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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung und/oder Regelung einer hüttentechnischen Produktionsanlage zur Herstellung eines Walzproduktes aus einer metallischen Stahl-, Eisen- und/oder Aluminiumlegierung, sowie ein Computerprogrammprodukt, mit welchem das erfindungsgemäße Verfahren ausführbar ist.
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Ein derartiger Prozess kann beispielsweise ein Verfahren zur Herstellung eines Walzproduktes aus einer schmelzflüssigen Stahlzusammensetzung sein, die in einer Gieß-Walz-Anlage zu einem Stranggut gegossen und zu dem Walzprodukt gewalzt wird, wobei der Herstellungsprozess mittels einer zentralen Steuerstelle auf Basis von Sollwertvorgaben gesteuert und/oder geregelt wird.
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Bei der Herstellung eines Walzproduktes aus einer metallischen Stahl-, Eisen und/oder Aluminiumlegierung in einer hüttentechnischen Anlage werden dessen Produkteigenschaften von unterschiedlichen Betriebsparametern beeinflusst. So umfasst beispielsweise das Warmwalzen diverse aufeinanderfolgende Prozessschritte, die jeweils die mechanischen Produkteigenschaften wie Streckgrenze, Bruchdehnung oder das Tieftemperaturverhalten beeinflussen können. Auch die chemische Zusammensetzung des Walzproduktes oder die Temperaturführung während des Walzvorgangs beeinflussen das Prozessergebnis. Abweichungen von den Prozesszielwerten führen durch einzuleitende Korrekturmaßnahmen zu einem erhöhten Energieverbrauch der Anlage, der sich nachteilig auf die Wirtschaftlichkeit auswirkt. Ferner können solche Abweichungen teure Reklamationen verursachen.
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Aus dem Stand der Technik sind daher physikalische Modelle bekannt, die für die einzelnen Prozessstufen entwickelt worden sind, um eine optimale Setzung der Stellglieder zu ermöglichen und somit den Einfluss von Prozessstörungen zu minimieren oder sogar zu verhindern. Solche Modelle werden von der Anmelderin unter dem Markennamen X-Pact ® seit längerem vertrieben und dienen der Prognose von Prozessgrößen und der Einstellung von unterlagerten Stellgliedern basierend auf physikalischen Gesetzen und Messungen.
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Aus der europäischen Patentschrift
EP 3 096 896 B1 ist beispielsweise ein Verfahren zur Steuerung einer hüttentechnischen Produktionsanlage mittels eines Gefügemodells bekannt, welches ein, mindestens eine mechanische Festigkeitseigenschaft eines erzeugten Produktes berechnendes, Programm umfasst, das die Festigkeitseigenschaft auf Basis errechneter metallurgischer Phasenbestandteile am Gefüge des erzeugten Produktes errechnet, wobei die hüttentechnische Anlage eine abschließende Kühlstrecke umfasst und in die Berechnung der mechanischen Festigkeitseigenschaft Betriebsparameter der hüttentechnischen Anlage mit zumindest teilweise vorab gesetzten, anpassbaren Ausgangswerten eingehen. Gemäß der Lehre wird eine Lösung geschaffen, die eine vorteilhafte Einstellung von Betriebsparametern zur Erzielung gewünschter mechanischer Festigkeitseigenschaften eines aus einer metallischen Stahl- und/oder Eisenlegierung bestehenden Produktes ermöglicht.
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Stetig steigende Anforderungen an solche hüttentechnischen Produktionsanlagen hinsichtlich einer effizienteren und nachhaltigeren, insbesondere CO2-ärmeren, Produktion erfordern die Suche nach weiteren Optimierungsmöglichkeiten.
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Vor diesem Hintergrund liegt der vorliegenden Erfindung daher die Aufgabe zu Grunde, ein Verfahren zur Steuerung und/oder Regelung einer hüttentechnischen Produktionsanlage bereitzustellen, welches neben einer flexibleren Produktionsplanung eine Verwertung sowie Verknüpfung verfügbarer Prozessdaten, Messwerte sowie eine Berücksichtigung von Preisen für die jeweils einzusetzenden Rohstoffe ermöglicht.
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Beschreibung der Erfindung
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Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gelöst.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Steuerung und/oder Regelung einer hüttentechnischen Produktionsanlage zur Herstellung eines Walzproduktes aus einer metallischen Stahl-, Eisen- und/oder Aluminiumlegierung, umfasst die folgenden Schritte:
- Zunächst wird eine Liste von Produktionsaufträgen zur Herstellung von Walzprodukten, beispielsweise unterschiedliche Coils, bereitgestellt. In einer solchen Produktionsanlage können diese vorzugsweise von einer Steuerstelle oder einer übergeordneten Produktionsplanungsebene verwaltet werden. Jeder der Produktionsaufträge umfasst zumindest spezifische Zielsollwerte für Material-, Oberflächen- und/oder geometrische Eigenschaften, wobei jeder dieser spezifischen Zielsollwerte jeweils einen minimalen spezifischen Zielsollwert sowie einen maximalen spezifischen Zielsollwert aufweist. Hierdurch wird somit ein Bereich definiert, in dem sich die jeweiligen spezifische Zielsollwerte bewegen können, um die für das jeweilige Walzprodukt vorgegebenen Produkteigenschaften zu erzielen.
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Unter dem Begriff der spezifischen Zielsollwerte werden Produktspezifikationsdaten verstanden, die das jeweilige hergestellte Walzprodukt letztendlich kennzeichnen und die dieses sodann aufweisen soll. Vorteilhafterweise sind die spezifischen Zielsollwerte daher ausgewählt aus der Reihe umfassend die Länge, die Breite, die Dicke, die Streckgrenze, die Zugfestigkeit, die Dehnung, die Zähigkeitseigenschaften, die Schichtdicke einer Beschichtung, die magnetischen Eigenschaften und/oder Kombination hiervon.
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Ferner ist jeder der Produktionsaufträge über eine Reihe von chemischen Zusammensetzungen definiert ist, deren jeweilige Komponenten jeweils einen minimalen Zielkannwert sowie einen maximalen Zielkannwert umfassen. Je nach Legierung unterschieden sich diese und können beispielsweise ausgewählt sein aus der Reihe umfassend die Elemente Kohlenstoff (C), Mangan (Mn), Silizium (Si), Phosphor (P), Schwefel (S), Stickstoff (N), Chrom (Cr), Molybdän (Mo), Nickel (Ni), Kupfer (Cu), Blei (Pb), Bor(B), Zinn (Zn), Niob(Nb), Titan (Ti), Vanadium (V) und/oder Kombinationen hiervon.
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In einem weiteren Schritt des erfindungsgemäßen Verfahrens wird sodann von jedem der Produktionsaufträge eine Auswahl von chemischen Zusammensetzungen ermittelt, deren jeweilige Zusammensetzungen über alle Produktionsaufträge hinweg in einem zugelassenen Qualitätsfenster liegen und somit grundsätzlich in einer Charge erschmolzen werden könnten. Hierzu werden für jede der chemischen Zusammensetzungen eines jeden Produktionsauftrages unter Zuhilfenahme eines oder mehrerer Prozessmodelle prädiktive spezifische Zielistwerte für zumindest eine der Material-, Oberflächen- und/oder geometrischen Eigenschaften ermittelt.
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Unter dem Begriff eines Prozessmodells wird im Sinne der vorliegenden Erfindung ein mathematischer Algorithmus verstanden, mit dem ein Wert, vorliegend der prädiktive spezifische Zielistwert auf Basis der chemischen Zusammensetzung und ggf. weiterer Prozessparameter, die das jeweilige Walzprodukt beeinflussen können, berechnet und somit vorhergesagt werden kann.
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Die weiteren Prozessparameter, die das jeweilige Walzprodukt während der Herstellung beeinflussen können, umfassen beispielsweise die Temperaturen und/oder Abmessungen des Walzproduktes in den einzelnen Prozessschritten, die Temperaturen in den Wärme-, Heiz- und/oder Kühleinrichtungen der Anlage, und/oder qualitative Parameter, wie insbesondere Oberflächendefekte an dem Walzprodukt. Sämtliche dieser Parameterkönnen an mehreren Messstellen innerhalb des Prozessverlaufs bzw. der Anlage gemessen und somit von jeder dieser Messstellen aus, mittels eines entsprechenden Prozessmodells, in die Zukunft vorausberechnet werden.
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Vorteilhafterweise sind die Prozessmodelle daher ausgewählt aus der Gruppe umfassend Temperaturmodelle, Gefügemodelle, Umformungs-Prozessmodelle, Anlagenstabilitätsmodelle, Vorhersagemodelle für die Anzahl und/oder Fläche und/oder Stärke von Zunderdefekten, und/oder Rissen, Breitungsmodelle, Vorhersagemodelle für mechanische Eigenschaften, wie insbesondere für die Streckgrenze, die Zugfestigkeit, die Dehnung und/oder die Zähigkeitseigenschaften.
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Die jeweiligen Prozessmodelle können aus Einzelmodellen gebildet sein, so dass jedes der Einzelmodelle einen spezifischen Anlagenteil beschreibt. Ergänzend und/oder alternativ können die Prozessmodelle bzw. die Einzelmodelle auch einen Bestandteil eines integrierten, aggregatübergreifenden Modells sein, welches die gesamte Anlage beschreibt.
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Die ermittelten prädiktiven spezifischen Zielistwerte werden sodann mit den spezifischen Zielsollwerten der jeweiligen Produktionsaufträge verglichen, wobei diejenigen chemischen Zusammensetzungen ausgewählt werden, und die Auswahl bilden, für die die Bedingung erfüllt ist, dass die prädiktiven spezifischen Zielistwerte in dem spezifischen Zielsollwert-Bereich liegen.
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Anschließend wird für jede der erlaubten chemischen Zusammensetzung, d.h. für jede chemische Zusammensetzung der Auswahl eines jeden Produktionsauftrages, ein Strafpunkt und/oder eine Straffunktion ermittelt. In diesem Zusammenhang kann der Strafpunkt und/oder die Straffunktion ergänzend zumindest einen Prozessparameter umfassen.
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Unter dem Begriff „Strafpunkt und/oder Straffunktion“ wird im Sinne der vorliegenden Erfindung eine dimensionslose Größe verstanden, die ein Maß für die Herstellungskosten der jeweiligen erlaubten chemischen Zusammensetzung darstellt. Ein solcher Strafpunkt und/oder eine solche Straffunktion setzt sich vorliegend aus zumindest einem der Kostenparameter ausgewählt aus der Reihe umfassend Legierungskosten, Schrottkosten, Energiekosten, Eisenkosten, Kosten für Zuschlagsstoffe, Kohlendioxidkosten und/oder eine Kombination hiervon zusammen.
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Im Ergebnis werden somit für jede der erlaubten chemischen Zusammensetzung eines jeden Produktionsauftrages die Herstellungskosten ermittelt. Da in der Regel mehrere Produktionsaufträge in einer gemeinsamen Charge, beispielsweise einer Pfanne, erschmolzen werden können, wird anschließend auf Basis dieser Erkenntnis eine Ziel-Zusammensetzung für eine Auswahl von Produktionsaufträgen ermittelt, die in der gemeinsamen Charge erschmolzen werden sollen.
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Hierbei wird für eine jede mögliche Kombination von Produktionsaufträgen, die die Auswahl von Produktionsaufträgen bilden kann, eine Schnittmenge von chemischen Zusammensetzungen aus der Auswahl derjenigen chemischen Zusammensetzungen eines jeden, die Kombination bildenden, Produktionsauftrages ermittelt, wobei die Strafpunkte und/oder die Straffunktion der chemischen Zusammensetzungen einer jeden Schnittmenge addiert werden, und diejenige chemische Zusammensetzung die Ziel-Zusammensetzung bildet, deren Strafpunktsumme den kleinsten Wert aufweist.
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Die sodann erhaltene Ziel-Zusammensetzung für die Kombination von Produktionsaufträgen wird sodann an eine Steuerstelle und/oder eine Produktionsplanungsebene übermittelt, woraufhin die Charge in einem Stahlwerk erschmolzen und sodann der Anlage bereitgestellt wird.
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Die vorliegende Erfindung ermöglicht somit einen optimierten Einsatz von Rohmaterialen bei der Herstellung von Walzprodukten aus einer metallischen Stahl-, Eisen- und/oder Aluminiumlegierung, indem die chemische Zusammensetzung in Abhängigkeit einer Kostenfunktion sowie unter Berücksichtigung von qualitativen Vorgaben optimiert wird.
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Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den abhängig formulierten Ansprüchen angegeben. Die in den abhängig formulierten Ansprüchen einzeln aufgeführten Merkmale sind in technologisch sinnvoller Weise miteinander kombinierbar und können weitere Ausgestaltungen der Erfindung definieren. Darüber hinaus werden die in den Ansprüchen angegebenen Merkmale in der Beschreibung näher präzisiert und erläutert, wobei weitere bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung dargestellt werden.
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In einer weiteren vorteilhaften Ergänzung können von den jeweiligen Ziel-Zusammensetzungen der möglichen Kombinationen von Produktionsaufträgen Varianten gebildet werden, wobei sodann diejenige Variante ausgewählt und abgearbeitet wird, deren Strafpunktsumme den kleinsten Wert aufweist. Hierbei kann die Reihenfolge der einzelnen Chargen oder der einzelnen Varianten hinsichtlich ihrer Ziel-Zusammensetzung aufeinander abgestimmt werden.
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In einer vorteilhaften Ausführungsvariante kann jeder der Produktionsaufträge für jedes der herzustellenden Walzprodukte zusätzlich Produktinformationsdaten umfassen.
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Als Produktinformationsdaten werden im Sinne der vorliegenden Erfindung Primärdaten verstanden, die von einer Produktionsplanungsebene an die Steuerstelle gesendet werden, über die wiederum der gesamte Herstellungsprozess gesteuert und/oder geregelt wird. Die Produktinformationsdaten umfassen daher vorteilhafterweise Sollwertsätze für die Regelungen und/oder Steuerung der einzelnen Anlagenkomponenten, insbesondere deren hydraulischen und/oder elektronischen Stellsystemen. Dies kann entweder tabellenorientiert und/oder unter Verwendung mathematisch-physikalischer Prozessmodelle erfolgen.
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In einem weiteren Aspekt betrifft die vorliegende Erfindung zudem ein Computerprogrammprodukt, umfassend Softwarecodeabschnitte und/oder Befehle, welche bei der Ausführung des Programms durch einen Computer diesen veranlassen, die Schritte gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren durchzuführen.
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Figurenliste
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Die Erfindung sowie das technische Umfeld werden nachfolgend anhand der Figuren näher erläutert. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Erfindung durch die gezeigten Ausführungsbeispiele nicht beschränkt werden soll. Insbesondere ist es, soweit nicht explizit anders dargestellt, auch möglich, Teilaspekte der in den Figuren erläuterten Sachverhalte zu extrahieren und mit anderen Bestandteilen und Erkenntnissen aus der vorliegenden Beschreibung und/oder Figuren zu kombinieren. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die Figuren und insbesondere die dargestellten Größenverhältnisse nur schematisch sind. Gleiche Bezugszeichen bezeichnen gleiche Gegenstände, so dass ggf. Erläuterungen aus anderen Figuren ergänzend herangezogen werden können. Es zeigen:
- 1 eine Ausführungsvariante einer hüttentechnischen Produktionsanlage, und
- 2 ein Schema des Verfahrensablaufs anhand eines Ausführungsbeispiels, welches mittels einer hüttentechnischen Produktionsanlage gemäß 1 ausführbar ist.
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In 1 ist eine Ausführungsvariante einer hüttentechnischen Produktionsanlage 1 gezeigt, mit der das erfindungsgemäße Verfahren ausführbar ist. Die Produktionsanlage 1 umfasst im vorliegenden Beispiel ein Stahlwerk 2 sowie eine Gieß-Walz Anlage 3, die vorliegend in Form einer CSP-®-Anlage ausgebildet ist. In einer Minimalkonfiguration umfasst die Anlage 3 eine Stranggießmaschine 4, vorzugsweise eine CSP-®-Dünnbrammengießmaschine, mit der ein Stranggut 5 mit einer Dicke im Bereich von 30 - 150 mm, vorzugsweise mit einer Dicke im Bereich von 50 bis 90 mm, sowie einer Breite im Bereich von 500 bis 2500 mm, vorzugsweise mit einer Breite von 850 bis 1950 mm, gegossen werden kann. In Bandlaufrichtung hinter der Stranggießmaschine 4 ist zunächst eine Trenneinrichtung 6 angeordnet, mit der das Stranggut 5, bevor es der Walzstraße zugeführt wird, in einzelne Brammen 7 getrennt wird. Die Trenneinrichtung 6 kann beispielsweise aus einer Pendelschere bestehen. Ferner umfasst die Anlage 3 eine Wärmeeinrichtung 8, die als Tunnelofen ausgebildet sein kann, sowie eine Fertig-Walzstraße 9 mit einer spezifischen Anzahl von Walzgerüsten 10, von denen in 1 rein exemplarisch drei gezeigt sind. In einer CSP-®-Anlage kann die Fertig-Walzstraße 9 vorzugsweise auch 4 bis 8 Walzgerüste aufweisen. In Bandlaufrichtung hinter der Fertig-Walzstraße 9 umfasst die Anlage 3 zunächst eine Kühleinrichtung 11, mittels derer ein auf die gewünschte Endbanddicke gewalztes Warmband 12 gekühlt wird, eine Haspeleinrichtung 13, sowie eine zwischen der Kühleinrichtung 11 und der Haspeleinrichtung 13 angeordnete zweite Trenneinrichtung 14.
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In einer weiteren Ausführungsvariante kann die Anlage 3 zusätzlich eine Vor-Walzstraße 15 mit vorzugsweise bis zu drei Walzgerüsten, einer Transferbarkühleinrichtung, einer weiteren Wärmeeinrichtung, einer Heizeinrichtung, die vorzugsweise induktiv ausgeführt sein kann, und/oder einer Staucheinrichtung mit zumindest einem, vorzugsweise mehreren Stauchgerüsten, umfassen.
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Sämtliche Anlagenkomponenten der Produktionsanlage 1 sind, wie dies anhand der vertikalen Pfeile in 1 gezeigt ist, mit einer zentralen Steuerstelle 16 gekoppelt, über die die gesamte Prozesssteuerung erfolgt. Ferner umfasst die Produktionsanlage 1 eine der Steuerstelle 16 übergeordnete Produktionsplanungsebene 17, in der die für die Herstellung vorgesehenen Produktionsaufträge P verwaltet werden, vorliegend die Produktionsaufträge 18, 19, 20, 21.
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Jeder der Produktionsaufträge 18, 19, 20, 21 umfasst in dem vorliegenden Ausführungsbeispiel für das jeweilige herzustellende Walzprodukt spezifische Zielsollwerte 181, 191, 201, 211, Produktinformationsdaten 182, 192, 202, 212, und ist ferner über eine Reihe von chemischen Zusammensetzungen 183, 193, 203, 213 definiert.
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Die spezifischen Zielsollwerte 181, 191, 201, 211 werden jeweils durch einen minimalen spezifischen Zielsollwert sowie einen maximalen spezifischen Zielsollwert beschrieben und können geometrische Eigenschaften, wie beispielsweise die Länge, die Breite und/oder die Dicke; Materialeigenschaften, wie beispielsweise die Streckgrenze, die Zugfestigkeit, die Dehnung, die Zähigkeitseigenschaften und/oder weitere mechanische Eigenschaften; und/oder Oberflächeneigenschaften, wie beispielsweise Oberflächendefekte und/oder Beschichtungssysteme, des Walzproduktes 12 umfassen.
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Auch die Reihe von chemischen Zusammensetzungen 183, 193, 203, 213 umfasst für jede der chemischen Komponenten jeweils einen minimalen sowie einen maximalen Zielkannwert, wie dies anhand der 2 dargestellt ist. In dem vorliegenden Ausführungsbeispiel wird die Reihe von chemischen Zusammensetzungen 183, 193, 203, 213 eines jeden Produktionsauftrags 18, 19, 20, 21 aus den beiden chemischen Komponenten Mangan (Mn) und Kohlenstoff (C) gebildet, die jeweils in unterschiedlicher Menge (in Gew.-%) die jeweilige Zusammensetzung a bis y bilden können.
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Die Produktinformationsdaten 182, 192, 202, 212 umfassen für das jeweilige Walzprodukt 12 Sollwertsätze für die Regelungen und/oder Steuerung der einzelnen Anlagenkomponenten, wie beispielsweise die Temperatur, die nach jedem der einzelnen Aggregate und/oder nach jedem der Prozessschritte innerhalb des Herstellungsverfahrens einzuhalten sind.
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Üblicherweise wird zunächst im Stahlwerk 2 eine spezifische Schmelze erschmolzen, die sodann der Anlage 3 bereitgestellt wird. Solche Schmelzen setzen sich in der Regel aus Roheisen 22, Schrotten 23 sowie Legierungselementen 24 zusammen, die markttechnischen Preisschwankungen unterliegen. Ferner können Abweichungen von den Prozesszielwerten durch die sodann einzuleitenden Korrekturmaßnahmen den Energieverbrauch der Anlage 1 erhöhen und sich in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit dieser nachteilig auswirken, beispielsweise indem die Breite der erzeugten Bramme 7 innerhalb des Produktionsprozesses oft verstellt oder in nachgelagerten Linien, wie beispielsweise in einer Beizlinie, besäumt werden muss.
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Um diese Aspekte bei der Herstellung von Walzprodukten zu berücksichtigen, wird erfindungsgemäß aus der gesamten Liste von Produktionsaufträgen 18, 19, 20, 21 zunächst eine Ziel-Zusammensetzung 25 für eine Auswahl von Produktionsaufträgen ermittelt, deren Strafpunktsumme den kleinsten Wert aufweist und die in der gemeinsamen Charge 26, die beispielsweise das Volumen eine Pfanne aufweisen kann, erschmolzen sowie anschließend der Anlage 3 bereitgestellt werden kann.
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Zur Ermittlung der Ziel-Zusammensetzung 25 wird zunächst eine Auswahl von chemischen Zusammensetzungen 27, 28, 29, 30 (2; Schritt b)) von jedem der Produktionsaufträge 18, 19, 20, 21 ermittelt, indem für jede der chemischen Zusammensetzungen a... y eines jeden Produktionsauftrages 18, 19, 20, 21 vorliegend unter Zuhilfenahme eines Prozessmodells 31 prädiktive spezifische Zielistwerte 184, 194, 204, 214 für zumindest eine der Material-, Oberflächen- und/oder geometrischen Eigenschaften ermittelt werden. Diese zumindest eine Eigenschaft kann beispielsweise die Zugfestigkeit sein. Das vorliegende Prozessmodell 31 ist vorliegend als aggregatübergreifendes Modell ausgebildet, welches neben dem Vorhersagemodell für mechanische Eigenschaften 32, insbesondere die Zugfestigkeit, zusätzlich ein Temperaturmodell 33 sowie ein Umformungs-Prozessmodell 34 umfasst. Das Temperaturmodell 33 berücksichtigt hierbei die Temperaturen in den Anlagenkomponenten 8 und 11, wohingegen das Umformungs-Prozessmodell 34 die Walzkräfte für die Walzstraße 9, und ggf. für die Vor-Walzstraße 15, berücksichtigt.
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Die von der Steuerstelle 16 ermittelten prädiktiven spezifischen Zielistwerte 184, 194, 204, 214 werden sodann an die Produktionsplanungsebene 17 übertragen und mit den spezifischen Zielsollwerten 181, 191, 201, 211 der jeweiligen Produktionsaufträge 18, 19, 20, 21 verglichen, wobei diejenigen chemischen Zusammensetzungen ausgewählt werden, und die Auswahl 27, 28, 29, 30 bilden, für die die Bedingung erfüllt ist, dass die prädiktiven spezifischen Ziehstwerte 184, 194, 204, 214 in dem spezifischen Zielsollwert-Bereich liegen.
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Für jede der erlaubten chemischen Zusammensetzung der Auswahl 27, 28, 29, 30 wird anschließend ein Strafpunkt und/oder eine Straffunktion ermittelt, der bzw. die sich aus zumindest einem der Kostenparameter ausgewählt aus der Reihe umfassend Legierungskosten, Schrottkosten, Energiekosten, Eisenkosten, Kosten für Zuschlagsstoffe, Kohlendioxidkosten und/oder eine Kombination hiervon zusammensetzen kann (2; Schritt c)). Wie anhand der Werte in 2 (siehe Schritt c)) erkennbar, bildet die Zusammensetzung g1 für den Produktionsauftrag 18 den kleinsten Strafpunkt. Hingegen bildet im Produktionsauftrag 19 die Zusammensetzung h2 den kleinsten Strafpunkt. In den Produktionsaufträgen 20, 21 weisen hingegen die Zusammensetzungen s3 bzw. v4 den kleinsten Strafpunkt auf.
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Zur Ermittlung der Ziel-Zusammensetzung 25, 25.1 wird sodann für eine jede mögliche Kombination K1, K2, K3, K4, K5, K6 von Produktionsaufträgen 18, 19, 20, 21, die die Auswahl von Produktionsaufträgen bilden kann, eine Schnittmenge 35, 36, 37, 38, 39, 40 aus der Auswahl derjenigen chemischen Zusammensetzungen 27, 28, 29, 30 eines jeden, die Kombination bildenden, Produktionsauftrages 18, 19, 20, 21 ermittelt, wobei die Strafpunkte und/oder die Straffunktion dieser chemischen Zusammensetzungen einer jeden Schnittmenge 35, 36, 37, 38, 39, 40 anschließend addiert werden.
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In dem vorliegenden Ausführungsbeispiel wird die Kombination K1 aus den beiden Produktionsaufträgen 18, 19 gebildet, die Kombination K2 aus den beiden Produktionsaufträgen 18, 20 gebildet, die Kombination K3 aus den beiden Produktionsaufträgen 18, 21 gebildet, die Kombination K4 aus den beiden Produktionsaufträgen 19, 20 gebildet, die Kombination K5 aus den beiden Produktionsaufträgen 19, 21 gebildet, sowie die Kombination K6 aus den beiden Produktionsaufträgen 20, 21 gebildet.
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Diejenige chemische Zusammensetzung, deren Strafpunktsumme den kleinsten Wert aufweist bildet die sodann die Ziel-Zusammensetzung 25, 25.1, die an die Produktionsplanungsebene 17 übermittelt werden kann, woraufhin die Charge 26 in dem Stahlwerk 2 erschmolzen und der Anlage 3 bereitgestellt wird.
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In einer weiteren Ausführungsvariante können aus den jeweils ermittelten Ziel-Zusammensetzungen 25.1, 25.2, 25.3, 25.4, 25.5, 25.6 der möglichen Kombinationen K1, K2, K3, K4, K5, K6 von Produktionsaufträgen 18, 19, 20, 21 Varianten V1, V2, V3 für gleiche oder ähnliche chemische Zusammensetzungen gebildet werden (siehe Schritt e1)). Hierbei wird diejenige Variante V1, V2, V3 ausgewählt und abgearbeitet, deren Strafpunktsumme den kleinsten Wert aufweist.
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Die sodann erhaltene Variante, vorliegend die Variante 1 bestehend aus K1 und K6 wird sodann an die Produktionsplanungsebene 17 übermittelt, woraufhin die Charge 26 in dem Stahlwerk 2 erschmolzen und sodann der Anlage 3 bereitgestellt wird, beispielsweise indem diese der Kokille der Stranggießmaschine 4 zugeführt und zu dem Stranggut 5 vergossen wird.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Produktionsanlage
- 2
- Stahlwerk
- 3
- Gieß-Walz Anlage
- 4
- Stranggießmaschine
- 5
- Stranggut
- 6
- erste Trenneinrichtung
- 7
- Brammen
- 8
- Wärmeeinrichtung / Tunnelofen
- 9
- Fertig-Walzstraße
- 10
- Walzgerüst
- 11
- Kühleinrichtung / Kühlstrecke
- 12
- Walzprodukt / Warmband
- 13
- Haspeleinrichtung
- 14
- zweite Trenneinrichtung
- 15
- Vor-Walzstraße
- 16
- Steuerstelle
- 17
- Produktionsplanungsebene
- 18
- Produktionsauftrag (PPA1)
- 19
- Produktionsauftrag (PPA2)
- 20
- Produktionsauftrag (PPA3)
- 21
- Produktionsauftrag (PPA4)
- 22
- Roheisen
- 23
- Schrott
- 24
- Legierungselemente
- 25
- Ziel-Zusammensetzung
- 25.1
- Ziel-Zusammensetzung K1
- 25.2
- Ziel-Zusammensetzung K2
- 25.3
- Ziel-Zusammensetzung K3
- 25.4
- Ziel-Zusammensetzung K4
- 25.5
- Ziel-Zusammensetzung K5
- 25.6
- Ziel-Zusammensetzung K6
- 26
- Charge
- 27
- Auswahl von chemischen Zusammensetzungen des Produktionsauftrages 18
- 28
- Auswahl von chemischen Zusammensetzungen des Produktionsauftrages 19
- 29
- Auswahl von chemischen Zusammensetzungen des Produktionsauftrages 20
- 30
- Auswahl von chemischen Zusammensetzungen des Produktionsauftrages 21
- 31
- Prozessmodell
- 32
- Vorhersagemodell für mechanische Eigenschaften
- 33
- Temperaturmodell
- 34
- Umformungs-Prozessmodell
- 35
- Schnittmenge K1
- 36
- Schnittmenge K2
- 37
- Schnittmenge K3
- 38
- Schnittmenge K4
- 39
- Schnittmenge K5
- 40
- Schnittmenge K6
- 181
- Zielsollwerte
- 182
- Produktinformationsdaten
- 183
- Reihe von chemischen Zusammensetzungen
- 184
- prädiktive spezifische Zielistwerte
- 191
- Zielsollwerte
- 192
- Produktinformationsdaten
- 193
- Reihe von chemischen Zusammensetzungen
- 194
- prädiktive spezifische Zielistwerte
- 201
- Zielsollwerte
- 202
- Produktinformationsdaten
- 203
- Reihe von chemischen Zusammensetzungen
- 204
- prädiktive spezifische Zielistwerte
- 211
- Zielsollwerte
- 212
- Produktinformationsdaten
- 213
- Reihe von chemischen Zusammensetzungen
- 214
- prädiktive spezifische Zielistwerte
- K1
- Kombination aus den Produktionsaufträgen 18, 19
- K2
- Kombination aus den Produktionsaufträgen 18, 20
- K3
- Kombination aus den Produktionsaufträgen 18, 21
- K4
- Kombination aus den Produktionsaufträgen 19, 20
- K5
- Kombination aus den Produktionsaufträgen 19, 21
- K6
- Kombination aus den Produktionsaufträgen 20, 21
- V1
- Variante aus K1/K6
- V2
- Variante aus K2/K5
- V3
- Variante aus K3/K4
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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