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Stoffe für Fremdtransplantationen Es wurden schon verschiedene Transpiantationsmittel
für Säugetiere vorgeschlagen; es fehlt aber ein röhrenförmiges Material, vor allem
in Y- oder T-Form, das leicht erhältlich ist, präserviert und aufbewahrt werden
kann und für den Träger verträglich ist, d. h. nicht zu Trombosen, Arterienerweiterung
oder einem Reißen der Plastik führt.
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Die Erfindung betrifft nun ein röhrenförmiges, in trockener Form
oder in einer sterilen Flüssigkeit aufzubewahrendes, bei 240 mm Quecksilbersäule
Luftinnendruck undurchlässiges, steriles, zum Einsetzen in Menschen oder Säugetiere
geeignetes Kollagenmaterial, vorzugsweise in Y- oder T-Form, das einen Kollagengehalt
von mindestens 80 ovo aufweist und in dem die Kollagenfasern praktisch ihre natürliche
Zusammensetzung aufweisen.
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Die Erfindung betrifft weiterhin ein Verfahren zum Herstellen des
röhrenförmigen Kollagenmaterials, insbesondere bei dem röhrenförmige Blutgefäße
von Säugetieren, vorzugsweise von Rindern, mit einer 0,25- bis 50/oigen Ficin-Enzymlösung
bei Temperaturen von 30 bis 450 C in einem p-Bereich der Lösung von 4,0 bis 7,0
während einer Zeit von 2 bis 8 Stunden bis zum Ansteigen des Kollagengehalts auf
mindestens 80 °/o abgebaut werden, worauf das behandelte Material zur Entfernung
des Enzyms mit Wasser gewaschen und anschließend einer Härtungsbehandlung unterworfen
wird.
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Ficin ist ein proteolytisches kristallisiertes Enzym, gewonnen aus
dem Milchsaft des Feigenbaumes (vergleiche z. B. Hackhs »Chemical Dictionaryc, 3.
Auflage, McGraw-Hill Book Company Inc., NewYork N.Y., S.339).
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Wird die Härtung mit wäßrigem Formaldehyd durchgeführt, so sind Konzentrationen
des Formaldehyds in Wasser von 0,3 bis 3,3 ozon Temperaturen zwischen 10 und 350
C und eine Behandlungsdauer von 4 bis 24 Stunden geeignet. Weitere Härtungsmittel
sind beispielsweise Chromoxyd oder Methanol. Anschließend an die Härtungsbehandlung
wird das Material beispielsweise mit Ahtylen- oder Propylenoxyd sterilisiert. Das
gewaschene gehärtete Produkt kann in einer Flüssigkeit, wie 5O0/oigem Äthylalkohol
oder Isopropylalkohol, die gegebenenfalls sterilisierende Substanzen, z. B. 1 0/o
Propylenoxyd, enthalten, aufbewahrt oder auch anschließend einer Gefriertrocknung
unterworfen werden.
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Beispiel 1 3 g (Naßgewicht) frische Rinder-Kopfschlagader, die von
fremdem oder Lymphgewebe frei ist, wird mit 20 g einer wäßrigen Lösung von 1/oigem
handelsüblichem Ficin, das Spuren (z. B. 0,00005 bis 0,005 Gewichtsprozent) von
Natriumthioglykolat als Enzym-
beschleuniger und den Standard-Phosphat-Citrat-Puffer
des p-Wertes von 5 enthält (Handbook of Chemistry and Physics, Chemical Rubber Publishing
Co., 30. Ausgabe, 1947, S. 1405; McIlvaine Standard Puffer), bei einer Temperatur
von 370 C während einer Zeit von 3 Stunden behandelt.
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Danach wird das Material mechanisch von losem Gewebe gereinigt, mit
fließendem Wasser so lange gewaschen, bis die Waschflüssigkeit klar ist, anschließend
bei 250 C 18 Stunden in eine 0,330/oige wäßrige Formaldehydlösung eingetaucht und
etwa 15 Stunden in langsam fließendem Wasser gewaschen.
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Das erhaltene Material wird auf Festigkeit und Dichtigkeit geprüft,
beispielsweise indem ein Ende der Röhre mit einem Drucklufthahn verbunden wird,
während alle anderen Öffnungen zugebunden werden, das Ganze in Wasser getaucht und
der Luftdruck erhöht wird. Eine Röhre wird als befriedigend angesehen, wenn sie
sich bei einem Luftdruck von wenigstens 240 mm Hg nicht ungewöhnlich erweitert und
keine
Zuluft durchläßt. Derartige Röhren können in 500/oigem wäßrigem
Äthylalkohol aufgehoben werden. Zum längeren Lagern kann das Fertigprodukt in einer
Sterilisierungslösung auf 1 °/o Propylenoxyd in 500/oigem wäßrigem Äthylalkohol
aufbewahrt werden.
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Es werden 71l dicke Gewebequerschnitte auf die übliche Weise durch
Einbetten in Paraffin hergestellt.
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Die eine Probe wird mit Standard Hämatoxylin und Eosin, die andere
mit Verhöffscher Bindegewebefarbe angefärbt (»Biological Staining Methods«, 5. Ausgabe,
1952, George T. Gurr Ltd., London) und die erhaltenen Präparate mikroskopisch untersucht.
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Die Proben bestehen aus einer dichten äußeren Schicht aus groben
Kollagenbündeln, die mit Fuchsin stark gefärbt sind, und aus einer inneren Schicht
dünner, geschichteter Kollagenringe. Diese können geringe oder nicht störende Mengen
unvollständig abgebauten Muskelgewebes enthalten.
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Bei oberflächlicher Betrachtung ist das Produkt weiß, die äußere
Oberfläche gibt den Eindruck von spiralen Vernetzungen grober Faserbündel, die innere
Oberfläche ist glatt und glitzert.
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Wahlweise kann die Röhre nach der Behandlung mit Enzymlösung auch
durch Behandeln mit einem Chromoxydbad während 45 Minuten bei Raumtemperatur gehärtet
und anschließend 1 Stunde in fließendem Leitungswasser gewaschen werden. Die Gerblösung
kann folgendermaßen hergestellt werden: eine Mischung aus 103 g Ammoniumbichromat
und 178 g konzentrierter Schwefelsäure (etwa 96°/o) wird mit Wasser zu 1 1 verdünnt,
und 24 Gewichtsprozent wäßriges Natriumbisulfit werden unter Bewegen zugegeben,
bis der Bichromattest mit Diphenylcarbazid nicht mehr positiv ist. Das erhaltene
Präparat wird auf 3 1 gebracht und 1 Woche bei Raumtemperatur aufgehoben. Zum Gerben
werden 2 ccm dieser gealterten Chromoxydlösung je Gramm Kollagen auf 200 ccm verdünnt.
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Ein 26 kg schwerer männlicher Bastard-Hund wird mit Pentobartital-Natrium
lokal vom Becken bis zum Brustbeinknorpel betäubt. Der betäubte Teil wird von Haaren
frei gemacht, gewaschen und mit Jodtinktur bestrichen. Die Bauchhöhle wird mit einem
Medianschnitt freigelegt, der etwa 7,5 cm unter dem Brustbeinknorpel beginnt und
5 cm hinter dem Schambein endet. Die untere Bauchschlagader wird freigelegt und
beweglich gemacht, nachdem alle Nebengefäße im Operationsbereich abgebunden worden
sind. Unterhalb der linken Nierenschlagader und iiber den Hüftschlagadern werden
Gefäßklemmen angebracht und ein kleiner Teil der Schlagader zwischen den Klemmen
herausgeschnitten. In die Hüftschlagadern jenseits der Klemmen wird Heparin eingespritzt.
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Eine unverzweigte Fremdtransplantation von 3,7 cm Länge, die 7 Tage
in einer Sterilisationslösung von 1 Gewichtsprozent Propylenoxyd in S00loigem Äthylalkohol
gelegen und anschließend 28 Tage vor ihrer Verwendung darin aufbewahrt worden war,
wird 15 Minuten mit steriler Kochsalzlösung gewaschen und dann zum Überbrücken des
chirurgisch entfernten Teils der Schlagader verwendet.
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Die vorderen und hinteren Gefäßverbindungen werden durch fortlaufende,
nach außen gekehrte Matratzennähte mit einfachen laufenden Stichen aus 5-0-Schlagader-Nähseide
hergestellt. Dann werden die Klemmen entfernt und der Blutfluß wieder in Gang gebracht.
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Die operierte Stelle wird mit Bauchfell bedeckt, um ein Anwachsen
mit dem Darm zu verhindern. Der Schnitt in der Bauchdecke wird mit unterbrochenen
Nähten aus 2-0-Nähseide wieder geschlossen.
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Dieser Hund- wurde nach 90 Tagen getötet und eine Autopsie durchgeführt.
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Allgemeiner Befund Es wurden keine Zeichen großer Dilation gefunden.
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Zwei Drittel der inneren Oberfläche der Transplantation war mit glattem,
glitzerndem und von dem Endothelium des Versuchstieres nicht unterscheidbarem Pseudo-Endothelium
bedeckt. Der mittlere Teil der Transplantation bestand aus einem unregelmäßigen
rauhen Teil.
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Mikroskopischer Befund Subakute entzündliche Reaktionen wurden an
beiden Nahtlinien beobachtet. Diese waren teilweise durch die Seide hervorgerufen
worden. Der größte Teil der Transplantation war vollständig mit neuem Fasergewebe
infiltriert. Die Kollagenablagerung war nahe den Nahtlinien am größten. Elastisches
Gewebe war nicht zu bemerken. Der als Pseudoendothelium beschriebene Teil bestand
aus wohl differenziertem Bindegewebe, dessen Fasern in länglicher Richtung angeordnet
waren. Der mittlere Teil der Transplantation bestand aus amorphem, durch Eosin leicht
anfärbbarem Material ohne nukleare Elemente. Offensichtlich war dieser nicht störende
wandständige Thrombus dabei, sich dem Organismus anzupassen.
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Diese Befunde zeigen, daß die Transplantation völlig erfolgreich
war, da sich innerhalb von 14 Tagen (der üblichen Zeit innerhalb welcher sich grober
Mißerfolg, d. h. Tod des Versuchstiers oder Paralyse des hinteren Teils einstellt)
keine nachteiligen Folgen zeigten. Außerdem war die Transplantation auf dem Wege,
mit neuem Gewebe durchsetzt zu werden.
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Beispiel 2 Das Verfahren des Beispiels 1 wurde mit einem 30 kg wiegenden
weiblichen Bastard-Hund wiederholt, wobei eine 3,3 cm lange Transplantation eingesetzt
wurde, die nach der 7tägigen Sterilisationszeit 14 Tage in der Sterilisationslösung
aufbewahrt worden war.
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Nach 268 Tagen ist der Hund lebendig und aktiv.
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Er hat fühlbare Pulse in den Oberschenkeln und zeigt keinerlei Symptome
für ein Fehlschlagen der Transplantation.
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Daraus ist ersichtlich, daß die Transplantation völlig gelungen ist.
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Vergleichbare analoge Ergebnisse können durch bestimmte, beispielsweise
durch die folgenden Abänderungen erzielt werden. Als Ausgangsmaterial wird ein röhrenförmiges
Gefäß von einem Säugetier, vorzugsweise ein Blutgefäß von einem Rind, verwendet,
einschließlich von solchen in Y-, T- oder sonst verzweigten Formen.
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Die Enzymlösung kann handelsübliches Ficin oder ein gereinigtes und
konzentriertes, das proteolytische Enzym enthaltendes Material sein. Die aktive
Ficin-Konzentration in der Lösung soll etwa 0,25 bis 50/0, vorzugsweise 0,5 bis
2,00/0 und insbesondere 0,5 bis 1,5 0/o, betragen, wobei die höheren Konzentrationen
einen schnelleren Abbau bewirken. Die Behandlungstemperatur soll zwischen 30 und
450 C, vorzugsweise zwischen 34 und 400 C und insbesondere zwischen 36 und 380 C,
liegen, wobei die höheren Temperaturen wieder schnelleren Abbau ergeben. Das Verhältnis
von Gewichtsteilen nasser Arterien zur Enzymlösung soll dabei innerhalb eines Bereiches
von 1. bis 3 Teilen Arterie je 10 Teile Lösung, vorzugsweise zwischen 1 und 2 :10,
insbesondere bei 1,5 :10, liegen. Die Behandlungslösung sollte auf einen p-Wert
zwischen
4,0 und 7,0, vorzugsweise zwischen 4,5 und 6,0 und insbesondere
zwischen 5,0 und 5,5, gepuffert sein, wobei in dem letzten pn-Bereich der schnellste
Abbau erreicht wird. Die Abbauzeiten betragen 2 bis 8 Stunden, vorzugsweise 2,5
bis 6 und insbesondere 2,3 bis 3 Stunden. Konzentration, Menge, p-Wert, Temperatur
und Behandlungszeit werden so aufeinander abgestimmt, daß die gewünschte Erhöhung
des festen Kollagengehalts erreicht wird.
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Die Behandlung mit wäßrigem Formaldehyd wird in einer Konzentration
von 0,3 bis 3,30/0 vorzugsweise von 0,3 bis 1,00/o und insbesondere von 0,3 bis
0,5 O/o, bei Temperaturen im Bereich von 10 bis 350 C, vorzugsweise 20 bis 350 C
und insbesondere 25 bis 300 C, während einer Zeit von 4 bis 24 Stunden, vorzugsweise
von 15 bis 20 Stunden und insbesondere von 17 bis 18 Stunden, durchgeführt. Atmosphären-oder
erhöhter Druck kann verwendet werden.
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Es können auch andere Härtungsmittel verwendet werden, die entsprechende
Eigenschaften verleihen, z. B. Glyoxal, Chromoxyd oder wasserfreie Alkohole, wie
Methanol, Äthanol od. a.
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Die Sterilisation kann durch Behandlung mit einem Alkylenoxyd, wie
Äthylen- oder Propylenoxyd, mit ß-Propiolacton oder mit verdünntem wäßrigem Formaldehyd
durchgeführt werden.