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Celluloseäther und Celluloseester, deren Herstellungsverfahren als
bekannt vorausgesetzt ist (Ullm a n n, Encyklopädie der technischen Chemie 1954,
5. Band, S. 165 ff. und S. 182 ff.), haben wegen ihrer weiten Einsatzfähigkeit auf
zahlreichen technischen Gebieten eine erhebliche Bedeutung gewonnen. Die chemischen
Herstellungsverfahren sind so weit durchgebildet, daß grundsätzliche Änderungen
hierin wohl nicht zu erwarten sind. Die Bestrebungen gehen deshalb dahin, die Herstellungsverfahren
wirtschaftlicher zu gestalten oder Erzeugnisse höherer Güte zu gewinnen, als es
bisher möglich war.
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Celluloseäthern
und Celluloseestern durch an sich bekannte Verätherung bzw. Veresterung von Cellulose,
das dadurch gekennzeichnet ist, daß man die Umsetzung mit Cellulosekristallitaggregaten
durchführt, die einen durch stark saure Hydrolyse erzielten einheitlichen Polymerisationsgrad
zwischen 15 und 375 aufweisen.
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Die als Ausgangsmaterial verwendeten Cellulosekristallitaggregate
sind in Industrial and Engineering Chemistry, Bd. 42 (1950), S. 502 bis 507, und
in der französischen Patentschrift 1 194 486, beschrieben.
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Sie haben einen einheitlichen Polymerisationsgrad zwischen 15 und
375 Anhydroglukoseeinheiten und bilden Ketten, die mit den Ketten der benachbarten
Aggregate nicht zusammenhängen. Sie haben eine eindeutige, eigenartige, von der
üblichen Cellulose stark abweichende Kristallstruktur, die ihr Verhalten im jeweiligen
Verwendungsfall bestimmt. Der Reinheitsgrad liegt bei mindestens 95010.
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Für die technische Anwendung werden die Cellulosekristallitaggregate
auf eine Teilchengröße unterhalb 250 u zerkleinert.
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Bei Verwendung dieser Cellulosekristallitaggregate als Ausgangsmaterial
erhält man Celluloseäther und -ester, die gegenüber den aus üblicher Cellulose gewonnenen
Äthern und Estern wertvollere Eigenschaften besitzen. Der Grund hierfür liegt in
der Struktur der Cellulosekristallitaggregate, die praktisch frei von amorphen,
faserigen Bestandteilen sind.
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Von den Vorteilen, die sich durch die Verwendung von Cellulosekristallitaggregaten
an Stelle der herkömmlichen Cellulose zur Verätherung und Veresterung ergeben, seien
die folgenden hervorgehoben: Man erhält klarere, homogenere Produkte.
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Es nimmt eine größere Anzahl von Anhydroglukoseeinheiten än der Umsetzung
teil. Die in den Ringen stattfindende Substitution ist einheitlicher als bei gewöhnlicher
Cellulose, und zwar auch bei niedrigen Substitutionsgraden.
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Weiter ist es beispielsweise möglich, gegenüber der üblichen Cellulpse
etwa die doppelte Menge an Cellulosekristallitaggregaten mit der gleichen Menge
des einwirkenden Mittels umzusetzen. Das bedeutet eine wesentliche Ersparnis an
Verätherungs- bzw. Ver- -esterungsmittel.
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Von den Cellulosekristallitaggregatderivaten lassen sich im Vergleich
zu den bisherigen Cellulosederivaten Lösungen von etwa doppelter Konzentration mit
verringerter Viskosität herstellen, was für die Herstellung von Filmen (Zellglas)
bedeutungsvoll ist.
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Celluloseester können aus Cellulosekristallitaggregaten schneller
hergestellt werden als aus natürlicher Cellulose. Außerdem ist die Stabilität der
Ester beim Lagern größer als bei Estern, die aus gewöhnlicher Cellulose gewonnen
sind.
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Für alle diese Verwendungszwecke der Äther und Ester aus Cellulosekristallitaggregaten
ist bedeutungsvoll, daß sie stabile Dispersionen bilden, also auch nach langem Stehen
nicht sedimentieren.
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Die folgenden Beispiele erläutern die Erfindung.
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Beispiel 1 200g ungetrockneter Kristallite mit einem durch Abbau
erzielten annähernd einheitlichen Polymerisationsgradvon 220, bestehend aus40 400/o
Feststoffenund 60°/o Wasser, wurden in 600 cm3 Isopropanol aufgeschlämmt; anschließend
wurden 56 g Monochloressigsäure und 78 g Ätznatronplätzchen hinzugegeben.
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Die Umsetzung wurde 18 Stunden lang bei Raumtemperatur fortgeführt
und sodann die Feststoffe aus dem Gemisch abgetrennt, mit Isopropanol gewaschen
und bei 65"C getrocknet. Die so als leicht gelbliches Pulver erhaltene ungereinigte
Natriumcarboxymethyiätherverbindung der Kristallitaggregate ist in Alkalien und
bis zu 20 Gewichtsprozent auch in Wasser löslich.
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Durch Neutralisation des auf diese Weise gebildeten Reaktionsgemisches
wird das Carboxymethylätherderivat im flüssigen Medium fein dispergiert. Im Vergleich
zu den aus der bekannten Faserzellulose erhaltenen Verbindungen ist feststellbar,
daß die Menge der Kristallitaggregate, die sich umwandeln läßt, mindestens das Doppelte
der Menge an bekannter Faserzellulose beträgt.
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Beispiel 2 Zu 64g Ätznatronkügelchen wurden 45g ungetrockneter Aggregate
von der im Beispiel 1 verwendeten Art mit einem Feststoffgehalt von 40°/0 gegeben.
Das Gemisch wurde über Nacht bei einer Temperatur von 2"C stehengelassen, wobei
sich die Alkalicellulosekristallitaggregate bildeten und eine pastenartige Masse
erhalten wurde. Sodann wurden 100 cm3 99,90/0iges Benzylchlorid hinzugegeben und
5 Stunden lang auf 130"C erhitzt. Weitere Mengen an Benzylchlorid wurden in der
folgenden Weise zugegeben: 20 cm3 nach den ersten 2 Stunden und 12 cm3 nach weiteren
2 Stunden. Die gesamte zugegebene Menge lag also bei 132 cm3 Benzylchlorid. Nach
Beendigung der Umsetzung wurden 350 cm3 Isopropanol zu der Reaktionsmasse hinzugegeben,
wodurch eine glatte leichte gelbe Lösung erhalten wurde, die anschließend mit 100/,iger
Schwefelsäure neutralisiert wurde. Nachdem Filtern, dem Auswaschen mit Isopropanol
und dem Trocknen wurde ein weißes Pulver erhalten, das in 800 cm3 Toluol gelöst
wurde.
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Beim Verdampfen des Lösungsmittels scheidet sich der Benzyläther der
Kristallitaggregate ab. Die Analyse brachte fplgende Ergebnisse : Kohlenstoffgehalt
69,7 0/o, Wasserstoffgehalt 6,14 0/ü, Substitutionsgrad: 1,9.
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Durch Aufbringen der Toluollösung dieser Verbindung auf eine Glasplatte
und dem Trocknen in einem Ofen bei etwa 65°C erhält man einen klaren transparenten
Film, der fest an der Platte haftet und sich nicht von ihr abnehmen läßt, ohne dabei
zerstört zu werden. Der Film ist gegenüberWasserbeständigund eignet sich als Überzug
für Zellglas u. dgl., um die Wasserdampfundurchlässigkeit derartiger Stoffe zu erhöhen,
ohne dabei gleichzeitig das Aussehen und die anderen Vorteile des Zellglases nachteilig
zu beeinflusen. Es wurde festgestellt, daß die Verbindung mit einem wesentlich höheren
Konzentrationsgrad in Lösung gebracht werden konnte als dies bei den bisher
bekannten
Fasercelluloseverbindungen der Fall war.
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Beispiel 3 100 g des im Beispiel 1 verwendeten Kristallitausgangsmaterials
wurden mit 800 ml Äthylenoxyd in einem geschlossenen Behälter vermischt. Das Gemisch
wurde unter ständigem Umrühren auf einer Heizplatte 44 Stunden lang auf Temperaturen
zwischen 75 und 800 C erhitzt. Der Druck in dem geschlossenen Behälter fiel von
einem anfänglichen Wert von 7734 g/cm2 schließlich bis auf einen Wert von 70,308
g/cm2 ab. Es wurde eine braune gummiartige Masse erhalten.
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Die Abtrennung der Nebenprodukte erfolgte durch Ausfällen mit Aceton
und durch Zentrifugieren; es wurde hierbei eine weißliche krümelige Masse erhalten,
die beim Trocknen verhärtete. Die so erhaltene Hydroxyäthylätherverbindung hatte
einen Substitutionsgrad von annähernd 1,5 und enthielt zwischen 28 und 2901o Äthyloxyd.
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Aus 100/0eigen wäßrigen Lösungen dieser Verbindung wurden klare Filme
in der Weise erhalten, wenn man die Lösung auf eine Glasplatte aufbrachte und anschließend
in einem Ofen bei 65 bis 100"C trocknete.
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Das Derivat bildet eine wässerige Lösung von geringerer Viskosität
als eine Lösung der aus bekannter Fasercellulose erhaltenen Verbindung; bei Einbringen
in Wasser bildet die letztgenannte Verbindung ein Gel, jedoch sind die beiden Lösungen
sonst in ihrer Konzentration miteinander vergleichbar.
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Beispiel 4 50 g der im Beispiel 1 verwendeten Aggregate wurden in
500 cm3 Toluol dispergiert und hierzu 100 g einer 500/0gen wässerigen Ätznatronlösung
unter Umrühren hinzugegeben. Die Aggregate quollen in dem Toluol nicht auf, als
jedoch die wässerige Ätznatronlösung hinzugegeben wurde, wurde diese von den Aggregaten
derart aufgenommen, daß sie in dem toluolhaltigen Gemisch nicht mehr als gesonderte
Phase sichtbar war.
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Die Aggregate hatten also die Ätzlauge selektiv adsorbiert. Sie quollen
etwas an, behielten jedoch ihre sandähnliche Form bei. Anschließend wurden unter
Umrühren des Gemisches 17 g flüssigen Äthylenoxyds hinzugegeben. Es wurde weiterhin
etwa 45 Minuten lang umgerührt, dann das Gemisch filtriert und die Hydroxyäthylätherverbindung
abgetrennt. Wenn an Stelle der Cellulosekristallitaggregate bekannte Fasercellulose
zur Durchführung des vorstehend beschriebenen Beispieles verwendet wird, so quillt
die Cellulose nach der Zugabe der Ätznatronlösung derart an, daß sich das Gemisch
nicht mehr in dem Behälter umrühren läßt, da sich ein teigartiges faseriges Gel
bildet.
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Wenn diese teigartige Masse veräthert werden soll, so muß sie erst
einmal zu einer krümeligen Masse zerkleinert und diese dann in einer Druckanlage
mit gasförmigem Äthylenoxyd behandelt werden.
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BeispielS Ein Salpetersäureester mit geringem Stickstoffgehalt wurde
in der Weise hergestellt, daß 5 g trocken gemahlener Zellulosekristallitaggregate
mit einem durch Abbau erzielten annähernd einheitlichen Polymerisationsgrad von
220 in 100 cm3 einer sauren Lösung folgender Zusammensetzung eingebracht wurden:
21 Gewichtsprozent Salpetersäure, 66,5 Gewichtsprozent Schwefelsäure und 12,5 Gewichtsprozent
Wasser. Die Umsetzung wurde während 1 Stunde bei
Raumtemperatur durchgeführt und
das so erhaltene Produkt anschließend filtriert und gewaschen. Das Auswaschen der
Schwefelsäure aus dem Reaktionsprodukt erfolgte durch Eintauchen in kochendes Wasser.
Das Produkt war in Wasser unlöslich, jedoch in Aceton vollständig löslich. Sein
Stickstoffgehalt betrug 10,5 °/o, was einem Substitutionsgrad von 1,9 entsprach.
Aus einer 100/0eigen Lösung der Verbindung in Aceton wurden bei Aufbringen dieser
Lösung auf eine Glasplatte und nach Trocknen in einem Ofen bei 65"C klare Filme
erhalten. Ein Teil der so erhaltenen Verbindung wurde im trockenen Zustand 6 Monate
lang gelagert, wonach sich sich noch immer als stabil erwies. Im Vergleich zu den
Salpetersäureestern bekannter Fasercellulose konnte das Nitrat der Cellulosekristallitaggregate
mit einer weitaus höheren Ausbeute erhalten werden; es bildete Lösungen von merklich
geringerer Viskosität, aus denen wiederum klarere Filme hergestellt werden konnten.
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Beispiel 6 Es wurde ein Schwefelsäureester unter Verwendung von 200g
der im Beispiel 5 verwendeten Aggregate durch 4stündiges Vermischen derselben mit
2400 g eines Gemisches aus 1044 ml 960i0iger Schwefelsäure und 606 ml Isopropanol
hergestellt. Um ein Ankohlen zu vermeiden, wurde die Temperatur unterhalb 10"C gehalten.
Anschließend wurde die Masse auf das Fünffache ihres Volumens mit Isopropanol verdünnt
und bis zum Absetzen stehengelassen. Die klare Flüssigkeit wurde dekantiert und
die Feststoffe mit Isopropanol so lange ausgewaschen, bis die freie Säure abgetrennt
war. Anschließend wurden die Feststoffe zur Entfernung des Alkohols zweimal mit
Aceton gespült und dann getrocknet, wobei der Schwefelsäureester der Cellulosekristallitaggregate
als weißes wasserunlösliches Produkt erhalten wurde.
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Das Natriumsalz dieses Esters wurde durch Dispergieren desselben
in Alkohol und anschließendes Vermischen mit Ätznatron hergestellt. Die so erhaltenen
Feststoffe wurden mit Alkohol und Aceton ausgewaschen und zeigten bei der Analyse
einen Schwefelgehalt von 5,4010. Aus einer 150i0igen wässerigen Lösung des Salzes
wurde ein leicht gelblicher flexibler klarer Film erhalten.
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Beispiel 7 30 g der im Beispiel 5 verwendeten Aggregate mit einem
Wassergehalt von etwa 10/, oder weniger wurden mit 60 g 970/0eigen Essigsäureanhydrids
vermischt.
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Nach 10 Minuten wurden 300cm3 konzentrierter Essigsäure (99X7°/oig)
und 1,5 cm3 konzentrierter Schwefelsäure (980/,in), letztere als saurer Katalysator,
hinzugegeben. Es erfolgte eine exothermische Umsetzung, wobei die Temperatur auf
etwa 50"C anstieg.
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Die Umsetzung war nach etwa 15 bis 20 Minuten beendet. Beim Ausfällen
durch Zugabe von Wasser wurde der Essigsäureester der Cellulosekristallite als rein
weiße wachsartige Masse erhalten. Diese Masse war in Chloroform löslich.
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Aus dem Reaktionsgemisch dieses Derivates wurden klare Filme hergestellt.
In einem Fall wurde eine 0,76 bis 1,52 mm (3 bis 6 mil) dicke Schicht der Lösung
auf eine 19 38 cm große Glasplatte aufgebracht und die Platte etwa 3 Minuten lang
in eine 100/,ige Essigsäurelösung eingetaucht, anschließend mit Wasser gewaschen
und dann getrocknet. Es wurde ein klarer transparenter spröder Film erhalten.
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Aus der bekannten Fasercellulose konnte unter den vorbeschriebenen
Bedingungen kein Essigsäureester erhalten werden. Bei der Herstellung der bekannten
Derivate muß der Cellulosebrei äußerst sorgfältig bis auf einen kritischen Wassergehalt
zwischen etwa 5 bis 6 Gewichtsprozent getrocknet werden da sich die Derivate andernfalls
nicht erhalten lassen. Selbst dann, wenn der bekannte Brei richtig auf den genau
erforderlichen Wassergehalt gebracht wurde, so sind immer noch etwa 6 Stunden für
die Herstellung des Derivates notwendig; im Gegensatz dazu wurde der Ester der Kristallitaggregate
wie erwähnt innerhalb eines Zeitraumes von 20 bis 30 Minuten erhalten. Wie außerdem
bereits
ausgeführt, bilden die Lösungen der bekannten Derivate zwar durchscheinende, aber
nicht durchsichtige Filme.