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Das Verfahren bezieht sich auf die Herstellung von Vinylidenfluorid
durch Fluorierung von Vinylidenchlorid in der Gasphase. Vinylidenfluorid hat eine
beachtliche Bedeutung erlangt als Monomeres zur Herstellung von Homopolymerisaten
und Copolymerisaten. Die Homopolymerisate finden insbesondere Verwendung zur Oberflächenbeschichtung
bei Außenanwendung wegen der guten Beständigkeit gegen Witterungseinflüsse, Chemikalien
und höhere Temperaturen. Die Copolymerisate, insbesondere mit Difluorchloräthylen
oder Hexafluorpropylen, sind Elastomere mit guten Eigenschaften, wie hervorragende
Chemikalienbeständigkeit, hohe Abriebfestigkeit und Temperaturbeständigkeit.
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Für die Herstellung des monomeren Vinylidenfluorids sind verschiedene
Herstellungswege bekanntgeworden. Die Verfahren, welche auf der Chlorwasserstoff-
bzw. Fluorwasserstoffabspaltung aus 1,1,1-Difluorchloräthan (deutsche Auslegeschrift
1 068 695) bzw. 1,1,1-Trifluoräthan (USA.-Patentschrift 3188 356) beruhen, benötigen
schwer zugängliche Ausgangsstoffe und relativ hohe Temperaturen, die im Zusammenhang
mit der bei der Reaktion frei werdenden Halogenwasserstoffsäure erhebliche Anforderungen
an die Werkstoffe stellen. Ferner haben solche Pyrolysereaktionen den Nachteil,
daß meist eine Reihe unerwünschter Nebenprodukte entsteht.
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Die weitere Entwicklung war insbesondere durch die Suche nach wirtschaftlich
leichter zugänglichen Ausgangsverbindungen geprägt. So läßt sich Vinylidenfluorid
z. B. durch pyrolytische Kondensation von Difluorchlormethan mit Methylchloiid herstellen
(H.Madai - R.Müller, R. M ü 11 e r, J. prakt. Chem., 19 [4], S. 202 [1963]). Die
Ausbeuten liegen bei diesem Verfahren jedoch sehr niedrig, und die Konkurrenzreaktion
der Bildung von Tetrafluoräthylen aus 2 Molekülen Difluorchlormethan läßt sich nur
schwer unterdrücken.
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Als eine bereits seit langem in technischem Maßstab hergestellte
Ausgangsverbindung bietet sich Vinylidenchlorid an. Die bisherigen Versuche, von
diesem Stoff ausgehend zu Vinylidenfluorid zu gelangen, wurden diskontinuierlich
unter Druck ausgeführt und lieferten zunächst gesättigte Zwischenprodukte mit 2
oder 3 Fluoratomen, die in einer weiteren Stufe durch pyrolytische Halogenwasserstoffabspaltung
in Vinylidenfluorid umgewandelt werden müssen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung von Vinylidenfluorid
durch Gasphasenfluorierungen von Vinylidenchlorid mit HF in Gegenwart dreiwertiger
Chromverbindungen, das dadurch gekennzeichnet ist, daß man Vinylidenchlorid und
Fluorwasserstoff im Molverhältnis 1 zu mehr als 2 in der Gasphase bei maximal 400"C
in Gegenwart dreiwertiger, zuvor unter nichtoxydierenden Bedingungen auf Reaktionstemperatur
erhitzter Chromsalze umsetzt.
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Dieses Verfahren ermöglicht die Überführung des Vinylidenchlorids
in Vinylidenfluorid in einer einzigen Reaktionsstufe. Damit ist auch die Möglichkeit
einer kontinuierlichen Arbeitsweise eröffnet.
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Als Katalysator dienen dreiwertige Chromsalze; ihre Verwendung zusammen
mit Aktivkohle als Träger hat sich ebenfalls bewährt. Als Chromsalze kommen beispielsweise
in Frage: Chlorid, Bromid, Fluorid, Sulfat, Nitrat, Phosphat, Formiat oder Acetat.
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Ein chromsalzhaltiger Katalysator für Fluorierungs-bzw. Halogenaustauschreaktionen
wurde bereits in der USA.-Patentschrift 2 745 886 beschrieben. Ent-
sprechend der
chemischen Analyse wird diesem Katalysator die Formel CrO3F2 zugeschrieben; für
seine Herstellung aus hydratisiertem Chrom (lII)-fluorid ist eine oxydierende Vorbehandlung
wesentlich, so daß im einsatzfähigen Katalysator höherwertiges Chrom vorliegt. Dieser
Katalysator unterscheidet sich auch in seiner Wirkung ganz wesentlich von dem erfindungsgemäßen
Katalysator. So ist es nach der zitierten USA.-Patentschrift nicht möglich, Halogenatome,
die unmittelbar mit einem doppeltgebundenen C-Atom verknüpft sind, durch Fluor zu
ersetzen, es sei denn, man mischt dem ungesättigten Halogenkohlenwasserstoff bei
der Reaktion mit Fluorwasserstoff Chlor oder Brom zu, was dann jedoch zur Folge
hat, daß man nur gesättigte fluorhaltige Verbindungen erhält.
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Das erfindungsgemäße Verfahren hat demgegenüber den besonderen Vorzug,
daß die hier verwendeten chrom (III)-salzhaltigen Katalysatoren neben einer hohen
Aktivität auch eine ausgezeichnete Selektivität besitzen, d. h., es erfolgt ein
nahezu quantitativer Halogenaustausch ohne merkliche Hydrofluorierung der Doppelbindung
des Vinylidenchlorids bzw. -fluorids. Die Summe aller durch Nebenreaktionen entstehenden
Nebenprodukte beträgt unter optimalen Bedingungen weniger als 10/o.
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Der günstigste Temperaturbereich für die katalytische Fluorierung
des Vinylidenchlorids liegt bei 200 bis 400"C, vorzugsweise bei 250 bis 350"C. Bei
höheren Temperaturen nimmt die Bildung von Nebenprodukten zu, während bei tieferen
Temperaturen der Umsatz zurückgeht.
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Die Reaktion erfordert 2 Mol Fluorwasserstoff pro Mol Vinylidenchlorid.
Es hat sich jedoch als vorteilhaft herausgestellt, darüber hinaus einen Überschuß
an Fluorwasserstoff anzuwenden. Günstige Molverhältnisse liegen zwischen 1 : 2,5
und 1 : 6, vorzugsweise zwischen 1: 3,5 und 1: 5,5.
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Die Raumgeschwindigkeit stellt man zweckmäßig unter 500 Nl gasförmiges
Reaktionsgemisch pro Liter Katalysatorschüttvolumen pro Stunde ein. Der Bereich
von 100 bis 300 Nl/l h erwies sich als besonders geeignet.
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Da die Reaktion ohne Änderung des Molvolumens abläuft, ist der Einfluß
des Druckes unwesentlich; man arbeitet deshalb zweckmäßig bei Normaldruck, zumal
Druckerhöhung, wie festgestellt wurde, zu einer steigenden Bildung von Nebenprodukten
führt, wobei insbesondere auch gesättigte Verbindungen entstehen.
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Die Isolierung des Vinylidenfluorids aus dem Reaktionsgemisch und
die Abtrennung der nicht umgesetzten Ausgangsstoffe erfolgt in üblicher Weise, jedoch
zweckmäßig so, daß letztere zurückgewonnen und der Reaktion erneut zugeführt werden
können.
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Beispiele 1 bis 7 150 g CrCl3 6H2O werden in einem evakuierten, mit
laufender Wasserstrahlpumpe verbundenen Glaskolben langsam auf 300"C erhitzt, bis
sich die anfangs dunkelgrünen Kristalle in eine feste, violette, porenreiche Masse
verwandelt haben. Die Masse wird nach dem Abkühlen zerkleinert und auf 2 bis 5 mm
ausgesiebt. Die Gewichtsabnahme während des Vakuumerhitzens beträgt 35 O/o. 280
ml (- 81 g) dieses körnigen Katalysators füllt man in ein Eisenrohr mit 27 mm Innendurchmesser,
bringt dieses auf Reaktionstemperatur und leitet dann ein Gemisch aus Vinylidenchlorid
(VC2) und Fluorwasserstoff (HF) hindurch. Die aus dem Reaktor austretenden Gase
werden
mit Wasser und Natronlauge gewaschen, getrocknet und in
mit flüssigem Stickstoff gekühlten Vorlagen kondensiert. Der Gehalt an Vinylidenfluorid
(VF2) im Kondensat wird gaschromatographisch bestimmt.
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Die unter variierten Arbeitsbedingungen erhaltenen Ergebnisse zeigt
nachstehende Tabelle:
Tempe- Raumge- Ausbeute |
Bei- Molverhältnis |
ratur schwindigkeit an VF2 in |
spiel VC2 + HF |
°C N1/1 # h Molprozent |
1 1: 4,7 345 300 97,0 |
2 1: 2,7 330 155 96,5 |
3 1: 5,3 290 200 99,8 |
4 1: 3,8 380 170 86,0 |
5 1:4,5 345 110 98,5 |
6 1 : 4,1 420 570 56,0 |
7 1 : 5,0 250 200 95,0 |
Beispiel 8 210 g Aktivkohle mit einer mittleren Korngröße von 2 mm werden mit 400
ml einer wäßrigen Lösung von 65 g Chromtrichlorid (CrCl3 6H2O) getränkt.
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Das Gemisch wird unter Rühren etwa 2 Stunden zur Entfernung des Wassers
auf 250°C erhitzt; der so erhaltene Katalysator enthält 4,1 Gewichtsprozent Cr.
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Den Katalysator setzt man in die gleiche Apparatur wie bei den Beispielen
1 bis 7 ein und leitet ein dampfförmiges Gemisch aus 1 Volumteil VC2 und 3 Volumteile
HF hindurch. Reaktionstemperatur 3000 C, Raumgeschwindigkeit 200 Nl/l h. Die VF2-Ausbeute
in Molprozent, bezogen auf eingesetztes VC2, beträgt 98O/o.
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Beispiele 9 bis 11 75 g CrCl3 6H2O werden in 1,5 1 Wasser gelöst
und mit geringem NH3-Überschuß in der Hitze Chrom(III)-hydroxid ausgefällt. Je ein
Drittel des frisch filtrierten und gewaschenen Chromhydroxids wird in je 500 ml
Wasser aufgeschlämmt und mit der gerade zur Auflösung erforderlichen Menge konzentrierter
H2SO4 bzw. konzentrierter HNO3 bzw. Eisessig verrührt.
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Jeweils 150 g A-Kohle (Körnung 2 bis 3 mm) werden in ein auf 200
bis 300°C beheiztes Drehrohr gegeben und durch Auftropfen einer der frisch bereiteten
Chrom(ll)-salzlösungen imprägniert. Auf diese Weise werden folgende Katalysatoren
erhalten: Katalysator A: Cr2(SO,)8 1 A-Kohle mit 2,9 Gewichtsprozent Cr Katalysator
B : Cr (NO3) 1 A-Kohle mit 2,8 Gewichtsprozent Cr Katalysator C: Cr(CH3COO)3 / A-Kohle
mit 2,9 Gewichtsprozent Cr An jeweils 280 ml eines dieser Katalysatoren werden in
einem mit Salzschmelzbad beheizten Eisenrohrreaktor (27 mm Innendurchmesser) dampfförmiges
Vinylidenchlorid und ebenfalls dampfförmiger Fluorwasserstoff im Molverhältnis 1
: 4 und bei einer Raumgeschwindigkeit von 150 Nl Dampfgemisch pro Stunde pro Liter
Katalysator-Schüttvolumen bei 340°C umgesetzt. Das den Reaktor verlassende Gasgemisch
wird nach Auswaschen der Halogenwasserstoffsäuren und Trocknen gaschromatographisch
analysiert. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle aufgeführt:
Ausbeuten an Fluorierungsprodukten (%) |
Beispiel Katalysater unbekannte |
CH2 = CF2 CH2 = CFCI CH2 = CCl2 |
Nebenprodukte |
9 A 97,0 1 0,7 2,1 0,2 |
10 B 97,2 0,6 2,0 0,2 |
11 C 98,0 0,5 1,2 0,3 |
Patentansprüche : 1. Verfahren zur Herstellung von Vinylidenfluorid durch Gasphasenfluorierung
von Vinylidenchlorid mit HF in Gegenwart dreiwertiger Chromverbindungen, dadurch
gekennzeichn e t, daß man Vinylidenchlorid und Fluorwasserstoff im Molverhältnis
1 zu mehr als 2 in der Gasphase bei maximal 400°C in Gegenwart dreiwertiger, zuvor
unter nichtoxydierenden Bedin-
gungen auf Reaktionstemperatur erhitzter Chromsalze
umsetzt.