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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Wirkstoff-Nanodiamant-Konjugats.
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Technologischer Hintergrund
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Diamanten im Nanomaßstab (sogenannte Nanodiamanten oder kurz auch NDs) ziehen aufgrund ihrer einzigartigen Eigenschaften immer mehr Aufmerksamkeit auf sich. Dieses relativ kostengünstige Kohlenstoff-Nanomaterial besteht aus einem sp3-hybridisierten Kohlenstoffkern mit einer chemisch abstimmbaren Oberfläche. Nanodiamanten werden beispielsweise zur Steigerung der Verschleißfestigkeit eingesetzt oder finden in der Sensorik und Quantencomputern Anwendung.
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Ein weiteres, vielversprechendes Einsatzgebiet von Nanodiamanten liegt in der Biochemie. So wurde beispielsweise berichtet, dass ND-vermittelte Arzneimittelabgabe die Chemoresistenz von Krebszellen in ähnlicher Weise unterdrückt wie nanopharmazeutische Systeme auf der Basis von Gold- oder Silbernanopartikeln. Nanodiamanten sind mechanisch robust und chemisch inert und zeichnen sich durch ihre hervorragende Biokompatibilität und ihre flexible Kohlenstoffoberfläche aus, die sich leicht modifizieren lässt. Nanodiamanten weisen ferner eine gut kontrollierbare Suspendierbarkeit im wässrigen Medium auf und sind in verschiedenen Größen verfügbar. NDs sind daher für den Einsatz im medizinischen Bereich besonders geeignet.
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Eine mögliche Anwendung von Nanodiamanten im medizinischen Bereich ist der Transport von Medikamenten. Zum Beispiel konnte in Laborstudien gezeigt werden, dass mit dem Zytostatika Doxorubicin beladene Nanodiamanten besser bei der Behandlung von Krebszellen wirken als die Verabreichung des reinen Medikaments. Das Wirkprinzip basiert auf einer starken Veränderung der Toxikokinetik des Wirkstoff-Nanodiamant-Konjugats im Vergleich zum reinen Medikament. Das reine Medikament Doxorubicin wird über Membranproteine aus der Zelle abtransportiert. Beim Nanodiamanten-gebundenen Wirkstoff ist dagegen der Abtransport und Abbau gehemmt (V. N. Mochalin et al., Nature Nanotechnology 2012, 7, 11-23). Wirkstoff-Nanodiamant-Konjugate sind daher Gegenstand intensiver Forschung.
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Ein wichtiges Kriterium für den Einsatz von Nanodiamanten als Medikamententransporter ist die Anbindung der Medikamente an den Diamantenpartikel. Medizinisch relevante Moleküle wurden bisher nur nasschemisch auf den Nanodiamanten aufgebracht (K. Solarska-Sciuk et al., Acta Poloniae Pharmaceutica - Drug Research 2019, 76, 779-796). Dies limitiert jedoch stark den Einsatz und die Erprobung von Nanodiamanten basierten Medikamenten, da die kovalente Anbindung mittels klassischer nasschemischer Methoden oftmals einen sehr hohen präparativen Aufwand bedeutet. Beispiele für eine nasschemische Anbindung von Zytostatika umfassen Doxorubicin (T. F. Li et al., X. Chen, Acta Biomater 2019, 86, 381-394), Paclitaxel (K.-K. Liu et al., Nanotechnology 2010, 21, 315106), 10-Hydroxycamptohecin (J. Li, Y. Zhu et al., Biomaterials 2010, 31, 8410-8418) und Daunorubicin (H. B. Man et al., Nanomedicine: Nanotechnology, Biology and Medicine 2014, 10, 359-369). Die aufgeführten Moleküle wurden hierbei zum Teil nur auf den Nanodiamanten adsorbiert.
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Eine Übersicht über die Funktionalisierung von Nanodiamanten für biologische Anwendungen ist Mina Barzegar Amiri Olia et al., ACS Appl. Nano Mater., Vol. 4, 2021, S. 9985-10005, zu entnehmen.
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Jieying Zhou et al. offenbaren in Diamond & Related Materials, Vol. 82, 2018, S. 150-159, ein Verfahren zur Herstellung von mit Chlor funktionalisierten Nanodiamanten (ND-Cls). Eine Suspension aus oberflächenmodifizierten Nanodiamanten (HNDs) wird dazu in einem chlorhaltigen Lösungsmittel mit einem Elektronenstrahl bestrahlt.
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Zusammenfassung der Erfindung
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Ein oder mehrere Nachteile des Standes der Technik werden mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung eines Wirkstoff-Nanodiamant-Konjugats nach Anspruch 1 behoben oder zumindest gemindert.
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Kurzbeschreibung der Figuren
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- 1 Schematische Darstellung des Verfahrensablaufs und der unter Elektronenbestrahlung ablaufenden Prozesse nach einer ersten Verfahrensvariante.
- 2 Schematische Darstellung des Verfahrensablaufs und der unter Elektronenbestrahlung ablaufenden Prozesse nach einer zweiten Verfahrensvariante.
- 3 Schematische Darstellung des Verfahrensablaufs und der unter Elektronenbestrahlung ablaufenden Prozesse in einem Ausführungsbeispiel nach der zweiten Verfahrensvariante.
- 4 TD-MS Thermogram von Fluoren, das an die Oberfläche von Wasserstoff-terminierten Nanodiamanten gebunden ist.
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Detaillierte Beschreibung der Erfindung
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels und dazugehöriger Zeichnungen näher erläutert.
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Allgemeine Aspekte der Erfindung
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Wirkstoff-Nanodiamant-Konjugats, wobei das Verfahren die Schritte umfasst:
- a) Herstellen einer Suspension, die Nanodiamanten und einen Wirkstoff enthält, wobei die Nanodiamanten eine modifizierte Oberfläche aufweisen, wobei der Wirkstoff zunächst in einem Lösungsmittel gelöst wird und Nanodiamanten zugesetzt werden, anschließend das Lösungsmittel wieder entzogen wird und schließlich die dann anfallenden oberflächlich mit dem Wirkstoff behafteten Nanodiamanten zur Herstellung der Suspension verwendet werden, und wobei ein Lösungsmittel zur Herstellung der Suspension verwendet wird, in dem der Wirkstoff nicht lösbar ist; und
- b) Bestrahlen der Suspension mit einem Elektronenstrahl.
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Der Erfindung liegt demnach die Erkenntnis zugrunde, dass sich Wirkstoffe effektiv durch eine Bestrahlung mit einem Elektronenstrahl an oberflächenmodifizierte Nanodiamanten binden lassen, sofern beide Komponenten dazu in einer Suspension bereitgestellt werden. Ziel der Erfindung ist es eine breite Anwendung von Wirkstoff-modifizierten Nanodiamanten für den medizinischen Bereich zur Verfügung zu stellen. Dies wird über eine alternative Modifizierungsmethode unter Verwendung von strahlenchemischen Mechanismen erreicht.
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Die strahlenchemische Anbindung von molekularen Wirkstoffen auf Nanodiamanten mittels eines Elektronenbeschleunigers beinhaltet eine Vielzahl von Vorteilen gegenüber der nasschemischen Modifikation. Ein entscheidender Faktor ist die Reaktionszeit. Auf Grund der hohen Reaktivität der gebildeten Radikale kann generell von stark verkürzten Reaktionszeiten ausgegangen werden. Dies bildet unter anderem Vorteile im Upscaling und in der späteren Prozessoptimierung zum Beispiel durch Anwendungen von Bandanlagen. Da die Modifizierung meist im wässrigen Medium und unter Verwendung von wenigen Chemikalien erfolgt, ist der Prozess zudem auch umweltschonender im Vergleich zu nasschemischen Prozessen.
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Bei dem Prozess wird der Wirkstoff, der Nanodiamant und gegebenenfalls zusätzliche Additive in wässrigen oder organischen Lösungsmitteln gelöst beziehungsweise suspendiert. Bei der anschließenden Bestrahlung der Probe werden zunächst die hochreaktiven Primärprodukte des Lösungsmittels gebildet, welche in einer sich anschließenden Reaktionskaskade sowohl mit dem Lösungsmittelmolekül als auch mit der Diamantenoberfläche reagieren. Dabei kommt es zu Bildung von reaktiven Transienten der Ziel-Moleküle (Wirkstoffe) und/oder der Diamantoberfläche. Eine schematische Darstellung einer ersten Verfahrensvariante und der unter Elektronenbestrahlung ablaufenden Prozesse ist 1 zu entnehmen.
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Der Prozess geht von einer Suspension 40 aus, die Nanodiamanten 10 und Wirkstoffe 20 in Form von Molekülen R enthält. Die Nanodiamanten 10 liegen als dispergierte Teilchen in der Suspension vor, während der Wirkstoff 40 gelöst ist. Die Prozesse beinhalten die Entstehung von Primärprodukten 42 des Lösungsmittels durch Bestrahlung mit einem Elektronenstrahl (S3). Die Primärprodukte 42 reagieren mit den gelösten Molekülen R unter Bildung reaktiver Transienten 44. Gleichzeitig führt eine Reaktion der Primärprodukte 42 mit den Nanodiamanten 10 zur Bildung von oberflächen-aktivierten Nanodiamanten 12. Ein oder mehrere reaktive Transienten 44 können sich in der Folge kovalent an einen oberflächen-aktivierten Nanodiamanten 12 binden und ein Wirkstoff-Nanodiamant-Konjugat 50 entsteht. Ungewollte Nebenreaktionen bei der Anbindung an die Oberfläche der Nanodiamanten, wie sie zum Beispiel durch den Einsatz von Additiven im nasschemischen Verfahren auftreten, können vermieden werden.
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Gemäß dem Verfahren wird im Schritt a) der Wirkstoff zunächst in einem Lösungsmittel gelöst und die oberflächenmodifizierten Nanodiamanten werden zugesetzt. Anschließend wird das Lösungsmittel wieder entzogen und schließlich die dann anfallenden oberflächlich mit dem Wirkstoff behafteten Nanodiamanten zur Herstellung der Suspension verwendet. Der Prozess beinhaltet demnach einen zusätzlichen Arbeitsschritt, bei dem der Wirkstoff auf der Diamantenoberfläche vor der eigentlichen Bestrahlung angereichert wird. Dabei wird gezielt die Löslichkeit des Wirkstoffs und die Dispergierbarkeit der Nanodiamanten ausgenutzt.
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2 illustriert schematisch die vorab beschriebene zweite Verfahrensvariante. Im ersten Schritt erfolgen die Suspension der Nanodiamanten 10 und das Lösen des Wirkstoffs 20 in einem optimalen Lösungsmittel mit möglichst niedrigem Siedepunkt, zum Beispiel Chloroform.
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Die entstehende Suspension 46 wird anschließend eingetrocknet (Schritt S1), wodurch die Wirkstoffe 20 an der Oberfläche der Nanodiamanten angereichert werden. Danach erfolgt eine Benetzung mit einem weiteren Lösemittel (Schritt S2), welches weder für die Nanodiamanten 10 noch für den Wirkstoff 20 gute Suspensions- und Löslichkeitseigenschaften aufweist. Ein weiteres Kriterium ist, dass das Lösemittel Radikalchemie induzieren kann und möglichst nicht polymerisiert. Für unpolare Moleküle eignet sich hierbei Wasser. Andere Lösemittel, die für den Prozess in Frage kommen sind: Aceton, Acetonitril, Alkohole, Alkane sowie aromatische Lösemittel, wie Toluol. Im Schritt S3 erfolgt die Bestrahlung der Suspension 40 im vorgegebenen Dosisbereich unter Bildung von Transienten 44 (hier von Wasser). Durch die vorher erfolgte Anreicherung/räumliche Nähe der Wirkstoffe 20 an der Diamantenoberfläche ist die Wahrscheinlichkeit für eine Anbindung stark erhöht sodass sich im erhöhten Maße das gewünschte Wirkstoff-Nanodiamant-Konjugat 50 bildet (Schritt S5).
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Zur Herstellung der Suspension wird ein Lösungsmittel verwendet, in dem der Wirkstoff nicht oder allenfalls in einem nur geringen Umfang löslich ist. Das Lösungsmittel zur Herstellung der Suspension kann Wasser sein, wenn der Wirkstoff nicht wasserlöslich ist. Die Verfahrensvariante hat den Vorteil, dass Wirkstoff und Nanodiamantenoberfläche im Schritt b) räumlich nahe beieinanderliegen und das Konjugat in hoher Ausbeute erhalten werden kann. Diese Art der Verfahrensführung bietet sich insbesondere dann an, wenn der Wirkstoff zuvor auf der Oberfläche der Nanodiamanten abgeschieden wurde (entsprechend der weiter oben beschriebenen Verfahrensvariante). Aber auch ohne vorherige Abscheidung des Wirkstoffs auf der Oberfläche der Nanodiamanten kann es vorteilhaft sein, wenn der Wirkstoff nicht im Lösungsmittel zur Herstellung der Suspension löslich ist. Die feinstverteilten Partikel des Wirkstoffs und die ebenfalls unlöslichen Nanodiamanten können in einem solchen Lösungsmittel Agglomerate bilden, die eine relative räumliche Nähe bei der Bestrahlung bedingen.
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Die für das Verfahren verwendeten oberflächenmodifizierten Nanodiamanten sind vorzugsweise graphitisierte Nanodiamanten oder Nanodiamanten, die Chlor-, Sauerstoff- oder Wasserstoff-terminiert sind. Besonders bevorzugt sind die Nanodiamanten Wasserstoff-terminiert. Die Herstellung derartiger Nanodiamanten ist bekannt und kann beispielweise ausgehend von HPHT-erzeugten Nanodiamanten (HPHT NDs) erfolgen (HPHT „High Pressure High Temperature“, also Diamanten, die unter hohem Druck und bei hohen Temperaturen erzeugt werden). Oxidierte Nanodiamanten (ONDs) lassen sich ausgehend von HPHT NDs in bekannter Weise durch Erhitzen in Luft erzeugen (siehe beispielsweise C. Laube et al., Defined functionality and increased luminescence of nanodiamonds for sensing and diagnostic applications by targeted high temperature reactions and electron beam irradiation, Mater. Chem. Front., 1, (2017), 2527-2540). Wasserstoff-terminierte Nanodiamanten (HNDs) können durch Erhitzen von ONDs in Wasserstoff erhalten werden (siehe beispielsweise J. Zhou et al., Diamond & Related Materials, 82, (2018), 150-159).
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Die im Verfahren verwendeten modifizierten Nanodiamanten weisen vorzugsweise einen mittleren Durchmesser D50 von 5 nm bis 1000 nm, insbesondere von 10 nm bis 100 nm auf. Der mittlere Partikeldurchmesser (D50) kann mittels Laserbeugungs-Partikelgrößenanalyse (LD) nach ISO 13320-1 bestimmt werden. Der äquivalente Durchmesser eines nicht kugelförmigen Teilchens entspricht dem Durchmesser eines kugelförmigen Teilchens, das die gleichen Eigenschaften wie das untersuchte nicht kugelförmige Teilchen aufweist.
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Wirkstoffe im Sinne der Erfindung sind Substanzen, die in einem Organismus eine spezifische Wirkung haben bzw. eine spezifische Reaktion hervorrufen. Ein pharmazeutischer Wirkstoff (Synonyme: Arzneistoff, Pharmakon) ist ein Stoff, der bei der Herstellung eines Arzneimittels als arzneilich wirksamer Bestandteil verwendet wird (Arzneimittelwirkstoff). Der pharmakologisch wirkende Stoff kann vom in der Arznei enthaltenen Wirkstoff verschieden sein. So wird der pharmakologisch wirkende Stoff manchmal z. B. in Form seines Salzes im Arzneimittel eingearbeitet oder eine Vorläufersubstanz („Prodrug“) verwendet, die erst nach Metabolisierung aktiv wird. Ein diagnostischer Wirkstoff (Diagnostikum) wird in der Medizin im Rahmen der Erkennung und Unterscheidung von Krankheiten verwendet.
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Vorzugsweise ist der Wirkstoff eine organische Verbindung, insbesondere eine aliphatische oder aromatische Verbindung.
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Aliphatische Verbindungen sind funktionalisierte oder unfunktionalisierte organische Verbindungen, die kein aromatisches Ringsystem enthalten. Aliphatische Verbindungen können unverzweigt (zum Beispiel Fette) oder verzweigt sein (zum Beispiel Terpene). Die einfachste Gruppe aliphatischer Verbindungen sind die Alkane. Ebenso können sie alicyclische Verbindungen sein, also gesättigte (zum Beispiel Cycloalkane) oder ungesättigte Ringsysteme (zum Beispiel Cycloalkene) aufweisen, solange diese nicht aromatisch im Sinne der Aromatizitätskriterien sind. Aliphatische Verbindungen können darüber hinaus beliebige funktionelle Gruppen tragen.
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Aromatische Verbindungen sind funktionalisierte oder unfunktionalisierte organische Verbindungen, die ein aromatisches Ringsystem enthalten. Aromatische Verbindungen können aliphatische Gruppen enthalten. Aromatische Verbindungen können darüber hinaus beliebige funktionelle Gruppen tragen.
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Die nach dem Verfahren hergestellten Wirkstoff-Nanodiamant-Konjugats können als Arzneimittel oder Diagnostikum verwendet werden. Ein Arzneimittel (oder gleichbedeutend Medikament) ist ein Wirkstoff, der zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten bestimmt ist oder sich zur Beeinflussung physiologischer Funktionen eignet oder eine medizinische Diagnose ermöglicht.
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Im Schritt b) beträgt der Dosisbereich der Elektronenbestrahlung vorzugsweise 1 Gy bis 2 MGy, insbesondere 10 kGy bis 500 kGy. Ein Elektronenstrahl, früher auch Kathodenstrahl, ist ein technisch erzeugtes Strahlenbündel aus Elektronen und kann mit Hilfe eines Elektronenbeschleunigers erzeugt werden. Elektronenbeschleuniger werden bereits als leistungsfähiges Werkzeug für die Funktionalisierung verschiedener Materialien eingesetzt. In einer Suspension, in der das zu funktionalisierende Material als dispergierte Phase fungiert, interagiert der hochenergetische Elektronenstrahl mit dem Lösungsmittel, um eine Fülle reaktiver Spezies zu erzeugen, d. h. Ionen, freie Radikale und angeregte Moleküle, die dann mit dem dispergierten Material reagieren. Durch die Wahl des Lösungsmittels und damit der gebildeten reaktiven Spezies, können bestimmte Reaktionskanäle für eine gezielte Modifizierung ausgewählt werden. Durch Variation der angewandten Dosen kann die Funktionalisierung von Materialien im gewünschten Umfang gesteuert werden. Darüber hinaus begünstigt der durch Elektronenbestrahlung induzierte Ansatz eine effiziente Funktionalisierung von Materialien unter Umgebungsbedingungen und innerhalb kurzer Behandlungszeiten.
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Ausführungsbeispiel
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Wasserstoff-terminierte Nanodiamanten (HNDs) mit einem mittleren Durchmesser D50 von 25 nm wurden analog zu J. Zhou et al. (Diamond & Related Materials 82, (2018), 150-159) hergestellt. Als modellhaft anzubindender Wirkstoff wurde Fluoren gewählt.
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50-52 mg HND wurden für jede Probe in einem 5 mL Glasfläschchen eingewogen, je 3 mL der zuvor hergestellten Stammlösungen (Chloroform) hinzugefügt, über Nacht eingetrocknet zur Anreicherung des Farbstoffes an der Oberfläche der HND und anschließend mit 2 mL VE-Wasser aufgefüllt. Fluoren ist nicht wasserlöslich. Die Proben wurden vor der Bestrahlung für 10 Minuten mit N2 entgast. Die Elektronenstrahlbestrahlung wurde mit einem 10 MeV linearen Elektronenbeschleuniger (Mevex Corp., Stittsville, Canada, Pulsweite: 8 µs, Wiederholungsrate: 450 Hz, Pulsstrom: 250 mA) durchgeführt.
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Die Bestrahlung der Suspension erfolgte in 3 Versuchsreihen, die Dosis lag bei: 50 kGy, 150 kGy und 300 kGy.
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3 ist eine schematische Darstellung des Versuchs zu entnehmen.
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Der Nachweis über die Anbindung erfolgte über die In-Source-Thermodesorption-Massenspektrometrie (TD-MS). Hierbei wird die Probe kontinuierlich erwärmt bis es zur Desorption kommt. Die frei gewordenen Moleküle werden ionisiert und im Massenspektrometer analysiert. Aus der Temperatur, bei der die Moleküle desorbieren, kann ein Rückschluss auf die Bindung geschlossen werden. Das Ergebnis der strahlenchemischen Anbindung von Fluoren (m/z = 165) auf der Diamantenoberfläche ist dem in 4 dargestellten Thermogram zu entnehmen.
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Zu erkennen ist deutlich, dass reines Fluoren (Kurve links außen mit einem Maximum bei ca. 6 min) bei deutlich niedrigeren Temperaturen desorbiert als das am Diamanten gebundene Fluoren (Beginn der Desorption ab ca. 20 min). Die Desorption hat bei etwa 200°C eingesetzt, was für eine kovalente Anbindung an den Nanodiamanten von Fluoren spricht.