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Verfahren zur Herstellung thermoplastischer Formmassen hoher Schlagzähigkeit
und guter Wärmeformbeständigkeit auf Methacrylatbasis Es ist bekannt, daß die Schlagzähigkeit
von Spritzgußmassen auf Methacrylatbasis durch das Einbringen der Festsubstanz von
Latizes des natürlichen oder künstlichen Kautschuks erheblich verbessert werden
kann.
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Dieses Vorgehen ist z. B. in den bekanntgemachten Unterlagen der belgischen
Patentanmeldungen 552 579 und 567 475 beschrieben. Während im zuerst genannten Falle
Methacrylsäuremethylester oder ein zum überwiegenden Anteil aus dieser Verbindung
bestehendes Monomerengemisch in Gegenwart eines aus Butadien und Styrol aufgebauten
Latex polymerisiert wird, geht man im anderen Falle so vor, daß ein als Latex vorliegendes
Butadien-Methacrylsäuremethylester-Mischpolymerisat verwendet wird. In beiden Fällen
ist die Anwendung von Latizes, die zum überwiegenden Teil aus Butadien aufgebaut
sind, unerläßlich. Dieses Erfordernis wird in beiden Patentanmeldungen als ein die
Erfindung kennzeichnendes Merkmal im Hauptanspruch angegeben. Nach der belgischen
Patentanmeldung 552 579 soll der Butadiengehalt 50 bis 9001, (Anspruch 2) und nach
der belgischen Patentanmeldung 567 475 der Butadiengehalt 70 bis 800/, (Anspruch
2) ausmachen. - Unter »Butadiengehalt« soll im folgenden der in den besprochenen
Mischpolymerisaten eingebauteButadienanteil verstanden werden.
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Es wurde nun gefunden, daß zum überwiegenden Teil aus Methacrylsäuremethylester
aufgebauten Formmassen (unter Formmassen werden solche Massen verstanden die nach
dem Preß-, Preß-Spritz-, Spritzguß-, Strangpreß-oder nach dem Walzverfahren verarbeitet
werden sollen) unter Erhaltung einer guten Wärmeformbeständigkeit eine ausgezeichnete
und von den bisher bekannten Produkten nicht erreichte Schlagzähigkeit verliehen
werden kann, wenn man im Widerspruch zu der bisher vertretenen fachmännischen Ansicht
Methacrylsäuremethylester bzw. ein zum überwiegenden Teil aus diesem Monomeren aufgebauten
Gemisch mehrerer polymerisierbarer Verbindungen in Gegenwart eines solchen Butadien-Styrol-
bzw. Butadien-Methacrylsäuremethylester-Latex-Gemisches polymerisiert, das zu weniger
als 500/o aus Butadien aufgebaut ist. Mit Vorteil verwendet man ein Emulsionspolymerisat,
das zu 25 bis 40 Gewichtsteilen aus Butadien und zum übrigen Teil aus Styrol oder
Methacrylsäuremethylester, gegebenenfalls aus untergeordneten Mengen weiterer, z.
B. auch vernetzend wirkender Monomerer, aufgebaut ist. Man erhält auf diese Weise
Produkte, die bei dem gleichen Butadiengehalt im Endprodukt, den bisher bekannte
Spritzgußmassen aufweisen, eine bisher nicht erreichte Schlagzähigkeit besitzen
oder aber, wenn die gleiche Schlagzähigkeit eingestellt wird, Produkte mit einem
sehr viel geringeren Butadiengehalt. Bekanntlich ist die Alterungsbeständig keit
von butadienhaltigen Spritzgußmassen weitgehend von dem Mengenanteil des Butadiens
abhängig, und zwar
in dem Sinne, daß ein hoher Butadiengehalt eine schlechte Alterungsbeständigkeit
bedingt.
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Der im Endprodukt enthaltene Butadienanteil ist außer für die Schlagzähigkeit
auch für die Wärmeformbeständig keit von Bedeutung, und zwar in dem Sinne, daß der
rweichungspunkt mit zunehmendem Butadiengehalt erniedrigt wird. Vergleicht man,
wie dies in einer nachfolgenden Tabelle ermöglicht wird, Spritzgußmassen, die durch
Polymerisation von Methacrylsäuremethylester in Gegenwart von Butadien-Styrol- bzw.
Butadien-Methacrylat-Mischpolymerisaten hergestellt wurden, wobei der Butadiengehalt
der Mischpolymerisate gemäß der Vorschrift der belgischen Patentanmeldungen 552
579 und 567 475 über 5001, beträgt, mit Spritzgußmassen, die zwar den gleichen Butadiengehalt
im Endprodukt aufweisen, jedoch unter Verwendung von Mischpolymerisaten mit weniger
als 500/0 Butadien hergestellt wurden, so zeigt sich, daß zwar die Wärmeformbeständigkeit
in beiden Fällen etwa die gleiche ist, daß jedoch die Schlagzähigkeit bei den im
Sinne der vorliegenden Erfindung hergestellten Produkten ein Vielfaches des entsprechenden
Wertes der Vergleichsprodukte ausmacht. Die mit der vorliegenden Erfindung gegebene
Lehre kann auch dahin ausgewertet werden, daß Mischpolymerisate mit weniger als
50 °/0 Butadiengehalt bei der beschriebenen Polymerisation von Methacrylsäuremethylester
in solchen Mengen zur Anwendung kommen, daß der Butadiengehalt im Endprodukt geringer
ist als der in einem nach dem genannten bekannten Verfahren hergestellten Vergleichsprodukt.
In diesem Falle ist nicht nur die Wärmeformbeständigkeit, sondern auch die Alterungsbeständigkeit
besser als die der Vergleichsspritzgußmasse.
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Die für die Schlagzähigkeit und für die Wärmeformbeständigkeit ermittelten
Werte von Spritzgußmassen, die unterMitverwendung von Mischpolymerisaten mit weniger
als 500/o Butadien hergestellt wurden, haben gezeigt, daß solche Produkte von hohem
Gebrauchswert sind, die einen Endgehalt an Butadien von 8 bis-18 O/o, vorzugsweise
von 10 bis 15%, aufweisen. Die vorliegende Erfindung wird deshalb in einem Verfahren
zur Herstellung von Spritzgußmassen auf Methacrylatbasis mit hoher Schlagzähigkeit
und guter Wärmeformbeständigkeit gesehen, bei dem in Gegenwart von Methacrylsäuremethylester-
bzw. Styrol-Butadien-Mischpolymerisaten, die zu höchstens 500/o aus Butadien aufgebaut
sind, Methacrylsäuremethylester oder ein zum überwiegenden Teil aus diesem Monomeren
bestehendes Gemisch polymerisierbarer Verbindungen polymerisiert wird, und zwar
in einem solchen Mengenverhältnis, daß der Anteil des Butadiens im Endprodukt 8bits180/,,
vorzugsweise 10 bis 150/o, und der Gesamtanteil an Methacrylsäuremethylester mindestens
55 Gewichtsprozent ausmacht.
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Spritzgußmassen auf Methacrylatbasis, die unter Mitverwendung eines
aus Methacrylsäuremethylester und Butadien aufgebauten Mischpolymerisats hergestellt
wurden, zeichnen sich neben der hohen mechanischen Festigkeit durch eine hohe Transparenz
aus; Produkte dieser Art verdienen deshalb die Bezeichnung »organisches Glas«.
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Mit besonderem Vorteil wird das Erfindungsgemäße Verfahren als Emulsionspolymerisation
durchgeführt, und zwar beispielsweise derart, daß zunächst der Latex aus z. B. Methacrylsäuremethylester
und Butadien innerhalb des angegebeaenMengenverhältnisses (Butadien höchstens 50
Gewichtsprozent) in an sich bekannter Weise hergestellt und gegebenenfalls mit so
viel Wasser verdünnt wird, daß der Emulsionsansatz 20 bis 50 Gewichtsprozent Trockensubstanz
aufweist. Zu dem Latex und/oder Monomeren werden Regler oder ein Reglersystem, ein
Polymerisationsbeschleuniger oder ein Beschleunigersystem und gegebenenfalls eine
geringe Emulgatormenge gegeben.
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Alterungsschutzmittel, wie W-Stabilisatoren oderlurtd Antioxydantien,
weiterhin Gleitmittel oder andere Zusatzstoffe können sowohl dem Latex als auch
der fertigen Dispersion bzw. der Festsubstanz zugefügt werden.
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Nach Erwärmen des Ansatzes auf 50 bis 80"C läßt man Methacrylsäuremethylester,
gegebenenfalls mit untergeordneten Mengen anderer mischpolymerisierender Verbindungen,
zulaufen. Nach beendeter Polymerisation wird das erhaltene Produkt in einer Elektrolytlösung,
z. B. in einer Kochsalz-, Natriumsulfat- oder Aluminiumsulfatlösung, ausgefällt,
gewaschen, filtriert und ge-
trocknet. Die Isolierung des Endproduktes kann auch
z. B. im Wege des Sprülitrocknens vorgenommen werden.
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Die eben geschilderte Durchführung des Verfahrens kann in mannigfaltiger
Weise abgewandelt werden: Die Mischpolymerisatteilchen im Methacrylsäuremethylester-bzw.
Styrol-Butadien-Latex können beispielsweise mit einem Teil des monomeren Methacrylsäuremethylesters
vorher angequollen werden, worauf man den Ansatz erwärmt und die restliche Methacrylatmenge
unter Rühren zulaufen läßt. Zu dem Latex kann auch die insgesamt vorgesehene Monomerenmenge
gegeben und unter Rühren für ein gleichmäßiges Anquellen der Mischpolymerisatteilchen
gesorgt werden; die Polymerisation des Monomeren wird nach erfolgter Anquellung
unter Erwärmen durchgeführt. Auch kann man nur einen Teil des eben beschriebenen
»angequollenen Latex« auf z. B. 80"C erhitzen, worauf man den restlichen Teil zulaufen
läßt.
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Die Polymerisation kann bei einer Temperatur unterhalb 100°C oder
oberhalb 1000 C, d. h. unter Druck, ablaufen. Bei der Verwendung von Redoxsystemen
kann die Polymerisation z. B. bei Zimmertemperatur durchgeführt werden.
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Die zur Anwendung kommenden Emulgatoren, und zwar sowohl die für
die Latexherstellung als auch die für die Durchführung der eigentlichen Emulsionspolymerisation
zu verwendenden Emulgatoren, müssen, soweit transparente Produkte hergestellt werden
sollen, im Polymerisat löslich sein. Soweit die bei der Latexherstellung verwendeten
Emulgatoren diesen Erfordernissen nicht genügen, müssen sie vor der erfindungsgemäßen
Weiterverarbeitung des Latex ausgewaschen werden. - Geeignete Emulgiermittel sind
beispielweise Sorbitantrioleat, Isooctylphenol und 15 Mol Äthylenoxyd, Nonylphenol
und 7 Mol Äthylenoxyd sulfatiert, Triäthanolamin-Ammoniumlaurylsulfat.
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Als Regler, mit deren Hilfe der Polymerisationsgrad des Endprodukts
innerhalb der gewünschten Grenzen eingestellt werden kann, kommen in erster Linie
Mercaptane, wie Benzylmercaptan, Octylmercaptan, Dodecylmercaptan, einzeln oder
im Gemisch miteinanderzur Anwendung.
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Die neben Methylmethacrylat in untergeordneten Mengen mitzuverwendenden
Monomeren müssen mit dem genannten Ester Mischpolymerisate bilden. Als Beispiele
solcher Verbindungen seien Acrylsäurenitril, Methacrylsäurenitril, Methacrylsäureäthylester,
Acrylsäuremethyl-und -äthylester sowie Vinylacetat genannt. Auch Styrole können
als Comonomere mitverwendet werden.
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In die erfindungsgemäß herzustellenden Spritzgußmassen können Farbstoffe,
Füllstoffe und Pigmente eingebracht werden.
Butadien Butadien - |
Latex Monomeres im Ausgangs. im Endprodukt Vicat SeElagzähigkeit |
produkt |
01o °/o ° C cmkg/cm2 |
Butadienmethylmethacrylat Methylmethacrylat 65 15,0 100 55 |
desgl. desgL 65 12,5 109 42 |
desgl. desgl. 65 10,0 113 22 |
desgl. desgl. 40 15,0 98 > 160 |
desgl. desgl. 40 13,0 99 121 |
desgl. desgl. 35 12,5 104 117 |
desgl. desgl. 40 11,0 103 76 |
desgl. desgl. 35 10,0 107 63 |
desgl. desgl. 35 7,7 112 27 |
Butadienstyrol desgl. 76 15,0 111 62 |
desgl. desgl. 76 10,0 115 15 |
desgl. desgl. 35 15,0 108 > 160 |
desgl. desgl. 35 12,5 110 > 160 |
desgl. desgl. 35 10,0 115 72 |