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Die Erfindung betrifft ein chirurgisches Implantat, insbesondere ein Implantat mit einer als Implantatnetz gestalteten flexiblen Grundstruktur.
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Aus der
WO 03/092758 A1 ist ein chirurgischer Faden mit einer ersten Komponente aus resorbierbarem und einer zweiten Komponente aus nicht oder langsam resorbierbarem Material bekannt. Die zweite Komponente ist in dem Faden in nichtlinearer Weise angeordnet und dabei vor der Resorption der ersten Komponente durch die erste Komponente stabilisiert.
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Die
WO 02/091950 A1 zeigt ein flächiges Implantat mit einer flexiblen, porösen Basisstruktur, die nicht oder teilresorbierbar ist. Zur Markierung dienen farbige, streifenartig angeordnete Elemente, und zwar sowohl resorbierbare als auch nicht resorbierbare.
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In der
WO 02/087468 A1 wird ein flächiges Implantat mit einer flexiblen, porösen Grundstruktur aus resorbierbarem Material (z. B. einem Copolymer aus Glykolid und Caprolacton) beschrieben, die mir einer spinnennetzartigen Struktur aus nicht resorbierbarem Material (z. B. Polypropylen) verstärkt ist.
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Die
DE 199 54 166 A1 offenbart ein flächiges Implantat mit einem flexiblen Flächengebilde, das aus mindestens zwei im Wesentlichen unabhängig voneinander ausgebildeten textilen Flächenstrukturen gestaltet ist, die über die gesamte Fläche des Implantats zu einer Verbundkonstruktion fest miteinander verbunden sind.
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Aus der
DE 199 42 611 C1 ist ein verstärktes flächiges Implantat bekannt, das eine netzartige Grundstruktur und textile Verstärkungselemente aufweist. Sowohl die Grundstruktur als auch die Verstärkungselemente können resorbierbares und nicht resorbierbares Material enthalten.
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Handelsübliche Implantate zeigen nach der Implantation eine mittelgradig bis stark entzündliche Reaktion und eine starke Bindegewebsinduktion, die bei flächigen Implantaten zur Bildung von Narbenplatten führt. Bei neueren Entwicklungen (flächige Implantate mit geringer Materialmasse) verringern sich zwar die entzündliche Reaktion und die Bindegewebsinduktion, jedoch bewirkt der in diesen Implantaten enthaltene resorbierbare Anteil, z. B. aus Copolymeren aus Glykolid und Lactiden, häufig inital eine mittelgradige Bindegewebsinduktion.
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Es ist Aufgabe der Erfindung, ein chirurgisches Implantat, insbesondere ein Implantat mit einer als Implantatnetz gestalteten flexiblen Grundstruktur, zu schaffen, das nach der Implantation eine verringerte entzündliche Reaktion und eine verringerte Bindegewebsinduktion zeigt.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch ein chirurgisches Implantat mit den Merkmalen des Anspruchs 1. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Das erfindungsgemäße chirurgische Implantat hat eine flexible Grundstruktur, die eine erste Komponente aus resorbierbarem Material und eine zweite Komponente aus nicht resorbierbarem Material und/oder langsam resorbierbarem Material aufweist. Dabei ist das langsam resorbierbare Material der zweiten Komponente, falls vorhanden, langsamer resorbierbar als das Material der ersten Komponente, wobei vorzugsweise das langsam resorbierbare Material eine Resorptionsdauer von mindestens 60 Tagen hat oder 30 Tage nach der Implantation noch eine Reißkraft hat, die mindestens 10% der anfänglichen Reißkraft beträgt. Vor der Implantation beträgt die Reißdehnung der ersten Komponente mindestens das 1,25-fache der Reißdehnung der zweiten Komponente. Die erste Komponente und die zweite Komponente sind dazu eingerichtet, dass nach der Implantation die Reißdehnungen der ersten Komponente und der zweiten Komponente zu einem Zeitpunkt gleich sind, der im Bereich von 2 Tagen bis 90 Tagen nach der Implantation liegt. Das Material der ersten Komponente weist Copolymere aus Glykolid und Caprolacton mit (vor der Implantation) einer inhärenten Viskosität von mehr als 0,89 dl/g auf.
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Bei einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist die Grundstruktur als Implantatnetz gestaltet, wobei die erste Komponente Filamente aus einem Copolymer aus Glykolid und Caprolacton und die zweite Komponente Filamente aus Polypropylen aufweist. Vorzugsweise sind die Filamente der ersten Komponente Monofilamente mit einer Dicke im Bereich von 0,04 mm. bis 0,5 mm, und die Filamente der zweiten Komponente sind vorzugsweise Monofilamente mit einer Dicke im Bereich von 0,08 mm bis 0,15 mm. Dabei haben die Poren der als Implantatnetz gestalteten Grundstruktur vorzugsweise über mindestens 90% der gesamten Porenfläche eine jeweilige Fläche im Bereich von 2 mm2 bis 25 mm2, d. h. die Poren sind relativ groß.
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Das erfindungsgemäße Implantat hat in der ersten Phase nach der Implantation eine relativ hohe Festigkeit, um das Gebiet, in dem die initale Wundheilung stattfindet, mechanisch zu stabilisieren. Diese hohe Anfangsfestigkeit ergibt sich aus der relativ hohen Reißdehnung der ersten Komponente, die mit einer hohen Reißkraft korreliert. Nach der Implantation nimmt die Reißkraft der ersten Komponente jedoch schnell ab, so dass die weitere Wundheilungsphase ohne mechanische Irritation durch das Implantat ablaufen kann. Dies führt zu einer deutlichen Verringerung der entzündlichen Reaktion, und es kommt nicht zu einer initialen Anhebung der Bindegewebsinduktion. Die zweite Komponente sorgt für den mechanischen Halt in der späteren Heilungsphase.
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Die besonders bevorzugte Ausführungsform ist aufgrund der Materialwahl bereits initial (d. h. vor der Implantation bzw. unmittelbar danach) relativ weich und hat eine geringe Steifigkeit, insbesondere wenn große Poren vorgesehen sind und relativ dünne Monofilamente verwendet werden, wie oben angegeben. Aus dem initialen Verhältnis der Reißdehnungen der ersten und der zweiten Komponente ergibt sich ein günstiges Dehnungsverhalten, und die deutliche Verringerung der entzündlichen Reaktion sowie das Ausbleiben einer initialen Anhebung der Bindegewebsinduktion wurden bereits erwähnt. Die resorbierbare erste Komponente hat bereits nach 2 bis 20 Tagen eine geringere Reißdehnung als die in diesem Fall nicht resorbierbare zweite Komponente, um dann immer weiter abzufallen.
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Das günstige Verhalten in der Anfangsphase nach der Implantation eines erfindungsgemäßen Implantats zeigt sich bei Verträglichkeitsuntersuchungen (siehe unten). So ist bei der besonders bevorzugten Ausführungsform, bei der die Reißdehnung der ersten Komponente initial etwa das 1,6-fache der der zweiten Komponente beträgt, die Gewebereaktion deutlich geringer als bei handelsüblichen Vergleichsproben, nämlich nicht resorbierbaren Implantatnetzen aus Polypropylen und resorbierbaren Implantatnetzen aus Glykolid/Lactid-Copolymeren (”Vicryl”, Ethicon, Glykolid zu Lactid im Verhältnis 90:10). Dies kommt sehr überraschend, denn die Gewebereaktion ist nicht nur geringer als bei einem ”Vicryl”-Netz, sondern auch geringer als bei einem Polypropylen-Netz, obwohl eine anfängliche Reaktion auf die Abbauprodukte der ersten Komponente zu erwarten ist. Die initialen Reißdehnungen von ”Vicryl” und Polypropylen betragen etwa 20%, sind also ungefähr gleich, im Gegensatz zu den initialen Reißdehnungen der ersten Komponente und der zweiten Komponente des erfindungsgemäßen Implantats.
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Das Material der ersten Komponente enthält Copolymere aus Glykolid und Caprolacton (”Monocryl”, Ethicon).
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Als Material der zweiten Komponente kommen außer Polypropylen (PP) (”Prolene”, Ethicon) insbesondere fluorhaltige Polyolefine und Mischungen aus Polyvinylidenfluorid und Copolymeren aus Vinylidenfluorid und Hexafluorpropen in Betracht (z. B. das Material ”Pronova” von Ethicon), aber auch andere Materialien sind denkbar.
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Während die Reißkraft eines Filaments bei den in Implantaten üblichen Materialien überwiegend von der Fadenstärke abhängt und weniger vom Material selbst, ist die Reißdehnung bei ähnlichen Verstreckungsverhältnissen der zu vergleichenden Filamente während der Monofilamentextrusion stärker materialabhängig.
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Typische Bereiche der Reißdehnung für die erste Komponente (resorbierbarer Anteil) sind:
- – ”Monocryl”-Monofilamente: ca. 25% bis 40%, insbesondere 30% bis 35%
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Typische Bereiche der Reißdehnung für die zweite Komponente (nicht oder langsam resorbierbarer Anteil) sind:
- – ”Prolene”-Monofilamente: ca. 15% bis 25%
- – ”Pronova”-Monofilamente: ca. 18% bis 28%
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Die erste Komponente kann in dem Implantat in zahlreichen Formen vorliegen, z. B. als Garn, Monofilament, Multifilament, Zwirn, gedrehte Struktur oder Bändchen, auch in mehreren dieser oder auch anderer Formen. Gleiches gilt für die zweite Komponente. Außerdem sind Mischformen denkbar, z. B. Zwirne, die aus Filamenten der ersten Komponente und Filamenten der zweiten Komponente bestehen. Bei Formen wie Garnen, Monofilamenten, Multifilamenten oder Zwirnen liegt die Dicke vorzugsweise im Bereich von 0,01 mm bis 0,5 mm, während die Breite eines Bändchens vorzugsweise im Bereich von 0,05 mm bis 1 mm liegt.
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Bei der besonders bevorzugten Ausführungsform des Implantats ist die Grundstruktur flächig und als Implantatnetz (insbesondere für die Hernienreparatur oder als Einsatz am Beckenboden) gestaltet, z. B. als gewirkte Struktur. Ganz allgemein sind für die Grundstruktur zahlreiche Gestaltungen denkbar, z. B. flächige Strukturen, netzartige Strukturen, gewirkte netzartige Strukturen, Träger für Gewebekulturen, Träger für Zellkulturen, Wirkstoffträger, textile Ausgestaltungen, dreidimensional hergerichtete Strukturen.
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Wenn das erfindungsgemäße Implantat mit farblichen Markierungen (z. B. streifenförmig) versehen ist, zum Beispiel mit Hilfe von in der Grundstruktur verarbeiteten Filamenten unterschiedlicher Farbe oder durch auf die Grundstruktur aufgedruckte Markierungsstreifen, lässt sich je nach Anwendungsfall die Handhabung des Implantats erleichtern.
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Im folgenden wird die Erfindung anhand von Beispielen weiter beschrieben. Die Figuren zeigen in
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1 ein Histogramm zur graphischen Veranschaulichung der Ergebnisse aus Beispiel 3 (Tabelle 3),
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2 ein weiteres Histogramm zur graphischen Veranschaulichung der Ergebnisse aus Beispiel 3 (Tabelle 4),
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3 eine Veranschaulichung der fibrösen Reaktion herkömmlicher Implantatnetze im Verlauf der Resorption,
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4 eine Veranschaulichung der inflammatorischen Reaktion herkömmlicher Implantatnetze im Verlauf der Resorption.
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Beispiel 1
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Zur Veranschaulichung des Kraft-Dehnungsverhaltens bevorzugter Materialien für die Grundstruktur des chirurgischen Implantats wurden Monofilamente aus einem Copolymer aus Glykolid und Caprolacton (”Monocryl”, Ethicon; Fadenstärke #6-0, d. h. Durchmesser 0,07 mm; resorbierbar) und aus Polyproylen (”Prolene”, Ethicon; 3,5 mils Durchmesser, d. h. Durchmesser 0,089 mm; nicht resorbierbar) untersucht.
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Dazu wurde zunächst auf einer ”Lezzini”-Zweistufenzwirnmaschine ein Zwirn hergestellt, indem je ein ”Monocryl”-Monofilament und ein ”Prolene”-Monofilament mit 170 S T/m hochgedreht wurden und danach die beiden Komponenten mit 120 Z T/m verzwirnt wurden.
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Die Reißkraft (in N) und die Reißdehnung (in %, bezogen auf die Länge der unbelasteten Probe) der beiden Komponenten wurden durch Messungen an dem Zwirn mit Hilfe einer ”Statimat”-Prüfmaschine ermittelt, und zwar für verschiedene Resorptionsgrade der ”Monocryl”-Komponente. Um einen Resorptionsgrad einzustellen, wurde der jeweilige Zwirn für eine vorgegebene Zeitdauer in einem Klimaschrank bei 25°C und 85% relativer Feuchte künstlich gealtert, bis zu 2 Wochen zur Einstellung des höchstens Resorptionsgrads. Ein Maß für den Abbaugrad des resorbierbaren Anteils ist die inhärente Viskosität (”Inherent Viscosity”).
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Die Messungen erfolgten für jeden Resorptionsgrad an fünf Proben des Zwirns. Die folgende Tabelle 1 gibt für die beiden Monofilamente (Komponenten) die Reißkraft und die Reißdehnung sowie als Maß für den Resorptionsgrad der ”Monocryl”-Komponente deren inhärente Viskosität an, und zwar jeweils als Mittelwert für die jeweiligen fünf Proben.
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Man erkennt, dass sich sich die beiden Monofilamente initial in der Reißkraft und Reißdehnung unterscheiden. Während der Resorption bzw. Teilresorption, die ja überwiegend ein hydrolytischer Abbau ist, fallen die Reißkraft und die Reißdehnung der resorbierbaren Komponente stetig ab, bis sie bei inhärenten Viskositäten um 0,83 dl/g praktisch mit der Reißkraft und der Reißdehnung des nicht resorbierbaren Anteils übereinstimmen. Tabelle 1: Reißkraft und Reißdehnung der Monofilamente
| ”Prolene-Filament,” 3.5 mils (0,089 mm) | ”Monocryl”-Filament, #6-0 (0,07 mm) |
| Reißkraft [N] | Reißdehnung [%] | Reißkraft [N] | Reißdehnung [%] | Inhär. Viskos. [dl/g] |
inital | 11,5 | 20,2 | 14,1 | 32,2 | 1,42 |
nach Teilresorption | 10,8 | 19,9 | 12,8 | 31,7 | 1,37 |
nach Teilresorption | 11,1 | 19,6 | 12,9 | 30,5 | 1,16 |
nach Teilresorption | 10,6 | 19,4 | 11,7 | 29,0 | 1,11 |
nach Teilresorption | 10,9 | 20,1 | 11,4 | 24,6 | 0,89 |
nach Teilresorption | 10,5 | 19,8 | 10,7 | 21,6 | 0,83 |
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Beispiel 2
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Im folgenden wird die Herstellung von fünf als Implantatnetz gestalteten Grundstrukturen von chirurgischen Implantaten beschrieben, die mit ”Netz 1” bis ”Netz 5” bezeichnet sind. In den Beispielen haben die chirurgischen Implantate keine Bestandteile zusätzlich zu den Grundstrukturen; Implantate mit zusätzlichen Bestandteilen sind jedoch grundsätzlich ebenfalls denkbar.
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Netz 1:
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Dieses Netz wurde als Häkelgalongewirke aus PP-Monofilamenten (”Prolene”, Ethicon) der Fadenstärke 3,5 mils (0,089 mm) und einem resorbierbarem Monofilament (”Monocryl”, Ethicon, Copolymer aus Glykolid und Caprolacton) der Fadenstärke #5-0 (gemäß USP; d. h. 0,1 mm) hergestellt.
- Musterung: Kette als geschlossene Franse (PP-Monofilament)
- Kette: PP-Monofilament 3,5 mils
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Legebarren:
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- – Bar 6: 2-4/2-4/0-4/2-4/2-6//
PP-Monofilament/”Monocryl”-Monofilament #5-0
- – Bar 7: 4-2/4-2/6-2/4-2/4-0//
PP-Monofilament/”Monocryl”-Monofilament #5-0
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- Maschendichte: ca. 15,5 Maschen/cm
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Die PP-Monofilament/”Monocryl”-Monofilament-Mischung kann gefacht, vorzugsweise aber auch gezwirnt sein.
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Die Häkelgalonware wurde mit einem organischen Lösungsmittel gewaschen, um Rückstände von Verarbeitungshilfsmitteln abzuwaschen, anschließend auf Rahmen gespannt und bei höheren Temperaturen unter trockenem Inertgas für mehrere Stunden getempert. In diesem konkreten Beispiel wurde die Ware bei 113°C über 9 h in einer trockenen Stickstoffatmosphäre (Taupunkt < –20°C) getempert.
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Arschließend wurde die Maschenware (Häkelgalonware) zugeschnitten, verpackt und mit Ethylenoxid sterilisiert.
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Der ”Monocryl”-Anteil des Netzes hatte eine inhärente Viskosität (gemessen in Hexafluorisopropanol als Lösungsmittel) von 1,19 dl/g.
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Netz 2:
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Die wie in der Beschreibung zu Netz 1 hergestellte Häkelgalonware wurde vor der Sterilisation für 5 Tage in einem wässrigen Phospatpuffer (pH 7,25) bei höheren Temperaturen abgebaut, mit destilliertem Wasser gewaschen, getrocknet, endverpackt und dann sterilisiert.
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Der ”Monocryl”-Anteil hatte eine inhärente Viskosität von 0,59 dl/g.
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Netz 3:
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Netz 3 wurde analog zu Netz 1 hergestellt, aber statt ”Monocryl” der Fadenstärke #5-0 wurde die dünnere Fadenstärke #6-0 (gemäß USP; d. h. 0,07 mm) eingesetzt. Ein Teil des ”Monocryl” war mit dem Farbstoff ”D + C violett” eingefärbt, so dass das Implantat zu einem Teil eingefärbte Streifen zeigte.
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Die inhärente Viskosität des ”Monocryl”-Anteils der sterilen Fertigware betrug 0,97 dl/g.
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Netz 4:
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Diese Netz wurde wie Netz 3 hergestellt. Nach Inkubation in einem Phosphatpuffer ergab sich für die inhärente Viskosität des ”Monocryl”-Anteils 0,48 dl/g.
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Netz 5:
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Als Vergleichsprobe wurde ein Netz aus reinem Polypropylen hergestellt (aus Prolene 3,5 mils, d. h. 0,089 mm), und zwar analog zu Netz 1, aber ohne ”Monocryl” in der Franse.
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Varianten:
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Polypropylen (PP) kann zum Beispiel durch ”Pronova” (Ethicon; Mischung aus fluorierten Polyolefinen, und zwar aus Polyvinylidenfluorid und Copolymeren aus Vinylidenfluorid und Hexafluorpropen) ersetzt werden.
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Zwirne können wie im Beispiel 1 angegeben hergestellt werden. Aus einem derartigen Zwirn lässt sich zum Beispiel eine flächige Grundstruktur als Häkelgalonware fertigen.
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Beispiel 3
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Im folgenden werden Untersuchungen der Gewebereaktion und der lokalen Effekte des chirurgischen Implantats nach der Implantation beschrieben.
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Zunächst wurden fünf Implantatnetze in gleicher Konstruktion an einer Häkelgalonmaschine hergestellt, und zwar die im Beispiel 2 beschriebenen und mit ”Netz 1” bis ”Netz 5” bezeichneten Implantatnetze. Sie enthalten alle ein ”Prolene”-Monofilament mit einem Fadendurchmesser von 3,5 mils (0,089 mm) und die Netze 1 bis 4 zusätzlich ein ”Monocryl”-Monofilament, wobei dessen Fadenstärke und Polymerisationsgrad je nach Netz unterschiedlich sind. Das als Kontrollprobe dienende Netz 5 besteht nur aus ”Prolene”. In der Tabelle 2 sind die Eigenschaften dieser Implantatnetze zusammengefasst. Tabelle 2: Eigenschaften der Implantatnetze
Netz | | Inhärente Viskosität [dl/g] | |
1 | Monocryl-Monofilament #5-0 | 1,19 | Prolene-Monofilament 3,5 mils |
2 | Monocryl-Monofilament #5-0 | 0,59 | Prolene-Monofilament 3,5 mils |
3 | Monocryl-Monofilament #6-0 | 0,97 | Prolene-Monofilament 3,5 mils |
4 | Monocryl-Monofilament #6-0 | 0,48 | Prolene-Monofilament 3,5 mils |
5 | | | Prolene-Monofilament 3,5 mils |
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Mit diesen Netzen wurde eine Implantationsstudie an Ratten nach ISO 10993 Teil 6 (Prüfung auf lokale Effekte nach Implantation) durchgeführt. Die Netze wurden den Ratten unter die Rückenhaut in der Subcutis im Format 25 mm × 35 mm implantiert. Die Tiere wurden in Gruppen zu je 3 Ratten nach 28, 56, 84 und 140 Tagen getötet und die Implantate histopathologisch untersucht.
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Die Untersuchung erfolgte mit Hilfe von Paraffinschnitten und EvG-, HE- und PS-gefärbten Objektträgern. Es wurde eine mikroskopische und morphometrische Auswertung mittels konventioneller Lichtmikroskopie durchgeführt (HE-Färbung, EvG-Färbung, Sirius-RED-Färbung).
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Das Entzündungsinfiltrat (IF) wurde in jedem Präparat an 10 repräsentativen Stellen als Strecke in μm ausgemessen; es handelt sich somit um die Breite des inneren Granulomanteils (Makrophagenwall). Dabei wurde streng darauf geachtet, dass lediglich an den äußeren Kontaktflächen im Bereich der ”Prolene”- und ”Monocryl”-Filamente gemessen wurde und nicht in den Zwischenräumen.
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Die Bindegewebskapsel (CT) wurde in jedem Präparat an 10 repräsentativen Stellen als Strecke in μm ausgemessen; es handelt sich somit um die Breite des äußeren Granulomanteils (Fibrozytenwall). Dabei wurde streng drauf geachtet, dass lediglich an den äußeren Kontaktflächen im Bereich der ”Prolene”- und ”Monocryl”-Filamente gemessen wurde und nicht in den Zwischenräumen.
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Die immunhistochemischen Ergebnisse zum Zellresponse (Ki 67, Tunel) wurden in 10 Planquadraten mit einer Kantenlänge von 250 μm pro Schnitt ausgemessen. Zur Bestimmung des prozentualen Zellanteils wurde zum einen die im Planquadrat zur Darstellung kommende Gesamtzellzahl bestimmt und wurden zum anderen die spezifisch Ki 67- und Tunel-positiven Zellen ausgezählt.
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Die Ergebnisse für das Entzündungsinfiltrat und die Bindege webskapsel sind in Tabelle 3 bzw. Tabelle 4 sowie als Histogramme in
1 bzw.
2 zusammengefasst. Tabelle 3: Entzündungsinfiltrat [μm]
Implantationsdauer | Netz 1 | Netz 3 | Netz 5 | Netz 2 | Netz 4 |
28 Tage | 7,14 | 7,06 | 15,7 | | |
42 Tage | 6,45 | 6,91 | | | |
56 Tage | 6,45 | 5,47 | 11,28 | 10,22 | 14,25 |
84 Tage | 5,22 | 5,78 | 9,76 | 4,02 | 5,78 |
140 Tage | 5,24 | 5,05 | | | |
Tabelle 4: Bindegewebskapsel [μm]
Implantationsdauer | Netz 1 | Netz 3 | Netz 5 | Netz 2 | Netz 4 |
28 Tage | 11,69 | 12,73 | 21,83 | | |
42 Tage | 11,02 | 11,81 | | | |
56 Tage | 14,16 | 12,26 | 14,22 | 9,79 | 12,11 |
84 Tage | 11,45 | 11,51 | 11,92 | 8,92 | 9,84 |
140 Tage | 10,38 | 9,05 | | | |
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In der quantitativen Morphometrie ergibt sich, dass die beiden Implantatnetze Netz 1 und Netz 3 eine signifikant geringere entzündliche Reaktion im Vergleich zum Kontrollnetz (Netz 5, ohne ”Monocryl”) aufweisen, und zwar über den kompletten Beobachtungszeitraum. Die beiden anderen ”Monocryl”-haltigen Netze mit geringerem Polymerisationsgrad im ”Monocryl”-Anteil (Netz 2, Netz 4) zeigen nach 84 Tagen Implantationsdauer eine deutlich schwächere Entzündungsreaktion. Der ”Monocryl”-Anteil ist nach 84 Tagen bis 140 Tagen resorbiert.
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Für die beiden Implantatnetze Netz 1 und Netz 3 zeigt sich bereits nach 28 Tagen eine signifikant geringere konsekutive Bindegewebsinduktion.
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Ein weiterer markanter Unterschied zwischen den Netzvarianten findet sich bei der Zellproliferation (Ki 67). Hier weisen die ”Monocryl”-haltigen Implantatnetze leicht erhöhte Werte auf, die jedoch aufgrund der zahlreichen Messungen bereits Signifikanzniveau erreichen. Eindeutiger stellen sich die Unterschiede im Tunel-Test (”Terminal desoxyribosyl transferase-mediated dUTP nick end labeling”) dar. (Der Tunel-Test zeigt die während der Apoptose entstehenden DNS-Strangbrüche und ermöglicht eine Identifizierung apoptopischer Zellen.) Hier haben die ”Monocryl”-haltigen Implantatnetze hochsignifikant erniedrigte Werte. In den Tabellen 5 und 6 sind die Ergebnisse zusammengefasst. Tabelle 5: Zellproliferation (Ki 67 [%])
Implantationsdauer | Netz 1 | Netz 3 | Netz 5 | Netz 2 | Netz 4 |
28 Tage | 6,8 | 7,0 | 4,9 | | |
42 Tage | 7,3 | 6,8 | | | |
56 Tage | 6,0 | 6,4 | 5,5 | 7,1 | 7,8 |
84 Tage | 6,3 | 5,6 | 4,3 | 9,3 | 5,6 |
140 Tage | 6,6 | 6,0 | | | |
Tabelle 6: Tunel-Test [%]
Implantationsdauer | Netz 1 | Netz 3 | Netz 5 | Netz 2 | Netz 4 |
28 Tage | 1,9 | 2,4 | 13,9 | | |
42 Tage | 2,0 | 1,7 | | | |
56 Tage | 1,4 | 1,5 | 9,7 | 1,4 | 1,4 |
84 Tage | 1,1 | 1,3 | 4,9 | 1,1 | 1,3 |
140 Tage | 1,3 | 1,0 | | | |
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Interpretiert man die vorliegenden Messwerte, so bleibt festzuhalten, dass im Gegensatz zu ”Vicryl” enthaltenden Netzvarianten die ”Monocryl”-haltigen Implantatnetze keine initiale Anhebung der Bindegewebsinduktion zeigen.
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Die 3 und 4 illustrieren zum Vergleich typische Ergebnisse der fibrösen bzw. inflammatorischen Reaktion für schwere Implantatnetze aus Polypropylen-Monofilamenten (mit einem Flächengewicht von ca. 100 g/m2), für ein ”Vicryl” enthaltendendes Compositnetz (”Vypro”, Ethicon, aus Polypropylen-Multifilamentgarn und ”Vicryl”-Garn), für ein reines ”Vicryl”-Netz und für Kontrollen ohne Implantat.