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Verfahren zur Umsetzung der in Atomkernreaktoren frei werdenden Wärme
in mechanische Energie Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Umsetzung der in
Atomreaktoren frei werdenden Wärme in mechanische Energie mit einem Reaktor, der
ausschließlich mit Dampf gekühlt wird, wobei außer dem als Dampferhitzer dienenden
Reaktor mindestens eine mit Dampf betriebene Entspannungsmaschine sowie Einrichtungen
zur Abkühlung des entspannten Dampfes vorgesehen sind.
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Es ist bekannt, daß man Kernreaktoren ausschließlich mit Wasserdampf
kühlen kann. Nach einem bisherigen Vorschlag soll der den Reaktor kühlende Dampf
in einem Rückverdichtungssystem Arbeit leisten. Da über die Anwendung von Rückverdichtungsverfahren
in großen Dampfkraftanlagen bisher keine Erfahrungen vorliegen, macht es sich die
Erfindung zur Aufgabe, den im Kernreaktor erhitzten Dampf unter ausschließlicher
Verwendung voll erprobter und bewährter Elemente des Kraftwerkbaues zur Erzeugung
von Energie zu verwenden. Dabei wird besonders darauf Rücksicht genommen, daß es
der derzeitige Stand der Technik noch nicht gestattet, wirtschaftliche Höchstdruckreaktoren
großer Leistung zu bauen, insbesondere wenn diese auch noch bei sehr hohen Temperaturen
arbeiten sollen.
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Es ist bekannt, Wasserdampf auf indirektem Wege dadurch zu erzeugen,
daß gesättigter Dampf in einem Dampferhitzer überhitzt wird und bei Einblasung in
einen Verdampfer unter Abkühlung auf die Sättigungstemperatur eine der abgegebenen
Überhitzungswärme entsprechende Menge Wasser verdampft, die dann mit dem erzeugenden
Umlaufdampf erhitzt und anschließend zur Krafterzeugung genutzt wird. Dieses als
Löfflerkessel bekannte und gut bewährte Verfahren hat trotz seiner hohen Betriebssicherheit
keine größere Ausbreitung gefunden, da die Umlaufleistung für den Dampf vor allem
bei mittleren Drücken einen größeren Teil der erzeugten Generatorleistung in Anspruch
nimmt, als es die Wirtschaftlichkeit gegenüber den Verfahren der direkten Dampferzeugung
gestattet. Es ist weiterhin bekannt, den im Kernreaktor erhitzten Dampf nur zum
Teil einer Dampfturbine zur Erzeugung von Nutzleistung zuzuführen, während der restliche
Dampf zur Zwischenüberhitzung des Dampfes zwischen den einzelnen Entspannungsabschnitten
der Kraftmaschine verwendet wird.
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Die Erfindung löst die eingangs genannte Aufgabe dadurch, daß der
im Reaktor erhitzte Dampf nur teilweise einer Dampfturbine zur Leistungserzeugung
zuströmt, während der restliche Dampf als Umlaufdampf in an sich bekannter Weise
einen Verdampfer entweder durch Einblasen oder über Heizflächen beheizt, wobei der
erzeugte Dampf dem Umlaufdampf beigemischt, mit diesem gemeinsam erhitzt und dem
Umlaufdampf in einer Umwälzeinrichtung die erforderliche Umwälzenergie aufgezwungen
wird. In Weiterbildung der Erfindung wird der Reaktor mit Dampf mittleren Druckes
gekühlt, und der umlaufende Teil dieses Mitteldruckdampfes erzeugt über Heizflächen
Dampf hohen Druckes, dessen Temperatur annähernd die Höchsttemperatur des Mitteldruckdampfes
erreicht, wobei der erzeugte Hochdruckdampf in einer oder mehreren Turbinen, die
der Mitteldruckturbine vorgeschaltet sind, weitere Nutzleistung und Umwälzenergie
erzeugt. Damit wird das Verfahren der indirekten Dampferzeugung in einer Weise weiterentwickelt,
die geeignet ist, die Entwicklung der Kernkraftwerke fast völlig an den Stand der
Entwicklung konventioneller Dampfkraftwerke heranzuführen bzw. diesen bei Erhöhung
der Dampftemperaturen auf über 600°C zu überholen. Damit wird gegenüber dem derzeitigen
Stand der Entwicklung der Kernkraftwerke eine der Voraussetzungen geschaffen, die
für die Herabsetzung der spezifischen Kraftwerkskosten und zur Erzeugung preiswürdigen
Atomstroms notwendig sind. Besonders ist zu beachten, daß nur die Verwendung von
Dampf als Arbeitsmittel die Verwendung großer Turbineneinheiten als vorzüglichstem
Mittel zur billigen Stromerzeugung gestattet. Ähnliches gilt für große Reaktoreinheiten.
Den Kernkraftwerken mit Gasturbinen, auf die sich heute große Hoffnungen richten,
wird die Erstellung großer Einheiten zumindest für die Turbinen kaum gelingen.
Bei
der Kühlung von Kernreaktoren mittels umlaufender Gase, z. B. Helium, Stickstoff,
Luft und Kohlendioxyd, beträgt der Aufwand für die Kühlmittelumwälzung 6 bis 25
%, der erzeugten elektrischen Leistung. Die niedrigen Werte gelten für sehr hohe
Gastemperaturen und sehr niedrige Druckverluste, von denen es nicht ganz sicher
ist, ob sie erreicht werden. Demgegenüber beträgt der Leistungsbedarf für die Umwälzung
von Kühldampf, selbst bei Anwendung mittlerer Dampfdrücke im Reaktor, nur 3 bis
8 % der insgesamt erzeugbaren Leistung, wobei die höheren Werte nur für Dampftemperaturen
unter 500° C gelten. Nur bei dem Verfahren der Einblasung des Umlaufdampfes in den
Verdampfer (Löfflersystem) wird die erzielbare Nutzleistung um die Umwälzleistung
gekürzt. Bei den Verfahren der indirekten Verdampfung über Heizflächen wird dagegen
die Umwälzleistung zusätzlich zur Nutzleistung erzeugt und braucht nicht als Verlust
gebucht zu werden. Auf alle Fälle ist hier der Erzeugungsverlust der Umwälzenergie,
mit Ausnahme geringer mechanischer und Strahlungsverluste, gleich Null.
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Es ist auch bekannt, daß von den bisher in Betracht gezogenen Kühlgasen
für Kernreaktoren nur das seltene und teure Helium gegen die Neutronenstrahlung
unempfindlich ist, indes bei Luft, Stickstoff und Kohlendioxyd sich ein Isotop des
Kohlenstoffs mit einer Halbwertzeit von mehr als 5500 Jahren bildet. Bei der Bestrahlung
von Wasserdampf entsteht lediglich ein Stickstoffisotop von wenigen Sekunden Halbwertzeit.
Gegenüber den vollkommenen Gasen ist darüber hinaus der verseuchte Dampf auch bei
Auftreten von Undichtigkeiten der Anlagen leichter zu beherrschen, da er auf relativ
einfache Weise durch Niederschlagen unschädlich zu machen ist. Auf die teuren und
großen Druckhüllen der gasgekühlten Reaktoren kann daher weitgehend verzichtet werden.
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In Abb. 1 ist das Verfahren in seiner einfachsten Form dargestellt,
wie es dem Löfflerkessel entspricht. Im Kernreaktor 1 wird Sattdampf erhitzt, der
zum größeren Teil in den Verdampfer 3 eingeblasen wird, wo er in bekannter Weise
Saftdampf erzeugt. Dieser wird dann mit dem Umlaufdampf gemeinsam von dem Verdichter
5 in den Reaktor 1 gefördert, nach gemeinsamer Erhitzung der Turbine 8 zur Erzeugung
der Nutzleistung zugeführt und im Kondensator 9 niedergeschlagen. Das Kondensat
wird von der Speisepumpe 10 über die Reinigungsanlage 11 und die Regenerativvorwärmung
12 wieder in den Verdampfer 3 gefördert. Der Wasserinhalt des Verdampfers kann bei
dieser Anlage von einer Umwälzpumpe 13 durch eine weitere Reinigungsanlage 14 gefördert
werden, um einen großen Teil der aus dem Reaktor mit dem Umwälzdampf ausgetragenen
radioaktiven Verseuchung unschädlich zu machen. Der Motor 6 oder eine besondere
Dampfturbine treibt den Verdichter 5.
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In Abb. 2 ist das Verfahren der indirekten Dampferzeugung dargestellt,
bei dem der Umwälzdampf den Verdampfer über Heizflächen beheizt und Sattdampf von
etwas höherem Druck erzeugt, wobei der Druck im Verdampfer so hoch gewählt wird,
daß die Druckdifferenz zwischen dem Verdampfer und dem Reaktor die Erzeugung der
Umwälzleistung gestattet. Für den im Verdampfer erzeugten Dampf braucht keine Umwälzleistung
erzeugt zu werden. Da eine Erhöhung des Druckes im Verdampfer mit ungleich geringerem
Aufwand durchgeführt werden kann als im Reaktor, ist dieses Verfahren sehr geeignet,
die für die Reaktorkühlung erforderliche Umwälzleistung ohne großen Kapitalaufwand
und fast ohne jeden Wärmeverbrauch zu liefern. Die Bezeichnungen in der Abb.2 entsprechen
denen der Abb. 1. Der Verdampfer 3 ist hierbei mit Heizflächen ausgerüstet. Hinter
dem Verdampfer 3 geht der Umwälzdampf noch durch einen Vorwärmer 4. Dadurch wird
der Umwälzdampf stärker gekühlt und seine Menge entsprechend vermindert. Der erzeugte
Sattdampf wird in der Vorschaltturbine 6 auf den Reaktordruck entspannt und erzeugt
die Umwälzleistung, wobei nur noch der Umwälzdampf selbst durch den Verdichter 5
strömt. Im übrigen entspricht die Abb. 2 der Abb. 1.
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In Abb. 3 ist ein Verfahren dargestellt, das zunächst das Druckgefälle
zwischen Verdampfer und Reaktor so weit erweitert, daß im Verdampfer hohe bis höchste
Drücke entstehen. Der im Verdampfer erzeugte Hochdruckdampf wird durch den Umlaufdampf
so weit überhitzt, daß er annähernd die Temperatur des erzeugenden Mitteldruckdampfes
erreicht. Das ist deswegen mit erträglichen Temperaturdifferenzen möglich, weil
die Menge des erzeugenden Dampfes grundsätzlich größer ist als die des erzeugten
Dampfes.
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In Abb. 4 ist im Entalphie-Temperaturdiagramm, bei dem auf der Abszissenachse
die Entalphie i, auf der Ordinatenachse die Temperatur t aufgetragen ist, der Verlauf
der Temperaturdifferenz zwischen Hoch-und Mitteldruckdampf dargestellt. Für den
Hochdruck ist hier bereits ein überkritischer Dampfzustand aufgezeichnet (Linie
I). Die Linie 1I zeigt den Temperaturverlauf des erzeugenden Mitteldruckdampfes,
bezogen auf seinen Wärmeinhalt. In der Linie III ist dann die Entalphie des Mitteldruckdampfes
um einen Faktor a vergrößert, der das Gewichtsverhältnis des erzeugenden zum erzeugten
Dampf angibt. Anfangs- und Endtemperaturen der Linien 1I und III entsprechen einander,
so daß man die zugehörigen Temperaturdifferenzen unmittelbar ablesen kann.
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In Abb. 3 ist nun der Verdampfer 3 ein Hochdruckverdampfer mit zugehörigem
Vorwärmer 4 und dem dampfbeheizten überhitzer 2. An Stelle dieser drei Apparate
kann natürlich auch ein dampfbeheizter Zwangdurchlauferhitzer treten. In der Abb.
3 treibt der erzeugte Hochdruckdampf zunächst beispielsweise eine Turbine 6 an,
die den Verdichter 5 antreibt, der die Umwälzung des erzeugenden Dampfes bewirkt.
Anschließend wird der Hochdruckdampf in der Hochdruckturbine 7 auf den Reaktordruck
entspannt und hinter dem Verdichter 5 dem Umwälzdampf beigemischt, um mit diesem
gemeinsam im Reaktor auf die Höchsttemperatur erhitzt und dann in der Turbine 8
weiter ausgenutzt zu werden. Der weitere Prozeßverlauf entspricht dem der Abb. 1
und 2.
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Das Verfahren nach Abb.3 und 4 ist ein vollwertiges Dampfkraftverfahren
mit hohem Druck und einfacher Zwischenüberhitzung, das dem Verfahren eines mit gleichen
Druck- und Temperaturgrenzen arbeitenden brennstoffgefeuerten Dampfkraftwerks nur
um den Nutzleistungsverlust für die Umwälzenergie nachsteht, aber dafür weder einen
Kesselwirkungsgrad kennt, noch Nutzleistung für den
Eigenbedarf
der Feuerung abgeben muß. Wenn allerdings die Dampftemperaturen überschritten werden,
für deren Erzeugung die außerordentlich kostspieligen austenitischen Werkstoffe
eingesetzt werden müssen, so erweist sich der Reaktorprozeß als überlegen. Der Einsatz
austenitischer Werkstoffe ist beim Reaktor selbst auf die nur mit geringem Druck
beanspruchte 5paltstoffumhüllung beschränkt, wenn diese nicht noch entfällt, sowie
auf das Gehäuse und die Leitungen. Diese können aber unter Verwendung von Innenisolation
eventuell in ferritischem Material .erstellt werden. Im Hochdrucküberhitzer wird
selbstverständlich austenitisches Material benötigt, zumindest für die Heizflächen.
Da aber dieser Überhitzer mit Dampf von bereits beträchtlichem Druck beheizt wird
und nicht mit Rauchgas atmosphärischen Druckes, ist der Wärmeübergang um ein Vielfaches
besser als beim brennstoffbefeuerten überhitzer. Trotz geringerer Temperaturdifferenz
wird der Wärmedurchgang so erheblich verbessert, daß der Bedarf an austenitischem
Heizflächenmaterial auf etwa 15 bis 25 1/a des bei brennstoffgefeuerten Kraftwerken
erforderlichen Gewichts absinkt. Dadurch wird das Kernkraftwerk dem brennstoffgefeuerten
durch die wirtschaftlich mögliche Anwendung höchster Dampftemperaturen von mehr
als 600° C eindeutig im Wärmeverbrauch überlegen.
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Dieses Kernkraftwerk mit Hochdruck und Höchsttemperatur des Frischdampfes
und der Zwischenüberüberhitzung läßt bei Verwendung erprobter und bewährter Kraftwerksbauteile
und bei Anwendung eines Höchstdruckes von 300 ata mit 480° C Frischdampftemperatur
und 500° C Zwischenüberhitzungstemperatur eine gute Ausnutzung der Reaktorwärme
erwarten. Bei einer Dampftemperatur von 680/700° C ist ein noch höherer Wirkungsgrad
mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten.
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Der Druck des Reaktorkühldampfes kann dabei sowohl den Erfordernissen
des Reaktors wie auch des Dampfprozesses weitgehend angeglichen werden. Dadurch
wird der Bau und der Betrieb von Kernkraftwerken erleichtert und verbilligt.