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Die
Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit
einer Anlage zur Ausführung
eines industriellen Prozesses
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Eine
Leistungserhöhung
einer Anlage zur Ausführung
eines industriellen Prozesses, z.B. eines Prozesses mit durchlaufenden
Warenbahnen wie bei der Herstellung von Papier, Textilien, Kunststoff-
oder Metallfolien, um wenige Prozentpunkte führt in der Regel zu einer überproportional
hohen Steigerung des Ertrages für
den Betreiber der Anlage. Erfahrungsgemäß spielt hierbei das Antriebssystem
oft eine vorrangige Rolle.
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Wenn
ein Maschinenteil für
eine in der Anlage enthaltene Maschine oder ein komplettes Anlagenteil
für eine
solche Anlage ausgelegt wird, werden die meisten Teile auf der Basis ähnlicher
Maschinen oder Anlagenteile unter Berücksichtigung einiger Leistungsreserven
ausgelegt. Unter den in der Anlage vorliegenden Betriebsbedingungen
sind die Belastungen der Maschine oder des Anlagenteils allerdings
meist unterschiedlich zu den in den bisher bekannten, ähnlichen
Anlagen. Es ist somit nicht möglich,
eine sichere Aussage darüber
zu treffen, welche Leistungserhöhung
in der Anlage möglich
ist, ohne ein oder mehrere Teile der Anlage zu überlasten.
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Maßnahmen
zur Leistungserhöhung
in solchen Anlagen, insbesondere in komplexen Anlagen wie z.B. zur
Ausführung
kontinuirlicher Prozesse zur Herstellung von Warenbahnen, beruhen
bisher immer auf punktuellen Betrachtungen der Anlage und entbehren
deshalb in der Regel einer langfristigen Nachhaltigkeit.
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Es
ist deshalb Aufgabe vorliegender Erfindung ein Verfahren anzugeben,
welches eine wirtschaftliche und nachhaltige Erhöhung der Leistungsfähigkeit
einer Anlage ermöglicht.
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Die
Lösung
dieser Aufgabe gelingt erfindungsgemäß durch ein Verfahren gemäß Patentanspruch
1. Vorteilhafte Ausgestaltungen des Verfahrens sind jeweils Gegenstand
der Unteransprüche
2 bis 8.
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Aufgrund
der erfindungsgemäß vorgesehene
Ermittlung der für
die Leistungsfähigkeit
der Anlage relevanten Prozessgrößen und
deren Erfassung bei wechselnden Betriebsbedingungen ist eine umfassende
Berücksichtigung
sämtlicher,
die Leistung der Anlage begrenzenden, Einflussfaktoren unter Berücksichtigung
sämtlicher
Betriebsprofile der Anlage gewährleistet.
Es wird somit vermieden, dass nur punktuell einige Aspekte der Anlage,
wie z.B. das Antriebssystem, unter einigen speziellen Betriebsbedingungen
betrachtet werden, dagegen andere für die Leistungsfähigkeit
maßgebende
Faktoren und Betriebsbedingungen aber nicht berücksichtigt werden. Als Ergebnis
ist hierdurch nicht nur eine kurzfristige, sondern eine nachhaltige
Erhöhung
der Leistungsfähigkeit
möglich.
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Die
geringste Regelreserve sämtlicher
Regelkreise bestimmt die ohne weitere Maßnahmen erreichbare Leistungserhöhung. Es
ist somit gewährleistet,
dass zuerst die Erschließung
der vorhandenen Leistungsreserven überprüft und diese Reserven gegebenenfalls
erschlossen werden. Dies stellt die unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten
am günstigsten
erreichbare Leistungserhöhung
dar.
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Falls
mit zusätzlichen
Maßnahmen
eine über die
vorhandene Leistungsreserve hinausgehende Leistungserhöhung angestrebt
wird, kann dies dadurch erfolgen, dass eine angestrebte Leistungserhöhung der
Anlage definiert wird, die für
die angestrebte Leistungserhöhung
notwendigen Regelreserven in den Regelkreisen der Anlage bestimmt
werden und die Regelkreise mit einer für die angestrebte Leistungserhöhung zu
geringen Regelreserve ermittelt werden.
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Aus
der Anzahl der Regelkreise mit zu geringer Regelreserve ist bereits
ersichtlich, welcher Aufwand für
weitere Untersuchungen und möglicherweise
auch für
die Implementierung von Maßnahmen
zur Leistungserhöhung
notwendig sein wird. Bei einer hohen Anzahl von Regelkreisen kann
u.U. entschieden werden, eine geringere Leistungserhöhung zu definieren,
so nur für
die entsprechend geringere Anzahl von Regelkreisen die weitere Untersuchungen notwendig
sind.
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Gemäß einer
vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung erfolgt in weiteren Schritten
ein technisches und/oder technologisches Untersuchen der Regelkreise
mit zu geringer Regelreserve und Erarbeiten von Maßnahmen
zur Herstellung der jeweilig benötigten
Regelreserven durch Entlastung der jeweiligen Regelkreise und/oder
durch Ersetzen von Komponenten in den jeweiligen Regelkreisen durch leistungsfähigere Komponenten
Diese Maßnahmen können abschließend technisch
und/oder betriebswirtschaftlich bewertet werden. Anhand dieser Bewertung
kann der Entscheidungsprozess für
die Implementierung der Verbesserungsmaßnahmen vereinfacht und eine
unter Kosten/Nutzen-Gesichtspunkten optimale Lösung für den Betreiber der Anlage
gefunden werden.
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Insgesamt
stellt die Abfolge der vorgenannten Schritte sicher, dass die Punkte
vorrangig behandelt werden, bei denen das höchste Verbesserungspotential
besteht bzw. die Wirtschaftlichkeit einer Umsetzung am höchsten ist.
Zugleich erlaubt diese Vorgehen die wirtschaftliche Erschließung vorhandener
Leistungsreserven auch bei hoher Komplexität einer Anlage.
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Die
Relevanz einer Prozeßgröße für die Leistungsfähigkeit
der Anlage wird bevorzugt dadurch ermittelt wird, dass die durch
die Prozeßgröße repräsentierte
Anlagenkomponente von der Anlage getrennt und durch eine äquivalente
Kraft oder einen äquivalenten
physikalischen Effekt ersetzt wird.
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Das
erfindungsgemäße Verfahren
eignet sich besonders vorteilhaft zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit
bei einer Anlage zur Ausführung
eines kontinuirlichen Prozesses, insbesondere eines Prozesses zu
Herstellung von durchlaufenden Warenbahnen, z.B. Papier, Textilien,
Kunststoff- oder Metallfolien. Die Leistungsfähigkeit einer solchen Anlage
wird bevorzugt durch die Geschwindigkeit der Warenbahn bestimmt.
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Die
Erfindung sowie weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung
gemäß den Merkmalen der
Unteransprüche
werden im folgenden anhand von Ausführungsbeispielen in den Figuren
näher erläutert. Darin
zeigen:
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1 eine Erfassung von Prozessgrößen bei
einer Anlage zur Papierherstellung
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2 eine Darstellung eines
erfindungsgemäßen Verfahrensablaufes
anhand eines Ablaufdiagramms
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3 eine Darstellung zur Erläuterung
der Bestimmung der Relevanz einer Prozeßgröße für die Leistungsfähigkeit
einer Anlage
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4 ein Maschinengeschwindigkeit/Drehmoment-Diagramm
für die
Bestimmung der Regelreserve bei einem Antriebsmotor
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5 die Bestimmung der Regelreserve
der Antriebskomponente von 4
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Die 1 zeigt eine Anlage 1 zur
Herstellung von Papier. Die Anlage 1 umfasst verschiedenste
Anlagenteile, die für
die verschiedenen Schritte im Herstellungsprozess für Papier
benötigt
werden, so z.B. eine Stoffaufbereitung, eine Papiermaschine, Umroller,
Kalander, Rollenschneider, Querschneider etc. Das Papier durchläuft als
Warenbahn 8 wesentliche Teile der Anlage 1.
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Die
Anlage 1 weist für
den Antrieb, die Stromversorgung und der Steuerung bzw. Regelung der
verschiedenen Komponenten im Herstellungsprozess eine Vielzahl von
Antriebskomponenten 11, Automatisierungskomponenten 12 und
Energieversorgungskomponenten 13 auf.
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Eine
Vorrichtung 2 dient zur Ermittlung der Regelreserven in
der Anlage 1. Die Vorrichtung 2 weist eine Erfassungseinheit 3,
eine Auswerteeinheit 4 und eine Ausgabeeinheit 5 auf.
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Die
Erfassungseinheit 3 dient zur Erfassung von Prozessgrößen P1...P10
des Papierherstellungsprozesses auf der Anlage 1. Dabei
kann es sich z.B. um Meßsignale
handeln, die mit Hilfe von in der Anlage 1 bereits vorhandenen
und/oder vorzusehenden Signalgebern erfasste werden.
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Die
Prozessgrößen können aus
verschiedensten Quellen des Prozesses stammen und in beliebiger,
auch unterschiedlicher Form, z.B. analog, binär, numerisch und/oder als veränderliche
physikalische Größe vorliegen.
Die Auswerteeinheit 4 dient zur Bestimmung der Regelreserven
in den Regelkreisen der Anlage 1. Mit Hilfe der Ausgabeeinheit 5 können die
Regelreserven zur Anzeige gebracht werden. Ferner weist die Vorrichtung 2 eine
Eingabeeinheit 7 zur Eingabe einer angestrebten Leistungserhöhung in
der Anlage 1 auf.
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In 2 wird das erfindungsgemäße Verfahren
anhand eines Ablaufdiagrammes erläutert. Das Verfahren wird vorteilhafterweise
von einem Dienstleistungsanbieter durchgeführt, der entsprechendes Know-How
und technische Möglichkeiten
zur Durchführung
des Verfahrens aufweist.
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In
einem ersten Schritt 31 werden – wie im Detail in 3 erläutert – die für die Leistungsfähigkeit
der Anlage relevanten Prozessgrößen ermittelt. In
einem zweiten Schritt 32 werden diese Prozessgrößen unter
wechselnden Betriebsbedingungen der Anlage erfasst und in einem
dritten Schritt 33 eine geringste Regelreserve sämtlicher
Regelkreise anhand der erfassten Prozessgrößen ermittelt. Diese Regelreserve
kann zur Erhöhung
der Leistungsfähigkeit ohne
nennenswerten Investitionsaufwand genutzt und durch deren Implementierung
im Verfahrensschritt 39b das Verfahren beendet werden.
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Falls
eine darüber
hinaus gehende Leistungserhöhung
in der Anlage gewünscht
ist, kann in einem weiteren Verfahrensschritt 34 eine solche
angestrebten Leistungserhöhung
der Anlage definiert werden. In einem weiteren Verfahrensschritt 35 werden
die für
die angestrebte Leistungserhöhung
notwendigen Regelreserven in den Regelkreisen der Anlage bestimmt
und in einem weiteren Verfahrensschritt 36 die Regelkreise
mit einer für
die angestrebte Leistungserhöhung
zu geringen Regelreserve ermittelt.
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Für die Regelkreise
mit zu geringer Regelreserve können
in einem weiteren Verfahrensschritt 37 technische und/oder
technologisches Untersuchungen der Regelkreise durchgeführt und
Maßnahmen zur
Herstellung der jeweilig benötigten
Regelreserven durch Entlastung der jeweiligen Regelkreise und/oder
durch Ersetzen von Komponenten in den jeweiligen Regelkreisen durch
leistungsfähigere
Komponenten erarbeitet werden. In einem weiteren Verfahrensschritt 38 kann
für diese
Maßnahmen
eine technische und/oder betriebswirtschaftlichen Bewertung erfolgen,
auf Basis derer eine abschließende Implementierung
der Maßnahmen
im Verfahrensschritt 39a erfolgt.
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Die
Relevanz einer Prozeßgröße für die Leistungsfähigkeit
einer Anlage kann gemäß 3 dadurch auf einfache Weise
festgestellt werden, dass die aus der technischen Mechanik bekannte
Methode des "Freischneidens" angewandt wird.
Hierzu wird eine Anlagenkomponente, d.h. ein bestimmtes Element
einer Anlage oder Maschine, in der 3 mit dem
Bezugszeichen 6 versehen, von dem System isoliert, dessen
Bestandteil es ist. Dies kann dadurch erreicht werden, dass sämtliche
Verbindungen 21 bis 25 des Elementes 6 mit
den Teilen 41 – 45 des
Systems nacheinander gelöst
und durch jeweils eine äquivalente
Kraft oder einen physikalischen Effekt 51 – 55 ersetzt
werden. Diese Kraft oder dieser Effekt kann gemessen werden und
beschreibt die Wechselwirkung des Elementes 6 mit den Teilen 41 – 45 des Systems.
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Beispiel
für die
Verbindungen 21 – 25 und
Effekte eines bestimmten Elementes können z.B. sein
- – Verbindungen
zu einem Fundament, das zum einen das Gewicht des Elementes trägt, zum
anderen aber auch Vibrationen von anderen Teilen des Systems an
das Element überträgt,
- – Antriebswellen,
Zylinder oder ähnliche
bewegliche Teile eines Elements, die mechanische Kräfte auf
das Element oder seine Teile ausüben,
- – Rohre
oder Kabel für
hydraulische, pneumatische oder elektrische Verbindungen zwischen dem
Element und seiner Umgebung,
- – dem
Element von anderen Teilen der Maschine zugeführtes Material,
- – Bedienhandlungen,
die eine Änderung
von Einstellungen oder sonstiger Eigenschaften des Elementes bewirken.
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All
diese äquivalenten
Effekte können
zu einer Beschränkung
von Leistung, Drehmoment, Geschwindigkeit, Kraft etc. führen. Um
z.B. eine Geschwindigkeitserhöhung
in einer Anlage zu er möglichen,
müssen
all diese Effekte noch von ihren Grenzen entfernt sein um eine Regelung
zu ermöglichen.
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Mit
Hilfe von 4 und 5 soll eine vorteilhafte
Vorgehensweise zur Bestimmung der Regelreserve bei einem Elektromotor
zum Antrieb einer Papiermaschine der Anlage 1 gemäß 1 erläutert werden. Das Verfahren
ist grundsätzlich
auch auf andere Regelkreise der Maschine (z.B. Dampf, Vakuum, Beschichtung)
anwendbar.
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Bei
einer bestimmten Geschwindigkeit v der Maschine liegt eine bestimmte
Last (Drehmoment) M am Elektromotor vor. Dieser Betriebspunkt definiert eine
bestimmte Klasse K in der in 4 dargestellten Geschwindigkeits/Last-Ebene
v/M. Für
jede Klasse K wird die Zeit (Verweildauer) T gezählt, in der der Motor in dieser
Klasse betrieben wird und in einer Ebene senkrecht zur v/M-Ebene
dargestellt. Es können
somit die Klassen K mit den längsten
Verweildauern ermittelt werden. Diese können anschließend angenähert durch
einen lineare Zusammenhang zwischen Last M und Maschinengeschwindigkeit
v beschrieben und durch eine Gerade G dargestellt werden.
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Das
Diagramm der 5 zeigt über der
Geschwindigkeit v der Maschine das Drehmoment M des Motors, wobei
diese beiden Parameter durch einen linearen Zusammenhang gemäß 4, dargestellt durch die
Gerade G, angenähert
sind. Bei einem drehzahlgeregelten Antrieb ist die maximale Leistung
eines Motors oder Umrichters (je nachdem, welche geringer ist) ein
hyperbolische Kurve HK in der Geschwindigkeits/Last-Ebene v/M. Der
Abstand RV dieser hyperbolischen Kurve HK zu der Gerade G ist ein
Maß für die Regelreserve
und somit für
die maximal mögliche
Geschwindigkeitserhöhung.
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Im
Fall der Bestimmung der Regelreserve z.B, bezüglich der Positionierung eines
Vakuum- oder Dampf- Steuerventils, Geschwindigkeit und Last eines
Hilfsantriebs, von Flüssigkeitsströme etc.
kann die Maschinengeschwindigkeit statt über der Last auch über der
Position des Ventils, der Geschwindigkeit des Hilfsantriebs oder
dem Flüssigkeitsstrom aufgetragen,
die Verweildauer bestimmt und der angenähert lineare Zusammenhang mit
der Geschwindigkeit v bestimmt werden.
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Die
im Fall einer Anlage mit einem kontinuirlichen Produktionsprozeß, z.B.
einer Anlage zur Papierherstellung, zu betrachtenden Prozesse sind
in der Regel nicht sehr dynamisch. Die dynamischen Anteile in den
Prozeßgrößen sind
sogar für
die Bestimmung der Regelreserven nicht in erster Linie interessant.
Von größerem Interesse
ist vielmehr das durchschnittlichen Langzeitverhalten der Prozeßgrößen. Die
Prozeßgrößen werden
deshalb bevorzugt gefiltert (ca. 2 s) und nur ca. alle 5s abgetastet.
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Bevorzugt
wird eine online-Auswertung der erfassten Daten mit anschließender Datenkompression
für eine
nachfolgende offline Auswertung der erfassten Daten durchgeführt.