-
Verfahren zur Erhaltung des Frischzustandes und d er 'W iologischen
Vollwertigkeit von Getreidekeinflingen Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur
Erhaltung des Frischezustandes und der biologischen Vollwertigkeit von Getreidekeimlingen,
wonach die entsprechend vorbehandelten Keimlinge selbst unter den ungünstigsten
Lagerbedingungen ihre natürlichen Eigenschaften behalten.
-
Es ist bekannt, daß die Haltbarkeit von Getreideprodukten in starkem
Maß durch den Feuchtigkeitsgehalt während der Lagerung beeinflußt wird. Oberhalb
eines Wassergehalts von etwa 14% wird einerseits die Entwicklung von Mikroorganismen
- insbesondere Schimmelpilzen - möglich. Andererseits wird die Aktivität der getreideeigenen
Enzyme so stark, daß die Stoffwechselvorgänge im Samen derart gefördert werden,
daß es in kurzer Zeit zu nachteiligen Geruchs- und Geschmacksveränderungen kommt.
Unterhalb des Grenzwassergehaltes von 1411/o betrachtet man Getreideprodukte dagegen
als lagerstabil; auch eine langfristige, unter Umständen jahrelange Einlagerung
führt hier zu keinen nachteiligen Veränderungen.
-
Für die weitaus überwiegende Zahl aller Getreideprodukte gilt diese
Lagerstabilität auch unumschränkt. Ein mit einer Feuchtigkeit von 141/o lagerndes
Getreidemahlprodukt wird man nicht weiter zurücktrocknen, weil seine Haltbarkeit
ohnehin gewährleistet ist. Es existieren jedoch einige Ausnahmen, bei denen auch
unterhalb der Grenzfeuchtigkeit Veränderungen eintreten. Diese Ausnahmen betreffen
enzymatische. Fettveränderungen in Getreideprodukten, welche über aktive, fettoxydierende
Enzyme (Lipoxydasen) verfügen. Auch für derartige Enzyme gilt die von anderen Enzymen
her bekannte Beeinflussung der Aktivität durch den Wassergehalt, so daß unterhalb
des Grenzwassergehaltes die Wirksamkeit der Enzyme gering ist. Da aber Fettveränderungen
noch in geringstem Ausmaß organoleptisch wahrgenommen werden können, genügt eine
geringe Fettoxydation, um Geschmacksveränderungen während der Lagerung herbeizuführen.
Derartige, als Bitter-und Ranzigwerden bekannte Erscheinungen treten vor allem bei
Hafer und Getreidekeimlingen auf, in geringerem Umfang auch bei Vollkornmehlen aus
Roggen und Weizen. Während man bei Vollkornmehl diesem Umstand durch eine begrenzte
Lagerdauer Rechnung trägt, wird bei Hafererzeugnissen und Getreidekeimen eine Vorbehandlung
durchgeführt. Diese als Präparierung bezeichnete Behandlung besteht in der Einwirkung
trockener oder feuchter Hitze.
-
Ein bekanntes Verfahren zur Frischhaltung von Getreidekeimen beinhaltet
eine Hitzebehandlung durch »scharfes Trocknen«, kühle Aufbewahrung der Produkte
und möglichst weitgehenden Luftabschluß. Bei- diesem Verfahren wird besonderer Wert
auf die Gewinnung eines eiweißreichen Lebensmittels gelegt, es enthält keinerlei
Angaben zur Vitamin- und Enymerhaltung. Die Bezeichnung »scharfes Trocknen« ohne
nähere Definition der Trocknungsbedingungen der deutschen Patentschrift 309144 läßt
ferner eine annähernd vollständige Entfernung der Gutsfeuchtigkeit erraten, nicht
aber den Feuchtigkeitsentzug bis zu einer bestimmten, festgelegten Grenze.
-
Weiter ist festzustellen, daß alle bisher bekannten Weizenkeimpräparate
einen deutlich erniedrigten Enzymgehalt besitzen, woraus geschlossen werden kann,
daß sie durch Hitzeeinwirkung stabilisiert worden sind.
-
Die zur Präparierung erforderlichen hohen Temperaturen verringern
nicht nur z. B. den Gehalt an verschiedenen Vitaminen, so unter anderem die Vitamine
Bi und E - was besonders bei solchen Getreideprodukten, insbesondere Getreidekeimlingen,
sehr von Nachteil ist, die auf Grund ihres hohen Wirkstoffgehaltes als Diätprodukte
in den Handel kommen -, sondern diese Temperaturen müssen außerdem so hoch liegen,
daß eine Koagulierung des gesamten Enzymeiweißes erfolgt. Hierbei wird auch das
gesamte übrige Eiweiß denaturiert. Die Erhaltung der nahrungseigenen Enzyme ist
aber speziell in Diätnahrungsmitteln deshalb als besonders vorteilhaft anzusehen,
weil die teilweise an den Verdauungsvorgängen
mit beteiligt sind.
Darüber hinaus deuten die bei der Präparierung von Keimlingen auftretenden Verfärbungen
auf das Eintreten von Bräunungsreaktionen zwischen Eiweiß- und Zuckerkomponenten
hin, was als weiterer Nachweis dafür gilt, daß das präparierte Produkt eine veränderte
Zusammensetzung aufweist.
-
Daß eine Hitzebehandlung von Keimlingen von Nachteil für deren diätischen
Wert ist, darauf deuten die sowohl von medizinischer Seite wie auch von seiten der
Hersteller vielfach geäußerten Hinweise, die Produkte im rohen Zustand, d. h. ungekocht,
zu verzehren. Die Präparierung nimmt aber die schädliche Hitzebehandlung vorweg.
Aus diesem Grund sind auch unbehandelte Keimlinge im Handel. Die letzteren nehmen
spätestens 14 Tage nach der Gewinnung einen unangenehmen, bitterkratzenden Geschmack
an.
-
Mittels der bekannten Stabilisierungsverfahren ist also eine Erhaltung
des Frischezustandes und der biologischen Vollwertigkeit von Getreidekeimlingen
nicht möglich.
-
Zweck der Erfindung ist es, das Bitter- bzw. Ranzigwerden von Getreidekeimlingen
mit der Maßgabe zu verhindern, die den bisherigen Verfahren anhaftenden Mängel zu
vermeiden. Dabei sollen Frischezustand und biologische Wertigkeit in vollem Umfang
erhalten bleiben.
-
Es wurde nun gefunden, daß der Frischezustand und die biologische
Vollwertigkeit von Getreidekeimlingen annähernd unbegrenzt erhalten bleibt ohne
Veränderung der geschmacklichen Eigenschaften und der Zusammensetzung, wenn der
Feuchtigkeitsgehalt der Getreidekeimlinge auf 5 % verringert wird, d. h. so weit,
daß die Aktivität der das Bitterwerden verursachenden Enzyme einen unteren Grenzwert
erreicht hat. Auf eine Feuchtigkeit von 10% getrocknete Keimlinge sind längere Zeit
haltbar als solche von 14 oder 16% Feuchigkeit. Eine annähernd unbegrenzte Haltbarkeit
besitzen derart getrocknete Keimlinge jedoch nicht; sie können sogar rasch verderben,
da die Geschwindigkeit des Verderbs außer durch den Wassergehalt noch durch Enzymmenge
und Lagertemperatur bestimmt wird. Verringert man jedoch die Feuchtigkeit des Materials
auf 5 %, so wird für die Produkte eine annähernd unbegrenzte Haltbarkeit erreicht.
Die Festlegung des vorteilhaftesten Wassergehaltes von 5% beruht nicht allein auf
ökonomischen Erwägungen (Vermeidung zusätzlichen Energieaufwandes für weitere Herabtrocknung),
sondern auf der Erkenntnis der Beteiligung des Enzyms Peroxydase am antioxydativen
Schutzsystem der Keime und seiner Eigenschaften im trockenen Milieu. Bei 5 % Wassergehalt
ist die Aktivität der Lipoxydase, die das Bitterwerden auslöst, erloschen, dagegen
verfügt das Enzym Peroxydase noch über eine Restaktivität, die ausreicht, um eine
nicht enzymatische Oxydation des empfindlichen Getreidefettes und damit ein Ranzigwerden
der Produkte bei der Lagerung zu verhindern. Eine Herabtrocknung auf Feuchtigkeitswerte
unter 5 % läßt auch die Peroxydaseaktivität erlöschen und schwächt das antioxydative
Schutzsystem so weit, daß die Haltbarkeit von Keimen oder anderen Getreideprodukten
erneut beeinträchtigt wird.
-
Ferner wurde überraschenderweise gefunden, daß die Keimlinge nach
Erreichen des erfindungsgemäßen Feuchtigkeitsgehaltes auch unter den ungünstigsten
Lagerbedingungen, beispielsweise bei hohen Lagertemperaturen, haltbar sind und ihren
Frischezustand bewahren. Die Keimlinge zeigen beispielsweise weder die von unbehandelten
Keimlingen her bekannten nachteiligen geschmacklichen Eigenschaften noch Einbußen
an den wertbestimmenden Wirkstoffen. Lediglich der Gehalt an fettlöslichen Vitaminen
geht bei mehrjährigen Lagerzeiten etwas zurück; jedoch in geringerem Ausmaß als
bei unbehandelten oder hitze- bzw. dampfstabilisierten Keimlingen. Die Enzyme, die
im Gegensatz zu den Präparierverfahren in ihrem natürlichen Zustand erhalten bleiben,
erlangen ihre volle Aktivität zurück, sobald der Wassergehalt der Keimlinge wieder
erhöht wird.
-
Die Trocknung der Keimlinge erfolgt nach bekannten Trocknungverfahren
mit Luft extrem niedriger Feuchtigkeit bei Temperaturen, die 40° C nicht überschreiten
und bis herab zu 0° C. Unmittelbar nach Erreichung des erfindungsgemäßen Wassergehaltes
werden die Keimlinge nach bekannten Verpackungsverfahren in für Wasserdampf undurchlässiges
Material verpackt. Die Trocknung kann beispielsweise in Mühlen erfolgen, um unnötige
Lagerzeiten der frischen Keimlinge zu vermeiden. Die von der Kapazität der Trocknungseinrichtung
abhängige Dauer der Trocknung ist für die Stabilisierung von untergeordneter Bedeutung,
da der Wasserentzug zu Beginn am schnellsten erfolgt und sich die Geschwindigkeit
der Enzymreaktion bereits nach kurzer Zeit so verringert, daß eine Weiterveränderung
während der Trocknungsdauer nicht eintritt.
-
Die erfindungsgemäß behandelten Keimlinge können auf Grund der Erhaltung
ihrer ursprünglichen Eigenschaften und Zusammensetzung als »naturbelassen« bezeichnet
werden, da sie sich allein durch den Wassergehalt von frisch gewonnenen Keimlingen
unterscheiden. Eine derartige Bezeichnung ist weder bei präparierten Keimen möglich,
noch bei unbehandelten, die sich in kürzester Zeit verändern.
-
Ein weiterer Vorteil der erfindungsgemäßen Behandlung von Getreidekeinflingen
ist, daß der Befall und die Entwicklung von Getreideschädlingen in lagernden Keimlingen
verhindert wird.
-
Die erfindungsgemäß behandelten Keimlinge finden vor allem Verwendung
als wertvolle Diätprodukte in der Reform- und Krankenernährung zur biologischen
Aufwertung der Kost, als Zusatz zu wirkstoffarmen Nahrungsmitteln zur Erhöhung von
deren Nährwert, als wirkstoffreiches Zusatzfutter bei der Aufzucht von Nutz- und
Pelztieren, als lagerstabiler Rohstoff für die Herstellung von Keimölen.
-
Hinsichtlich der Herstellung von Keimölen ergibt sich durch die erfindungsgemäße
Behandlung der Keimlinge der Vorteil, daß die gewonnenen Rohöle von besserer Qualität
sind. Während bei der Extraktion oder Pressung von bei Normalfeuchtigkeit gelagerten
Keimlingen Öle erhalten werden, die einer Raffination (Entsäuerung, Geschmacksverbesserung)
unterworfen werden müssen, ist der bei der Gewinnung von Öl aus erfindungsgemäß
behandelten Keimlingen erforderliche Aufwand geringer, wodurch zugleich eine bessere
Erhaltung der Wirkstoffe ermöglicht wird.