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Die Erfindung betrifft ein fahrerloses, insbesondere automatisch und vorzugsweise autonom gesteuertes Transportfahrzeug beziehungsweise ein Roboterfahrzeug zum Befördern von Nutzlasten. Derartige Fahrzeuge werden häufig als sogenannte Flurförderfahrzeuge oder Materialtransportfahrzeuge in Produktionswerken eingesetzt, um bestimmte Nutzlasten zwischen definierten Stationen zu transportieren und dabei vorzugsweise autonom zu navigieren.
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Solche Transportfahrzeug benötigen eine gute Manövrierbarkeit, um beispielsweise in beengten Raumverhältnissen unter zu hebende Lasten fahren zu können, an die Ladestation anzudocken, in Lagerräumen zu agieren und dergleichen.
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Eine weit verbreitete, bspw. aus
EP 3659755 A2 bekannte Konfiguration gattungsgemäßer Transportfahrzeuge verfügt über zwei hochachsfest sowie in Querrichtung zueinander beabstandet eingerichteten bidirektionalen Hauptantriebsräder oder Hauptantriebseinheiten, deren Drehzahl und Drehrichtung unabhängig voneinander ansteuerbar sind. Das Lenken beziehungsweise eine Drehung des Transportfahrzeugs um die Hochachse wird durch eine ungleiche Ansteuerung der beiden Hauptantriebseinheiten realisiert. Ein solches Lenkungssystem begingt einen großen Schwenkbereich und beansprucht zum Manövrieren einen entsprechend großen Anteil der knapp verfügbaren freien Fläche. Insbesondere Positionsänderungen in seitliche Richtung sind dabei sehr eingeschränkt und müssen durch mehrere einzelne Lenkmanöver mit einem hohen Zeitaufwand realisiert werden.
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Um die Manövrierbarkeit in seitliche Richtung zu verbessern ist es bekannt, Transportfahrzeuge mit multidirektionalen Hauptantriebseinheiten auszurüsten.
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Beispielsweise aus
CN 105836669 A ist ein Transportfahrzeug mit sogenannten Mecanum-Rädern bekannt, welcher vier unabhängige Hauptantriebseinheiten benötigt. Das Fahren in jede beliebige Richtung oder Drehung um die Hochachse wird dabei durch spezifisch differenzierte Ansteuerung der Hauptantriebseinheiten realisiert.
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Ebenso ist es bekannt, die einzelnen Antriebsräder wie in
US 5924512 A oder komplette Antriebsmodule wie in
EP 3712102 A1 , um die Hochachse aktiv motorisch drehbar auszubilden.
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Derartige multidirektionalen Hauptantriebseinheiten sind jedoch hochkomplex und daher gegenüber ihrer hochachsfest konstruierten Pedanten nachteilig hinsichtlich ihrer Herstellbarkeit, Montierbarkeit, Servicefreundlichkeit, Robustheit, Raumbedarfs und, natürlich, Kosten.
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Vor diesem Hintergrund liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, die Manövrierbarkeit eines gattungsgemäßen Transportfahrzeugs ohne Einsatz vom multidirektionalen Hauptantriebseinheiten kosteneffektiv zu verbessern.
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Diese Aufgabe wird mit der Merkmalskombination nach dem unabhängigen Anspruch gelöst. Weitere Ausführungen und Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen sowie der nachfolgenden Beschreibung und Figuren.
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Die Erfindung sieht vor, dass das Transportfahrzeug wenigstens eine Versetzungsvorrichtung aufweist, welche dazu eingerichtet ist, das Transportfahrzeug an wenigstens einer Fahrzeugseite in einer ersten Position anzuheben und in einer räumlich geänderten zweiten Position abzusetzen.
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Durch entsprechend Positionierung einer oder mehreren erfindungsgemäßen Versetzungsvorrichtungen kann das Transportfahrzeug laterale Richtung und somit unmittelbar seitlich bewegt werden, wodurch die Manövrierfähigkeit signifikant verbessert und zeitraubendes Rangieren vermieden werden.
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Weitere Details und Vorteile der vorliegenden Erfindung werden nachfolgend anhand mehrerer Ausführungsbeispiele näher erläutert. Hierbei zeigen:
- 1 eine stark vereinfachte Darstellung einer ersten Ausführungsform des Transportfahrzeugs in Draufsicht (a), Seitenansichten (b) und Frontansicht (c).
- 2 verschiedene zustände beim seitlichen Versetzen des Transportfahrzeugs gemäß 1 um einen Schritt.
- 3 schrittweise Drehung des Transportfahrzeugs gemäß 1 mittels einer einzelnen Versetzungsvorrichtung.
- 4 schrittweise laterale Versetzung des Transportfahrzeugs gemäß 1 mittels zweier gegenüberliegenden Versetzungsvorrichtungen.
- 5 bis 7 verschiedene Ausführungsformen des Transportfahrzeugs mit unterschiedliche konfigurierten und angetriebenen Versetzungsvorrichtungen.
- 8 und 9 zwei Ausführungsformen der Versetzungsvorrichtung mit unterschiedlichen Stützgliedern.
- 10 eine andere Ausführungsform des Transportfahrzeugs mit einer andersartigen Versetzungsvorrichtung in verschiedenen Ansichten.
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Fig.1
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1 zeigt eine erste Ausführungsform eines erfindungsgemäß verbesserten Transportfahrzeugs 1. Das fahrerlose Transportfahrzeug 1 dient insbesondere zum Materialtransport auf glatten Böden in Produktions- und Montagewerken, um beispielsweise Teile und Komponenten von und zur Produktionslinie oder im Teilelager zu transportieren. Das Transportfahrzeug 1 wählt seine Fahrstrecke autonom, basiert auf hier nicht dargestellten integrierten
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Raumüberwachungssensoren zusammen mit einem funktechnisch verbundenen Steuerungssystem.
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Das Transportfahrzeug 1 verfügt über ein gedrungenes Chassis in und an welchem sämtliche Steuerungs- und Antriebskomponenten angeordnet sind. An der Vorderseite 13 des Transportfahrzeugs 1 sind, in Querrichtung zueinander beabstandet, zwei unabhängig voneinander ansteuerbaren Antriebseinheiten 7,7' mit jeweils zugeordneten, um die Antriebsradachse A drehbaren Antriebsrädern 2,2' angeordnet. Die beiden Antriebsräder 2,2' dienen als Hauptantriebsräder zum Fortbewegen und zum Lenken des Transportfahrzeugs 1 mit oder ohne Ladung. Das Lenken, bzw. die Drehung des Transportfahrzeugs 1 bezüglich seiner Hochachse wird durch eine ungleiche Ansteuerung der beiden Antriebseinheiten 7,7' realisiert, deren Drehsinn und Drehzahl beliebig variierbar sind.
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Im Bereich der Rückseite 14 des Transportfahrzeugs 1 befinden sich zwei passiv nachlaufenden Stützräder 12,12', welche als frei um die Hochachse drehbaren Lenkrollen ausgebildet sind und sich in Abhängigkeit von der Antriebsansteuerung zwangsweise ausrichten.
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Entlang der Längsachse L des Transportfahrzeugs 1 sind an der Vorderseite 13 und an der Rückseite 14 zwei Versetzungsvorrichtungen 3, 3' angeordnet. Die Versetzungsvorrichtungen 3,3' dienen dazu, das Transportfahrzeug ohne Einfluss der Antriebsräder 2,2' in eine Versetzungsrichtung parallel zur Antriebsradachse 4 beziehungsweise quer zur Längsachse L und somit unmittelbar seitlich, quer zur allgemeinen Fahrtrichtung zu versetzen.
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Eine Versetzungsvorrichtung 3 weist eine entlang der Längsachse L und somit quer zu Antriebsradachse A des Transportfahrzeugs 1 ausgerichtete Antriebsachse 4 auf. Mit der Antriebsachse 4 ist ein in radiale Richtung gestrecktes Stützglied 5 verbunden. In der gezeigten Ausführungsform ist das Stützglied 5 beispielhaft als eine Art einfacher Hebel gestaltet. Auf andere Ausführungsformen wird nachfolgend eingegangen.
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Ein radiales Abstandsmaß C beziehungsweise Hebellänge des Stützglieds 5 ist als ein Abstand zwischen der Mitte der Antriebsachse 4 und dem radial äußeren distalen Ende des Stützglieds 5 definiert. Dieses Abstandsmaß C ist größer ausgelegt als der Bodenabstand B, wobei der Bodenabstand B zwischen der Mitte der Antriebsachse 4 und dem Fahruntergrund 15 definiert ist. Die Antriebsachse 4 wird zusammen mit dem Stützglied 5 durch einen gesondert zugeordneten Motorantrieb 6 in Rotation versetzt.
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Fig.2
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in der gezeigten Ausführungsform sind die beiden Versetzungsvorrichtungen 3,3' für eine sequenzielle Wirkungsweise konzipiert. In Abhängigkeit von der gewünschten Bewegungstrajektorie des Transportfahrzeugs 1 sollen diese entweder einzeln oder jeweils abwechselnd, jedoch nicht gleichzeitig betrieben werden. Nachfolgend wird die Wirkungsweise am Beispiel der Versetzungsrichtung 3 an der Vorderseite 13 des Transportfahrzeugs 1 erläutert.
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Bei Aktivierung des Motorantriebs 6 wird die Antriebsachse 4 zusammen mit dem Stützglied 5 in Rotation versetzt (Ansicht a). Das Stützglied 5 stützt im Verlauf der Drehung am Fahruntergrund 15 ab und hebt die Vorderseite 13 des Transportfahrzeugs 1 zusammen mit Antriebsrädern 2,2' aus einer ersten Position P1 von dem Fahruntergrund 15 an (Ansicht b). Gleichzeitig übt das Stützglied 5 am Fahruntergrund 15 eine parallel zur Antriebsradachse A ausgerichtete Antriebskraft Fa aus, wodurch die Vorderseite 13 des Transportfahrzeugs 1 in die Versetzungsrichtung V verschoben und in einer zweiten Position P2 wieder auf den Fahruntergrund 15 abgesetzt wird (Ansicht c). Bei jeder weiteren Umdrehung des Stützglieds 5 wiederholt sich der Vorgang. Durch Umkehrung der Drehrichtung der Versetzungsrichtung 3 wird ein Wechsel der Versetzungsrichtung realisiert.
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Das Versetzen in Versetzungsrichtung V erfolgt somit schrittweise mit einer Schrittweite S, welche als Abstand zwischen der ersten und der zweiten Positionen P1, P2 definiert ist. Die Schrittweite S ist dabei rein mechanisch, durch konstruktive Auslegung des Stützglieds 5 festgelegt und ist proportional zur Maßdifferenz zwischen dem Bodenabstand B und dem Abstandsmaß C. Das gewünschte Versetzungsmaß wird so durch eine Wiederholung der Schritte erreicht.
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Fig.3
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3 zeigt beispielhaft, vereinfacht und nicht maßstäblich eine Trajektorie des Transportfahrzeugs 1, wenn nur die Versetzungsvorrichtung 3 allein aktiv ist. Das Transportfahrzeug 1 wird dabei in einzelnen Schritten I,II in eine Rotation die Hochachse versetzt. Der Mittelpunkt M der Drehung liegt dabei im Bereich zwischen den beiden Stützrädern 12,12', welche dabei zu keinem Zeitpunkt den Kontakt mit dem Fahruntergrund 15 verlieren. Die Ausrichtung des Transportfahrzeugs 1 und die Position der Vorderseite 13 können so verändert werden, ohne dass die Rückseite 14 verschwenkt werden muss.
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Fig.4
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4 zeigt, ebenfalls beispielhaft, vereinfacht und nicht maßstäblich, eine Trajektorie des Transportfahrzeugs 1, wenn die beiden Versetzungsvorrichtungen 3,3' in dieselbe Drehrichtung drehend, abwechselnd betrieben werden. Die Vorderseite 13 und die Rückseite 14 des Transportfahrzeugs 1 werden abwechselnd angehoben und schrittweise (Schritte I, II, III, IV) versetzt. Das Transportfahrzeug 1 wird dabei ohne rangieren lateral in die Versetzungsrichtung V orthogonal zu Längsachse L bewegt.
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Fig.5
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5 zeigt eine zweite Ausführungsform des Transportfahrzeugs 1. Im Unterschied zu der Ausführung gemäß 1 mit eine längsachsenzentrierten, in der Mitte der Vorderseite 13 beziehungsweise Rückseite 14 positionierten Versetzungsvorrichtungen, verfügt die gezeigte Ausführung über insgesamt vier Versetzungsvorrichtungen 3 bis 3''', je eine an jeder Ecke des Transportfahrzeugs 1.
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Eine derartige Konfiguration ermöglicht den gleichzeitigen Betrieb aller vier Versetzungsvorrichtungen 3 bis 3'''. Dadurch wird eine gleichmäßige lineare laterale Verschiebung des Transportfahrzeugs 1 ermöglicht, ohne Drehungen um seine Hochachse bei einzelnen Schritten wie es etwa bei der Ausführung gemäß 1 (siehe 4) erforderlich wäre.
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Fig.6
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6 zeigt eine dritte Ausführungsform des Transportfahrzeugs 1, mit einer einzelnen, lediglich an der Vorderseite 13 vorgesehenen Versetzungsrichtung 3. Im Unterschied zu den vorstehend beschriebenen Ausführungen wird die Versetzungsrichtung 3 nicht durch einen gesonderten eigens zugeordneten Motorantrieb betätigt, sondern durch die Antriebseinheit 7, welche auch das Antriebsrad 2 antreibt.
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Zu diesem Zweck sind der Antriebseinheit 7 im gezeigten Beispiel zwei Umschaltvorrichtungen 8,8', beispielsweise Schaltkupplungen zugeordnet, durch welche die Antriebseinheit 7 wahlweise auf einen ihrer beiden Verbraucher aufgeschaltet werden kann - entweder an das Antriebsrad 2 oder die Versetzungsrichtung 3.
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Fig.7
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Die 7 zeigt eine weitere Ausführungsform des Transportfahrzeugs 1, welches mit vier Antriebsrädern 2 bis 2" samt zugeordneten Antriebseinheiten 7 bis 7''' ausgestattet ist. Ein derartiger Aufbau wäre beispielsweise besonders schwere Lasten oder schwierige Fahruntergründe denkbar. Auf jede einzelne Antriebseinheit 7 bis 7''' ist je eine Versetzungsvorrichtung 3 bis 3''' nach Art der Ausführungsform gemäß 6 über jeweilige Umschaltvorrichtung 8 bis 8''' aufgeschaltet. Damit wird wie auch bei der Ausführung gemäß 5, eine lineare laterale Verschiebung des Transportfahrzeugs 1 ermöglicht.
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Fig.8
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8 zeigt eine Versetzungsvorrichtung 3 mit einem als eine Exzenterscheibe ausgebildeten Stützglied 5. Mit einer derartigen Gestaltung werden auf Kosten höherer Trägheit und Gewichts eine höhere Steifigkeit höhere Steifigkeit und ein sanftes Abrollen am Fahruntergrund realisiert.
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Fig.9
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Wei gezeigten weiteren Ausführungsform der Versetzungsvorrichtung 3 ist das Stützglied 5 sternförmig mit mehreren einzelnen Hebeln gestaltet, welche in Umfangsrichtung zueinander gleichmäßig beabstandet angeordnet sind, wodurch die Schrittweite S verkürzt wird. Damit kann das Versetzen des Transportfahrzeugs 1 gleichmäßiger und mit einer höheren Präzision erfolgen. Die Anzahl der einzelnen Hebel kann innerhalb der Erfindung selbstverständlich variieren.
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Fig.10
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10 zeigt eine andere Ausführungsform des Transportfahrzeugs 1, welche hier, lediglich beispielhaft, mit vier Versetzungsvorrichtungen 3 bis 3''' nach Art der 5 dargestellt ist. Im Unterschied zu allen vorstehend beschriebenen Ausführungen sind die Versetzungsvorrichtungen 3 bis 3''' nicht mit einem Stützglied, sondern jeweils mit einem konventionell kreisrund gestalteten Versetzungsrad 9 ausgestattet. Zum Versetzen des Transportfahrzeugs 1 werden die Versetzungsvorrichtungen 3 bis 3''' durch jeweils zugeordnete Hubvorrichtungen 10 aus einer angehobenen oberen Parkposition in eine abgesenkte Fahrposition verschoben, wodurch die Versetzungsräder 9 einen Bodenkontakt bekommen und das gesamte Transportfahrzeug 1 angehoben wird. Durch Aktivierung der jeweiligen zugeordneten Motorantriebe 6 bis 6''' kann das Transportfahrzeug 1 in laterale Versetzungsrichtung V kontinuierlich statt schrittweise versetzt werden. Die Ausführung der Hubvorrichtung 10 ist nicht Erfindung wesentlich und kann auf beliebige bekannte Weise, beispielsweise durch einen Schnecken-, Kugelgewinde- oder andere Gewindetriebe, oder auch hydraulisch oder pneumatisch realisiert sein.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Transportfahrzeug
- 2
- Antriebsrad
- 3
- Versetzungsvorrichtung
- 4
- Antriebsachse
- 5
- Stützglied
- 6
- Motorantrieb
- 7
- Antriebseinheit
- 8
- Umschaltvorrichtung
- 9
- Versetzungsrad
- 10
- Hubvorrichtung
- 11
- Chassis
- 12
- Stützrad
- 13
- Vorderseite
- 14
- Rückseite
- 15
- Fahruntergrund
- A
- Antriebsradachse
- B
- Bodenabstand
- C
- Abstandsmaß
- Fa
- Antriebskraft
- L
- Längsachse
- M
- Mittelpunkt
- P1
- erste Position
- P2
- zweite Position
- S
- Schrittweite
- V
- Versetzungsrichtung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 3659755 A2 [0003]
- CN 105836669 A [0005]
- US 5924512 A [0006]
- EP 3712102 A1 [0006]