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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben einer Anlage zur Herstellung eines Walzproduktes, insbesondere einer Gieß-Walz-Anlage zum Gießen und Walzen eines Stranggutes, wobei die Herstellung des Walzproduktes über zumindest eine Wärmeeinrichtung, eine Walzstraße mit n Walzgerüsten mit n=1 bis N, sowie zumindest eine Kühleinrichtung erfolgt, und der Herstellungsprozess mittels einer zentralen Steuerstelle auf Basis von Sollwertvorgaben gesteuert und/oder geregelt wird.
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Bei der Herstellung von Walzprodukten kann es zu einer Vielzahl von Prozessstörungen im Laufe des Herstellungsprozesses kommen, die sich nachhaltig auf die vorgegebenen Zielwerte des Walzproduktes, insbesondere auf dessen Abmessungen, die mechanischen Eigenschaften oder dessen Zusammensetzung auswirken. Die sich hierdurch ergebende Verfehlung der Zielwerte führt zu einer Abwertung des jeweiligen Walzproduktes, die sich zu Lasten der Produktivität einer solchen Anlage auswirkt.
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Aus dem Stand der Technik sind Verfahren zur Überwachung solcher Herstellungsprozesse bekannt. So offenbaren beispielsweise die beiden Druckschriften
WO 2020/049338 und
WO 2020/049515 A1 ein Verfahren zur Überwachung eines Herstellungsprozesses für ein Metallprodukt, wobei das Metallprodukt gemäß einem Herstellungsprozess hergestellt und mittels einer elektronischen Überwachungsvorrichtung überwacht wird. Hierbei wird zunächst ein Messwert von zumindest einem für das Metallprodukt repräsentativen Parameter, oder von einem Parameter, der sich auf den Herstellungsprozess bezieht, erfasst. Sodann wird auf Basis des erfassten Messwertes ein Status für das Metallprodukt bestimmt und ggf. eine Korrekturmaßnahme ermittelt, mittels deren das Metallprodukt beispielsweise repariert werden kann.
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Vor diesem Hintergrund liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zu Grunde, ein Verfahren zum Betreiben einer Anlage zur Herstellung eines Walzproduktes, insbesondere zum Betreiben einer Gieß-Walz-Anlage zum Gießen und Walzen eines Stranggutes, bereitzustellen, mit welchem eine Abwertung der Produktqualität verringert werden kann.
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Beschreibung der Erfindung
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Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gelöst.
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Erfindungsgemäß wird ein Verfahren zum Betreiben einer Anlage zur Herstellung eines Walzproduktes, insbesondere einer Gieß-Walz-Anlage zum Gießen und Walzen eines Stranggutes, vorgeschlagen, bei welchem die Herstellung des Walzproduktes über zumindest eine Wärmeeinrichtung, eine Walzstraße mit n Walzgerüsten mit n=1 bis N, sowie zumindest eine Kühleinrichtung erfolgt, und der Herstellungsprozess mittels einer zentralen Steuerstelle auf Basis von Sollwertvorgaben gesteuert und/oder geregelt wird. Das Verfahren umfasst dabei folgende Schritte:
- In einem ersten Schritt a) wird zunächst ein erster Produktionsauftrag (Pi) zur Herstellung eines ersten Walzproduktes (Wi) aus einer Liste von Produktionsaufträgen (Pi...z) ausgewählt, wobei jeder der Produktionsaufträge (Pi...z) für jedes der herzustellenden Walzprodukte (Wi...z) spezifische Zielsollwerte (ZielwertSoll, i...z) und Produktinformationsdaten (PDIi...z) umfasst.
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Unter dem Begriff der spezifischen Zielsollwerte werden Produktspezifikationsdaten verstanden, die das jeweilige hergestellte Walzprodukt kennzeichnen und die dieses sodann aufweisen soll. Die spezifischen Zielsollwerte sind daher vorteilhafterweise ausgewählt aus der Reihe umfassend die Abmessungen des Walzproduktes, insbesondere die Länge, die Breite und/oder die Dicke; die mechanischen Eigenschaften des Walzproduktes, insbesondere die Streckgrenze, die Zugfestigkeit, die Dehnung, die Zähigkeitseigenschaften; die chemische Zusammensetzung des Walzproduktes; sowie qualitative Parameter, wie insbesondere Oberflächendefekte an dem Walzprodukt.
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Sodann werden erfindungsgemäß in einem Schritt b) die Produktinformationsdaten (PDIi...z) des ausgewählten ersten Produktionsauftrages (Pi) an die Steuerstelle übermittelt, woraufhin der Herstellungsprozess für das erste Walzprodukt (Wi) gestartet wird.
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Als Produktinformationsdaten werden im Sinne der vorliegenden Erfindung Primärdaten verstanden, die von der Produktionsplanungsebene an die Steuerstelle gesendet werden, über die wiederum der gesamte Prozess gesteuert und/oder geregelt wird. Die Produktinformationsdaten umfassen daher vorteilhafterweise Sollwertsätze für die Regelungen und/oder Steuerung der einzelnen Anlagenkomponenten, insbesondere deren hydraulischen und/oder elektronischen Stellsystemen. Dies kann entweder tabellenorientiert und/oder unter Verwendung mathematisch-physikalischer Prozessmodelle erfolgen.
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Nach dem der Herstellungsprozess für das erste Walzprodukt (Wi) gestartet hat, wird dieser erfindungsgemäß überwacht (Schritt c)), indem nach jedem der durchgeführten Produktionsschritte Ist-Werte des sich in der Herstellung befindlichen ersten Walzproduktes (Wi) kontinuierlich detektiert werden und anhand dieser, sowie ggf. unter Zuhilfenahme eines oder mehrerer Prozessmodelle, prädiktive spezifische Zielistwerte (ZielwertPrädiktiv, i...z) ermittelt werden.
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Die Ist-Werte umfassen beispielsweise die Temperaturen und/oder Abmessungen des Walzproduktes in den einzelnen Prozessschritten, die Temperaturen in den Wärme-, Heiz- und/oder Kühleinrichtungen der Anlage, die chemische Zusammensetzung des Walzproduktes, sowie qualitative Parameter, wie insbesondere Oberflächendefekte an dem Walzprodukt. Insofern können die sodann ermittelten prädiktiven spezifischen Zielistwerte (ZielwertPrädiktiv, i...z) den detektierten Ist-Werten entsprechen, sofern diese nicht über ein entsprechendes Prozessmodell berechnet werden. So wird beispielsweise die chemische Analyse bereits beim Gießen ermittelt. Da diese sich in dem weiteren Prozessverlauf nicht verändert und demnach kein Prozessmodel zur Vorausberechnung existiert, entspricht der detektierte Ist-WertSchmelz, i...z sodann dem prädiktiven spezifischen Zielistwerte (ZielwertPrädiktiv, Schmelz, i...z). Die Breite eines Walzproduktes hingegen kann an mehreren Messstellen innerhalb des Prozessverlaufs bzw. der Anlage gemessen und somit von jeder dieser Messstellen aus, mittels eines entsprechenden Prozessmodells, in die Zukunft vorausberechnet werden.
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Unter dem Begriff eines Prozessmodells wird im Sinne der vorliegenden Erfindung ein mathematischer Algorithmus verstanden, mit dem ein Wert, insbesondere ein prädiktiver spezifischer Zielistwerte (ZielwertPrädiktiv, i...z) auf Basis von detektierten Ist-Werten berechnet und somit vorhergesagt werden kann. Vorteilhafterweise können die Prozessmodelle ausgewählt sein aus der Gruppe umfassend Temperaturmodelle, Gefügemodelle, Umformungs-Prozessmodelle, Anlagenstabilitätsmodelle, Vorhersagemodelle für die Anzahl und/oder Fläche und/oder Stärke von Zunderdefekten, und/oder Rissen, Breitungsmodelle, Vorhersagemodelle für mechanische Eigenschaften, wie insbesondere für die Streckgrenze, die Zugfestigkeit, die Dehnung und/oder die Zähigkeitseigenschaften.
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Die jeweiligen Prozessmodelle können aus Einzelmodellen gebildet sein, so dass jedes der Einzelmodelle einen spezifischen Anlagenteil beschreibt. Ergänzend und/oder alternativ können die Prozessmodelle bzw. die Einzelmodelle auch einen Bestandteil eines integrierten, aggregatübergreifendes Modells sein, welches die gesamte Anlage beschreibt.
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Sodann werden erfindungsgemäß die ermittelten prädiktiven spezifischen Zielistwerte (ZielwertPrädiktiv, i...z) mit den spezifischen Zielsollwerten (ZielwertSoll, i...z) des sich in der Produktion befindlichen ersten Walzproduktes (Wi) sowie mit den spezifischen Zielsollwerten (ZielwertSoll, i...z) mindestens eines weiteren herzustellenden Walzproduktes (Wi...z) innerhalb der Liste von Produktionsaufträgen (Pj...z) verglichen (Schritt d)), wobei der bisherige Produktionsauftrag (Pi), sofern die Bedingung erfüllt ist, dass die prädiktiven spezifischen Zielistwerte (ZielwertPrädiktiv, i...z) für das erste Walzprodukt (Wi) in einem spezifischen Zielsollwert-Bereich (Zielwertkann, min, i...z bis kann, max, i...z) des in der Produktion befindlichen ersten Walzproduktes (Wi) liegen, bestätigt wird (Schritt e)), dieser kann beispielsweise auch durch einen manuellen Eingriff des Bedienpersonals erzwungen werden, und/oder der zumindest eine weitere Produktionsauftrag, sofern die Bedingung erfüllt ist, dass zumindest einer der prädiktiven spezifischen Zielistwerte (ZielwertPrädiktiv, i...z) für das erste Walzprodukt (Wi) außerhalb des spezifischen Zielsollwert-Bereiches (Zielwertkann, min, i...z bis kann, max, i...z) und zumindest einer der prädiktiven spezifischen Zielistwerte (ZielwertPrädiktiv, i...z) für das zumindest eine weitere herzustellende Walzprodukt (Wi) innerhalb des spezifischen Zielsollwert-Bereiches (Zielwertkann, min, i...z bis kann, max, i...z ) liegt, ausgewählt wird (Schritt f)).
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Erfindungsgemäß ist somit vorgesehen, dass das Herstellungsverfahren kontinuierlich überwacht wird und nach jedem Prozessschritt eine Zwischenbewertung des in der Herstellung befindlichen Walzproduktes erfolgt, auf deren Basis eine Prüfung dahingehend erfolgt, ob der gerade in der Produktion befindliche Produktionsauftrag fortgesetzt werden kann oder soll, oder durch einen neuen noch ausstehenden Produktionsauftrag ersetzt wird. Hierdurch kann zumindest immer ein Produktionsauftrag aus der Liste von Produktionsaufträgen erfüllt werden, wobei dieser aber nicht notwendigerweise der bereits in der Herstellung gestartete Produktionsauftrag sein muss. Dies verringert nicht nur die Abwertung von Walzprodukten in einer solchen Anlage, sondern erhöht zudem deren Produktivität, da beispielsweise nicht mehr kostenrentabel herstellbare Walzprodukte, oder solche Walzprodukte deren Zielsollwerte nur sehr unwahrscheinlich erzielbar sind, innerhalb des Prozesses frühzeitig identifiziert und durch einen anderen ausstehenden Produktionsauftrag ersetzt werden können. Weiterhin können auch solche bereits in der Produktion befindlichen Walzprodukte durch einen neuen noch ausstehenden Produktionsauftrag ersetzt werden, deren ermittelten Ist-Werte oberhalb der Sollwertvorgaben liegen. Bei dieser Ausführungsvariante kann somit innerhalb des Prozesses frühzeitig festgestellt werden, dass ein höherwertigeres Walzprodukt erzielbar ist, welches sodann favorisiert werden kann.
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Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den abhängig formulierten Ansprüchen angegeben. Die in den abhängig formulierten Ansprüchen einzeln aufgeführten Merkmale sind in technologisch sinnvoller Weise miteinander kombinierbar und können weitere Ausgestaltungen der Erfindung definieren. Darüber hinaus werden die in den Ansprüchen angegebenen Merkmale in der Beschreibung näher präzisiert und erläutert, wobei weitere bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung dargestellt werden.
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In einer besonders vorteilhaften Ausführungsvariante werden die gemäß Schritt d) ermittelten prädiktiven spezifischen Zielistwerte (ZielwertPrädiktiv, i...z) mit den spezifischen Zielsollwerten (ZielwertSoll, i...z) des in der Produktion befindlichen ersten Walzproduktes (Wi) sowie mit den spezifischen Zielsollwerten (ZielwertSoll, i...z) sämtlicher herzustellender Walzprodukte (Wi...z) innerhalb der Liste von Produktionsaufträgen (Pj...z) verglichen. Hierdurch können die übergeordneten Ziele innerhalb der Produktionsplanungsebene, wie ein hoher Durchsatz, eine hohe Produktivität, die Einhaltung von Lieferterminen, eine maximale Anlagenauslastung sowie eine energetisch optimale Nutzung der Produktionsanlage, nochmals gesteigert werden.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsvariante ist vorgesehen, dass mittels mindestens eines Oberflächeninspektionssystems eine Anzahl von Oberflächendefekten (Oberflächendefekt-Istwert) an dem sich in der Produktion befindlichen ersten Walzprodukt detektiert wird, die Anzahl von Oberflächendefekten sodann mit einem Oberflächendefekt-Zielsollwert (ZielwertOberflächendefekt, i...z) des sich in der Produktion befindlichen ersten Walzproduktes (Wi) sowie mit dem Oberflächendefekt-Zielsollwert (ZielwertOberflächendefekt, i...z) mindestens eines weiteren, vorzugsweise sämtlicher, herzustellenden Walzproduktes (Wi...z) innerhalb der Liste von Produktionsaufträgen (Pj...z) verglichen wird, und der bisherige Produktionsauftrag (Pi) bestätigt wird, sofern die Bedingung erfüllt ist, dass der Oberflächendefekt-Istwert (IstwertOberfliächendefekt, i...z) für das erste Walzprodukt (Wi) in einem spezifischen Zielsollwert-Bereich (Zielwertkann, min, i...z bis kann, max, i...z) des in der Produktion befindlichen ersten Walzproduktes (Wi) liegt, und/oder der zumindest eine weitere Produktionsauftrag, sofern die Bedingung erfüllt ist, dass der Oberflächendefekt-Istwert (IstwertOberfliächendefekt, i...z) für das erste Walzprodukt (Wi) außerhalb des spezifischen Zielsollwert-Bereiches (Zielwertkann, min, i...z bis kann, max, i...z) und der Oberflächendefekt-Istwert (IstwertOberfliächendefekt, i...z) für das zumindest eine weitere herzustellende Walzprodukt (Wi) innerhalb des spezifischen Zielsollwert-Bereiches (Zielwertkann, min, i...z bis kann, max, i...z) liegt, ausgewählt wird.
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Mögliche Oberflächendefekte können beispielsweise Zunder oder Risse an dem in der Produktion befindlichen Walzprodukt sein, die mittels des zumindest einen Oberflächeninspektionssystems detektiert werden.
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Jeder der spezifischen Zielsollwerte (ZielwertSoll, i...z) umfasst, neben einem optimalen spezifischen Zielsollwert (Zielwertx, Soll, opt), einen minimalen spezifischen Zielsollwert (Zielwertx, Soll, min) sowie einen maximalen spezifischen Zielsollwert (Zielwertx, Soll, max), wobei X ausgewählt ist aus der Reihe umfassend die Länge, die Breite, die Dicke, die Streckgrenze, die Zugfestigkeit, die Dehnung, die Zähigkeitseigenschaften, die chemische Zusammensetzung des Walzproduktes, die Oberflächendefekte und/oder Kombinationen hiervon.
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Figurenliste
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Die Erfindung sowie das technische Umfeld werden nachfolgend anhand der Figuren näher erläutert. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Erfindung durch die gezeigten Ausführungsbeispiele nicht beschränkt werden soll. Insbesondere ist es, soweit nicht explizit anders dargestellt, auch möglich, Teilaspekte der in den Figuren erläuterten Sachverhalte zu extrahieren und mit anderen Bestandteilen und Erkenntnissen aus der vorliegenden Beschreibung und/oder Figuren zu kombinieren. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die Figuren und insbesondere die dargestellten Größenverhältnisse nur schematisch sind. Gleiche Bezugszeichen bezeichnen gleiche Gegenstände, so dass ggf. Erläuterungen aus anderen Figuren ergänzend herangezogen werden können. Es zeigen:
- 1 eine Ausführungsvariante einer Gieß-Walz-Anlage.
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In 1 ist eine Ausführungsvariante einer Gieß-Walz Anlage 1 gezeigt, die vorliegend in Form einer CSP-®-Anlage ausgeführt sein kann und mittels derer das erfindungsgemäße Verfahren zum Betreiben der Anlage 1 durchführbar ist. In einer Minimalkonfiguration umfasst die Anlage 1 eine Stranggießmaschine 2, vorzugsweise eine CSP-®-Dünnbrammengießmaschine, mit der ein Stranggut 3 mit einer Dicke im Bereich von 30 - 150 mm, vorzugsweise mit einer Dicke im Bereich von 50 bis 90 mm, sowie einer Breite im Bereich von 500 bis 2500 mm, vorzugsweise mit einer Breite von 850 bis 1950 mm, gegossen werden kann. In Bandlaufrichtung hinter der Stranggießmaschine 2 ist zunächst eine Trenneinrichtung 4 angeordnet, mit der das Stranggut 3, bevor es der Walzstraße zugeführt, in einzelne Brammen 5 getrennt wird. Die Trenneinrichtung 4 kann beispielsweise aus einer Pendelschere bestehen. Ferner umfasst die Anlage 1 eine Wärmeeinrichtung 6, die als Tunnelofen ausgebildet sein kann, sowie eine Fertig-Walzstraße 7 mit einer spezifischen Anzahl von Walzgerüsten 8, von denen in 1 rein exemplarisch drei gezeigt sind. In einer CSP-®-Anlage kann die Fertig-Walzstraße 7 vorzugsweise 4 bis 8 Walzgerüste aufweisen. In Bandlaufrichtung hinter der Fertig-Walzstraße 7 umfasst die Anlage 1 zunächst eine Kühleinrichtung 9, mittels derer ein auf die gewünschte Endbanddicke gewalztes Warmband 10 gekühlt wird, eine Haspeleinrichtung 11, sowie eine zwischen der Kühleinrichtung 9 und der Haspeleinrichtung 11 angeordnete zweite Trenneinrichtung 12.
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In einer weiteren Ausführungsvariante kann die Anlage 1 zusätzlich eine Vor-Walzstraße 13 mit vorzugsweise bis zu drei Walzgerüsten, eine Transferbarkühleinrichtung 14, einen weitere Wärmeeinrichtung 15, eine Heizeinrichtung 16, die vorzugsweise induktiv ausgeführt ist, und/oder eine Staucheinrichtung (nicht dargestellt) mit zumindest einem, vorzugsweise mehreren Stauchgerüsten, umfassen.
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Sämtliche Anlagenkomponenten sind, wie dies anhand der vertikalen Pfeile in 1 gezeigt ist, mit einer zentralen Steuerstelle 17 gekoppelt, über die die gesamte Prozesssteuerung erfolgt. Ferner umfasst die Anlage 1 eine der Steuerstelle 17 übergeordnete Produktionsplanungsebene 18, in der die für die Herstellung vorgesehenen Produktionsaufträge (Pi,j,...z), vorliegend die Produktionsaufträge 19, 20, 21 verwaltet werden.
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Jeder der Produktionsaufträge 19, 20, 21 umfasst zum einen spezifische Zielsollwerte 191, 201, 211 sowie zum anderen Produktinformationsdaten 192, 202, 212 für das jeweilige herzustellende Walzprodukt, vorliegend das Warmband 10. Die spezifischen Zielsollwerte 191, 201, 211 umfassen insbesondere die Abmessungen des Walzproduktes 10, wie die Länge, die Breite und/oder die Dicke; die mechanischen Eigenschaften des Walzproduktes 10, wie die Streckgrenze, die Zugfestigkeit, die Dehnung, die Zähigkeitseigenschaften und/oder weitere mechanische Eigenschaften; die chemische Zusammensetzung des Walzproduktes 10; sowie qualitative Parameter, wie insbesondere Oberflächendefekte an dem Walzprodukt 10. Jeder der spezifischen Zielsollwerte 191, 201, 211 umfasst, neben dem optimalen spezifischen Zielsollwert (Zielwertx, Soll, opt), einen minimalen spezifischen Zielsollwert (Zielwertx, Soll, min) sowie einen maximalen spezifischen Zielsollwert (Zielwertx, Soll, max), wobei X ausgewählt sein kann aus der Länge, der Breite, der Dicke, der Streckgrenze, der Zugfestigkeit, der Dehnung, der Zähigkeitseigenschaften, der chemischen Zusammensetzung, der Oberflächendefekte und/oder einer Kombination hiervon. Die Produktinformationsdaten 192, 202, 212 umfassen für das jeweilige Walzprodukt 10 Sollwertsätze für die Regelungen und/oder Steuerung der einzelnen Anlagenkomponenten, wie beispielsweise die Temperatur, die nach jedem der einzelnen Aggregate und/oder nach jedem der Prozessschritte innerhalb des Herstellungsverfahrens einzuhalten ist, oder Walzkräfte etc.
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Nach dem Auswählen eines Produktionsauftrages, beispielsweise des Produktionsauftrages 19 aus der Liste der Produktionsaufträge 19, 20, 21 werden gemäß dem vorliegenden Verfahren zunächst die Produktinformationsdaten 192 von der übergeordneten Produktionsplanungsebene 18 an die Steuerstelle 17 übermittelt, woraufhin der Herstellungsprozess gestartet wird.
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In dem vorliegenden Ausführungsbeispiel wird zunächst im Stahlwerk (nicht dargestellt) eine spezifische Schmelze, beispielsweise für einen kohlenstoffarmen Stahl, hergestellt, die sodann der Kokille der Stranggießmaschine 2 zugeführt und zu dem Stranggut 3 vergossen wird. Wie bereits erläutert, wird das Stranggut 3 in einzelne Brammen 5 getrennt, in der Wärmeeinrichtung 6 erwärmt und anschließend in der Walzstraße 7 zu dem gewünschten Warmband 10 gewalzt. Nach dem Abkühlen in der Kühleinrichtung 9 wird das auf die gewünschte Endbanddicke gewalzte Warmband 10 sodann der Haspeleinrichtung 11 zugeführt.
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Sobald der Herstellungsprozess begonnen hat, wird jeder der durchgeführten Produktionsschritte mittels in der Anlage 1 angeordneter Sensoren und/oder mittels in der Steuerstelle 17 hinterlegter Prozessmodelle 22, 23, 24 überwacht. Hierzu werden an den unterschiedlichen Stellen in der Anlage 1 Ist-Werte des sich in der Herstellung befindlichen Walzproduktes 10 kontinuierlich detektiert und anhand dieser, sowie ggf. unter Zuhilfenahme eines oder mehrerer Prozessmodelle 22,2 23, 24, ermittelt, ob die spezifischen Zielsollwerte 191 für das Walzprodukt 10 des Produktionsauftrages 19 erzielbar sind. Im Einzelnen werden zunächst prädiktive spezifische Zielistwerte Zielistwerte (ZielwertPrädiktiv, i...z; 193, 203, 213) ermittelt.
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Zunächst wird die im Stahlwerk hergestellte Schmelze in Bezug auf die chemische Zusammensetzung analysiert. Der sodann erhaltene Ist-WertSchmelz, i, der im vorliegenden Fall zugleich den prädiktiven spezifischen Zielistwert (ZielwertPrädiktiv, Schmelz, i; 193) ergibt, wird von der Steuerstelle 17 mit den spezifischen Zielsollwerten (ZielwertSchmelz, Soll, opt), (ZielwertSchmelz, Soll, min) sowie (ZielwertSchmelz, Soll, max) verglichen.
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Sofern der ermittelte Ist-Wert
Schmelz,
i für das erste Walzprodukt (W
i; 10) außerhalb des spezifischen Zielsollwert-Bereiches (Zielwert
kann, min, i...z bis kann,
max, i...z; 191) liegt, wird von der übergeordneten Produktionsplanungsebene 18 geprüft, ob ein Produktionsauftrag 20, 21 vorliegt, für den der ermittelte Ist-Wert
Schmelz,
i innerhalb der Sollwertvorgaben (Zielwert
Schmelz, Soll,
min) sowie (Zielwert
Schmelz, Soll, max) liegt und der stattdessen vorgezogen werden kann. Sofern vorliegend festgestellt wird, dass der ermittelte Ist-Wert
Schmelz, i innerhalb der Zielsollwerte 201 für den Produktionsauftrag 20 liegt, so wird die Herstellung auf diesen Produktionsauftrag 20 umgestellt, indem die Produktinformationsdaten 202 an die Steuerstelle 17 übermittelt werden. Der ursprüngliche Produktionsauftrag 19 wird sodann als nicht erledigt gekennzeichnet und kommt erneut in die Liste der offenen Produktionsaufträge. Tab. 1:
Produktionsauftrag | Mindestbreite [mm] | Mindest Streckgrenze [MPa] | Mindest Mn-Gehalt [Gew.-%] |
19 | 1200 | 400 | 1.0 |
20 | 1200 | 400 | 0.9 |
21 | 1200 | 400 | 0.8 |
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Gemäß dem vorliegenden Beispiel (Tab. 1) wird ein Mn-Gehalt von 0.95 Gew.-% gemessen. Da dieser für den Produktionsauftrag 19 zu niedrig ist und somit der Produktionsauftrag nicht mehr erzielbar ist, wird von der übergeordneten Produktionsplanungsebene 18 der Produktionsauftrag 20 vorgezogen.
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Sollte hingegen das aktuelle Ziel erreichbar sein, so kann die Produktion auch weiterlaufen. Des Weiteren kann auch zu jeder Zeit manuell von dem Bedienpersonal in den Produktionsprozess eingegriffen werden, so dass die Fortsetzung des bisherigen Produktionsauftrages 19 beispielsweise auch erzwungen werden kann, indem dieser bestätigt wird.
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Weiterhin kann beispielsweise die Brammendicke nach der Trenneinrichtung 4 gemessen werden. Der sodann erhaltene Ist-WertBramme, i wird von der Steuerstelle 17 mit den spezifischen Zielsollwerten (ZielwertBramme, Soll, opt), (ZielwertBramme, Soll, min) sowie (ZielwertBramme, Soll, max) verglichen.
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Sofern der ermittelte Ist-WertBramme, i außerhalb der Sollwertvorgaben (ZielwertBramme, Soll, min) sowie (ZielwertBramme, Soll, max) für den Produktionsauftrag 19 liegt, wird zunächst mittels eines Umformungs-Prozessmodells 23 geprüft, ob die Bramme 5 auf die für den Produktionsauftrag 19 vorgegebenen Sollwertvorgaben, beispielsweise die Endbanddicke (ZielwertEndbanddicke, Soll), walzbar ist und ggf. welche zusätzlichen Maßnahmen anzuwenden sind. Sofern anhand des Umformungs-Prozessmodells 23 festgestellt wird, dass die Endbanddicke nicht mehr erzielbar ist, so wird anschließend von der übergeordneten Produktionsplanungsebene 18 wiederum geprüft, ob ein Produktionsauftrag 20, 21 in der Liste vorliegt, für den der ermittelte Ist-WertBramme, i innerhalb der Sollwertvorgaben (ZielwertBramme, Soll, min) sowie (ZielwertBramme, Soll, max) liegt und der stattdessen durchgeführt werden kann. Sofern vorliegend festgestellt wird, dass der ermittelte Ist-WertBramme, i innerhalb der Zielsollwerte 211 liegt, so wird die Herstellung auf den Produktionsauftrag 21 umgestellt, indem die Produktinformationsdaten 212 an die Steuerstelle 17 übertragen werden. Der ursprüngliche Produktionsauftrag 19 wird sodann als nicht erledigt gekennzeichnet und kommt erneut in die Liste der offenen Produktionsaufträge. Sollte hingegen das aktuelle Ziel erreichbar sein, so läuft die Produktion in geplanter Weise weiter.
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Des Weiteren kann nach der Fertig-Walzstraße 7 die Breite des in der Produktion befindlichen Walzproduktes 10 mittels eines Breitenmessgerätes 30 gemessen werden. Bei einer gemessenen Breite von 1215 mm wären gemäß dem in Tabelle 2 gezeigten Beispiel die Mindestanforderungen von Produktionsauftrag 19 nicht mehr erzielbar. Allerdings wurde der Mn-Gehalt mit 1.05 Gew.-% zuvor gemessen und das Prozessmodell 22 zur Berechnung der mechanischen Eigenschaften sagt eine Streckgrenze von 430 MPa vorraus. Daher wird an dieser Stelle von der übergeordneten Produktionsplanungsebene 18 der Produktionsauftrag 20 vorgezogen und abgearbeitet. Tab. 2:
Produktionsauftrag | Mindestbreite [mm] | Mindest Streckgrenze [MPa] | Mindest Mn-Gehalt [Gew.-%] |
19 | 1220 | 400 | 1.0 |
20 | 1200 | 410 | 1.0 |
21 | 1180 | 450 | 1.0 |
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In einem weiteren Beispiel (siehe Tabelle 3) wird nach der Fertig-Walzstraße 7 mittels eines Prozessmodells zur Berechnung der mechanischen Eigenschaften (nicht dargestellt) festgestellt, dass eine Streckgrenze von 440 MPa an dem gemäß Produktionsauftrag 19 hergestellten Walzprodukt 10 erzielbar sind. Damit sind alle Anforderungen von Produktionsauftrag 19 erfüllt. Jedoch weist der Produktionsauftrag 21 höhere Anforderungen und kann somit auch erfüllt werden. Sofern dieser beispielsweise später in die Liste von Produktionsaufträgen gekommen ist, aber im Gegensatz zum Produktionsauftrag 19 einen früheren Liefertermin aufweist bzw. einhalten muss, kann der Produktionsauftrag 21 vorliegend vorgezogen werden. Tab. 3:
Produktionsauftrag | Mindestbreite [mm] | Mindest Streckgrenze [MPa] | Mindest Mn-Gehalt [Gew.-%] |
19 | 1200 | 400 | 1.0 |
20 | 1200 | 380 | 1.0 |
21 | 1200 | 420 | 1.0 |
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In gleicher Weise können mittels eines Oberflächeninspektionssystems (nicht dargestellt) die Anzahl von Defekten, z.B. Zunder oder Risse, an dem aktuellen Walzprodukt 10 ermittelt und/oder gemessen werden. Die hierbei ermittelten Ist-Werte werden wiederum direkt mit den spezifischen Zielsollwerten verglichen oder mittels eines entsprechenden Prozessmodells (nicht dargestellt) geprüft, ob diese noch erzielbar sind, um den in der Produktion befindlichen Produktionsauftrag zu erfüllen. Sollten die spezifischen Zielsollwerte erzielbar sein, so läuft die Produktion normal weiter. Sollten diese hingegen nicht mehr erzielbar sein, so wird in den bestehenden Produktionsaufträgen geprüft, ob für die gerade vorliegenden Bedingungen ein anderer Produktionsauftrag vorliegt, der stattdessen durchgeführt werden kann.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Gieß-Walz Anlage
- 2
- Stranggießmaschine
- 3
- Stranggut
- 4
- erste Trenneinrichtung
- 5
- Brammen
- 6
- Wärmeeinrichtung / Tunnelofen
- 7
- Fertig-Walzstraße
- 8
- Walzgerüst
- 9
- Kühleinrichtung / Kühlstrecke
- 10
- Walzprodukt / Warmband
- 11
- Haspeleinrichtung
- 12
- zweite Trenneinrichtung
- 13
- Vor-Walzstraße
- 14
- Transferbarkühleinrichtung
- 15
- Wärmeeinrichtung
- 16
- Heizeinrichtung
- 17
- Steuerstelle
- 18
- Produktionsplanungsebene
- 19
- Produktionsauftrag (Pi)
- 20
- Produktionsauftrag (Pj)
- 21
- Produktionsauftrag (Pz)
- 22
- Prozessmodell
- 23
- Prozessmodell
- 24
- Prozessmodell
- 30
- Breitenmessgerät / Sensor
- 191
- Zielsollwerte
- 192
- Produktinformationsdaten
- 193
- prädiktive spezifische Zielistwerte
- 201
- Zielsollwerte
- 202
- Produktinformationsdaten
- 203
- prädiktive spezifische Zielistwerte
- 211
- Zielsollwerte
- 212
- Produktinformationsdaten
- 213
- prädiktive spezifische Zielistwerte
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2020/049338 [0003]
- WO 2020/049515 A1 [0003]