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Gewinnung von Roheisen und Stahl aus Eisenerzen und eisenoxydhaltigen
Abfallstoffen in einem Zweistufenverfahren Abgesehen von dem Verfahren zur Roheisengewinnung
im Hochofen sind mehrere Verfahren zur Gewinnung von Eisen aus eisenoxydhaltigen
Erzen und Abfallstoffen bekanntgeworden. Der Zweck dieser Verfahren ist, einerseits
an Stelle des für den Hochofenprozeß erforderlichen Hüttenkokses billigere Reduktionsmittel
für die Eisengewinnung einzusetzen, andererseits auch Feinerze bzw. eisenoxydhaltige
Abfallstoffe, z. B. die der Tonerdefabriken (Rotschlamm) und Schwefelsäurefabriken
(Abbrand), die in sehr feiner Verteilung anfallen, für die Eisengewinnung nutzbar
zu machen, da sie für den Hochofen nur durch eine kostspielige Vorbehandlung zu
verwenden sind. Diese Verfahren kann man in folgende Gruppen unterteilen: 1. Brikettieren
von Feinerz und Feinkohle und Niederschmelzen in geeigneten Öfen, z. B. in Niederschachtöfen
oder in Drehrohröfen.
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2. Herstellung eines teigigen Gemisches von Eisenluppen und Schlacke
aus Feinerz und Feinkohle durch Wälzarbeit im Drehrohrofen und Trennung von Luppen
und Schlacke nach dem Erkalten mittels Magnetscheidung.
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3. Herstellung von Eisenschwamm aus Feinerz durch Reduktion mit festen
oder gasförmigen Reduktionsmitteln im Wirbelbettverfahren, Drehrohrofen oder geeigneten
anderen Öfen, gegebenenfalls mit nachfolgender Magnetscheidung.
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4. Gewinnung eines Eisensinters, in dem das Eisen weitgehend oder
vollständig in elementarer Form vorliegt, aus Feinerz oder Abfallstoffen durch Reduktion
mit Kohle oder gasförmigen Reduktionsmitteln in verschiedenen Ofentypen, vorzugsweise
im Drehrohrofen, und nachfolgende Einschmelzung dieses Sinters zum Zwecke der Flüssigtrennung
von Eisen und Schlacke. Dieses Einschmelzen soll den verschiedenen Vorschlägen zufolge
im Elektroofen, im Niederschachtofen, im Kupolofen oder im Drehherdofen vorgenommen
werden.
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Die vorliegende Erfindung gehört in die genannte Verfahrensgruppe
4. Gemäß dieser Erfindung wird zunächst in bekannter Weise aus eisenoxydhaltigen
Feinerzen bzw. Abfallstoffen durch Reduktion mit Kohle oder reduzierenden Gasen
ein Sinter erzeugt, in dem das Eisen fast vollkommen als reduziertes Metall vorliegt.
Um diese weitgehende Reduktion zu bewirken, muß man erfahrungsgemäß so viel Kohlenstoff
zusetzen, wie nach der Gleichung Fe203+3C=2Fe+3C0 erforderlich ist. Zweckmäßigerweise
setzt man etwas mehr Kohlenstoff zu, um eventuelle geringe Oxydationseinflüsse durch
die Heizgase des Ofens zu kompensieren. Diese Reduktion kann in einem der in der
Literatur beschriebenen Öfen vorgenommen werden, jedoch eignet sich für diesen Prozeß
vornehmlich der Drehrohrofen, da in ihm die Wärmeausnutzung am günstigsten ist und
der Sinter in einer erwünscht kleinstückigen Struktur anfällt. Das nachfolgende
Einschmelzen des Eisensinters wird erfindungsgemäß in einem Wirbelbett durchgeführt,
das über einer glühenden Koksschicht ausgebildet wird. Durch Einblasen von Luft
in die Koksschicht wird eine Temperatur erzeugt, die oberhalb der Schmelztemperatur
von Schlacke und Eisen liegt; das die Koksschicht verlassende Abgas bringt das aus
dem Reduktionsofen auf die Koksschicht fallende Eisensintergut in wirbelnde Bewegung,
wodurch ein inten-. siver Wärmeaustausch und ein schnelles Einschmelzen des Einsatzgutes
stattfindet. Die Schmelztröpfchen rieseln durch die glühende Koksschicht nach unten,
sammeln sich auf dem Boden und trennen sich in flüssiges Eisen und flüssige Schlacke.
Beide werden in bekannter Weise wie beim Hochofen bzw. Gießereischachtofen abgezogen.
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Zur Erzielung einer guten Wärmeausnutzung und zwecks Einsatzes einer
möglichst geringen Koksmenge ist es erforderlich, die Koksschüttung in dem
Eisenschmelzofen
nur so hoch zu halten, daß lediglich eine Umsetzung des Sauerstoffs der eingeblasenen
Luft mit dem Kohlenstoff zum Kohlendioxyd erfolgt, dagegen noch nicht bzw. nur in
geringem Maße eine Reaktion des gebildeten Kohlendioxyds mit Kohle unter Bildung
von Kohlenoxyd. Hierbei ist auch die Geschwindigkeit der eingeblasenen Luft sowie
deren Temperatur von Bedeutung. Alle diese drei Faktoren müssen so aufeinander abgestimmt
sein, daß der vorstehend beschriebene Effekt gewährleistet ist. Da bezüglich der
Gasgeschwindigkeit engere Grenzen gesetzt sind, weil nur der kleinstöckige Eisensinter
in wirbelnde Bewegung geraten soll, dagegen nicht die Koksschüttung bzw. der weitaus
größte Teil der Koksschüttung, kommt man in der Regel mit einer Koksschüttung von
etwa 30 bis 50 cm Höhe, über der Lufteinblasebene gemessen, aus. Diese Schütthöhe
ist, wie oben erwähnt, von zahlreichen Faktoren abhängig, nicht zuletzt auch von
den Baumaßen des Ofens, so daß sie für jeden Einzelfall entsprechend einreguliert
werden muß.
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Hieraus ist ersichtlich, daß es wichtig ist, die Korngröße des Eisensinters
nach oben und die des Kokses nach unten zu begrenzen. Andererseits ist es auch unerwünscht,
daß der Eisensinter noch staubförmige Bestandteile enthält, die sich im Wirbelbett
nicht halten würden, sondern wieder in den Reduktionsofen zurückgeblasen werden.
Man wird deshalb bei pulverförmigem Aufgabegut den Reduktionsofen so fahren, daß
das Reduktionsgut in der vorderen Zone des Reduktionsofens zu kleinen Granalien
zusammensintert. Falls dies auf Grund der Eigenschaften der Rohmaterialien und ihrer
Zusammensetzungen nicht möglich sein sollte, ist es zweckmäßig, das Aufgabegut durch
Granulierung, Krümelung, Brikettierung bzw. sonstige Formgebung auf eine Stückgröße
von maximal 20 mm, vorzugsweise maximal 10 mm, zu bringen. In diesem Falle muß der
Ofen so gefahren werden, daß keine weitere Zusammenballung dieser Granulate in der
Sinterzone des Reduktionsofens stattfindet. Bei der Aufgabe von schlammförmigem
Aufgabegut entstehen in der Regel kleinstöckige Agglomerate in der gewünschten Größe.
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Das die Wirbelschicht verlassende Abgas mit einer Temperatur von 1100
bis 1300° C wird in den Drehrohrofen geleitet, in dem ein Großteil seiner Wärme
ausgenutzt wird, vorzugsweise zur Durchführung der in dem vorderen Drehrohrofenabschnitt
stattfindenden Restreduktion. Die hierbei entstehenden kohlenoxydhaltigen Reduktionsgase
werden durch gleichzeitig eingeblasene Luft über der Beschickung des Drehrohrofens
verbrannt, wodurch ebenfalls wieder Energie zur Durchführung der Reduktion in einem
Sektor gewonnen wird. Diese Vorgänge sind von dem eingangs unter Punkt 2 genannten
Verfahren her bekannt, bei dem ebenfalls die bei der Reduktion entstehenden kohlenoxydhaltigen
Gase durch Verbrennung die Energie zur Durchführung der Reduktion in weiteren Reduktionsabschnitten
bzw. zur Aufheizung des Ofeneintraggutes liefern; bei letzterem Verfahren wird jedoch
im Gegensatz zu dem Verfahren nach vorliegender Erfindung die Reduktion des Drehofengutes
durch eine Beheizung mit Brennstoff durchgeführt.
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Das erfindungsgemäße Verfahren setzt eine weitgehende Reduktion im
Drehrohrofen voraus, da der Einschmelzvorgang in dem beschriebenen Koksbettwirbelofen
in sehr kurzer Zeit vor sich geht, innerhalb derer eine bei ungenügender Vorreduktion
notwendige Restreduktion nicht mehr in gewünscht hohem Grade stattfinden würde.
Aus diesem Grunde ist es zweckmäßig, das Gemisch von Erz und Kohle in möglichst
feinkörnigem Zustand vorliegen zu haben, da dann die Reduktion gut vonstatten geht.
Daher eignen sich für dieses Verfahren alle Eisenerze in feinkörniger Form, insbesondere
Eisenerze, die von Natur aus in feinkörniger Struktur anfallen und in dieser Form
für den Hochofenprozeß nicht geeignet sind. Weiterhin eignen sich hierfür eisenoxydhaltige
Abfallstoffe aus den verschiedensten Industriezweigen, die zumeist in äußerst feiner
Verteilung anfallen und deshalb erst nach kostspieliger Vorbehandlung für den Einsatz
im Hochofen geeignet sind. Beispiele für solche eisenoxydhaltigen Abfallstoffe sind
die Pyritabbrände, der unlösliche Rückstand der Tonerdefabrikation nach dem Bayerverfahren
(Rotschlamm), die bei der Reduktion von Nitrobenzol zu Anilin mittels Eisen anfallenden
Schlämme und die bei der Aufarbeitung des als Nebenprodukt der Titanweißfabrikation
anfallenden Eisensulfats gewonnen Rötsprodukte. Ein besonderer Vorteil des Verfahrens
ist, daß der hohe Wassergehalt mancher dieser Rückstände insofern nicht stört, da
die mit der erforderlichen Menge an Feinkohle gemischten Schlämme direkt dem Drehrohrofeneinlauf
zugeführt werden können, so daß die Abgaswärme des Reduktionsofens weitgehend ausgenutzt
wird. Hierdurch ergibt sich eine außerordentliche gute Wärmeausnutzung, zumal ein
gesonderter Trockner zum Trocknen dieser Schlämme nicht benötigt wird.
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Die Zugabe des für den Einschmelzprozeß erforderlichen Kokses geschieht
zweckmäßigerweise am Reduktionsofeneintrag zusammen mit dem Aufgabegut. Dadurch
wird der Koks auf dieselbe Temperatur vorgeheizt wie dar in den Einschmelzofen fallende
Eisensinter. Durch diese Maßnahme wird der Einschmeizvorgang zusätzlich beschleunigt
und der spezifische Koksverbrauch so niedrig wie möglich gehalten.
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Das Überraschende und Neue bei dieser Arbeitsweise gegenüber anderen
Verfahren ist, daß auf Grund der Tatsache, daß die den Einschmelzofen verlassenden
Gase fast frei von Kohlenoxyd und anderen Reduktionsgasen sind, einerseits der spezifische
Koksverbrauch niedrig ist und andererseits selbst bei Einsatz von Kaltluft ohne
Sauerstoffanreicherung eine solche Temperatur erreicht wird, bei der auch vorreduzierte
Sinter aus ballastreichen und minderwertigen Eisenerzen und eisenoxydhaltigen Abfallstoffen,
wie z. B. aus Rotschlamm, eingeschmolzen und schmelzflüssig getrennt werden können.
Bekanntlich ist gerade der Rotschlamm wegen seines hohen Gehaltes an Ballaststoffen
und deren hoher Schmelztemperatur von 1300 bis l400° C bisher großtechnisch
nicht verhüttet worden. Darüber hinaus ist aber auch die Eisengewinnung aus ballastarmen
Eisenerzen auf dem beschriebenen Wege ein beachtlicher technischer Fortschritt,
weil - abgesehen von dem möglichen Einsatz billiger Reduktionskohle an Stelle von
Koks (Hochofen) oder an Stelle von Reduktionsgasen und abgesehen von dem möglichen
Einsatz von Feinerzen, die im Hochofen erst nach Vorbehandlung verarbeitet werden
können - eine Vorheizung der Verbrennungsluft und/
oder eine Anreicherung
von Sauerstoff nicht zu erfolgen braucht und die Abga$e aus dem Reduktionsofen praktisch
frei von Kohlenoxyd und Wasserstoff anfallen, so daß eine gute Wärmewirtschaft gewährleistet
ist. Hierin liegt auch der Unterschied zu dem in der deutschen Auslegeschrift
1086256
beschriebenen Verfahren, bei dem ein mit Reduktionsgasen vorreduziertes
Eisenerz ebenfalls über einem glühenden Koksbett eingeschmolzen wird. Bei diesem
Verfahren wird jedoch das vorreduzierte Eisenerz zusammen mit Brennstoff oder Brenngasen
und vorgeheizter, mit Sauerstoff angereicherter Luft oberhalb des Koksbettes eingeblasen
und dadurch geschmolzen, wobei die Abgase dieses Schmelzofens sehr große Mengen
an Kohlenoxyd und Wasserstoff enthalten. Das erhitzte Koksbett dient hierbei nur
dazu, die Aufkohlung des Eisens zu bewirken. Bei dem Verfahren nach der deutschen
Auslegeschrift 1. 086 256 muß die Verbrennungsluft auf 800° C erhitzt und zusätzlich
mit Sauerstoff angereichert werden, obwohl hochwertige Erze eingesetzt werden (auf
1000 kg Roheisen 150 kg Schlacke); während bei dem vorliegenden Verfahren selbst
bei der Verhüttung von Rotschlamm, bei dem auf 1000 kg Roheisen 1700 kg Schlacke
anfallen, weder eine Vorheizung der Luft noch eine Anreicherung mit Sauerstoff erforderlich
ist.
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Die praktische Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist aus
der Zeichnung ersichtlich. Der Drehrohrofen 1 in üblicher Bauart wird durch
eine Aufgabeschurre 2 mit dem Gemisch aus Feinerz bzw. eisenoxydhaltigen Abfallstoffen,
Feinkohle und gegebenenfalls Zuschlagstoffen entweder in Staubform oder in Schlammform
oder in agglomerierter Form mit Korngrößen bis zu 20 mm, vorzugsweise bis zu 10
mm, beschickt. Gleichzeitig wird die erforderliche Menge an grobstückigem Koks aufgegeben.
In den hinteren Ofenabschnitten 3 findet die Verdampfung des anhaftenden Wassers
statt. In dem Ofenabschnitt 4 werden die flüchtigen brennbaren Bestandteile der
Kohle ausgetrieben und durch entsprechende Ofenführung an Ort und Stelle verbrannt,
wobei die in ihnen enthaltene Energie dem Prozeß nutzbar gemacht wird. Damit diese
brennbaren Bestandteile verbrennen, müssen die Ofengase an dieser Stelle des Ofens
noch einen entsprechenden Sauerstoffgehalt enthalten, oder es muß mittels eines
am Ofen angebrachten Ventilators 5 an dieser Stelle zusätzlich Luft eingeblasen
werden. In der Zone 6 findet die Reduktion des Fe2O3 zu Fe statt, wobei neben CO
z auch CO entweicht. Dieses Kohlenoxyd wird ebenso wie die in Zone 4 entsprechenden
gasförmigen Bestandteile der Kohle an Ort und Stelle verbrannt, wobei der hierzu
benötigte Sauerstoff in Form von Luft entweder durch eine Düse 7 oder aber durch
einen oder mehrere am Ofen angebrachte Ventilatoren 8 ins Innere des Ofens geblasen
wird. Das weitgehend reduzierte Ofengut und der aufgeheizte Koks fallen aus dem
Drehrohrofen in die nachgeschaltete Kammer 9, die mit entsprechendem feuerfestem
Mauerwerk 10 ausgekleidet ist. Diese Kammer besitzt etwa in halber Höhe mehrere
Lufteinblasdüsen 11, durch die von einer Ringleitung 12 Kalt- oder Heißluft in den
Ofen geblasen wird. Im Unterteil der Kammer 9 befindet sich eine Schicht flüssigen
Eisens 13, darüber eine Schicht flüssiger Schlacke 14, die durch die entsprechenden
Öffnungen 15 bzw. 16 nach Bedarf abgelassen werden können. Auf der Schlacke schwimmt
das Koksbett 1.7, Glas von der durch 12 und 11 eingeblasenen Luft in glühendem Zustand
und bei einer Temperatur von 1300° C gehalten wird. Uber dieser Koksschüttung 17
bildet sich das Wirbelbett J.$ aus, das von dem aus dem Reduktiqnsofen fallenden
kleinstückigen Eisensintergut gebildet und von den die Koksschüttung verlassenden
heißen Abgasen in wirbelnder Bewegung gehalten wird. Infolge der hohen Temperatur
der die Koksschüttung 17 verlassenden Abgase sowie durch die Strahlung der Koksschicht
und die zum Teil direkte Berührung der wirbelnden Eisensinterkügelchen finit der
Oberseite der glühenden Koksschicht findet ein schnelles Einschmelzen statt, wobei
die gebildeten Schmelzkügelchen durch die Koksschüttung hindurchrieseln und sich
mit dem flüssigen Bad im Unterteil des Ofens vereinigen, wobei die Trennung in flüssiges
Eisen und flüssige Schlacke erfolgt. Die die Wirbelschicht 18 verlassenden Abgase
mit einer Temperatur von 1100 bis 1300° C gelangen unmittelbar in den Drehrohrofen
und dienen zur Beheizung des Reduktionsofens.
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Das bei dem Prozeß anfallende Eisen hat einen Kohlenstoffgehalt, je
nach der Fahrweise, von 1 bis 4% und kann auf übliche Weise von seinem Gehalt an
Schwefel befreit werden.