Vinylverbindung beträgt maximal etwa 40 %,
bezogen auf das Gesamtgewicht der anderen Monomere. Im allgemeinen wird die dritte
Komponente in einer Menge eingesetzt, die weniger als die Hälfte des Anteils der
Vinylsulfonsäure beträgt.
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Die erfindungsgemäß zu verwendenden Mischpolymerisate können nach
an sich bekannten Verfahren, zweckmäßigerweise durch radikalische Polymerisation
der Monomere in wäßriger Phase, hergestellt werden. Als Katalysatoren können insbesondere
Azoisobuttersäuredinitril und Wasserstoffperoxyd/Ammoniak Verwendung finden. Vorteilhaft
werden Polymerisate mit möglichst hohem mittleren Molekulargewicht für den erfindungsgemäßen
Zweck eingesetzt. Als Maßzahl für die Molekülgröße der Mischpolymerisate kann beispielsweise
der K-Wert herangezogen werden (vgl. H. F i k e n t s c h e r, »Cellulosechemie«,
13 (1932), S. 58). Der K-Wert der erfindungsgemäß zu verwendenden Mischpolymerisate
soll möglichst über 50 bis etwa 150, vorzugsweise über 85, liegen.
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Für die Bereitung von Bohrspülungen kommen die erfindungsgemäß als
Schutzkolloide zu verwendenden Mischpolymerisate in den hierfür sonst üblichen Mengen
zur Anwendung. Im allgemeinen werden etwa 1 bis 50 kg, vorzugsweise 5 bis 30 kg
pro Kubikmeter Bohrspülung angewandt.
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Die erfindungsgemäß als Schutzkolloide zu verwendenden Mischpolymerisate
sind bis über 200° C temperaturbeständig. Sie eignen sich daher auch für Bohrspülungen
bei Tiefstbohrungen, bei denen solche hohen Temperaturen auftreten. Diese Schutzkolloide
haben sich aber auch gegenüber Erdalkali-Ionen als außerordentlich stabil erwiesen.
Sie gleichen in ihren sonstigen Eigenschaften weitgehend der in Bohrspülungen sonst
gut bewährten Carboxymethylcellulose; sie sind ihr aber in der Temperaturresistenz
deutlich überlegen.
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In den nachfolgenden Beispielen wird ein Mischpolymerisat gemäß der
vorliegenden Erfindung (Mischpolymerisat A) hinsichtlich der Beständigkeit der damit
hergestellten Bohrspülungen gegenüber Ca-Ionen verglichen mit B) Poly-N vinyl-N-methylacetamid
und mit C) einem Mischpolymerisat aus 25 Gewichtsteilen Acrylsäureamid und 75 Gewichtsteilen
Acrylsäure.
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Als Maßstab für die Beständigkeit von Bohrspülungen dient hierbei
ihre Filtrierbarkeit nach »API-Code 29«. Die Güte der Spülung wird nach dem »Wasserverlust«
bei dem Filtrierversuch beurteilt. Hierunter ist die Menge an Wasser zu verstehen,
welche durch eine genormte Filterpresse in einer bestimmten Zeiteinheit (30 Minuten)
bei einem bestimmten vorgegebenen Druck (7 kg/cm2) hindurchläuft. Je geringer diese
hindurchlaufende Wassermenge ist, um so besser ist die Beständigkeit der Bohrspülung.
Die Prüfung wird bei Raumtemperatur durchgeführt.
Bei den nachfolgenden
Vergleichsbeispielen wurde als Mischpolymerisat A gemäß der Erfindung ein Mischpolymerisat
vom K-Wert 89,2 aus 50 Gewichtsteilen Vinylsulfonsäure und 50 Gewichtsteilen N-Vinyl-N-methylacetamid
eingesetzt. Beispiel 1 Süßwasser-Tonspülung mit einem Gehalt an 6 Gewichtsprozent
Bentonit und 1 Gewichtsprozent io Schutzkolloid.
Schutzkolloid Wasserverlust |
I cm3 |
Mischpolymerisat A . . . . . . . . . . . . . 7,5 |
B) Poly-N-vinyl-N-methylacetamid 14,0 |
C) Poly-acrylamid/Acrylsäure .... 7,5 |
Beispiel 2 Tonspülung, enthaltend 6,0 Gewichtsprozent Bentonit, 0,7 Gewichtsprozent
Calciumchlorid und 1 Gewichtsprozent Schutzkolloid.
Schutzkolloid Wasserverlust |
cm3 |
Mischpolymerisat A . . . . . . . . . . . . 9,5 |
B) Poly-N-vinyl-N-methylacetamid 13,8 |
C) Poly-acrylamid/Acrylsäure .... 17,0 |
Die Ergebnisse der vergleichenden Prüfungen zeigen deutlich, daß die mit dem Mischpolymerisat
A gemäß der vorliegenden Erfindung als Schutzkolloid hergestellten Tonspülungen
eine wesentlich bessere Beständigkeit gegenüber Erdalkalisalzen besitzen.