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Verfahren zur Herstellung von feinstteiligen Feststoffen mit niedrigem
Schüttgewicht Es ist bekannt, Aerogele aus Gelen oder feinteiligen Niederschlägen,
die Wasser oder/und organische Flüssigkeiten als Dispersionsmittel enthalten, dadurch
herzustellen, daß man die dispergierten Gele oder Niederschläge in einem geschlossenen
Gefäß auf die kritischen Bedingungen des Dispersionsmittels erhitzt und das Dispersionsmittel
bei oder über seiner kritischen Temperatur verdampft, wobei das Aerogel in dem Gefäß
zurückbleibt. Als kontinuierliches Verfahren zur Herstellung von Aerogelen ist vorgeschlagen
worden, Gele durch ein geheiztes Rohr zu pumpen, in dem der kritische Druck und
die kritische: Temperatur des verdampfbaren Anteils des Gels erreicht oder überschritten
werden, und das Behandlungsgut anschließend in eine Zone niederen Druckes zu fördern,
in der sich unter Trennung des Feststoffes von der verdampften. Flüssigkeit des
Gels das Aerogel abscheidet. Nachteilig ist dabei aber nicht nur, daß die Gele nur
als stark verdünnte Dispersionen angewendet werden können, damit sie in dem Rohr
oder Rohrsystem noch gut beweglich bleiben, sondern auch die Schwierigkeit, solche
Geldispersionen gasfrei zu halten, was deshalb notwendig ist, weil schon kleine
Gasblasen die Wirksamkeit von Hochdruckförderpumpen beeinträchtigen und dadurch
Betriebsstörungen verursachen. Außerdem lassen sich Gele nur schwierig lagern, ohne
daß sich in ihnen lSonzentrationsunterschiede ausbilden und Niederschläge absetzen.
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Es wurde gefunden, daß sich diese Nachteile vermeiden lassen und
feinstteilige Feststoffe mit niedrigem Schüttgewicht erhalten werden, wenn man an
Stelle von Gelen kolloide Lösungen verwendet.
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Das Verfahren wird in an sich bekannter Weise so durchgeführt, daß
man die kolloiden Lösungen unter solchen Bedingungen des Druckes und der Temperatur
durch ein geheiztes Rohr oder Rohrsystem pumpt, daß in dem Rohr oder Rohrsystem
mindestens der kritische Druck des Dispersionsmittels aufrechterhalten wird und
wenigstens am Ende des Rohres oder Rohrsystems mindestens die kritische Temperatur
des Dispersionsmittels erreicht wird, wobei ein Teil des Rohrinhalts mittels Einrichtungen
zur Druckminderung auf einen wesentlich geringeren Druck, vorzugsweise auf Normaldruck,
entspannt wird, und daß aus dem das Rohr oder Rohrsystem verlassenden Gemisch von
feinstteiligem Feststoff mit niedrigem Schüttgewicht und Dispersionsmitteldampf
dieser Feststoff abgetrennt wird, wobei man die Bildung tropfbar flüssigen Dispersionsmittels
erst nach der Trennung des Feststoffes vom Dispersionsmittel zuläßt.
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Das Verfahren ist prinzipiell mit allen kolloiden Lösungen fester
Ausgangs stoffe durchführbar und auf die nachstehend beschriebenen anorganischen
Kolloide nicht beschränkt. Für die Herstellung von feinstteili-
ger Kieselsäure,
feinstteiligen Metalloxyden oder feinstteiligen Gemischen oder Verbindungen von
Kieselsäure und Metalloxyden mit niedrigem Schüttgewicht geht man von Solen von
Kieselsäure oder Metalloxyden oder den entsprechenden Gemischen oder Verbindungen
in Wasser, organischen Flüssigkeiten oder Gemischen von Wasser und organischen Flüssigkeiten
aus. Das zur Verwendung kommende Kieselsäuresol kann durch Dialyse oder Elektrodialyse
von löslichen Metallsilikaten oder durch Behandlung dieser mit Kationenaustauschern
oder aus salzhaltigen Umsetzungsprodukten von Wasserglas mit Säuren der Entfernung
des Salzgehaltes durch Auskühlung oder Ausfällung mit organischen Flüssigkeiten
hergestellt sein. Ebenso geeignet sind Sole, die durch doppelte Umsetzung löslicher
Silikate unter Bildung schwerlöslicher Salze als Nebenprodukte, durch Verseifung
von Kieselsäureestern oder durch Auflösen von elementarem Silicium in ammoniakalischen
oder aininhaltigen Flüssigkeiten gewonnen: werden Mit Vorteil lassen sich für die
Herstellung von feinstteiliger Kieselsäure oder feinstteiligen Metalloxyden oder
feinstteiligen Gemischen oder Verbindungen davon mit niedrigem Schüttgewicht kolloide
Lösungen verwenden, die aus den entsprechenden Gelen dadurch gewonnen werden, daß
man die Gele, mit oder ohne Zusatz von geringen Mengen den Pu Wert der Gele verändernder
Stoffe, in Wasser oder organischen Flüssigkeiten oder Gemischen davon
unter
hohem Druck durch :)ffnungen, wie Düsen, Schlitze u. dgl., preßt.
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Man kann aber auch kolloide Lösungen, beispielsweise von Kieselsäure,
Titansäure und Metalloxyden, verwenden, die durch Peptisation der entsprechenden
Gele mit chemischen Mitteln erhalten werden. So ge-Winnt man feinstteilige Kieselsäure
mit niedrigem Schüttgewicht, wenn man von einem Kieselsäuresol ausgeht, das man
durch Peptisation von Kieselsäurehydrogel unter Zusatz von geringen Mengen alkalisch
reagierender Stoffe, wie Ammoniak, bei Temperaturen über 1000 C, vorzugsweise 150
bis 1800 C, herstellt und das man vor der Überführung in den feinstteiligen Feststoff
auf einen Siliciumdioxydgehalt von über 30°/o eindicken kann. Auch Sole von Metalloxyden
oder Gemischen von Metalloxyden, die durch Peptisation der entsprechenden Metallhydroxydgele
mit geringen Mengen Säure entstehen, sind zur Herstellung von feinstteiligen Feststoffen
mit niedrigem .Schüttgewicht sehr geeignet.
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Man kann auch von Gelen ausgehen, die man mit chemischen und physikalischen
Mitteln zugleich peptisiert, indem man beispielsweise Metallhydroxydgele durch Öffnungen,
wie Düsen, Schlitze u. dgl., unter hohem Druck und unter Zusatz geringer Mengen
vorzugsweise organischer Säuren preßt. Es können dafür schwache Säuren verwendet
werden, die ohne die gleichzeitige Anwendung physikalischer Mittel zur Peptisation
nicht geeignet wären.
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Geeignet sind auch Metalloxydsole, z. B. Tonerdeäöle, die aus Metallalkoholaten
durch Verseifung mit Wasser hergestellt sind, wobei die Verseifungsgemische unmittelbar
zur Gewinnung des feinstteiligen Feststoffs verwendet werden können. Auch durch
Elektrolyse von Metallsalzlösungen oder durch Lösen von Metallen, gegebenenfalls
in aktivierter Form, in Wasser oder wasserhaltigen organischen Flüssigkeiten, oder
durch Umsetzung von Metallhatogenidlösungen mit Alkylenoxyden erhaltene Metalloxydsole
können dem beschriebenen Verfahren zur Herstellung der entsprechenden feinstteiligen
Feststoffe mit niedrigem Schüttgewicht unterworfen werden Eine für die Durchführung
des Verfahrens geeignete Vorrichtung ist in der Zeichnung schematisch wiedergegeben.
Durch die Pumpe 1 wird die kolloide Lösung in das geheizte Rohr 2 gefördert. Durch
das Druckminderungsventil 3 verläßt das Gemisch von feinstteiligem Feststoff und
Dispersionsmitteldampf den Hochdruckteil der Vorrichtung und wird in den Zyklon
4 geleitet, in dem der Feststoff abgeschieden wird, während die Dämpfe des Dispersionsmittels
im Kühler 5 kondensiert und in der Vorlage 6 aufgefangen werden können. Ans dem
Zyklon fällt der Feststoff in einen Austragbehälter 7, durch den man, dem herabrieselnden
Feststoff entgegen, zweckmäßig Stickstoff oder ein anderes Inertgas in den Zyklon
leitet. Zur Verhinderung der Abscheidung von flüssigem Dispersionsmittel wird der
Zyklon von außen gegebenenfalls geheizt und gut isoliert. Zweckmäßig können mehrere
Zyklone hintereinandergeschaltet zur Anwendung kommen. Als Förderpumpen eignen sich
z. B. Kolbendosierpumpen, Einspritzpumpen und Hochdruck-Schwinghebelpumpen, auch
Breipressen.
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Als Material für die Hochdruckrohre kann man Chromnickelstahl, aber
auch andere vergütete Stahlsorten verwenden. Die Heizung des Hochdruckrohres erfolgt
zweckmäßig mit heißen Gasen oder elektrisch, und zwar entweder direkt oder unter
Benutzung voll Heizbädern, die z. B. mit Diphenyl oder Blei oder anderen wärmeübertragenden
Medien beschickt sind.
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Beispiel 1 Man pumpt mit einer Hochdruclçdosierpumpe ein methylalkoholisches
Kieselsäuresol, das durch Peptisation von methylalkoholischer Kieseisäuregallerte
hergestellt ist und dessen Siliciumdioxydgehalt 6°to beträgt, in ein 2 m langes
und 16 mm weites elektrisch geheiztes, druckfestes Stahlrohr. Durch Einstellung
eines am Ende des Rohres befindlichen, auf 270° C elektrisch geheizten Auslaßventils
(Spitzkegelventils) wird der Druck im Rohr auf 90 atü gehalten. Aus dem bei der
Entspannung sich bildenden Gemisch von Kieselsäure und Methylalkoholdainpf wird
die Kieselsäure in einem geheizten Zyklon abgeschieden und der Lösungsmitteldampf
anschließend in Kühlen kondensiert. Die gebildete feinstteilige Kieselsäure ist
reinweiß und außerordentlich locker. Ihr Schüttgewicht beträgt 25 g je Liter. Die
mit dem Elektronenmikroskop ermittelten Teilchengrößen liegen zwischen i3 und 20
mm.
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Beispiel 2 Die im Beispiel 1 beschriebene Vorrichtung beschickt man
mit einem Kieselsäuresol, das durch Peptisation von Kieselsäuregallerte mit wenig
Ammoniak unter Druck bei 1700 C, Eindicken des Sols auf einen Siliciumdioxydgehalt
von 30°/o und Verdünnen mit so viel Methylalkohol hergestellt ist, daß das Dispersionsmittel
aus Wasser und Methylalkohol im Volumenverhältuis i: 2 besteht. Der Siliciumdioxydgehalt
des Sols beträgt 106/ff. Der Druck im Rohr wird auf 150 atü, die Temperatur am Auslaßventil
auf 320° C eingestellt. Man erhält Kieselsäure mit einem Schüttgewicht von 20 g
je Liter und einer Teilchengröße von 10 bis 30 m>.
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Beispiel 3 Ein ohne Zusatz eines Peptisationsmittels durch Pressen
durch eine Düse bei 80 atü hergestelltes wässeriges Titandioxydsol mit einem Feststoffgehalt
von 50/o wird bei einem Druck von 230 atü und einer Temperatur von 420° C am Entspannungsventil
in der im Beispiel 1 beschriebenen Weise behandelt. Man erhält Titandioxyd. mit
einem Schüttgewicht von 112 g je Liter in außerordentlich feiner Verteilung.
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Beispiel 4 Ein durch Peptisation mit Ameisensäure in einer Menge
von 0,38°/o der Theorie, berechnet auf Aluminiumtriformiat, hergestelltes wässeriges
Tonerdesol mit einem Gehalt von 6O/o Aluminiumoxyd wird wie im Beispiel 3 behandelt.
Man erhält ein sehr feinteiliges Tonerdehydrat von der Zusammensetzung des Böhmits
AlO(OH). Das Schüttgewicht beträgt 23 g je Liter. Die Untersuchung mit dem Elektronenmikroskop
zeigt gut ausgebildete, nadelförmige Stäbchen von t bis 2 F Länge und 0,025 bis
0,1 p Breite.
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Daß sich eine kolloide Lösung für die kontinuierliche Herstellung
feinstteiliger Feststoffe mit niedrigem Schüttgewicht eignen würde, war nicht vorauszusehen.
Denn da hierbei in langen Hochdruckrohren mit engem Querschnitt gearbeitet werden
muß und kolloide Lösungen bekanntlich in besonderem Maße dazu neigen, in der Hitze
zu koagulieren und zu sedimentieren, war zu befürchten, daß sich die feinstverteilten
Teilchen der kolloiden Lösung an den Wandungen der Rohre ab setzen und die Rohre
allmählich verstopfen würden.
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Für den Fachmann, der mit Kolloiden, z. B. Aerogelen, zu tun hat,
ist es außerdem überraschend, daß beim kontinuierlichen Arbeiten mit einem Sol bei
erhöhter
Konzentration des Ausgangs stoffes stets niedrigere scheinbare
Dichten der Endstoffe erhalten werden. Gerade diese leichten Aerogele, die beim
Autoklavverfahren - auch bei Benutzung von Solen - nicht entstehen, wenn man technisch
tragbare Konzentrationen anwendet, sind für die Praxis wertvoll.
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PrENTANsPRcHu: 1. Verfahren zur Herstellung von feinstteiligen Feststoffen
mit niedrigem Schüttgewicht durch Erhitzen von Dispersionen auf die kritische Temperatur
des Dispersionsmittels beim kritischen Druck desselben und Trennung des Dispersionsmittels
vom gebildeten feinstteiligen Feststoff durch Entspannung bei oder über der kritischen
Temperatur des Dispersionsmittels, dadurch gekennzeichnet, daß kolloide Lösungen
kontinuierlich durch lange Hochdruckrohre geleitet werden.