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Die
Erfindung betrifft eine elektrische Prüfspitze zum Prüfen der
Auswirkungen elektrostatischer Entladungen auf ein Bauteil sowie
ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Durchführen von Entladungstests mit
einer solchen Prüfspitze.
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Elektronische
Bauteile und Baugruppen werden im Rahmen des Herstellungsprozesses
einem Test auf deren Störfestigkeit
gegenüber
elektrostatischen Entladungen (Electrostatic Discharge (ESD)) unterzogen.
Entsprechend der Norm DIN EN 61340-5-1 werden bei diesem Prüfverfahren
die Bauteile und/oder die elektrischen Anschlussstifte der Bauteile
mit Hochspannungspulsen beaufschlagt. Im Bereich der Automobiltechnik
wird gemäß der ISO 10605
und der DIN EN 61000-4-2 auch die Störfestigkeit ganzer Komponenten – insbesondere
von Steuergeräten
für Brennkraftmaschinen – gegen
Entladungen statischer Elektrizität untersucht.
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Eine
Schaltungsanordnung zum Durchführen
eines ESD-Tests ist in 3 dargestellt.
Eine solche Schaltungsanordnung weist einen Kondensator C auf, der
von einer Hochspannungsquelle HV aufgeladen wird. Ein erster Anschlussstift 1 eines
zu prüfenden
Bauteils B ist über
einen Widerstand R und einen Schalter S mit dem positiven Anschluss
des Kondensators C verbunden. Um die Wirkung einer elektrostatischen
Entladung auf das Bauteil B zu prüfen, wird ein Prüfpuls durch
Schließen
des Schalters S ausgelöst.
Hierbei entlädt
sich der Kondensator C über
den Widerstand R, den Anschlussstift 1, das Bauteil B und
weiter über
einen Masseanschluss 1.5 nach Masse. Das zu prüfende Bauteil
kann auch elektrisch isoliert oder leitfähig auf einer Koppelplatte 10 angeordnet
sein.
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Um
die Wirkung elektrostatischer Entladung auf ein Bauteil und/oder
auf ein elektrisches Gerät
zu prüfen,
werden zwei Übertragungsarten
der elektrischen Ladung auf das zu prüfende Bauteil untersucht. Zum
einen wird eine Kontaktentladung durchgeführt. Hierbei wird die Prüfspitze
in Kontakt mit dem zu prüfenden
Pin gebracht und im Anschluss daran der Prüfpuls ausgelöst. Zum
anderen wird eine Luftentladung durchgeführt, hierbei wird die Prüfspitze
dem zu prüfenden
Bauteil angenähert
und im Anschluss daran ein Prüfpuls
ausgelöst.
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Falls
Anschlussstifte eines zu prüfenden Bauteils
in einem schmalen Steckergehäuse
angeordnet sind, so ist meist eine Pinverlängerung erforderlich, da eine
herkömmliche
Luftentladeprüfspitze einen
zu großen
Durchmesser aufweist.
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Üblicherweise
werden zu prüfende
Bauteile mit einem Spannungspuls zwischen 2 und 16 kV beaufschlagt.
Die Pulsform wird und auch der Stromverlauf werden hier durch die
jeweilige Norm vorgegeben. Zum Durchführen von Kontaktentladungen
und Luftentladungen werden unterschiedliche Prüfspitzen eingesetzt. Dies erweist
sich bei einer automatisierten Durchführung eines ESD-Tests mit Hilfe
eines Industrieroboters jedoch als nachteilig. Ein Wechsel der Prüfspitzen
oder ein Anbringen einer Pinverlängerung
ist so aufwändig,
dass mit den herkömmlichen
Prüfspitzen
nur Kontaktentladungen automatisiert getestet werden können.
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Es
ist daher Aufgabe der Erfindung, eine elektrische Prüfspitze,
ein Verfahren und eine Vorrichtung zu schaffen, mit der auf einfache
Weise die Festigkeit eines Bauteils gegenüber Kontakt- und Luftentladungen
geprüft
werden kann.
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Diese
Aufgabe wird durch eine Prüfspitze
mit den Merkmalen des Anspruchs 1, eine Vorrichtung mit den Merkmalen
des Anspruchs 5 und ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs
6 gelöst.
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Eine
solche elektrische Prüfspitze
weist ein Kontaktelement zum elektrischen Kontaktieren eines zu
prüfenden
Bauteils auf. Mit diesem Kontaktelement ist eine Laufbuchse verbunden,
die aus einem elektrisch nicht leitfähigen Material gefertigt ist.
Diese Laufbuchse weist eine Längsachse
auf, entlang welcher ein elektrisch leitfähiger Kolben beweglich angeordnet
ist. Hierbei ist der Kolben in einer ersten Position und/oder einem
ersten Positionsbereich elektrisch leitend mit dem Kontaktelement
verbunden und in zumindest einer weiteren Position durch die Laufbuchse
vom Kontaktelement elektrisch isoliert angeordnet.
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Eine
erfindungsgemäße Prüfspitze
eignet sich somit sowohl zur Durchführung eines Kontakt- als auch
eines Luftentladungstests. Somit ist kein Austausch der Prüfspitze
für die
zwei verschiedenen Entladungsarten erforderlich und die Untersuchungen
können
problemlos automatisiert durchgeführt werden.
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Andere
vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen enthalten.
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Vorzugsweise
weist die Prüfspitze
ein Federelement auf, das zwischen Kolben und Laufbuchse angeordnet
ist. Durch die von dem Federelement auf den Kolben aufgebrachte
Kraft wird der Kolben ohne das Einwirken äußerer Kräfte in einer Vorzugsposition
gehalten.
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Auf
diese Weise befindet sich die Prüfspitze ohne
das Einwirken einer äußeren Kraft
auf den Kolben oder die Prüfspitze
in einer vordefinierten Position.
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In
einer weiteren bevorzugten Ausführungsform
wird der Kolben durch die Kraft des Federelements in einer Position
gehalten, in der keine elektrisch leitende Verbindung zwischen dem
Kontaktelement und dem Kolben besteht.
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In
dieser Stellung besteht keine elektrisch leitende Verbindung zwischen
Kontaktelement und Kolben, so können
zunächst
Luftentladungstests durchgeführt
werden. Durch das Ausüben
einer Kraft auf den Kolben wird das Federelement komprimiert und der
Kolben in Richtung des Kontaktelements bewegt.
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Vorzugsweise
weist der Kolben eine Aufnahme für
eine Vorrichtung, insbesondere einen ESD-Generator, auf, die die
Prüfspitze
zum einen mit einer den Prüfpuls
erzeugenden Schaltungsanordnung elektrisch verbindet und zum anderen
dazu dient, das Kontaktelement mit einem zu prüfenden Bauteil zu kontaktieren.
Anschließend
kann die Vorrichtung den Kolben entlang der Laufbuchse verschieben.
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Diese
Aufnahme kann im Bereich einer Ausnehmung der Laufbuchse oder auch
an dem der Laufbuchse abgewandten Ende des Kolbens angeordnet sein.
Abhängig
von dem Ort, an dem die Aufnahme angeordnet ist, eignet sich die
Prüfspitze
besonders für
horizontal oder vertikal zur Achse der Prüfspitze angeordnete Prüfpunkte.
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Solche
Vorrichtungen können
beispielsweise durch Industrieroboter oder andere programmgesteuerte
Maschinen realisiert werden.
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In
einer weiteren bevorzugten Ausführungsform
weist die Laufbuchse Ausnehmungen auf, die einen Austausch der nach
einem Test im Inneren der Laufbuchse ionisierten Luft zu ermöglichen.
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Auch
kann durch eine geeignete Wahl der Oberfläche des Kontaktelements, die
von dem Kolben elektrisch kontaktiert wird, die Form des Prüfpulses
positive beeinflusst werden. Hierfür eignet sich besonders ein
halbkugelförmiges
Kontaktelement aus poliertem Edelstahl.
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Ein
Ausführungsbeispiel
einer erfindungsgemäßen Prüfspitze
wird im Folgenden anhand der schematischen Zeichnungen näher erläutert.
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1 zeigt ein Ausführungsbeispiel
einer Prüfspitze
in einer Position für
Luftentladungstests,
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2 zeigt die Prüfspitze
gemäß 1 in der Position für Kontaktentladungstests,
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3 zeigt eine bekannte Schaltungsanordnung
zur Bereitstellung eines Hochspannungspulses, und
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4 zeigt eine Vorrichtung,
die eine Prüfspitze
entsprechend dem in den 1 und 2 dargestellten Ausführungsbeispiel
aufweist.
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1 zeigt ein zu überprüfendes Bauteil 2, das
mehrere Anschlussstifte 1.1, 1.2, 1.3 und 1.4 aufweist.
Hier ist eine Prüfspitze
in der Ausgangsposition für
einen Luftentladungstest dargestellt. Die Prüfspitze ist mit einem Kontaktelement 3 elektrisch
mit dem zu überprüfenden Anschlussstift,
hier dem Anschlussstift 1.1, elektrisch verbunden.
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Das
Kontaktelement 3 ist mechanisch mit einer Laufbuchse 4 verbunden,
wobei in die Laufbuchse ein Teil 3.1 des Kontaktelements
hineinragt. Die Laufbuchse 4 ist aus einem elektrisch nicht
leitfähigen
Material (Isolator) gefertigt. Die Laufbuchse 4 weist entlang
ihrer Längsachse
LA eine Ausnehmung 4.1 auf.
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Ein
elektrisch leitfähiger
Kolben 5 ist entlang dieser Längsachse beweglich angeordnet,
wobei ein Teil 5.1 des Kolbens stets zumindest teilweise
innerhalb der Laufbuchse 4 geführt wird. Zwischen der Laufbuchse 4 und
dem Kolben 5 ist ein Federelement 6 angeordnet,
das eine Kraft K auf die Laufbuchse und ein verdicktes Ende 5.2 des
Kolbens ausübt (Kraftpfeil
K in 1). Hierdurch wird
der Kolben 5 ohne das Einwirken einer äußeren Kraft in einer Position
gehalten, in der kein elektrischer Kontakt zwischen Kolben 5 und
Kontaktelement 3 besteht.
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In 1 ist weiter eine Ausnehmung 7 dargestellt,
die beispielsweise als Aufnahme für einen an einem Arm eines
Industrieroboters befestigten ESD-Generator dient (vgl. 4). In einer Position, wie
sie beispielsweise in 1 dargestellt
ist, kann ein Luftentladungstest durchgeführt werden. Hierzu wird der
Kolben 5 mit einem Hochspannungspuls beaufschlagt und im
Anschluss daran mit Hilfe des Industrieroboterarms, der innerhalb
der Laufbuchse 4 befindliche Teil 5.1 des Kolbens 5 dem
ebenfalls innerhalb der Laufbuchse 4 befindlichen Teil 3.1 des Kontaktelements 3 angenähert, so
dass der Prüfpuls vom
Kolben 5 auf das Kontaktelement 3 überspringt und
somit auf den Anschlussstift 1.1 übertragen wird. Zwischen Kontaktelement 3 und
dem Kolben 5 entsteht eine Funkenstrecke.
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Um
nun einen Kontaktentladungstest durchzuführen, wird der Kolben 5 entlang
der Längsachse LA
soweit in Richtung Kontaktelement 3 verschoben, bis eine
elektrisch leitfähige,
galvanische Verbindung zwischen Kolben 5 und Kontaktelement 3 entsteht. Hierbei
berühren
sich die in der Laufbuchse 4 befindlichen Teile 5.1 und 3.1 des
Kolbens 5 bzw. des Kontaktelements 3.
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In
dieser Position, wie sie in 2 dargestellt ist,
wird nun der Prüfpuls
elektrisch leitend vom Kolben 5 über das Kontaktelement 3 auf
den zu prüfenden
Anschlussstift 1.1 übertragen.
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Ein
Teil des Kontaktelements 3 kann in einer alternativen Ausführungsform
auch eine Ausnehmung für
den Kolben 5 aufweisen, sodass ein Bereich entsteht, in
dem der Kolben 5 mit dem Kontaktelement galvanisch elektrisch
verbunden ist.
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Funktionsgleiche
Elemente tragen in 2 dieselben
Bezugszeichen wie in 1.
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Die
in den 1 und 2 gezeigte Prüfspitze kann
beispielsweise mit einer Schaltungsanordnung, wie sie in 3 gezeigt ist, mit einem
Prüfpuls
beaufschlagt werden. Hierbei ist der Kolben 5 mit dem dem Schalter
S abgewandten Anschluss des Widerstands R elektrisch verbunden.
Das Bauteil 2 ist über
einen Masseanschluss 1.5 mit Masse verbunden.
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Alternativ
kann die zu prüfende
Komponente auch gemäß der DIN
EC 61000-4-2 isoliert oder elektrisch leitend auf einer Koppelplatte 10 angeordnet sein.
Die Koppelplatte 10 stellt in diesem Fall das Bezugspotential
für den
Entladungstest dar.
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4 zeigt einen Arm 8.1 eines
Industrieroboters, der mit einem ESD-Generator 8.2 mechanisch
verbunden ist. An dem freien Ende 9 des ESD-Generators 8.2 ist
eine Prüfspitze,
wie in den 1 und 2 dargestellt, befestigt.
Ein Roboterarm 8.1, an dem der ESD-Generator 8.2 befestigt
ist, fährt die
einzelnen zu prüfenden
Kontakte 1.1 bis 1.4 an, so dass eine elektrische
Verbindung zwischen Kontaktelement 3 und dem jeweiligen
zu prüfenden
Anschlussstift 1.1 bis 1.4 besteht. Im Anschluss
daran wird je nach Entladungsart der Kolben 5 so verfahren,
dass entweder eine galvanische elektrische Verbindung zwischen Kontaktelement 3 und
Kolben 5 besteht oder dass das Kontaktelement 3 und
der Kolben 5 durch die Laufbuchse 4 elektrisch
isoliert angeordnet sind. In jeder dieser Positionen wird entsprechend
der Prüfvorschrift
eine vorbestimmte Anzahl von Hochspannungspulsen ausgelöst und somit
die Empfindlichkeit des Bauteils 2 gegen elektrostatische Entladungen
getestet.
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Mit
einem entsprechend programmierten Industrieroboter werden die jeweiligen
Prüfpunkte
angefahren. An jedem Prüfpunkt
werden die Untersuchungen der Störfestigkeit
gegenüber
Luft- und Kontaktentladungen wie oben beschrieben durchgeführt. Auf
diese Weise ist eine voll automatisierte Durchführung der Tests möglich.