-
Verfahren zur Gewinnung von reinem Acrylsäurenitril durch Reinigen
von rohem Acrylsäurenitril Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Gewinnung
von reinem Acrylsäurenitril, das 5 oder weniger Teile Cyanwasserstoff je 1000000
Teile Acrylsäurenitril enthält, durch Reinigung von rohem Acrylsäurenitril, das
Acetaldehyd, Cyanwasserstoff, Milchsäurenitril und andere höher als Acrylsäurenitril
siedende Verunreinigungen enthält, durch Destillation des Rohnitrils in zwei Kolonnen
und getrenntes Abziehen der Verunreinigungen und des gereinigten Acrylsäurenitrils.
-
Acrylsäurenitril ist besonders wichtig zur Herstellung von Kunststoffen
und synthetischen Fasern. Für viele Anwendungszwecke, besonders wenn es für Polymerisationen
verwendet wird, ist es von großer Bedeutung, daß das Acrylsäurenitril den höchsten
Grad von chemischer Reinheit besitzt. Bei der bevorzugten Herstellungsweise des
Nitrils, nämlich beim Umsetzen von Acetylen mit Cyanwasserstoff in Gegenwart von
Kupfersalzen, enthält das Rohnitril viele Arten von Verunreinigungen. Die Reinigung
des Rohnitrils, vor allem die Entfernung des Acetaldehyds und Cyanwasserstoffs ist,
besonders wenn diese beiden Verbindungen zusammen als Verunreinigungen vorkommen,
sehr schwierig.
-
Nach den üblichen Reinigungsverfahren kann das Acrylsäurenitril,
das sowohl Acetaldehyd als auch Cyanwasserstoff in der Größenordnung von ungefähr
2000 Gewichtsteilen je 1000000 Gewichtsteile enthält, ohne große Schwierigkeiten
erhalten werden.
-
Diese Verfahren sind jedoch nicht brauchbar, wenn es sich um die Herstellung
von Acrylsäurenitril von höchster Reinheit handelt, die für viele technische Zwecke
notwendig ist, z. B. um den Vorschriften zu entsprechen, welche 5 oder weniger Gewichtsteile
Cyanwasserstoff und 100 oder weniger Gewichtsteile Acetaldehyd je 1000 000 Gewichtsteile
Nitril fordern.
-
Die gewöhnliche Destillation versagt wegen der besonderen Art der
Verunreinigungen. Acetaldehyd und Cyanwasserstoff sind in dem Acrylsäurenitril sowohl
in der Form von freiem Aldehyd und Cyanwasserstoff als auch in gebundener Form als
Milchsäurenitril vorhanden. In der flüssigen Lösung besteht das Gleichgewicht: CH3CHOHCN=HCN
+ CH3CHO Bei den zur fraktionierten Destillation erforderlichen Temperaturen zerfällt
jedoch das Milchsäurenitril am Boden der Fraktionierkolonne teilweise in Acetaldehyd
und Cyanwasserstoff, und bestimmte Mengen dieser beiden Verbindungen werden beständig
am Kopf der Kolonne mit dem Acrylsäurenitril
entfernt. Es hat sich gezeigt, daß es
auch bei mehrfacher Destillation des gewonnenen Acrylsäurenitrils nicht gelingt,
alle Verunreinigungen zu entfernen.
-
Es sind schon verschiedene chemische Reinigungsverfahren beschrieben
worden, die jedoch sowohl hinsichtlich ihrer Durchführung als auch hinsichtlich
der Vorrichtung umständlich und kostspielig sind.
-
Aus der USA.-Patentschrift 2579 638 ist es bekannt, Vinylacetylen
aus Acrylsäurenitril zu entfernen. Das bekannte Verfahren ist nicht zur Entfernung
von Cyanwasserstoff aus dem Acrylsäurenitril geeignet. Aus der USA.-Patentschrift
2526 676 ist das Abstreifen des Acrylsäurenitrils mit Acetylen zur Entfernung von
Vinylacetylenen bekannt. Auch dieses Verfahren führt nicht zu einer ausreichenden
Herabsetzung des Cyanwasserstoffgehalts.
-
Nachdem man festgestellt hatte, daß es auch bei mehrfacher Destillation
des gewonnenen Acrylsäurenitrils nicht gelingt, alle Verunreinigungen zu entfernen
und daß stets mehr oder weniger beträchtliche Mengen Milchsäurenitril bzw. Acetaldehyd
und Blausäure zurückbleiben, die mit dem ersten im Gleichgewicht stehen, so daß
bei der Destillation die leichtflüchtigen
Spaltstücke Acetaldehyd
und Blausäure übergehen und im Destillat wieder das schwerer flüchtige Milchsäurenitril
zurückgebildet wird, ist ein Verfahren zur Reinigung von Acrylsäurenitril beschrieben
worden, nach welchem man dieses im Gegenstrom mit einer Waschflüssigkeit, besonders
mit Wasser, wäscht.
-
Eine solche Wasserwäsche des Nitrils erfordert eine besondere Arbeitsstufe
zur Trocknung des Nitrils.
-
Durch das Waschwasser werden auch wesentliche Mengen Acrylsäurenitril
zusammen mit dem Cyanwasserstoff ausgewaschen. Das Waschwasser muß daher einer besonderen
Behandlung unterworfen werden, um das in Wasser gelöste Acrylsäurenitril wiederzugewinnen.
-
Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, daß bei diesem Verfahren
große Mengen Wasser benötigt werden, die nicht wieder verwendet werden können, da
das cyanwasserstoffhaltige Wasser zur Entfernung der betreffenden Verunreinigungen
aus dem rohen Acrylsäurenitril nicht geeignet ist. Bei einer Kreislaufführung dieses
Waschwassers wird schnell ein Gleichgewichtszustand erreicht.
-
Die Schwierigkeiten und Nachteile der bekannten Waschmethode mit
Wasser zeigt die folgende Berechnung: Es sollen stündlich 5000 kg Acrylsäurenitril
hergestellt werden, wobei in üblicherWeise gearbeitet wird.
-
Das Acrylsäurenitril strömt durch eine besondere Kolonne und danach
durch eine zweite Kolonne, so daß trockenes Acrylsäurenitril mit einem Gehalt von
1000 Teilen Cyanwasserstoff je Million Teile Nitril erzielt wird, welches danach
zur Entfernung des Cyanwasserstoffs mit Wasser gewaschen werden muß.
-
Diese 5000kg trockenes Acrylsäurenitril werden im Gegenstrom mit
Wasser gewaschen. Es werden 51 Wasser benötigt, um den Cyanwasserstoff aus 1 kg
Acrylsäurenitril auszuwaschen. Auf diese Weise sind für 5000 kg Acrylsäurenitril
welche in den Wäscher eingeführt werden 25 000 1 frisches Wasser notwendig.
-
Aus dem unteren Teil des Wäschers werden etwa 25 0001 Wasser (abzüglich
desjenigen Teiles, welcher im Acrylsäurenitril gelöst ist) mit einem Gehalt von
wenigstens 7010 Acrylsäurenitril oder 1750 kg Acrylsäurenitril entfernt. Dies bedeutet,
daß ein Drittel der Acrylsäurenitrilmenge, die gewaschen wurde, im Waschwasser bleibt.
-
Bei einem wirtschaftlich und technisch brauchbaren Verfahren muß
dieses Acrylsäurenitril unbedingt zurückgewonnen werden. Im Hinblick auf den Umfang
dieses Kreislaufes müßte die Anlage 50 °/o größer als eine solche sein, welche erforderlich
wäre, um die erwünschte Menge hervorzubringen, wenn kein Kreislaufverfahren durchgeführt
wird.
-
Eine weitere Schwierigkeit in technischer Hinsicht besteht darin,
daß das gewaschene Acrylsäurenitril wasserfeucht ist; es muß also getrocknet werden,
wenn man ein technisch brauchbares Nitril erzielen will. Es ist daher eine zusätzliche
Trocknungseinrich tung erforderlich, wenn das Acrylsäurenitril durch Waschen mit
Wasser gereinigt wird.
-
Das Waschwasser enthält bedeutende Mengen an Cyanwasserstoff, welche
unbedingt zerstört werden müssen, bevor das Wasser entweder erneut verwendet oder
verworfen werden kann. Es stellt eine erhebliche technische Belastung dar, wenn
man zur Erzeugung
von 5000 kg Acrylsäurenitril je Stunde etwa 25 1 Waschwasser behandeln
muß.
-
Nach dem Verfahren der Erfindung wird demgegenüber unmittelbar reines
Acrylsäurenitril, also ein Nitril mit einem Gehalt von 5 oder weniger Teilen Cyanwasserstoff
je 1 000 000 Teile Acrylsäurenitril erhalten. Das Acrylsäurenitril ist trocken und
bedarf keiner weiteren Reinigung oder Aufarbeitung. Das Verfahren ist einfach und
wirtschaftlich durchzuführen.
-
Nach dem Verfahren der Erfindung führt man das Rohnitril in einen
Zwischenabschnitt einer Fraktionierkolonne ein, zieht die hochsiedenden Verunreinigungen,
einschließlich des Milchsäurenitrils, am Boden der Fraktionierkolonne ab, zieht
ferner einen Teil des flüssigen Zweigstroms, der aus Acrylsäurenitril besteht, an
einer Stelle im oberen Teil der Fraktionierkolonne ab und führt ihn in eine Abstreifkolonne
ein, in welcher der freie Acetaldehyd und der Cyanwasserstoff oben von der Flüssigkeit
abgestreift werden. Diese Acetaldehyd- und Cyanwasserstoffdämpfe führt man, gegebenenfalls
nach der Verflüssigung, in die Fraktionierkolonne zurück, während man das reine
Acrylsäurenitril am Boden der Abstreifkolonne als Flüssigkeit oder als Dampf abzieht.
-
Nach einer zweckmäßigen Ausführungsform wird in der Fraktionierkolonne
und vorzugsweise auch in der Abstreifkolonne ein unter Atmosphärendruck liegender
Druck aufrechterhalten.
-
Das Verfahren der Erfindung beruht darauf, daß bei der oben angegebenen
Gleichgewichtsreaktion die Geschwindigkeit der Wiedervereinigung von Acetaldehyd
und Cyanwasserstoff ziemlich niedrig ist. Der hohe Grad der erzielten Trennung ist
daher von der Herabsetzung der Durchgangszeit durch die Vorrichtung abhängig. Tatsächlich
werden zwei Verfahrensstufen angewendet, und in jeder Stufe wird der Acetaldehyd-
und Cyanwasserstoffgehalt vermindert. Da sowohl der Acetaldehyd als auch der Cyanwasserstoff
annähernd sechs- bis achtmal flüchtiger als Acrylsäurenitril sind, enthält in der
ersten Stufe der Dampf oberhalb eines Bodens in dem oberen Abschnitt der Kolonne
ungefähr sechs- bis achtmal mehr Acetaldehyd und Cyanwasserstoff als Verunreinigungen
als die Flüssigkeit auf dem Boden. Die Entfernung des Acrylsäurenitrils vom Boden
in der Form eines flüssigen Seitenstroms liefert daher ein Acrylsäurenitril, das
im Hinblick auf diese Verunreinigungen etwa sechs- bis achtmal reiner ist als das
Acrylsäurenitril, welches durch Entfernen des am Kopf der Kolonne übergehenden Dampfstromes
gewonnen wird, wie dies bei der bisherigen Destillation üblich ist. Auf diese Weise
wird der Cyanwasserstoffgehalt eines Rohnitrils, das 1000 Gewichtsteile Cyanwasserstoff
je 1 000 000 Gewichtsteile Nitril enthält, in diesem Teil der Kolonne auf ungefähr
200 Gewichtsteile Cyanwasserstoff je 1000 000 Gewichtsteile Nitril herabgesetzt.
-
In der zweiten Stufe wird der Strom von Acrylsäurenitril mit bereits
niedrigem Cyanid- und Acetaldehydgehalt wirksam von allen zurückbleibenden Verunreinigungen
durch Abstreifen befreit, da das Abstreifen so verläuft, daß die Spaltprodukte des
Milchsäurenitrils kontinuierlich entfernt werden, während kein flüssiges Acrylsäurenitril
mit freiem Acetaldehyd und Cyanwasserstoff so lange in Berührung gelassen wird,
daß eine Wiedervereinigung eintreten kann.
-
Das Verfahren der Erfindung wird an Hand der Zeichnung näher erläutert.
-
In der Zeichnung wird mit 1 eine Fraktionierkolonne bezeichnet, in
die ein Strom von rohem Acrylsäurenitril, das Acetaldehyd, Cyanwasserstoff, Milchsäurenitril
und andere höher als Acrylsäurenitril siedende Verunreinigungen enthält, über eine
Leitung 2 eingeführt wird. Die Wärmemenge wird der Kolonne durch die üblichen Mittel,
z. B. durch einen Umlauferhitzer 15, zugeführt. Es wird eine genügend hohe Temperatur
aufrechterhalten, um den Acetaldehyd und Cyanwasserstoff, der in dem zugeführten
Rohnitril vorhanden ist oder durch die Spaltung von Milchsäurenitril gebildet wird,
am Kopf der Kolonne über die Leitung 3 abzuführen. Das Milchsäurenitril und andere
höher als Acrylsäurenitril siedende Verunreinigungen werden über die Leitung 4 abgezogen.
-
Die am Kopf der Kolonne abgeführten Dämpfe werden in einem Kühler
5, der so ausgebildet ist, daß er nur eine geringe Verweilzeit zuläßt, verflüssigt
und über die Leitung 6 in die Kolonne zurückgeführt, um den notwendigen Rückfluß
zu erzeugen. Um eine Ansammlung des niedrigsiedenden Acetaldehyds und Cyanwasserstoffes
in dem oberen Teil der Kolonne zu verhindern, wird ein geringer Teilstrom der Flüssigkeit
aus dem Kühler 5 über die Leitung 7 abge nommen. Dieser Strom kann zur Gewinnung
von Acrylsäurenitril erneut behandelt werden.
-
Ein Strom von flüssigem Acrylsäurenitril wird aus einem im oberen
Abschnitt der Kolonne 1 sich befindenden Flüssigkeitstrog oder Boden 12 entfernt
und über die Leitung 8 in die Abstreifkolonne 9 von genügender Höhe geleitet, um
aus dem Acrylsäurenitril freien Acetaldehyd und Cyanwasserstoff unmittelbar abzustreifen.
Die Wärme wird dem Abstreifer 9 durch einen Umlauferhitzer 16 zugeführt.
-
Der Strom aus Acetaldehyd- und Cyanwasserstoffdampf wird am Kopf der
Kolonne 9 über die Leitung 10 abgenommen, in dem Kühler 11 verflüssigt und unmittelbar
in die Kolonne 1 in der Nähe des Bodens bzw. des Troges, wo das flüssige Acrylsäurenitril
abgenommen wird, zurückgeführt, um als Rückfluß für den unteren Teil der Kolonne
1 zu dienen. Man kann aber auch nur einen Teil des Acrylsäurenitrils aus dem Flüssigkeitstrog
abziehen, während der Rest der Flüssigkeit aus dem Trog nach unten in die Kolonne
1 läuft, um den notwendigen Rückfluß zu schaffen. Bei dieser Arbeitsweise ist der
Kühler 11 überflüssig, und die am Kopf der Abstreifkolonne 9 abgezogenen Acetaldehyd-
und Cyanwasserstoffdämpfe können unmittelbar in die Fraktionierkolonne 1 zurückgeführt
werden. Es wird dann reines Acrylsäurenitril am Boden der Kolonne 9 als Flüssigkeitsstrom,
z. B. über die Leitung 13, oder wahlweise in Form eines Dampfstromes über die Leitung
14 abgezogen.
-
Das Beispiel erläutert das Verfahren der Erfindung.
-
Beispiel Ein rohes Acrylsäurenitril, das aus 94 Gewichtsprozent Acrylsäurenitril,
0,5 Gewichtsprozent Acetaldehyd, 0,01 Gewichtsprozent Cyanwasserstoff, 2,5 Gewichtsprozent
Milchsäurenitril und 3 Gewichtsprozent hochsiedenden Bestandteilen besteht, wurde
in einer in der Zeichnung dargestellten Anlage destilliert. Das Rohnitril wird in
die Fraktionierkolonne mit ungefähr vierzehn Böden im mittleren Teil eingeführt,
die unter einem Druck von 140 mm Queck-
silber steht. Die Temperatur am unteren Ende
der Kolonne wird auf ungefähr 500 C gehalten, während die Temperatur am Kopf der
Kolonne auf ungefähr 300 C eingestellt wird. Ein Strom aus flüssigem Acrylsäurenitril
wird am sechsten Boden, von oben gezählt, der Kolonne abgezogen und in einer Hilfskolonne
von annähernd fünf theoretischen Böden abgestreift. Die Temperatur des Abstreifers
betrug ungefähr 30 bis 320 C. Das in der Abstreifkolonne gewonnene Acrylsäurenitril
besaß eine äußerst hohe Reinheit und enthielt nur 4 Gewichtsteile Cyanwasserstoff
auf 1000000 Gewichtsteile Nitril, also nur 0,0004 0/o Cyanwasserstoff und keinen
Acetaldehyd.
-
Die verwendete Fraktionierkolonne besteht aus zwei Abschnitten. Die
Wirkungsweise der Kolonne unterhalb der Abnahmestelle des flüssigen Seitenstromes
besteht darin, das Acrylsäurenitril von höhersiedenden Verunreinigungen zu trennen.
Der obere Abschnitt der Kolonne, also der Abschnitt oberhalb der Abnahmestelle des
flüssigen Seitenstromes, dient dazu, die Konzentration von Cyanwasserstoff und Acetaldehyd
in dem am Kopf der Kolonne übergehenden Dampf zu erhöhen. Während die Anzahl der
theoretischen Böden im unteren Abschnitt der Kolonne festliegt, kann die Anzahl
im oberen Abschnitt geändert werden, um eine hohe Wirksamkeit zu gewährleisten.
-
In dem angegebenen Beispiel erfolgt die Destillation als bevorzugte
Arbeitsweise unter verringertem Druck. Das Verfahren der Erfindung kann auch bei
Atmosphärendruck oder unter Überdruck durchgeführt werden.
-
Das Destillationsverfahren wird vorzugsweise kontinuierlich durchgeführt,
es kann jedoch auch ansatzweise gearbeitet werden.