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Schaltung mit Gyratoreigenschaften Die Erfindung betrifft eine Schaltung,
welche zwischen zwei oder mehr Klemmenpaaren die elektrischen Eigenschaften eines
passiven Systems besitzt, bei dem der Kirchhoffsche Umkehrungssatz nicht gilt.
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Für elektrische Netzwerke, die aus den klassischen passiven linearen
Schaltelementen bestehen, gilt der Kirchhoffsche Umkehrungssatz. Dieser besagt,
daß bei einem Vierpol, welchem die aus Fig. 1 ersichtliche, der sogenannten symmetrischen
Vorzeichenregel entsprechende Richtung der Zählpfeile für die Ströme und Spannungen
an den Klemmenpaaren 1-1' und 2-2' zugrunde gelegt ist, die von einem dem Klemmenpaar
1-1' zugeführten Strom Il am unbeschaltetem Klemmenpaar 2-2' hervorgerufene Spannung
U2 ebenso groß ist wie die von einem gleich großen, dem Klemmenpaar 2-2' zugeleiteten
Strom 12 am leer laufenden Klemmenpaar 1-1' hervorgerufene Spannung U1. In dem für
die Matrix der Leerlaufwiderstände eines Vierpols
maßgebenden Gleichungssystem U, Z1 i Il + Z12 -,2 =Z2111 + Z22.12 in welchem
Z11 der primäre (linksseitige) Leerlaufwiderstand, Z12 der gegenseitige Leerlaufwiderstand
bei primärem Leerlauf, Z21 der gegenseitige Leerlaufwiderstand bei sekundärem Leerlauf,
Z2 2 der sekundäre (rechtsseitige) Leerlaufwiderstand ist, treten somit auf Grund
des im vorhergehenden Satz Dargelegten Vierpole, die dem Kirchhoffschen Umkehrungssatz
gehorchen, als Netzwerke in Erscheinung, die der Gleichung Z12 Z21
genügen.
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Bekanntlich sind passive Vierpole möglich, in denen der Umkehrungssatz
nicht gilt. Als Beispiele seien passive Vierpole angeführt, die nur in einer Richtung
übertragen (Z12=0, Z21=0), oder solche, die in einer Richtung gegenüber der anderen
die Phase um 180° drehen (Z12= -Z21). Ein verlustfreier Vierpol mit den Vierpolgleichungen
Il=SU2, 12=-SU1 wird als idealer Gyrator bezeichnet, wobei S eine Proportionalitätskonstante
ist. Passive Schaltungen, in denen der Umkehrungssatz nicht gilt, haben Gyratoreigenschaften.
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Es ist bekannt, daß elektrische Vierpole mit Gyratoreigenschaften
mit Hilfe von einem elektrischen und einem magnetischen elektroakustischen Wandler
realisiert werden können. Solche Vierpole sind aber sehr unvollkommene Gyratoren
und sind nur in einem kleinen Frequenzbereich brauchbar.
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Ferner sind Gyratoren im Mikrowellengebiet bekanntgeworden, deren
Prinzipien sich aber nicht auf tiefere Frequenzen anwenden lassen.
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Weiter ist bekannt, daß man mit Hilfe von aktiven Systemen, und zwar
in Form von Zweidrahtverstärkern, Vierpole mit Gyratoreigenschaften herstellen kann.
Infolge der hier bestehenden Rückkopplung kann es aber am Rande des Nutzfrequenzbereiches
durch unvermeidliche Phasendrehungen leicht zur Selbsterregung kommen, insbesondere
dann, wenn ein solcher Vierpol mit verschiedenen Abschlußwiderständen betrieben
werden soll. Wegen der Gefahr der Instabilität und des erheblichen Aufwandes zu
ihrer Beherrschung sowie wegen der Verwendung verstärkender Elemente ist die Anwendbarkeit
einer solchen Schaltung wirtschaftlich sehr eingeschränkt.
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Schließlich sind Halbleiter bekanntgeworden, die auf Grund des Halleffektes
die Realisierung von Gyratoren erwarten lassen, doch ist auf absehbare Zeit mit
hohen Herstellungskosten zu rechnen.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Schaltung mit Gyratoreigenschaften
anzugeben, die frei von Instabilitäten ist und die sich aus bekannten
Schaltelementen
mit geringem Aufwand verwirklichen läßt. Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch
die Anwendung eines Phasenschiebers gelöst, bei welchem ein Frequenzumsetzer, ein
Vierpol mit frequenzabhängigen Schaltelementen sowie ein weiterer Frequenzumsetzer
unter Bildung einer Kettenschaltung aufeinanderfolgen und bei welchem in der Frequenz
übereinstimmende, in der Phase jedoch unterschiedliche Trägerschwingungen den Frequenzumsetzern
zugeführt werden, die in beiden übertragungsrichtungen der Kettenschaltung wirksam
sind.
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Phasenschieber der vorangehend umrissenen Art gehören bereits dem
Stande der Technik an. Es findet sich jedoch bisher im Schrifttum kein Hinweis,
daß mit solchen Phasenschiebern Gyratoren realisierbar sind, wenn die Frequenzumsetzer
in beiden übertragungsrichtungen wirksam sind.
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Die Unsymmetrie der Widerstandsmatrix kann durch die Wahl der relativen
Phasen der Trägerschwingungen zueinander und durch die Wahl der Vierpole zwischen
den Frequenzumsetzern beeinfiußt werden. Die Frequenzumsetzer können nichtlineare
Widerstände oder Kombinationen von ihnen, z. B. in Form von aus Trockengleichrichtern
bestehenden Ring- oder Sternmodulatoren sein oder irgendwelche nichtlinearen Schaltelemente
enthalten. Als Vierpole mit frequenzabhängigen Schaltelementen können Induktivitäten,
Kapazitäten und Leitungen oder Schaltungen, die Reaktanzen oder Leitungen enthalten,
benutzt werden. Die Vierpole können auch als Filter ausgebildet sein.
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Enthält die erfindungsgemäße Schaltung nur »tote« Schaltelemente,
also nur solche, die nicht verstärken, so ist die Schaltung bei allen Abschlüssen
mit beliebigen passiven Zweipolen stabil. Man kann jedoch auch verstärkende Schaltelemente
zur Entdämpfung verwenden. In vielen Anwendungsfällen können die Trägerschwingungen
bereits vorhandenen Generatoren entnommen werden.
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In Fig.2 ist eine beispielsweise Ausführung der erfindungsgemäßen
Schaltung dargestellt. Die Schaltung von Fig. 2 stellt einen elektrischen Vierpol
mit den Klemmenspannungen und -strömen U1, 11, U2, 12
dar. Das eine Klemmenpaar
1 ist mit dem Frequenzumsetzer 10, das andere Klemmenpaar 2 mit dem
Frequenzumsetzer 20 verbunden. In den beiden Systemen 10 und 20 werden
die beiden Klemmenspannungen je einer Trägerschwingung aufmoduliert. Die beiden
Trägerschwingungen werden von einem gemeinsamen Trägergenerator 3 erzeugt und mittels
des phasendrehenden Netzwerkes 4 gegeneinander in ihrer Phase verschoben. Die trägerfrequenten
Ausgänge 6 und 7 der beiden Frequenzumsetzer sind miteinander durch den Vierpol
5 verbunden.
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Zur Erläuterung der Wirkungsweise sei als Beispiel angenommen, daß
die Frequenzumsetzer 10 und 20
durch Ringmodulatoren verwirklicht sind,
und daß die dem Frequenzumsetzer 20 zugeführte Trägerschwingung U, 2 der
dem Umsetzer 10 zugeführten Trägerschwingung Ull um 90° voreilt. Zwischen der trägerfrequenten
Spannung U" und dem trägerfrequenten Strom l0 am Ausgang 6 des Umsetzers 10 einerseits
und der Klemmenspannung U1 und dem Klemmenstrom Il andererseits besteht über den
Umsetzer 10 eine Wechselwirkung, die bei kleinen Signalen und großer Trägerschwingung
durch lineare Vierpolgleichungen nach Art eines gewöhnlichen passiven Vierpols beschrieben-
werden kann. Jedoch besteht diese Wechselwirkung nur für diejenigen Komponenten
der trägerfrequenten Signale, die mit der zugeführten Trägerschwingung in Phase
sind, während um 90° gegenüber der zugeführten Trägerschwingung Ut i phasenverschobene
trägerfrequente Spannungen und Ströme im Punkt 6 auf Klemmenspannung U1 und Klemmenstrom
Il praktisch keinen Einfluß haben. Ebenso erzeugt eine Klemmenspannung U1 oder ein
Klemmenstrom Il auf der Trägerfrequenzseite 6 des Modulators 10 nur eine Urspannung
oder einen Urstrom, der mit der zugeführten Trägerschwingung in Phase ist. Gleiches
gilt für den Modulator 20 und für die niederfrequenten Signale U2, 1., am zweiten
Klemmenpaar und die trägerfrequenten Signale im Punkt 7 (vgl. G. K r a u s : »Ein
Umkehrungssatz in nichtlinearen Wechselstromschaltungen«, Österr. Ingenieur-Archiv,
Bd. 5, Heft 1, S. 48 bis 73 [1951]).
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Nimmt man nun weiter an, daß der Vierpol nur einen Querzweig umfaßt,
der durch 5 z. B. eine niederohmige Drossel gebildet ist, so können die trägerfrequente
Spannung Ud an der Drossel und der durch sie fließende Strom 1,1 in je zwei
um 90° phasenverschobene Komponenten zerlegt werden, deren Phasen mit denen der
beiden zugeführten Trägerschwingungen übereinstimmen. über den Modulator
10 hinaus wirken jeweils nur die mit dem zugehörigen Träger phasengleichen
Komponenten und über den Modulator 20 hinaus nur die beiden anderen Komponenten.
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Schickt man nun in das Klemmenpaar 1 einen Gleichstrom Il hinein,
so tritt am Ausgang 6 des Umsetzers 10 ein trägerfrequenter Urstrom
1" i auf, dessen Phasenlage sich mit jener der ersten Trägerschwingung U, i deckt.
Der Strom I0 i bewirkt an der Drossel eine um praktisch 90° voreilende Spannung
Ud 2. Fig. 3 zeigt das entsprechende Zeigerdiagramm. Die Spannung Ud
2 ist am Modulator 20 wegen der Phasenübereinstimmung mit dem zweiten Träger
voll wirksam und erzeugt am zweiten Klemmenpaar eine bestimmte positive Spannung
U2. Schickt man andererseits am zweiten Klemmenpaar 2 einen Gleichstrom 12 hinein,
so erzeugt der Modulator 20 einen trägerfrequenten Urstrom I"" der gemäß Fig. 3
in der Phase mit dem zweiten Träger Ut 2 übereinstimmt. Der Strom 10 2 ruft
an der Induktivität eine etwa 90° voreilende Spannung Ud i hervor, die aber jetzt
mit der ersten Trägerschwingung Utl in Gegenphase ist. Die Spannung Ud i ist wohl
am Modulator 10 voll wirksam, erzeugt aber wegen der Gegenphase eine negative Klemmenspannung
U1.
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Für den Vierpol zwischen den beiden Klemmenpaaren 1, 2 gilt also Zl2=-Z21,
die Schaltung wirkt als Gyrator, der mit gewissen Verlusten behaftet ist.
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Um die Verluste klein zu halten, ist es zweckmäßig, Modulatoren mit
gutem Wirkungsgrad zu benutzen und als Vierpol mit frequenzabhängigen Schaltelementen
einen angepaßten Reaktanzvierpol zu verwenden. Der Vierpol kann als Hochpaß oder
Bandpaß für den Trägerfrequenzbereich ausgebildet bzw. für konstante Phasendrehung
im Trägerfrequenzbereich entworfen sein.
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Durch die Wahl einer anderen Phasendifferenz zwischen den beiden zugeführten
Trägerschwingungen als 90° und eines entsprechenden Vierpols 5 lassen sich beliebige
Verhältnisse Z. /Z", herstellen. Beispielsweise wird bei einer Phasendifferenz von
45° und einer Phasendrehung durch das System 5
um ebenfalls 45°
17bertragung in nur einer Richtung erreicht (Z12=0, Z21=0). Um die Phasendrehungen
in den Netzwerken i und 5 von Belastungsänderungen unabhängig zu machen, empfiehlt
es sich, diese Netzwerke als angepaßte Vierpole mit reellem Wellenwiderstand auszubilden.
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Um die Unsymmetrie der Widerstandsmatrix verändern oder genau einstellen
zu können, empfiehlt es sich, die phasendrehenden Systeme bzw. die relativen Phasen
der den Modulatoren zugeführten Trägerschwingungen veränderbar oder justierbar zu
machen.
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Eine andere Ausführung zeigt die Fig. 4 als Beispiel für die Realisierung
eines erfindungsgemäßen Sechspoles mit Gyratoreigenschaften, also mit unsymmetrischer
Widerstandsmatrix. Die drei Klemmenpaare mit den niederfrequenten Spannungen U1,
U2, U3 und Strömen Il, 12, 1j sind mit je einem Frequenzumsetzer 8, 9 bzw. 14 verbunden,
in denen die Eingangssignale drei Trägerschwingungen mit verschiedenen Phasen aufmoduliert
werden. Die Trägerschwingungen werden im Generator 11 erzeugt und im Netzwerk 12
verschieden stark in ihrer Phase gedreht. Die trägerfrequenten Ausgänge der Frequenzumsetzer
8, 9 und 14 sind über den frequenzabhängige Schaltelemente enthaltenden Sechspol
13
miteinander verbunden, der die Funktionen des Vierpols 5 der Anordnung
nach Fig. 2 übernimmt. Durch Wahl eines entsprechenden Sechspols 13 und entsprechende
Phasendifferenzen der Trägerschwingungen läßt sich die Widerstandsmatrix des durch
die Klemmenpaare gebildeten Sechspols in beliebiger Weise unsymmetrisch machen.