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Verfahren zur Umwandlung von Bes chleunigungskräften in elektrische
Größen Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Umwandlung von Beschleunigungskräften
in elektrische Größen.
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Neben die klassischen Methoden zur Positionsbestimmung von Schwimm-
bzw. Flugkörpern, die im wesentlichen darauf beruhen, daß vom Körper aus astronomische
oder terrestrische Festpunkte auf optischem oder elektromschem Wege angepeilt werden,
treten neuerdings in zunehmendem Maße Verfahren zur Ortsbestimmung des {betreffenden
Körpers mittels der sogenannten Trägheitsnavigation. Die Positionsbestimmung mittel6
Trägheitsnavigation beruht dabei auf folgenden tSbenlegungen: Zum Zeitpunkt T0 befindet
sich der Körper am Startort in völliger Ruhe, d. h., seine Bewegung in allen Bewegungsrichtungen
ist Null. Im Zeitpunkt T1, in dem der Körper eine von Null abweichende Geschwindigkeit
in einer oder in allen möglichen Bewegungsrichtungen hat, läßt sich die Lage des
Körpers, bezogen auf den Startort, durch die zwischen Start und dem Zeitpunkt T1
in den fraglichen Richtungen zurückgelegten Wege bestimmen. Bei einem Flugkörper
z. B. ist die Position festgelegt durch die in der Horizontalen zurückgelegte Strecke,
durch die in der Vertikalen zurückgelegte Strecke und durch die auf eine beliebige
Richtung bezogene seitliche Versatzstrecke.
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Allen diesen Strecken ist gemeinsam, daß ihre Größe abhängig ist
von der Geschwindigkeit des Körpers in der betreffenden Richtung und der Zeit, in
der diese Geschwindigkeit wirksam war. Die Geschwindigkeit wiederum ist abhängig
von der Größe der Beschleunigung, die auf den Körper in der betreffenden Richtung
wirkte, und der Zeit, in der die Beschleunigung wirksam war, d. h. also, wenn die
Beschleunigungs-Zeit-Integrale für jede Bewegungsrichtung bekannt sind und die bei
konstanter Geschwindigkeit verlaufenden Wegstrecken, die aus der Geschwindigkeit
und der Zeit hervorgehen, so ist die Lage des Körpers eindeutig bestimmbar.
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Die Geschwindigkeiten in jeder Richtung sind so lange konstant, solange
keine neuen Geschwindigkeiten auf den Körper einwirken. Ist also in einem Zeitpunkt
Ta die Beschleunigung, die auf den Körper vom Start an wirkte, Null geworden, so
hat er die in diesem Zeitpunkt erreichte Geschwindigkeit und behält sie so lange
bei, bis er durch andere Beschleunigungen, die positiver oder negativer Art sein
können, aus der Geschwindigkeitslage herausgebracht wird.
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Die Verfahren der Trägheitsnavigation beruhen daher auf Messungen
von Zeiten und Beschleunigungen, wobei es selbstverständilch klar ist, daß die Angriffe
der Beschleunigungen genau den einzelnen
Achsen des betrachteten Körpers zugeordnet
werden müssen.
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Im Falle des Flugkörpers also wird man Beschleunigungen in der Flugachsenrichtung
messen müssen sowie in der Hoch- und der Querachse, um die genaue Lage ermitteln
zu können. Naturgemäß ist über die Ausführungsform derartiger Beschleunigungsmeßgeräte,
wie sie in den Trägheitsnavigationsgeräten verwendet werden, wenig oder nichts bekannt.
Literaturzitaten und Vorträgen ist lediglich zu entnehmen, daß die bisher verwendeten
Verfahren auf mechanischem Prinzip beruhen. Ein einfaches Beispiel ist die Anwendung
des Kohlendruckmessers zur Messung von Beschleunigungskräften, bei denen eine beweglich
aufgehängte Massegegen eine gerätfestverbundene Kohlendruckdose drückt. Der Druck
bewirkt eine Widerstandsänderung der Kohlensäule und wird damit in eine elektrische
Größe übergeführt.
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Sinngemäß ähnlich wirken die Methoden der Piezoverfahren, bei denen
ebenfalls eine Masse auf einen Piezoquarz wirkt und der durch den Druck hervorgerufene
Piezostrom als elektrische Kenngröße den Vergleichs- oder Rechengeräten zugeführt
wird.
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Nach einem anderen Verfahren zur Messung der Beschleunigung wird
ein elektrolytisches Beschleunigungsmeßgerät beschrieben, bei dem die Beschleunigung
eine Deformierung von z. B. Quecksilbertropfen in einem mit einem Elektrolyten gefüllten
Kapillarrohr bewirkt, die Deformation Potentialänderungen zur Folge hat, die der
Beschleunigung proportional sind.
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Ferner ist ein Verfahren zum Nachweis beschleunigter Bewegungen bekannt,
das die Ablenkung von
Massestrahlen (z. B. Elektronen- oder Ionenstrahlen)
durch Beschleunigungskräfte zur Messung derselben verwendet.
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Wieder andere Verfahren sind bekannt, bei denen eine quer zur Beschleunigungsrichtung
schwingende Masse als Beschleunigungsfühler verwandt wird, und zwar dergestalt,
daß die Größe der Amplituden der schwingenden Masse abhängig ist - außer von der
Anregungsschwingung - von den auf die Masse wirkenden Beschleunigungskräften, d.
h. also, daß bei einer konstanten Schwingungszahl entweder die Amplitudenhöhe oder
aber die Lage des Wellenberges in Richtung der Beschleunigung verschoben wird.
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Sind die Anforderungen an die Meßgenauigkeit der Beschleunigungsfühler
sehr hoch, so wird der zu betreibende Aufwand hinsichtlich der technischen Ausführungsform
ungemein groß.
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Je größer aber der technische Aufwand ist und je höher die Anforderungen
an die Präzision der Ausführung sind, je höher die gewünschte Empfindlichkeit des
Gerätes ist, um so anfälliger gegen Störungen aller möglichen Arten wird das Instrument.
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Aufgabe der Erfindung ist es, bei einem geringen apparativen Aufwand
ein empfindliches und dennoch störungsunanfälliges Verfahren zur Umwandlung von
Beschleunigungsgrößen in elektrische Größen zu schaffen.
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Erfindungsgemäß wird in einer mit einem flüssigen oder gasförmigen
Elektrolyten gefüllten Zelle kurzfristig durch ein Schaltorgan ein Stromfluß erzeugt,
durch den Ionen verschiedener Größe bzw. Masse zu Anode bzw. Kathode geführt werden,
wobei die Geschwindigkeiten, mit denen sich die Anionen und Kationen bewegen, voneinander
verschieden sind, und der Stromdurchgang an einer definierten Stelle gemessen, registriert
oder sonstwie verfolgt werden kann. Die erfindungsgemäße Zelle ist mit einer zweiten
so gekoppelt, daß Anode und Kathode in beiden Zellen einander gegenüberliegen, also
paarweise vertauscht sind, und somit der Stromfluß in beiden Zellen einander entgegengesetzt
verläuft, wobei diese gekoppelten Zellen bei auftretenden Beschleunigungen, die
in ihrer Längsachse wirksam werden, eine zeitliche Veränderung des Stromtransportes
durch Ionen in Abhängigkeit von der Größe der angreifenden Beschleunigung erfahren
und die von den Zellen abgegebenen Strommengen in Abhängigkeit von der Beschleunigung
verschieden groß sind, doch in gleichen Zeitintervallen abgegeben werden.
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Das Prinzip der Erfindung ist folgendes: Während in festen Leitern,
also Metallen, der Stromtransport durch Elektronen bewirkt wird, deren Geschwindigkeit
durch Schwerefelder nicht beeinflußt werden kann bzw. deren Beeinflussung durch
Schwerefelder bisher nicht nachgewiesen werden konnte, erfolgt der Stromtransport
in Elektrolyten und in Gasen über Ionen, die als geladene Massenteilchen den Gesetzen
der Schwerkraft unterworfen sind. Die Geschwindigkeit, in der Ionen z. B. in wäßrigen
Elektrolyten wandern, ist abhängig von der Zähigkeit der Elektrolyten, der angelegten
Spannung und der Größe der bewegten Ionen. Sie liegt im allgemeinen in der Größenordnung
von wenigen Zentimetern je Sekunde.
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Wird ein Stromkreis zwischen einer Batterie und einem zwischen den
Polen der Batterie liegenden Elektrolyten geschlossen, so spricht ein Stromanzeigeinstrument
erst nach einer bestimmten Zeit an, nämlich der Zeit, nach der die ersten Ionenentladungen
stattgefunden haben, nach der also der Strom zu
fließen beginnt. Wird nun die Zelle,
die im einfachsten Falle aus einem Rohr bestehen kann, dessen Enden durch Elektroden
abgeschlossen sind und in dem sich der Elektrolyt befindet, in einer beliebigen
Richtung bewegt, so tritt gegenüber einer gleich großen, mit dem gleichen Elektrolyten
gefüllten Zelle, die in Ruhe verharrt, eine Verschiebung des Zeitpunktes des Ansprechens
des Stromanzeigers ein, dessen Differenz direkt abhängig ist von der Beschleunigung,
die die bewegte Zelle erfuhr, und naturgemäß von der Richtung, in ,der die Beschleunigung
wirksam war.
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In einem Elektrolyten ist die Wanderungsgeschwindigkeit der Ionen
in Richtung auf Kathode oder Anode verschieden groß, da sie abhängig ist von der
Masse und dem Durchmesser der entsprechenden Anionen oder Kationen. Je größer der
Durchmesser eines Ions ist, um so höher sind die Reibungswiderstände in der Flüssigkeit
oder im Gas. Folglich ist die Wanderungsgeschwindigkeit kleiner Ionen höher als
großer Ionen. Aus diesem Grunde treten bei stromdurchflossenen Elektrolyten Konzentrationsänderungen
an Anode und Kathode auf, die durch die verschieden große Wanderungsgeschwindigkeit
der Ionen bedingt sind.
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Wird nun eine solche Zelle, z. B. in Richtung auf die Anode zu, beschleunigt
bewegt, so tritt eine zusätzliche Beschleunigung der Ionen ein, die auf die Anode
zu wandern, im Gegensatz dazu eine Verzögerung der Kationen. Es wird also, liegt
der Strommesser kathodenseitig, eine größere Verzögerung der Stromanzeige eintreten
als bei einer zweiten Zelle, die mit der ersten starr verbunden, aber so geschaltet
ist, daß hier die Lage der Kathode und Anode gegenüber 1 vertauscht und der Stromfühler
ebenfalls kathodenseitig liegt. Werden nun in genau definierten Zeitintervallen
kurze Stromschlüsse, z. B. durch Betätigen eines mechanischen Schalters oder eines
elektronisch gesteuerten Systems, herbeigeführt, so wird jeweils zwischen Stromschluß
und Auftreten des ersten Stromes an der entsprechenden Meßseite (hier der Kathode)
eine Differenz auftreten, die abhängig ist nur von der Größe der Beschleunigung.
Werden die Schaltintervalle so klein gehalten, daß kein stationärer Zustand sich
einstellen kann, so ist demnach die Strommenge, die zu jeder der beiden Kathoden
fließt, direkt proportional der Beschleunigung, die auf dem System liegt.
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Bei Verwendung der Differenzmethode, also der Koppelung von zwei
entgegengesetzt liegenden gleichgroßen Zellen mit gleichartigen Elektrolyten von
der gleichen Spannungsquelle mit Strom versorgt, lassen sich alle Einflüsse, die
die Wanderungsgeschwindigkeit der Ionen außerdem noch beeinflussen könnten, so z.
B. Konzentrationsschwankungen im Elektrolyten sowie die Temperatur, durch die die
Viskosität der Elektrolyten beeinflußt wird, kompensieren.
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Es ist unschwer möglich, die Differenzen der Strommengen, die zu
den beiden miteinander verglichenen Kathoden oder auch Anoden fließen, durch einfache
und zum Teil bekannte Maßnahmen zur Integration der Beschleunigung über die Zeit
zu verwenden. Im einfachsten Fall werden die Strommengen auf ein elektrolytisches
System gegeben, durch das z. B.
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Metall abgeschieden oder Wasser zersetzt wird und die abgeschiedenen
und zersetzten Stoffmengen miteinander verglichen werden. Eine Einführung dieser
Strommengen in elektronische Rechensysteme ist denkbar. Umwandlung der Meßgrößen,
wie sie die Zellen abgeben, ist nicht mehr Aufgabe der hier zu besprechenden Erfindung.
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Das Gerät zur Durchführung des Verfahrens besteht also im wesentlichen
aus den beiden miteinander verbundenen und mit dem Elektrolyten gefüllten Zellen,
die durch Elektrodenpaare abgeschlossen werden. Diese Röhren, im folgenden kurz
»Zellen« benannt, können dabei beliebig gestaltet sein hinsichtlich Länge und Durchmesser.
Die erforderlichen Baugrößen sind nur abhängig von der Art des verwendeten Elektrolyten,
der angelegten Spannung, der Art des gewählten Schaltsystems, also des Stromimpulsgebers,
sowie von der geforderten Meßgenauigkeit.
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Beide miteinander verbundenen Zellen werden in der Beschleunigungsachse
eines Gerätes so eingebaut, daß die Kathode der einen in der Beschleunigungsrichtung,
die der anderen ihr entgegengesetzt angeordnet ist.
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Von einem gemeinsamen Schalter, der entweder mechanisch angetrieben
sein kann oder elektronisch gesteuert wird oder lediglich aus den Halbwellen eines
Wechselstromes dargestellt werden kann, werden beide Zellen zum gleichen Zeitpunkt
mit Spannung von einer beliebigen, aber gemeinsamen Stromquelle beschickt.
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Der Stromkreis ist für beide Zellen gleich lang geschlossen. Befinden
sich die Zellen in Ruhe oder im Zustand einer gleichmäßigen Geschwindigkeit, so
ist die Strommenge, die jede Zelle passiert, gleich groß.
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Wird nun das Zellensystem in der Achsrichtung beschleunigt bewegt,
so ist die Strommenge, die von jeder der beiden Zellen abgegeben wird, verschieden
groß und das Maß der jeweiligen Strommenge ein Maß für die Größe der Beschleunigung.
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Die Elektroden des Gerätes können z. B. aus Platin gefertigt sein,
der Elektrolyt aus einer wäßrigen Lösung von z. B. Silbernitrat bestehen. Es tritt
naturgemäß eine Abscheidung von Silber an der Kathode ein, die aber durch Umschalten
des Systems, also Vertauschen von Anode und Kathode, wieder rückgängig gemacht werden
kann.
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Um Änderungen in der Leitfähigkeit durch das Abscheiden von Silber
zu verhindern, werden beide Zellen über ein Vorratsgefäß mit ständig frischen Elektrolyten
versorgt, so daß Konzentrationsände-
rungen innerhalb des Systems nicht auftreten
können.
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Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Elektroden aus dem gleichen
Metall zu fertigen, das das Kation des Elektrolyten bildet. In diesem Fall wären
die Anoden so stark zu wählen, daß eine Verarmung des Kations im Elektrolyten durch
ständige Herauslösung des gleichen Kations aus der Anode ausgeglichen werden kann.
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Die Anderung der Empfindlichkeit eines solchen Systems ist möglich
auf dem Wege iiber entweder Variation des Elektrodenabstandes, Veränderung der Stromimpulse
oder durch die Wahl des Elektrolyten hinsichtlich seiner Viskosität und seiner Ionengröße.
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PATENTANSPROCHE: 1. Verfahren zur Umwandlung von Beschleunigungskräften
in elektrischen Größen, dadurch gekennzeichnet, daß in einer mit einem flüssigen
oder gasförmigen Elektrolyten gefüllten Zelle kurzfristig durch ein Schaltorgan
ein Stromfluß erzeugt wird, durch den Ionen verschiedener Größe bzw. Masse zu Anode
bzw. Kathode geführt werden, wobei die Geschwindigkeiten, mit denen sich Anionen
und Kationen bewegen, voneinander verschieden sind, und der Stromdurchgang an einer
definierten Stelle gemessen, registriert oder sonstwie verfolgt wird.