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Verfahren zur Darstellung von Kohlenstoff mit starken Moderatoreigenschaften
zur Verwendung in Kernreaktoren Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur
Herstellung einer neuartigen Kohlens.toffsorte, die infolge der Anwesenheit eines
geringen Deuteriumgehalts besonders gute Eigenschaften als Moderator, Reflektor
oder Wärmeträger in Kernreaktoren aufweist.
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Bekanntlich liegen beim Betrieb von Kernreaktoren in der Reaktionszone,
d. h. der Zone, in welcher die Kernreaktion stattfindet, zusätzlich zu dem spaltbaren
.Material sogena.nnte Moderatoren vor, die man zur Verminderung der Geschwindigl<eit
von in dem Spaltprozeß gebildeten schnellen Neutronen verwendet, so daß diese sich
in langsame oder thermische Neutronen umwandeln. Darüber hinaus wirken diese Substanzen
als Kühlmittel.
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Die Aktivität dieser Moderatoren, für die schweres Wasser, Beryllium
und Berylliumverbindungen, insbesondere das Oxyd und das Carbid, und auch Kohlenstoff
geeiignet sind, verändert sich beträchtlich je nach der verwendeten Substanz. Obwohl
in dieser Hinsicht Kohlenstoff weniger wirksam ist als andere Moderatoren, wie beispielsweise
Beryllium, Berylliumverbindungen und schweres Wasser, verwendet man trotzdem häufig
Kohlenstoff, insbesondere Kohlenstoff mit holher Dichte, z. B. Graphit, als Moderator
in Kernreaktoren. Dies ist nicht nur auf die Tatsache zurückzuführen, daß Kohlenstoff
im Vergleich zu Substanzen wie schweres Wasser und Berylliumverbindungen viel billiger
ist, sondern auch, weil er im Gegensatz zu den Berylliumverbindungen nicht giftig
und im Gegensatz zu schwerem Wasser eine feste Substanz mit äußerst geringem Dampfdruck
ist. Infolgedessen ist es möglich., den Moderator zugleich als Baustoff zu verwenden,
wobei in der Vorrichtung auch bei hohen Temperaturen ein normal niedriger Druck
herrscht. Bei den hohen Temperaturen, bei denen energieliefernde Kernreaktoren betrieben
werden, sind also die hohen Drücke, die bei flüssigen Moderatoren mit hohem Dampfdruck,
z. B. schwerem Wasser, auftreten, unnötig, wenn man einen festen Moderator mit niedrigem
Dampfdruck verwendet. Dies hat natürlich sehr beträchtliche Einsparungen an Apparaturkosten
zur Folge und ermöglicht eine Ausschaltung der im Betrieb unter hohem Druck bei
Kernreaktoren auftretenden Gefahren. Darüber hinaus ist Kohlenstoff gegen hohe Temperaturen
und raidioaktive Strahlung gut beständig und kann leicht in feinverteilten Zustand
gebracht werden, in welchem er »fließbar« ist, so daß seine Beförderung in dem Kernreaktor
mittels der Fluidtechnik möglich ist.
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Erfindungsgemäß stellt man nun eine Kohlesorte her, deren Moderatorwirkung
bedeutend größer ist als die des aktivsten Kohlenstoffmoderators, nämlich Graphit,
der bisher zur Verfügung stand. Das Verfahren nach der Erfindung besteht darin.,
da,ß man deuterierte Produkte, die man durch Deuterierung von schweren, insbesondere
polycyclischen aromatischen Koh.lentvasserstoffen erhält, durch Anwendung an sich
bekannter Verfahren zur Darstellung von Kohlenstoff aus kohlenstoffreichem Material
carbonisiert. Unter schweren Kohlenwasserstoffen, sind hier solche zu verstehen,
deren Dampfdruck bei der Temperatur, bei welcher die Carbonisierung durchgeführt
wird, wesentlich unter dem Arb,c@itsdruck bleibt.
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Das deuterierte, in dem Verfahren nach der Erfindung verwendete aromatische
Ausgangsmaterial kann z. B. durch Deuterierung mittels des sogenannten »Ri.eselverfahrens«
hergestellt werden, wobei normallerweise flüssige oder feste aromatische Kohlenwasse:rstoffe,
insbesondere solche mit mehr als einem Ring, z. B. Anthracen, Phenantllren: und
ihre höheren Homolgen u. dgl. oder Gemische, die ganz oder vorwiegend aus diesen
bestehen, z. B. schwere raffinierte Teerölfraktionen, aromatische Auszüge von schweren
Mineralölen u. dgl., erholtem. werden. Bei diesen Verfahren läßt man den Kohlenwasserstoff
in flüssigem Zustand in Form einer dünnen Schicht bei erhöhter Temperatur und erhöhtem
Druck über einen fixierten, in der Reaktionszone angeordneten Katalysator herabfließen,
der den Austausch von Wasserstoff mit Deuterium fördert, während man gleichzeitig
nach
oben Deuterium oder ein deuteriumhaltiges oder deuteriumzlieferndes
Gas durchleitet.
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Es hat sich herausgestellt, daß es bei dem Verfahren nach der Erfindung
ratsam ist, von deuter.iertein Ausgangsmaterial auszugehen, in dem das Atomverhältnis
von Deuterium zu Kohlenstoff 1 : 1 bis 1 :5 beträgt. Wenn das ursprüngliche Ausgangsmaterial
je aromatischem Ring eine oder mehrere kurze Seitenketten enthält, z. B. solche
mit 1 oder 2 Kohlenstoffatomen, kann man vor der tatsächlichen Carbonisierung eine
Vorbehandlung durchführen, durch welche diese Seitenketten vollständig oder teilweise
abgespalten werden. Zu diesem Zweck erhitzt man, das Material in Gegenwart eines
bekannten entalkvlierenden Katalysators auf eine Temperatur, die unter dem Zersetzungspunkt
liegt, z. B. auf 200 bis 400°.
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Das deuterierte Ausgangsmaterial kann man in gleicher Weise carbonisi;eren,
wie es beim Carbanisieren oder \-"erkoken von kohlenstoffreichem Material, z. B.
schweren aromatischen Kohlenwasserstoffen, zur Herstellung von Kohlenstoff üblich
ist. Prinzipiell kann man zu diesem Zweck jedes an sich bekannte Verfahren zur Herstellung
von Ruß und von Kohlenstoffpulver, das sich für die Fluidtechnik eignet, anwenden.
Obwohl sich für diesen Zweck auch solche Verfahren eignen, bei denen Kohlenstoff
durch unvollkommene Verbrennung des Ausgangsmaterials gebildet wird, werden die
rein thermischen Verfahren bevorzugt, bei denen die - Carbonisierung oder Verkokung
durch Erhitzen des Ausgangsmaterials in Abwesenheit sauerstoffhaltiger Gase bei
Temperaturen über dem Zersetzungspunkt des umzusetzenden Materials erzielt wird.
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Wie bei der Herstellung von Ruß kann die Carbonisnerungstemperatur
bei dem Verfahren nach der Erfindung je nach der Art des umzuwandelnden Ausgangsmaterials,
der Erhitzungsdauer und anderer Reaktionsbedingungen. z.` B. dem Druck, der An-
oder Abwesenheit eines Trägergases. weitgehend verändert werden. Diese Temperaturen
liegen im allgemeinen zwischen etwa 500 und 1000°.
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Bei der thermischen Behandlung, der das Ausgangsmaterial unterworfen
wird, bilden sich außer dem erwünschten. Kohlenstoff- gasförmige Zersetzungsprodukte,
die Deuterium und deuterierte leichte Kohlenwasserstoffe enthalten und bei ihrer
Bildring aus der Reaktionszone abgezogen werden müssen.
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Diese Gase sind wertvolle Produkte, die man, wie sich herausgestellt
hat; vorteilhaft als zusätzliche Deuteriumquelle bei der Darstellung des anfangs
als Ausgangsmaterial bei dem Verfahren nach der Erfindung verwendeten Materials
gebrauchen kann.
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Die erfindungsgemäß dargestellten Kohlenstoffsorten weisen einen geringen
Deuteriumgehalt auf, der so fest an den Kohlenstoff gebunden ist, daß er selbst
bei langdauerndem Erhitzen auf hohe Temperaturen nicht oder kauen vermindert wird.
Dieser Deuteriumgehalt, der je nach den bei der Carbonisierung angewendeten Reaktionsbedingungen
schwanken kann, beispielsweise von 0,5 bis 5 Gewichtsprozent, ist im allgemeinen
niedriger, je höher die Carbonisierungstemperatur war.
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Infolge dieses Deuteriumgehalts hat die erfindungsgemäß erhaltene
Kohlenstoffsorte bei Verwendung in Kernreaktoren eine Moderato-nvirkung, die der
von Kohlenstoff aus nichtdeuterierten Kohlenwas:erstoffen und sogar jener von äußerst
dichtem Kohlenstoff, beispielsweise Graphit, überlegen ist.
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So hat sich herausgestellt, daß Kohlenstoff. der aus deuterierten
schweren aromatischen Kohlenwasserstoffe,n durch Carbonisierung bei etwa 1000° hergestellt
worden war und einen Deuteriumgehalt von etwa 1.4 Gewichtsprozent und eine Dichte
von etwa 1,8 aufwies, eine Moderatorwirkung zeigte, die, auf die Volumei.nheit berechnet,
30% höher war als die eines aus nichtdeuteriertem Material unter den gleichen Bedingungen
hergestellten Kohlenstoffs. Bei einem aus deuterierten aromatischen Kohlenwasserstoffen
bei niedriger Temperatur (500 bis 600°) erhaltenen Kohlenstoff mit einem Deuteri.umgehalt
von etwa 5 Gewichtsprozent überstieg die Moderatorwirkung sogar das doppelte der
von Graphit.
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Im `"ergleich zu der Herstellung von graphitischem Kohlenstoff, ausgehend
von weniger dichtem Kohlenstoff. wofür ein sehr langes Erhitzen auf hohe Temperatur.
beispielsweise 1800 bis 2000°. erforderlich ist, weist das Verfahren nach der Erfindung
außer den beträchtlich größeren Moderatoreigenschaften des hierdurch erhaltenen
Kohlenstoffs den Vorteil auf. daß bedeutend geringere Temperaturen, die im allgemeinen
1000 nicht überschreiten, und eine kurze Erhitzungsdauer genügen.
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Der erfindungsgemäß hergestellte Kohlenstoff eignet sich sehr zur
Verwendung in Kernreaktoren, in denen das spaltbare Material und der :Moderator
in der Reaktionszone stationär angeordnet sind und die hier gebildete Wärme durch
ein strömendes Gas, ein strömendes. feinverteiltes Pulver und/oder eine strömende
Flüssigkeit abgeführt wird. Das spaltbare Material, beispielsweise Uranoxyd oder
Urancarbid, der Kohlenstoff und gegebenenfalls Thoriumcarbid oder jede andere Substanz,
welche durch Neutronen in spaltbares Material umgewandelt werden kann, kann in diesem
Fall auch als homogenes oder so gut wie homogenes Gemisch in Gestalt eines keramischen
Stoffes mit offener Porosität vorliegen.
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Die Kohlenstoffsorten gemäß der Erfindung kann man auch in solchen
Kernreaktoren verwenden, in denen ein granuliertes Gemisch, bei dem sämtliche oder
nahezu sämtliche Einzelteilchen spaltbares Material und einen Wärmeträger, der gleichzeitig
als Moderator wirkt, enthalten und die vorzugsweise kugelförmig sind. eine offene
Porosität und einen Durchmesser im Bereich von 50 bis 300 #t aufweisen, durch die
Reaktionszone und eine außen gelegene Kühlvorrichtung umgewälzt wird, wobei die
Beförderung des Gemisches zu der Kühlvorrichtung und durch dieselbe in fluidisiertem
Zustand stattfindet.
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Der erfindungsgemäß dargestellte Kohlenstoff kann nicht nur als Moderator,
sondern auch als Baustoff für den Reflektormantel verwendet werden, der bei Kernreaktoren
um die Reaktionszone angeordnet ist, um einen Teil der die Reaktionszone verlassenden
Neutronen zu reflektieren.