-
Klare, schlagfeste, thermoplastische Formmassen Die aus Acrylnitril,
Styrol und Butadien aufgebauten, als ABS-Massen bekannten schlagfesten, thermoplastischen
Formmassen sind in der Regel undurchsichtig oder nur schwach durchscheinend.
-
Diese Eigenschaft hängt mit dem Aufbau derartiger Kunststoffe zusammen:
Sie bestehen aus einer weichen, zähen und einer harten, spröden Komponente, die
in mikroskopisch feiner Verteilung nebeneinander vorliegen, auch wenn sie in einem
gewissen Grad durch Pfropfpolymerisation miteinander chemisch verbunden sind. Beide
Komponenten allein lassen sich in klar durchsichtiger Form herstellen, jedoch ist
die Mischung auf Grund der unterschiedlichen Brechungsindizes undurchsichtig.
-
Um dem Bedürfnis nach einer durchsichtigen, thermoplastischen ABS-Formmasse
gerecht zu werden, ist versucht worden, solche Massen aus zwei Komponenten von annähernd
gleichem Brechungsindex herzustellen. Man erreicht dies z. B. dadurch, daß ein zähes,
weiches Polymerisat mit einem solchen Polymerisat kombiniert wird, das aus mindestens
zwei verschiedenen Monomeren aufgebaut ist, die für sich allein polymerisiert Kunststoffe
mit sehr verschiedenen Brechungsindizes ergeben. Durch geeignete Wähl des Mischungsverhältnisses
beider Monomerer läßt sich der Brechungsindex ihres Copolymerisats dem der zähen
Kunststoffkomponente weitgehend anpassen. Nach diesem Prinzip autgebaute schlagzähe
Formmassen sind tatsächlich weitgehend durobsichtig.
-
Naturgemäß ist die Möglichkeit, innerhalb des zu klaren ABS-Formmassen
führenden Bereichs das Mischungsverhältnis und die Art der verwendeten Monomeren
zu variierten, stark eingeengt. Es hat sich daher bisher als nicht möglich erwiesen,
neben der Durchsichtigkeit der Formmasse auch solche thermischen und mechanischen
Eigenschaften zu erreichen, die den Anforderungen in allen in Frage kommenden Anwendungsbereichen
genügen. So liegt z. B. die Wärmeverformungstemperatur bekannter durchsichtiger,
schlagfester ABS-Formmassen zwischen 60 und 80°C und läßt sich nur unter weitgehendem
Verlust der Durchsichtigkeit auf Werte von etwa 90°C steigern.
-
Es sind auch schon Formmassen bekannt (deutsche Auslegeschrift 1
136 822), die aus einem Gemisch von einem Styrol - Acrylnitril - Mischpolymerisat,
einem Acrylnitril - Butadien - Mischpolymerisat und einem überwiegend aus Acrylestern
und zu einem geringen Anteil aus Acrylnitril aufgebauten Mischpolymerisat bestehen.
Diese Formmassen sind weiß und völlig undurchsichtig. Die Lichtdurchlässigkeit sowohl
für
Streulicht als auch für gerichtetes Licht liegt unter den Werten, die für das
Gemisch der beiden erstgenannten Polymerisate allein, also ohne den Polyacrylatanteil,
gemessen werden. Die Wärmeformbeständigkeit nach V i c a t ist mit 88°C unbefriedigend.
-
Erfindungsgegenstand sind thermoplastische Formmassen aus einem Gemisch
von A)- 60 bis 85 Gewichtsteilen eines Polymerisatgemisches aus 15 bis 65 Gewichtsprozent
eines zum Überwiegenden Teil aus Butadien neben Acrylnitril und/oder Styrol aufgebauten
Mischpolymerisats und 85 bis 35 Gewichtsprozent eines Mischpolymerisats aus 10 bis
30 Gewichtsprozent Acrylnitril und 90 bis 70 Gewichtsprozent Styrol und B) 15 bis
40 Gewichtsteilen eines Acrylharzes, dadurch gekennzeichnet, daß das Acrylharz Polymethylmethacrylat
oder ein Mischpolymerisat aus mindestens 70 Gewichtsprozent Methacrylsäuremethylester
ist und daß der Butadiengehalt der Formmassen zwischen 10 und 35 Gewichtsprozent
liegt.
-
Die erfindungsgemäßen durchsichtigen, schlagzähen, thermoplastischen
Formmassen weisen sehr gute mechanische und besonders thermische Eigenschaften auf.
Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung werden auf 64 bis 75 Gewichtsteile
der Komponente A 36 bis 25 Gewichtsteile der Komponente B eingesetzt.
-
Die Bestandteile der Mischung werden in bekannter Weise hergestellt.
Als butadienhaltige Komponente des Polymerisatgemisches A wird zweckmäßig durch
Koagulieren gewonnene Latexfestsubstanz verwendet.
-
Das im Polymerisatgemisch A enthaltene Styrol-Acrylnitril-Mischpolymerisat
kann als Block-, Perl-oder Emulsionspolymerisat hergestellt worden sein.
-
Als Bestandteil B werden Block- oder Perlpolymerisate von Methacrylsäuremethylester
oder gegebenenfalls Mischpolymerisate von mindestens 70°/0 Methacrylsäuremethylester
und weiteren Monomeren, z. B. anderen niederen Methacrylsäureestern, niederen Acrylsäureestern,
Styrol und seinen Homologen verwendet. Die Molekulargewichte der einzusetzenden
Mischungsbestandteile sind nach den erwünschten Eigenschaften der fertigen Formmasse
zu wählen.
-
Um gut fließende Spritzgußmassen herzustellen, wird man niedrigviskose
Ausgangsstoffe wählen, z. B. ein Styrol-Acrylnitril-Mischpolymerisat mit #sp/c#0,1
(Z. f. Elektrochemie,e 1937, s. 479) und Polymethylmethacrylat mit #sp/c#0,05, während
für Strangpreßmassen auch höhere Viskositäten gewählt werden können.
-
Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, der Formmasse übliche UV-Schutzmittel
und Antioxydantien zuzusetzen, wobei natürlich nur solche Zusätze in Frage kommen,
die mit der Formmasse verträglich sind.
-
Gefärbte durchsichtige Formmassen werden durch den Zusatz löslicher
Farbstoffe erhalten, jedoch können
auch pigmenthaltige gedeckte Formmassen hergestellt
werden.
-
Die erfindungsgemäße Formmasse wird durch Homogenisieren der Bestandteile
bei hoher Temperatur auf einer Mischwalze, einem Kneter oder in einem Extruder hergestellt.
Nach - dem Spritzguß- oder Strangpreßverfahren hergestellte Formteile aus dieser
Masse zeichnen sich durch praktisch klare Durchsichtigkeit und Farblosigkeit aus.
Sie haben eine hohe Schlag-und Kerbschlagzähigkeit und einen im allgemeinen über
100O C liegenden Vicat-Erweichungspunkt.
-
Die vorteilhaften Eigenschaften der Formmassen gemäß der Erfindung
und die überraschende Tatsache, daß der Zusatz eines Methacrylatharzes gerade die
entgegengesetzte Eigenschaftsänderung wie der Zusatz eines Acrylatharzes bewirkt,
gehen aus den Angaben der nachfolgenden Tabelle hervor. Dort werden zwei nach der
Lehre der Erfindung hergestellte Formmassen II und III mit dem reinen ABs-Harz 1
und dessen Abmischung mit einem Acrylatharz (gemäß deutscher Auslegeschrift 1 136
822), die mit IV bezeichnet ist, verglichen. Die optischen igenschaften sind besonders
gut an der Durchlässigkeit für gerichtetes Licht zu erkennen.
Lichtdurchlässigkeit |
bei 2 mm Schichtdicke |
Erweichungs- |
Bestandteile Aussehen |
temperatur Streu- gerichtetes |
Gesichts- licht Licht |
Bezeichnung Art |
prozent °C % % |
1 100 ABS-Harzl) 109 36,8 0,3- gedeckt |
undurchsichtig |
II 70 ABS-Harzl) 107 60,3 35,1 durchsichtig |
30 PMMA2) |
III 70 ABS-Harz1) 114 67,9 26,1 durchsichtig |
30 MMA-Mischpolymerisat3) |
IV 80 ABS-Harz1) 88 9,3 0,0 weiß |
20 BA-Mischpolymerisat4) undurchsichtig |
t) ABS-Harz = 15°/o Latexfestsubstanz Butadien-Styrol (75 : 25) + 85% Mischpolymerisat
Styrol-Acrylnitril (75: 25).
-
2) PMMA = Polymethylmethacrylat, #sp/c = 0,053.
-
3) MMA-Mischpolymerisat enthält 75°/0 Methylmethacrylat, 15% Styrol,
10°/o Maleinsäureanhydrid, #sp/c = 0,07.
-
4) BA-Mischpoiymerisat enthält 90% Butylacrylat, 10% Acrylnitril,
#sp/c@ = 0, 81.
-
Beispiel Latexfestsubstanz aus einem aus 75 Teilen Butadien und 25
Teilen Styrol bestehenden Latex wird mit einem gemahlenen Blockpolymerisat aus Styrol
und Acrylnitril im Gewichtsverhältnis 75 : 25, das eine spezifische Viskosität #sp/c=
0,15 aufweist,
und mit Polymethacrylsäuremethylester-Pormmasse (#sp/c=0,06) auf einem
Walzenstuhl bei 180°C in den in der Taberlle angegebenen Mengeverhaltnissen homogenisiert.
Die mechanischen und thermischen Eigenschaften der Formmasse gehen aus der Tabelle
hervor. Die Mischungen sind praktisch klar durchsichtig.
Komponente A Komponente B Eigenschaften |
Zusammensetzung |
Methyl Vicat- |
Latexfestsubstanz Mischpolymierisat Kerbschlag- |
methacrylat- Erweichungs- |
Gewichts- Butadien-Styrol Styrol-Acrylnitril Schlagzähigkeit
zähigkeit |
Formmasse temperatur |
teile (75:25) (75:25) cmkp/cm2 cmkp/cm2 DIN 57300 |
Gewichtsprozent Gewichtsprozent Gewichtsteile DIN 53453 DIN
53453 oc |
von A) von A) |
64 15. 85 36 40 3,5 109 |
68 30 70 32 85 7,0 106 |
72 42 . - 58 28 kein Bruch 9;5 101 |