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Verfahren zum Reinigen von Abwasser mit belebtem Schlamm und Vorrichtung
zur Durchführung des Verfahrens Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum
Reinigen von Abwasser mit belebtem Schlamm, bei dem das Abwasser unter künstlicher
Sauerstoffzufuhr in Bewegung gehalten wird, und auf eine Vorrichtung zur Durchführung
dieses Verfahrens.
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Bei den bekannten Verfahren und in bekannten Vorrichtungen dieser
Art werden zum Abbau der organischen Stoffe des Abwassers vorgeklärtem Abwasser
in einem Belebungsbecken Sauerstoff und Belebtschlamm zugeführt, der Belebtschlamm
nach einiger Zeit vom behandelten Wasser abgetrennt und dieser dann zu einem Teil
in einem Rücklauf dem ungereinigten Wasser wieder zugeführt. Karl I m h o f f gibt
im Taschenbuch der Stadtentwässerung, 15. Auflage, 1954, auf S. 162 an, daß in einem
Vorklärbecken je Einwohner und Tag eine Schlammenge anfällt, die etwa 55 g Trockensubstanz
besitzt, und daß der Überschußschlamm aus der Schlammbelebung je Einwohner und Tag
etwa 30g Trockensubstanz enthält. Die hohe anfallende Menge frischen Schlammes wird
zwar durch Ausfaulen noch etwas vermindert, jedoch bleibt je Einwohner und Tag noch
ein wasserhaltiger Schlamm mit etwa 50 g Trockensubstanz übrig. Man kann den Schlamm
als Kompost od. dgl. verwenden, aber das Sammeln, Ausfaulen und Trocknen dieses
Schlammes ist bekanntlich kostspielig, und die aufgewendeten Kosten lassen sich
durch den Ertrag aus dem erhaltenen Produkt nicht wieder einbringen. Weil außerdem
die bekannten Belebtschlammanlagen nahezu immer ein Vorklärbecken und immer eine
Belüftungsvorrichtung, ein Nachklärbecken mit einer Rücklaufleitung für den sogenannten
Rücklaufschlamm, einen Schlammfaulbehälter und Vorrichtungen zum Entwässern des
ausgefaulten Schlammes, meistens Trockenbeete, benötigen, sind diese Kläranlagen
zudem sehr kostspielig. Insbesondere für das Reinigen des Abwassers kleiner Gemeinden
und Industriebetriebe werden die Bau- und Betriebskosten einer solchen Anlage so
hoch, daß sie wirtschaftlich nicht tragbar sind. Man leitet daher das Abwasser meistens
ohne Reinigung in den Vorfluter ab, was an zahlreichen Stellen einen hygienischen
Mißstand (Anaerobie) verursacht und ein Fischsterben im Vorfluter zur Folge haben
kann.
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Weniger kostspielig im Bau und im Betrieb sind die sogenannten Abwasserteiche
oder Oxydationsteiche für die Reinigung von Abwasser. Hierbei wird in untiefen Teichen,
meistens ohne Belüftungsmittel, durch Aufnahme von Sauerstoff aus der Luft über
die Oberfläche des nur sehr langsam fließenden Wassers der organische Stoffgehalt
des Wassers biochemisch erniedrigt. In bestehenden Anlagen dieser Art für eine Teilreinigung
des zugeführten (vorgeklärten) Abwassers braucht man eine Oberfläche von mehr als
1 m2 je Einwohnergleichwert. Als Durchschnitt kann man annehmen, daß je Einwohner
und Tag in vorgeklärtem Abwasser mit 35 g BSB5 gerechnet werden muß ; in nicht vorgeklärtem
Abwasser ist diese Ziffer noch beträchtlich höher. In den Oxydationsteichen setzt
sich viel Schlamm ab, der regelmäßig entfernt werden soll. Wenn eine genügende Zahl
derartiger Teiche hintereinandergeschaltet wird, kann die Reinigung so weit getrieben
werden, daß in den letzten Teichen höheres tierisches Leben möglich wird, so daß
diese als Fischteiche verwendet werden können, wobei der Fisch völlig oder teilweise
von den Mikroorganismen lebt, die sich während der biochemischen Reinigung im Abwasser
entwickelt haben. In diesem Fall ist die erforderliche Oberfläche noch beträchtlich
größer, und zwar etwa 20 m2 je Einwohnergleichwert (Karl I m h o f f , Taschenbuch
der Stadtentwässerung, 15. Auflage, S. 174). In vielen Fällen stehen aber so große
Oberflächen nicht zur Verfügung.
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Gemäß der Erfindung wird sowohl häusliches als auch industrielles
Abwasser, insoweit dieses keine für eine biochemische Reinigung toxischen Komponenten
enthält, dadurch gereinigt, daß es derart belüftet wird, daß während seines Aufenthaltes
im Behandlungsbecken ein Sauerstoffgehalt von mindestens 3 mg/1 Abwasser gewährleistet
ist, und daß die Belüftung so lange durchgeführt wird, bis die gelösten Stoffe,
die im Abwasser enthaltenen Feststoffe und die sich während der Belüftung bildenden
Schlammflocken, soweit diese Stoffe organischer Natur sind, derart
abgebaut
sind, daß der im Becken verbleibende Restschlamm einen Gehalt an mineralischen Bestandteilen
von wenigstens 60°/o aufweist.
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Vorteilhaft ist es insbesondere, das Abwasser derart zu belüften,
daß ein Sauerstoffgehalt von über 5 mg/1 Abwasser gewährleistet ist. Nützlich ist
es auch, daß das Abwasser dem Becken diskontinuierlich zugeführt wird und daß das
gereinigte Wasser in dem Zeitraum abgeleitet wird, in dem keine Abwasserzufuhr erfolgt.
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Das Verfahren gemäß der Erfindung beruht auf der Erkenntnis und durch
Versuche festgestellten Wahrnehmung, daß durch einen langen Aufenthalt des Abwassers
und des hierin suspendierten Schlammes in einem sauerstoffreichen Medium der gebildete
Schlamm zum größten Teil wieder verschwindet. Vielleicht kann man dies durch die
Annahme erklären, daß die erstgebildeten Mikroorganismen als Nahrung für Protozoen
und anderen Formen von niedrigem tierischem Leben dienen. Sowohl das Wasser als
auch der Schlamm aus dem Verfahren zeigt sich nämlich manchmal sehr reich an Protozoen.
Die geringe Menge des schließlich übriggebliebenen Schlammes (Detritus) hat so günstige
Eigenschaften (der Schlamm ist »schwer«, setzt leicht ab), daß er auf einfache Weise
von der ausfließenden Flüssigkeit abgetrennt werden kann. Auch in der Zusammensetzung
unterscheidet sich der letztlich zurückgebliebene Schlamm vom gewöhnlichen Belebtschlamm;
dieser hat normal einen Gehalt an mineralischen Stoffen von weniger als 20% des
Trockenstoffes, während bei dem Schlamm, der bei dem Verfahren nach der Erfindung
anfällt, der Gehalt an mineralischen Stoffen beträchtlich höher ist und in einem
besonderen Fall sogar 75% der Trockensubstanz betrug. Wenn man hierbei berücksichtigt,
daß sich während des Abbaues des Schlammes auch ein Teil der in ihm anwesenden mineralischen
Komponenten in wasserlösliche Stoffe verwandeln kann, die mit der ausfließenden
Flüssigkeit abgeführt werden, so geht aus diesen Ziffern hervor, daß ein sehr großer
Teil der organischen Stoffe, die im zugeführten rohen Abwasser enthalten sind und
die beim üblichen Belebtschlammverfahren im Schlamm zurückbleiben, abgebaut und
in lösliche Stoffe verwandelt sind.
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Es hat sich weiter herausgestellt, daß mit dem Verfahren nach der
Erfindung auch nicht vorgeklärtes Abwasser verarbeitet werden kann, wenn das Abwasser
während der Reinigung nur derart in Bewegung gehalten wird, daß auch der zugeführte
Schlamm suspendiert bleibt. Dies ist ein großer Vorteil, da es hierdurch möglich
ist, auf den Bau eines Vorklärbeckens und das Verarbeiten der in der Vorklärung
abgetrennten Schlammstoffe zu verzichten.
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Man kann das Verfahren gemäß der Erfindung dadurch ausüben, daß man
einen normalen Abwasserklärteich bzw. Oxydationsteich mit Belüftungseinrichtungen
und Mitteln zum dauernden Bewegen des Wassers ausstattet. In einem solchen Oxydationsteich
kann je m2 Oberfläche in 24 Stunden Abwasser verarbeitet werden, das wenigstens
drei Einwohnergleichwerten entspricht, wenn die Kapazität der Belüftungsmittel genügt,
um den Sauerstoffgehalt auf wenigstens 3 und vorzugsweise über 5 mg/1 Abwasser zu
halten und, wenn das Wasser genügend bewegt wird, um den Schlamm, der hauptsächlich
aus organischen Stoffen besteht, in Suspension zu halten.
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Besonders vorteilhaft ist es aber, den Fassungsraum eines Belüftungsbeckens,
der mit einer im Becken angeordneten Belüftungseinrichtung und mit Mitteln zum Bewegen
des Abwassers versehen ist und beispielsweise, wie an sich bekannt, in der Draufsicht
ringförmig gestaltet ist, wenigstens für das 1,5fache, vorzugsweise das 3- bis 4fache,
jedoch nicht mehr als das 10fache der täglich anfallenden Wassermenge zu bemessen.
Dabei ist die Belüftungseinrichtung so auszulegen, daß sie einen Sauerstoffgehalt
von wenigstens 3, vorzugsweise mehr als 5 mg/1 Abwasser im Belüftungsbecken aufrechterhält,
und die Umwälzeinrichtung derart, daß bei der Bewegung des Abwassers die Stoffe
in Suspension bleiben. Ein solches Belüftungsbecken unterscheidet sich von den bekannten
Belebtschlammklärbecken schon dadurch, daß die bekannten Anlagen niemals mehr als
die täglich zugeführte Abwassermenge und in der Regel nicht mehr als die Hälfte
oder sogar noch weniger als diese Menge aufnehmen, und von den bekannten Oxydationsteichen
schon dadurch, daß diese einen viel größeren Inhalt haben und in der Regel etwa
die 10fache Menge, jedoch wenigstens die 6- bis 7fache Menge des täglich anfallenden
Abwassers enthalten, um bei dem niedrigen Wasserstand und entsprechender Oberfläche
das langsam fließende Abwasser zu reinigen.
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Bei dem Verfahren und in der Vorrichtung nach der Erfindung wird das
Abwasser mit einer derartigen Geschwindigkeit im Kreis bewegt, daß der hauptsächlich
aus organischen Stoffen bestehende Schlamm suspendiert bleibt, und dabei das Abwasser
kontinuierlich oder periodisch derart belüftet, daß sein Sauerstoffgehalt wenigstens
3 und vorzugsweise über 5 mg/1 beträgt, wodurch bei einem Aufenthalt von wenigstens
40, vorzugsweise 60 bis 100 Stunden, der mit dem Abwasser zugeführte und eventuell
während der Reinigung gebildete Schlamm zu einem großen Teil abgebaut und das Wasser
praktisch vollständig gereinigt wird (Reduktion von BSBS von 90 bis 95%).
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In einer Vorrichtung zur Behandlung des Abwassers kann man den Umlauf
des Wassers auch durch die Belüftungsmittel selbst herbeiführen. Vorzugsweise werden
hierfür an sich bekannte, rotierende Bürstenwalzen verwendet.
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Es ist zweckmäßig, für die Durchführung des Verfahrens ein Belüftungsbecken
mit weit voneinanderliegenden Zu- und Ablaufvorrichtungen zu verwenden, bei dem
die Zu- und Ablaufvorrichtung mittels einer automatisch arbeitenden Schalteinrichtung
periodisch und abwechselnd geöffnet und geschlossen und mit derselben Schalteinrichtung
die Vorrichtungen, die das Wasser in Bewegung halten, ein- und ausgeschaltet werden.
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Ein Ausführungsbeispiel eines Oxydationsgrabens nach der Erfindung
ist in den Abbildungen gezeigt, von denen Abb. 1 einen Grundriß und Abb. 2 einen
Querschnitt nach der Linie II-II der Abb. 1 wiedergibt.
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Mit 1 ist ein ringförmiger Behälter mit einer Gesamtlänge von etwa
75 m, einer Sohlenbreite von etwa 1 m und einer Breite in der Höhe des Wasserspiegels
von 2,5 bis 3 m wiedergegeben. Die Höhe des Wassers über dem Boden beträgt etwa
0,80 m, der Gesamtinhalt etwa 120 m3. Die rotierende Bürstenwalze 2 hat eine Länge
von zwei Metern und einen Durchmesser von 42 cm. Ihre Zähne tauchen bei der maximalen
Füllhöhe des Behälters etwa 11 cm in das Wasser ein. Diese Bürstenwalze, die 110
bis 120 Umdr./Min. macht, wofür bei maximaler Füllhöhe eine Leistung von 0,6 kWh
erforderlich ist, belüftet das Wasser und kann den Sauerstoffgehalt bei einer Temperatur
von etwa 10° C auf 8 mg/1 halten und verursacht gleichzeitig im Behälter 1 einen
Umlauf
des Abwassers mit einer Strömungsgeschwindigkeit von etwa
10 m/Min. Die Zufuhrleitung für das Abwasser ist mit 3 bezeichnet. In ihr ist vorzugsweise
ein grobes Sieb 4 angeordnet, um grobe Verunreinigungen, wie z. B. Zweige, Steine
u. dgl., zurückzuhalten. Das gereinigte Wasser wird nach dem offenen Vorfluter 5
abgeführt. Der Umlaufgraben ist von ihm vorzugsweise mittels eines durch zwei Dammwände
6 und 7 begrenzten Absetzteiles 8 getrennt. Hierbei können Tauchwände 9, 10 angeordnet
werden, die ein Abfließen von Schlamm über die Dammwände 6 und 7 auf ein Minimum
beschränken. Bei diskontinuierlicher Zufuhr von Abwasser zum Graben ist es vorteilhaft,
in der Dammwand 6 eine oder einige Öffnungen 11 unter dem oberen Rand der Dammwand
6 anzubringen, die so viel Wasser kontinuierlich durchlassen, daß beim Einführen
einer neuen Menge Abwassers in den Graben kein Wasser über den oberen Rand der Dammwand
6 abgeführt wird. Hierbei kann während der Zufuhr auch die rotierende Bürstenwalze
2 abgestellt werden, um einen Abfluß von Schlamm während dieser Zeit zu verhindern.
Man kann die Vorrichtung jedoch auch so ausführen, daß von einer automatischen Schaltvorrichtung,
die die Zufuhr ungereinigten Wassers periodisch regelt, einige Zeit vor dieser Zufuhr
auch die Belüftung stillgelegt wird, so daß sich der zirkulierende Schlamm ablagert.
Danach wird eine Menge gereinigten Wassers aus dem Kreislauf entfernt, die der Menge
des neu zuzuführenden Abwassers entspricht, darauf die Zufuhr des Abwassers veranlaßt
und die Belüftung wieder eingeschaltet.
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In einem Versuchsgraben, der, wie oben beschrieben, aufgebaut war,
konnten während einer Betriebszeit von einem halben Jahr 400 Einwohnergleichwerte
in 24 Stunden mit sehr günstigem Erfolg verarbeitet werden. Der Sauerstoffgehalt
des Abwassers betrug in der Regel zwischen 6 und 8 mg/1 und fiel in dieser Zeit
nicht unter 5 mg/1. Das ausfließende Wasser zeigte eine BSB-Ziffer, die der einer
gut arbeitenden Belebtschlammanlage gleich war. Im Behälter setzte sich nur eine
sehr geringe Schlammenge ab, und auch im Absetzteil 8 war diese Menge nur gering.
Der Schlamm, der während einer Betriebszeit von einem halben Jahr abgelagert worden
war, enthielt in der Trockensubstanz etwa 75% an mineralischen Komponenten.
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Als Besonderheit kann noch erwähnt werden, daß das Wasser im Graben
manchmal sehr reich an Protozoon war. Zu anderen Zeiten waren diese in kleineren
Mengen vorhanden, ohne daß dies jedoch mit einer Herabsetzung des BSB-Rückganges
zusammenhing. Dieser Graben kann etwa dreimal die täglich anfallende Abwassermenge
(40 m3 mit einem durchschnittlichen BSBS von etwa 300) aufnehmen, so daß die Aufenthaltszeit
etwa 3 Tage beträgt. Die Aufenthaltszeit kann, abhängig von dem BSB-Gehalt des Abwassers,
der Kapazität der Belüftungsvorrichtung und der verlangten Reinheit des ausfließenden
Wassers, zwischen etwa 11/2 bis etwa 10 Tagen variiert werden.