Die derzeit üblichen Arzneimittel zur Behandlung
von Depressionen sind unzufriedenstellend, da sie meist schwerwiegende
Nebenwirkungen besitzen. So haben viele antidepressiv wirkende Arzneimittel
Kreislaufnebenwirkungen, da sie das cholinerge Transmittersystem
beeinflussen. Es besteht daher ein großer Bedarf nach einem verbesserten Arzneimittel
zur Behandlung von Depressionen, insbesondere eines Arzneimittels
mit einer guten Wirksamkeit bei gleichzeitig geringeren Nebenwirkungen als
bei den bekannten Arzneimitteln.
Zusammenfassung
der Erfindung
Diese Aufgabe wurde überraschenderweise durch
die Verwendung von S-(–)-Liponsäure bzw.
deren pharmazeutisch annehmbaren Salzen als Wirkstoff für die Herstellung
eines Arzneimittels zur Behandlung von Depressionen gelöst. Aus
Erfahrungen mit der Gabe des Racemats ist die sehr gute Verträglichkeit
der Liponsäure
bekannt.
Kurze Beschreibung
der Abbildungen
1 zeigt
die Veränderungen
der EEG-Frequenzen bei der Ratte nach Gabe klassischer Arzneimittel
zur Behandlung von Depressionen im Vergleich zu S-(–)-Liponsäure.
2 zeigt
die zeitabhängigen
Veränderungen
der EEG-Frequenzen
bei der Ratte nach Gabe von S-(–)-Liponsäure.
3 zeigt
eine Diskriminanzanalyse der EEG-Frequenzänderungen
nach Gabe von Medikamenten für
unterschiedliche Indikationen.
4 zeigt
schematisch die Anordnung der Reiz- und Ableitelektrode im Hippokampus-Schnittpräparat bei
der Ratte.
5 zeigt
die dosisabhängige
gegensätzliche
Wirkung der beiden Enantiomere der Liponsäure auf die Auslösung der
Langzeitpotenzierung der Pyramidenzellen im Hippokampus-Schnittpräparat der Ratte.
Detaillierte
Beschreibung der Erfindung
Bei Untersuchungen der Veränderungen
der EEG-Frequenzen der Ratte nach Gabe von S-(-)-Liponsäure sowie
der Langzeitpotenzierung am Hippokampus-Schnittpräparat in
Gegenwart von S-(–)- bzw.
R-(+)-Liponsäure
wurde überraschenderweise gefunden,
dass das S-(–)-Enantiomer
der Liponsäure eine
Wirkung im Gehirn besitzt, die bei der Behandlung von Depressionen
nützlich
ist.
Das S-(–)-Enantiomer der Liponsäure zeigt überraschenderweise
im Modell Tele-Stereo EEG bei Ratten Veränderungen der EEG-Frequenzen, wie sie nach
Gabe klassischer Antidepressiva in diesem Modell beschrieben wurden
(W. Dimpfel, M. Spüler,
H.O. Borbe "Monitoring
of the Effects of Antidepressant Drugs in the Freely Moving Rat
by Radioelectroenzephalography (Tele- Stereo-EEG", Neuropsychobiology (1988),
19, 116–120).
Die Veränderungen
der EEG-Frequenzen, wie sie nach Gabe klassischer Antidepressiva
auftraten, sind in 1 gezeigt.
Im Vergleich dazu zeigt 2 die
Veränderungen
der EEG-Frequenzen
nach Gabe von S-(–)-Liponsäure wie
sie gemäß Beispiel 1 gemessen
wurden. Aus der in 3 gezeigten
Diskriminanzanalyse ist offensichtlich, dass sich der charakteristische "Fingerprint", der für die klassischen
Antidepressiva kennzeichnend ist, auch im Muster der S-(–)-Liponsäure in signifikanter
Weise wiederfindet. Aus der Erkenntnis, dass S-(–)-Liponsäure die gleichen charakteristischen
Veränderungen
der EEG-Frequenzen hervorruft wie übliche antidepressive Arzneimittel,
kann gefolgert werden, dass S-(–)-Liponsäure bei
der Behandlung von Depressionen wirksam und nützlich ist.
Zusätzlich wurden Untersuchungen
am Modell Hippokampus-Schnittpräparat in
vitro durchgeführt.
In diesen Untersuchungen wurde überraschenderweise
gefunden, dass S(–)-Liponsäure eine
Unterdrückung
der "Langzeitpotenzierung" hervorruft (siehe 5). Dieses Phänomen wurde
für andere antidepressiv
wirkende Arzneimittel in der Literatur bereits berichtet (siehe
z.B. Y. Watanabe, H. Saito, K. Abe "Tricyclic Antidepressants Block NMDA
Receptor-Mediated Synaptic Responses and Induction of Long-Term
Potentiation in Rat Hippocampus Slices", Neuropharmacology (1993), 32(5), 479–486; J.
M. Langosch, J. Walden "Effects
of the Atypical Antidepressant Trimipramine on Neuronal Excitability
and Long-Term Potentiation in Guinea Pig Hippocampal Slices", Prog. Neuropsychopharmacol.
Biol. Psychiatry (2002), 26(2), 299–302; G. Massicotte, J. Bernard, M.
Ohayon "Chronic
Effects of Trimipramine, an Antidepressant, on Hippocampal Synaptic
Plasticity", Behav.
Neural. Biol. (1993), 59(2), 100–106). Von C.A. Stewart und
I.C. Reid wurde berichtet, dass die Beeinflussung der Langzeitpotenzierung
mit der Beeinflussung der Affektivität bei depressiven Patienten
in Zusammenhang steht (siehe C.A. Stewart, I.C. Reid "Repeated ECS and
Fluoxetine Administration Have Equivalent Effects on Hippocampal
Synaptic Plasticity",
Psychopharmacology (2000), 14, 217–223.
Im gleichen Modell hat das R-(+)-Enantiomer der
Liponsäure
gerade eine gegenteilige Wirkung (siehe 5).
Erfindungsgemäß wird Liponsäure in ihrer S-(–)-Form
eingesetzt. Dieses Enantiomer besitzt die folgende Formel:
Die S-(–)-Liponsäure kann erfindungsgemäß auch in
Form ihrer pharmazeutisch annehmbaren Salze eingesetzt werden. Die
Herstellung solcher Salze erfolgt in an sich bekannter Weise. Als
Salzbildner kommen alle üblichen
pharmazeutisch annehmbaren Basen bzw. Kationen in Frage. Beispiele für solche
Salze schließen
Alkali- oder Erdalkalimetallsalze, wie z.B. Natrium-, Kalium- und
Magnesiumsalze; Ammoniumsalze; Salze mit basischen Aminosäuren, wie
Arginin und Lysin; Salze mit Aminen, wie Mono- und Diethanolamin,
1-Amino-2-Propanol, 3-Amino-1-Propanol; Alkylendiaminen, wie Ethylendiamin
oder Hexamethylentetraamin; gesättigten
zyklischen Aminoverbindungen mit vier bis sechs Ringkohlenstoffatomen,
wie Piperidin, Piperazin, Pyrrolidin, Morpholin; ein.
Die erfindungsgemäßen Arzneimittel sind zur Verabreichung
von 50 mg S-(–)-Liponsäure pro Tag
oder mehr, bevorzugt 100 mg S-(–)-Liponsäure pro
Tag oder mehr, hergerichtet.
Die erfindungsgemäßen, S-(–)-Liponsäure als Wirkstoff enthaltenden
Arzneimittel werden bevorzugt oral verabreicht. Es ist jedoch auch
eine Verabreichung auf anderem Wege, z.B.
peroral, topisch, parenteral, intravenös, intramuskulär, subkutan,
nasal, inhalativ, rektal, transdermal möglich.
Zur Verabreichung kann das erfindungsgemäße Arzneimittel,
das als Wirkstoff S-(–)-Liponsäure enthält, z.B.
in Form von Tabletten, Kapseln, Pillen, Dragees, Granulaten, Suppositorien,
Pellets, Lösungen
oder Dispersionen formuliert werden, wobei der Wirkstoff optional
mit pharmazeutisch annehmbaren Hilfs- und Trägerstoffen kombiniert werden
kann.
Liegt das erfindungsgemäße Arzneimittel
in Form einer Lösung
vor, so enthält
diese bevorzugt 0,5 bis 20 Gew.-%, besonders bevorzugt 1 bis 10 Gew.-%
des Wirkstoffs.
Die erfindungsgemäßen Arzneimittel, die S-(–)-Liponsäure als
Wirkstoff enthalten, werden normalerweise gemäss herkömmlichen Methoden hergestellt
und in einer pharmazeutisch geeigneten Form verabreicht.
Zum Beispiel können die festen oralen Formen
zusammen mit dem Wirkstoff Streckstoffe, z.B. Lactose, Dextrose,
Saccharose, Cellulose, Maisstärke
oder Kartoffelstärke;
Gleitmittel, z.B. Silicat, Talk, Stearinsäure, Magnesium- oder Calciumstearat und/oder
Polyethylenglykole; Bindemittel, z.B. Stärken, Gummi arabicum, Gelatine,
Methylcellulose, Carboxymethylcellulose oder Polyvinylpyrrolidon; Aufschlussmittel,
z.B. Stärke,
Alginsäure,
Alginate oder Natriumstärkeglykolate,
aufschäumende
Mischungen; Farbstoffe; Süßungsmittel;
Benetzungsmittel, wie Lecithin, Polysorbate, Laurylsulfate; und im
allgemeinen nicht-toxische und pharmakologisch inaktive Substanzen,
die in pharmazeutischen Formulierungen verwendet werden, enthalten.
Die pharmazeutischen Zubereitungen
können
in bekannter Weise hergestellt werden, z.B. mittels Mischen, Granulieren,
Tablettieren, Zuckerbeschichtungs- oder Überzugsbeschichtungsverfahren.
Die flüssigen Dispersionen zur oralen
Verabreichung können
z.B. Sirupe, Emulsionen und Suspensionen sein.
Der Sirup kann als Träger z.B.
Saccharose oder Saccharose mit Glycerin und/oder Mannitol und/oder
Sorbitol enthalten.
Die Suspensionen und die Emulsionen
können
als Träger
z.B. ein natürliches
Harz, Agar, Natriumalginat, Pectin, Methylcellulose, Carboxymethylcellulose
oder Polyvinylalkohol enthalten.
Die Suspensionen oder Lösungen für intramuskuläre Injektionen
können
zusammen mit dem Wirkstoff einen pharmazeutisch annehmbaren Träger, z.B.
steriles Wasser, Olivenöl,
Ethyloleat, Glykole, z.B. Propylenglykol, und, falls gewünscht, eine
geeignete Menge an Lidocain-Hydrochlorid enthalten.
Die Lösungen zur intravenösen Injektion oder
Infusion können
als Träger
z.B. steriles Wasser enthalten oder sie können bevorzugt in Form von
sterilen, wässrigen,
isotonischen Salzlösungen
vorliegen.
Die Suppositorien können zusammen
mit dem Wirkstoff einen pharmazeutisch annehmbaren Träger, z.B.
Kakaobutter, Polyethylenglykol, einen Polyoxyethylensorbitol-Fettsäureester
oder Lecithin enthalten.
Zusammensetzungen für die topische
Applikation, z.B. Cremes, Lotionen oder Pasten, können durch
Mischen des Wirkstoffs mit einem herkömmlichen ölhaltigen oder emulgierenden
Träger
hergestellt werden.
Die Dosierungseinheit des Arzneimittels kann
beispielsweise enthalten:
- a) bei peroralen
Arzneiformen:
bevorzugt 100 bis 1000 mg, besonders bevorzugt 200
bis 400 mg, Wirkstoff pro Einzeldosis. Die Tagesdosis kann beispielsweise
in 1 bis 3 Einzeldosen, vorzugsweise in einer Einzeldosis, täglich verabreicht
werden.
- b) bei parenteralen Arzneiformen (zum Beispiel intravenös, intramuskulär):
bevorzugt
100 bis 300 mg, besonders bevorzugt 100 bis 200 mg, Wirkstoff pro
Einzeldosis. Die Tagesdosis kann beispielsweise in 1 bis 3 Einzeldosen,
vorzugsweise in einer Einzeldosis, täglich verabreicht werden.
- c) bei Arzneiformen zur rektalen Applikation:
100 bis 400
mg, vorzugsweise 200 bis 300 mg Wirkstoff, pro Einzeldosis. Die
Tagesdosis kann beispielsweise in 1 bis 3 Einzeldosen, vorzugsweise
in 2 Einzeldosen, täglich
verabreicht werden.
- d) bei Arzneiformen zur Applikation auf die Haut und Schleimhäute (z.B.
Lösungen,
Lotionen, Emulsionen, Salben usw.):
100 bis 600 mg Wirkstoff,
vorzugsweise 200 bis 400 mg, pro Einzeldosis. Die Tagesdosis kann beispielsweise
in 1 bis 6, vorzugsweise 1 bis 4, insbesondere 1 bis 3, Einzeldosen
täglich
verabreicht werden.
Die angegebenen Gewichtsmengen beziehen
sich jeweils auf die freie Säure.
Bei Verwendung eines pharmazeutische annehmbaren Salzes muss die
verwendete Menge in dem Fachmann bekannter Weise entsprechend angepasst
werden.
Testverfahren 1 ((Tele-Stereo-EEG)
Die Veränderungen
der EEG-Frequenzen nach Gabe von Salzlösung (Kontrolle) bzw. einer
Dosis von S-(–)-Liponsäure (70
mg/kg Körpergewicht)
wurden bestimmt.
Die Untersuchungen wurden analog
der durch W. Dimpfel et al. (W. Dimpfel, M. Spüler, H.O. Borbe "Monitoring of the
Effects of Antidepressant Drugs in the Freely Moving Rat by Radioelectroenzephalography
(Tele-Stereo-EEG)",
Neuropsychobiology (1988), 19, 116–120) beschriebenen Methode
folgendermaßen
durchgeführt:
8
Männlichen
erwachsenen Fischer-344 Ratten (Tag-Nacht konvertiert) wurden im
Alter von 4 bis 5 Monaten 4 bipolar konzentrische Elektroden zusammen
mit einem Mikrostecker auf einer gemeinsamen Basisplatte implantiert.
Der Stecker diente der Aufnahme eines 4-Kanal-Senders zur telemetrischen Übertragung
der aus frontalem Kortex, Hippokampus, Striatum und Formatio Reticularis
abgeleiteten Feldpotentiale. Die Signale wurden auf einem Computer
System (Software "EEG-Analyse", Betriebsystem OS
Science, Laborrechner "LabTeam" der Firma MediSyst,
Linden DE) in Echtzeit einer Fast-Fourier-Transformation unterworfen und
die Leistungsdichtespektren jeweils über 15 bis 60 Minuten Bemittelt.
Die Unterteilung der Spektren in 6 verschiedene Frequenzbereiche
erlaubte die Erfassung pharmakospezifischer Veränderungen in Bezug auf die
jeweils vor der Applikation gemessenen Vorwerte innerhalb dieser
Frequenzbänder.
Zum Applikationsprotokoll der Substanzen: Die
Substanzen wurden i.p. 45 Minuten nach Beginn der Messungen (Vorwert)
injiziert. Fünf
Minuten später
wurden die Messungen wieder gestartet, mindestens über die
nächsten
5 Stunden kontinuierlich analysiert und in 15-minütigen Perioden
zusammengefasst. Die Testsubstanz wurde in einer Dosierung von 70
mg/kg appliziert. Die experimentelle Serie wurde mit der Injektion
von Salzlösung
(Kontrolle) begonnen.
Der statistische Vergleich der Versuche
erfolgte mit Hilfe einer multivariaten Analyse nach Ahrens und Läuter (siehe
H. Ahrens, J. Läuter "Mehrdimensionale
Varianzanalyse" (1974),
Akademie Verlag, Berlin) auf der Basis der Veränderungen innerhalb der einzelnen
Frequenzbänder
in allen Hirnregionen als Variablen.
Die Verabreichung von Salzlösung führte nur zu
geringfügigen
Veränderungen
in der elektrischen Aktivität
(μV2/Ω)
im Vergleich zu den Vorphasenwerten.
Bereits in der ersten Stunde nach
Verabreichung des S-(–)-Enantiomers von Liponsäure wurde ein
Abfall bei allen Frequenzen beobachtet, mit Ausnahme eines nur geringen
Abfalls der Thetawellen im Striatum. Während der nächsten Stunde dominierte der
Abfall bei allen Frequenzen das Spektrum der Veränderungen auf eine sehr charakteristische
Weise (2). Die Veränderungen
waren statistisch mindestens signifikant auf dem P < 5 %-Level.
Die i.p. Verabreichung von S-(–)-Liponsäure als
Einzeldosis führt
zu Veränderungen
der elektrischen Gehirnaktivität
bei den Testtieren, die ein statistisch signifikantes Niveau im
Vergleich zu Salzlösung
(0,9% NaCl-Lösung)
in allen Hirngebieten und bei allen Frequenzen erreichen. Diese
Muster korrelieren in signifikanter Weise mit den Mustern, die für andere
antidepressive Arzneimittel kennzeichnend sind ("Fingerprint"); nicht jedoch mit den Mustern, die bei
Medikamenten für
andere Indikationen auftreten.
Die beobachteten Frequenzänderungen wurden
mittels einer Diskriminanzanalyse mit den Ergebnissen mit herkömmlichen
antidepressiv wirkenden Arzneimitteln sowie Arzneimitteln für andere
Indikationen verglichen. Es wurden folgende Arzneimittel verwendet:
70 mg/kg S-(–)-Liponsäure ((–)-Lipons),
2 mg/kg Paroxetin (Parox), 10 mg/kg Imipramin (Imip), 10 mg/kg Amitryptilin
(Ami), 1 mg/kg Nomifensin (Nomif), 5 mg/kg Mianserin (Mians), 40 mg/kg
Fluvoxamin (Fluvox), 0.5 mg/kg Diazepam (Diazep), 0.5 mg/kg Midazolam
(Midazo), 60 mg/kg Phenobarbital (Pheno), 60 mg/kg Meprobamat (Mepro),
0.5 mg/kg Chlorpromazin (Chlorp), 0.25 mg/kg Midalozam (Halop),
1 mg/kg Phenobarbital (Prothi), 3 mg/kg Meprobamat (Cloza), 10 mg/kg
Thioridazin (Thiorida) 30 mg/kg Gabapentin (Gabap), 15 mg/kg Carbamazepin
(Carba), 75 mg/kg Valproat (Valpro), 6 mg/kg Phenytoin (Pheny).
Die Ergebnisse sind in 3 dargestellt.
Testmethode 2 (Langzeitpotenzierung
im Hippokampus-Schnittpräparat in
vitro)
Die Wirkungen der beiden Enantiomere (S-(–)-Enantiomer
und R-(+)-Enantiomer) der Liponsäure
auf die Langzeitpotenzierung der Pyramidenzellen im Hippokampus-Schnittpräparat der
Ratte wurde bestimmt.
Für
die Durchführung
dieser Studie wurden 17 erwachsene männliche CD-Ratten verwendet.
Die Isolation des Hippokampus erfolgte an äthernarkotisierten und anschließend exsanguinierten
Tieren. In Phosphat-gepufferter Salzlösung (NaCl: 124 mM; KCl: 5
mM; CaCl2: 2 mM; MgSO4:
2 mM; NaH2PO4: 1,25 mM; NaHCO3:
26 mM; Glucose: 10 mM; Kontroll-Lösung: künstliche Zerebral-Spinal-Flüssigkeit (ASCF,
artificial cerebral spinal fluid); alle von der Firma Roth, Karlsruhe
DE) wurde der mittlere Teil des Hippokampus mit Hilfe eines Schnellklebers
auf geblockt und mit einem Vibratom (Rhema Labortechnik) in 400 μm dicke Scheiben
geschnitten. Die Aufbewahrung dieses Hippokampusschnittes erfolgte
für mindestens
1 Stunde vor Versuchsbeginn (siehe S.J. Schiff, G.G. Somjen "The Effects of Temperature
on Synaptic Transmission in Hippocampal Tissue Slices" Brain Research (1985),
345, 279–284)
in einer mit Carbogen durchperlten Inkubationskammer.
Das Experiment selbst wurde in einer
sog. "Base Unit
mit Haas Top" (Firma
Medical Systems Corp.) bei 35°C
durchgeführt.
Der mit Hilfe peristaltischer Pumpen (Infusomat, B. Braun Melsungen
AG) superfundierte Hippokampusschnitt lag auf einem Stück Gaze.
Eingeleitetes Carbogen hielt die erforderliche Sauerstoffzufuhr
der Lösung
aufrecht. Die Durchflussgeschwindigkeit betrug 200 ml/h.
Die Stimulation der CA2-Region erfolgte
unter Verwendung eines Reizgenerators (Laborcomputer Labteam) über eine
Isoliereinheit und mit Hilfe einer bipolar konzentrischen Stahlelektrode
(Rhodes Medical Systems, USA). Die Anordnung der Ableit- 1 und der
Reizelektrode 2 im Gehirn der Ratten ist in 4 gezeigt. Die Impulsbreite betrug 200 μs, die Stromstärke konstant
200 μA.
Der Reizgenerator löste
im Abstand von jeweils 20 Sekunden 4 Einzelreizungen aus, die im
Hippokampusschnitt insgesamt 4 Populationsspikes evozierten. Das
System mittelte die Reizantwort der 4 Spike-Amplituden.
Die Wirkung der beiden einzelnen
Substanzen auf das evozierte Potential wurde nach Einzelreizung
wie auch nach Induktion der Langzeitpotenzierung durch einen kurzdauernden
(1 s) tetanischen Reiz (90 Hertz) untersucht (siehe K.G. Reymann, H.K.
Matthies, U. Frey, VS Vorobyev, H. Matthies "Calcium-Induced Long-Term Potentiation in the
Hippocampal Slice" Characterization
of the Time Course and Conditions", Brain Research Bulletin (1986), 17, 291–296). Dabei
wurde der Schnitt zunächst
mit Kontrollösung
superfundiert. Nach Auffinden eines geeigneten Signals und Registrierung
dieses Ausgangssignals während
mehrerer Zeitpunkte wurde anstelle der Kontrollösung auf Liponsäure-haltige
Lösung (S-(–)-Enantiomer bzw. R-(+)-Enantiomer)
umgeschaltet. Jeder Schnitt wurde jeweils nur zu einem Experiment
benutzt. Werte werden für
N = 6 Schnitte ± S.E.M
angegeben.
Die Ableitung der evozierten Antwort
erfolgte in 10-minütigem
Abstand extrazellulär
mit einer gezogenen Glaskapillare (Elektrodenpuller, Rhema Labortechnik).
Das Antwortsignal wurde verstärkt
(Verstärker "LMI", List-Electronics,
Darmstadt DE) mit einem Laborrechner-System Labteam (Software NeuroTOOL,
MediSyst GmbH, Linden DE) analog-digital gewandelt (Auflösung 12
Bit) und ausgewertet. Nach Auffinden eines geeigneten Signals (Amplitudenhöhe von ca.
1 mV) wurde die Amplitudenhöhe
des Populationsspikes (SAP = Summenaktionspotential; Popspike) als
Ausganggröße festgelegt.
Dieser Referenzwert ergab sich aus dem Mittelwert der letzten 3 gemessenen
Amplitudenhöhen
unter ACSF Lösung (Ausgangswert).
Danach erfolgte eine kurzfristige tetanische Reizung (theta-Stimulus)
zur Induktion der Potenzierung. Hieraus resultierende Amplitudenänderungen
wurden in % dieses Ausgangswertes (n = 6) ± S.E.M angegeben. Jeder Schnitt
wurde nur zu einem Experiment benutzt. Werte in Gegenwart der Testsubstanz
sind in % Reduktion dieses Referenzwertes angegeben.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung
sind in 5 gezeigt. Die
Zugabe des R-(+)-Enantiomers der Liponsäure (?) zur Superfusionsflüssigkeit
führte konzentrationsabhängig zu
einer deutlichen Zunahme der Amplitude der Populationsspikes. Im
Gegensatz dazu unterdrückte
das S-(–)-Enantiomer
(?) die Langzeitpotenzierung konzentrationsabhängig in einem Konzentrationsbereich
von 100 bis 300 μM/L.