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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Otoplastik für hörakustische Anwendungen aus einem keramischen oder keramikähnlichen Ausgangsmaterial auf der Basis einer Ohrabformung mittels eines intraauralen Scanners oder klassischer Abformung durch eine Abformmasse zur Modellerstellung sowie Ableiten eines dreidimensionalen CAD-Datensatzes gemäß Patentanspruch 1.
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Aus der
DE 10 2007 016 400 A1 bzw. der
EP 2 130 402 B1 ist ein Verfahren zum Herstellen einer Otoplastik vorbekannt, wobei zunächst ein individueller Abdruck eines Ohres, der zumindest einen Abschnitt eines äußeren Gehörganges des Ohres umfasst, gescannt und ein dreidimensionales Modell des Abdruckes erstellt wird.
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Das Modell wird dann mittels eines CAD-Systems zu einem dreidimensionalen Modell der Otoplastik nachbearbeitet.
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Als Material für die Otoplastik wird primär Titan vorgeschlagen. Alternativ wird auch auf andere metallische Werkstoffe, Keramiken oder MetallKeramik-Sintermischungen verwiesen. Als Beispiele werden hier Edelstahl oder Kobalt-Chrom-Legierungen erwähnt.
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Bei der Hörvorrichtung mit einem Schallleitstück aus Spritzgießkeramik gemäß
DE 10 2006 062 423 A1 besteht das Ziel darin, Hörgeräte mit geringerem Aufwand herzustellen. Diesbezüglich ist vorgesehen, zumindest einen Teil eines Gehäuses und/oder eines Schallleitstückes aus einer Spritzgießkeramik zu fertigen. Hierdurch sollen robuste und festere Bauteile entstehen.
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Aus der
DE 100 05 429 A1 ist ein Verfahren zum Herstellen einer individuellen Otoplastik bzw. von Ohrmulden für Hörgeräte aus Vollkeramik bekannt.
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Bei dem dortigen Verfahren zur Anfertigung in Presskeramik wird zunächst ein vorkomprimierter Abdruck des individuellen Hörkanals und der restlichen, anatomisch benötigten Bereiche auf bereits bekannte Art und Weise vorgenommen. Mit Hilfe der Abformung wird dann ein Modell erstellt, welches zur Anfertigung eines Wachsmusters der Otoplastik führt. Dieses Wachsmodell kann durch Modellieren an seiner Außen- und Innenform beliebig ergänzt oder reduziert werden. Abdruckschwächen lassen sich an der Außenfläche kompensieren. Technisch notwendige Halterungen oder Auszugshilfen können an der Innenwandung angebracht werden.
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Nach Vollendung der gewünschten Form in Wachs wird ein Wachsdraht in ausreichender Stärke angebracht. Dieser dient dann als Zuluftkanal für die flüssige Glaskeramik. An einem Gussmuldenformer angebracht, mit einer Manschette ummantelt, erhält man dann eine Form, die mit feuerfester Einbettmasse ausgegossen wird. Nach dem Abbinden der Einbettmasse wird die Manschette und der Gussmuldenformer wieder entfernt. Die Muffel wird in einem Ausschmelz- und Vorwärmofen erhitzt. Die Heißmuffel wird nach Ausschmelzen des Wachses in einen Keramikpressofen umgesetzt. Danach wird ein Presskeramikrohling in der Gussmuldenform eingebracht und ein Pressstempel aufgesetzt. Nach Ende des Pressvorganges wird die Muffel langsam auf Raumtemperatur abgekühlt. Nach Entfernung der Einbettmasse verbleibt der Keramikrohling. Selbiger wird dann zusätzlich gebohrt, durch Fräsen oder durch andere mechanische Behandlungen zu seiner endgültigen Form gebracht.
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Allen geschilderten Verfahren und Methoden ist ein aufwändiger technischtechnologischer Prozess gemeinsam, der insbesondere bei notwendigen Verarbeitungsschritten wie Erstellen einer Wachsform, Ausgießen, Pressen und Sintern zu hohen Kosten führt. Trotz dieser aufwändigen technologischen Schritte sind die auf der Basis der bekannten Technologien gefertigten keramischen Otoplastiken sehr bruchempfindlich und in der Handhabung kompliziert.
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Aus dem Vorstehenden ist es daher Aufgabe der Erfindung, ein weiterentwickeltes Verfahren zur Herstellung einer Otoplastik für hörakustische Anwendungen aus einem keramischen oder keramikähnlichen Ausgangsmaterial auf der Basis einer Ohrabformung anzugeben, welches bezogen auf das Endprodukt eine Reduzierung audiologischer Verschlusseffekte und eine Unterstützung des natürlichen Hörens ermöglicht. Das Ausgangsmaterial und damit die Otoplastik soll aus einem bioverträglichen nachhaltigen Werkstoff bestehen und besonders für Personen mit Allergien geeignet sein.
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Weitere Aspekte der zu schaffenden Lösung ist eine hohe Ästhetik der Otoplastik und ein langhaltiger Tragekomfort.
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Durch Vermeiden von Feuchtigkeitsbildung auf der Innenoberfläche der Otoplastik bei niedrigen Temperaturen soll eine Temperaturneutralität des Produktes erreicht werden.
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Die Lösung der Aufgabe der Erfindung erfolgt durch ein Verfahren gemäß der Lehre nach Patentanspruch 1, wobei die Unteransprüche mindestens zweckmäßige Ausgestaltungen und Weiterbildungen umfassen.
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Es wird demnach von einem Verfahren zur Herstellung einer Otoplastik für hörakustische Anwendungen oder einer Außenschale für Hörgeräte aus einem keramischen oder keramikähnlichen Ausgangsmaterial auf der Basis einer Ohrabformung ausgegangen.
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Die Ohrabformung kann mittels eines intraauralen Scanners oder klassischer Abformung durch Abformmasse zur Modellerstellung sowie Ableiten eines dreidimensionalen CAD-Datensatzes realisiert werden.
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Die Otoplastik weist üblicherweise eine äußere Geometrie des anatomischen Gehörganges des jeweiligen Probanden auf. Die innere Geometrie wird dabei definiert durch die Eigenschaften und Geometrie der elektronischen Komponenten, die in die Otoplastik eingesetzt werden.
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In bekannter Weise bietet Keramik unter bestimmten mechanischen oder thermischen Belastungszuständen keine ausreichende Stabilität und frakturiert bei derartigen Belastungen.
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Hinsichtlich der Erfindung wird aus diesem Grunde als Ausgangsmaterial bevorzugt ein Yttrium-dotiertes Zirkonoxyd eingesetzt. Zirkonoxyd ist ein unikaler Werkstoff, dessen Struktur im Gegensatz zur reinen Keramik auf einer Yttrium-dosierten Metalloxidbasis aufbaut. Durch diese Yttrium-Dotierung besitzt der Werkstoff und damit das Ausgangsmaterial hervorragende mechanische, chemische aber auch optische Eigenschaften.
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Problematisch verbleibt bei der Auswahl dieses Ausgangsmaterials die Haftung zwischen dem Zirkonoxyd und dem Silikoneinsatz bzw. der Silikonbuchse, welche zum Halten und Aufnehmen der elektronischen Komponenten, zum Beispiel eines Hörers dient.
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Im Hinblick auf diese Problemstellungen gestaltet sich das erfindungsgemäße Verfahren wie folgt.
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Nachdem die Ohrabformung in bekannter Weise erfolgte, wird bei der Ableitung des dreidimensionalen CAD-Datensatzes eine Berücksichtigung der Schrumpfungseigenschaften des Ausgangsmaterials bei dessen Sinterprozess bezüglich der Außengeometrie des Gehörganges, aber auch der Innengeometrie hinsichtlich der einzusetzenden elektronischen Komponenten berücksichtigt.
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Auf der Basis dieser Erkenntnis wird ein korrigierter Datensatz bereitgestellt.
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Im Anschluss erfolgt ein Fertigen der individuellen Otoplastik bzw. der Außenschale eines Hörgerätes durch Fräsen aus einem Rohlingblock des Ausgangsmaterials, und zwar mittels des korrigierten Datensatzes, wobei zusätzlich ein notwendiger Klebespalt für eine Aufnahme der elektronischen Komponenten mittels der erwähnten Silikonbuchse einbezogen wird.
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Ergänzend wird eine Silanisierung von mindestens Teilbereichen der Innengeometrie vorgenommen und es erfolgt ein Glanzbrand innerhalb eines Sinterschrittes. Die Silikonbuchse zur Aufnahme der elektronischen Komponenten wird dann durch Klebung in der Innengeometrie und einer diesbezüglichen Durchgangsöffnung in der Otoplastik fixiert.
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Ausgestaltend wird als Klebstoff für die Verbindung der Silikonbuchse mit der Durchgangsöffnung ein Cyanacrylat-haltiger Klebstoff oder ein Klebstoff auf Polymerbasis eingesetzt.
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Zusätzlich besteht die Möglichkeit, in der Otoplastik eine Belüftungsbohrung auszubilden.
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Zur Seitenmarkierung und zur Kennzeichnung der Otoplastik kann eine Keramikglasur entsprechender Farbigkeit aufgetragen werden.
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Um eine farbliche Anpassung der Otoplastik zu schaffen, kann das Ausgangsmaterial eingefärbt werden oder eine farbige Feldspatkeramik aufgetragen werden.
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Letztendlich besteht die Möglichkeit, eine Zugfadenbefestigung auszubilden.
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Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass die Ohrabformung nebst Ableiten eines noch unkorrigierten dreidimensionalen CAD-Datensatzes von einem Dritten vorgenommen wird, der dann die Daten digital oder konventionell an den eigentlichen Hersteller der Otoplastik weiterleitet, welcher dann die notwendige Korrektur des Datensatzes, das Fräsen des Rohlinges und die finalen Schritte nebst Sintern vornimmt, um dann die fertige, kundenindividualisierte Otoplastik an den Besteller, zum Beispiel einen Hörakustiker zu versenden.
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Insofern ist es also nicht erforderlich, dass all die genannten, verfahrensrelevanten Schritte an ein an demselben Ort oder in unmittelbarer zeitlicher Abfolge durchgeführt bzw. realisiert werden müssen.
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Die Erfindung soll nachstehend anhand eines Ausführungsbeispieles sowie unter Bezugnahme auf das Ausführungsbeispiel illustrierende Figuren näher erläutert werden.
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Hierbei zeigen:
- 1 eine erste Ansicht einer beispielhaften Otoplastik aus einem keramikähnlichen Material;
- 2 eine zweite Ansicht der Otoplastik gemäß 1; und
- 3 eine Darstellung einer komplettierten, einsatzfähigen Otoplastik mit eingesetztem Hörer als elektronischer Komponente und optimierter, angepasster Farbigkeit.
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Wie anhand der Figuren ersichtlich, versteht sich die Otoplastik als ein Ohrpassstück 1, bevorzugt aus Zirkonoxyd (ZrO).
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Die Ohrpassstück 1 wird auf der Basis einer Modellerstellung durch Fräsen aus einem Rohlingblock des Ausgangsmaterials mittels eines korrigierten Datensatzes hergestellt, wobei neben Schrumpfungsdaten zusätzlich ein notwendiger Klebespalt 5 für eine Aufnahme elektronischer Komponenten (siehe 3, Bezugszeichen 4) berücksichtigt wird.
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Im Bereich des Klebespaltes 5 erfolgt eine Silanisierung der Oberfläche der diesbezüglichen Durchgangsbohrung bzw. -öffnung 2 zur Aufnahme einer Silikonbuchse 6 (siehe 3) für das Fixieren der betreffenden elektronischen Komponente 4.
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Eine Seitenmarkierung 3 kann durch Aufbringen einer Keramikglasur nebst anschließendem Glanzbrand erfolgen.
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Zusätzlich kann im Ohrpassstück 1 eine Belüftungsbohrung 8 ausgebildet werden.
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Eine Typbezeichnung oder das Anbringen einer Marke kann z. B. mittels Ausfräsungen oder Gravuren 7 realisiert werden.
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Entgegen bekannter Verfahren erfolgt kein Herstellen eines Modells nebst Schaffung einer Gussform und Ausgießen mit flüssiger keramischer Masse. Vielmehr wird aus einem Rohling ein Weißling gemäß den korrigierten CAD-Daten durch Fräsen oder 3D-Druck gefertigt, wobei der Weißling anschließend in einem Sinterofen einem Brenn- und Sinterprozess unterzogen wird.
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Die an sich bekannte Sinterschrumpfung wird bezüglich sowohl der Außengeometrie der zu schaffenden Otoplastik als auch der Innengeometrie zur Aufnahme der erwähnten Silikonbuchse bzw. elektronischen Komponenten beachtet.
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Zur Silanisierung wird beispielsweise G-CEM-ONE-Adhäsiv eingesetzt.
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Das Auftragen der Keramikglasur kann händisch mit einem Pinsel an ausgewählten Stellen vorgenommen werden. Nach dem Auftragen der Keramikglasur erfolgt dann ein Glanzbrand im Keramikofen.
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An sich ist eine Seitenmarkierung und farbige Kennzeichnung zur Otoplastik-Positionierung im Gehörgang aufgrund der Oberflächenstruktur von Keramik nicht möglich, da eingesetzte Farbe aufgrund der kristallinen Struktur der Keramik zum Verlaufen neigt.
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Mit Einsatz eines Ausgangsmaterials auf Zirkonoxyd-Basis kann durch Anwendung von Keramikglasuren die Seitenmarkierung und Kennzeichnung zur Otoplastik-Positionierung im Gehörgang an der richtigen Stelle und in einem definierten Größenverhältnis ohne Farbverläufe und nachteilige Diffusion angebracht werden.
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Neben der sich im Bereich von 20 % bewegenden Sinterschrumpfung wird zum Zweck des sicheren Einklebens der Silikonbuchse zur Halterung der elektronischen Komponenten ein Klebespalt von im Bereich von im Wesentlichen 0,1 µm berücksichtigt und bei der Bestimmung des korrigierten CAD-Datensatzes eingerechnet.
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Im Ergebnis der gesamten geschilderten Maßnahmen ist es erstmals gelungen, Zirkonoxyd für Otoplastiken, Hörgeräteschalen und Hörgerätegehäuse einsetzen zu können. Hierdurch wird die Möglichkeit geschaffen, Unverträglichkeiten des Körpers, zum Beispiel allergische Reaktionen, eine Gewebesensibilisierung, Juckreiz, Rötungen oder sonstige Entzündungen nebst Wundbildung zu vermeiden.
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Der eingesetzte Werkstoff ist langlebig, absolut gewebeverträglich und weist besondere Vorteile im audiologischen Bereich auf. Insbesondere hat sich gezeigt, dass die Eigenschaften des eingesetzten Materials sich den Eigenschaften des menschlichen Knochens annähern, wobei der Werkstoff durch die Fertigung der Otoplastik mit dünnen Wandstärken den Schall im Tieftonbereich sehr gut weiterleitet. Hierdurch entsteht im Ergebnis der Otoplastik-Fertigung eine akustische Transparenz und optimale Hörleistung. Audiologische Verschlusseffekte, die bei sonstigen Otoplastiken als gängigen Werkstoffen vorkommen, sind beim Tragen des erfindungsgemäßen Ohrpassstückes deutlich reduziert.
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Die akustische Transparenz des Werkstoffes kann durch die Dicke der Wandstärke reduziert bzw. ganz ausgeschlossen werden, somit besteht die Möglichkeit, die Otoplastik an den bestehenden Grad des Hörverlustes individuell anzupassen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102007016400 A1 [0002]
- EP 2130402 B1 [0002]
- DE 102006062423 A1 [0005]
- DE 10005429 A1 [0006]