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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren, ein Computerprogramm mit Instruktionen und eine Vorrichtung zum Reduzieren von Reisekrankheit in einem Fortbewegungsmittel. Die Erfindung betrifft weiterhin ein Fortbewegungsmittel, in dem ein erfindungsgemäßes Verfahren oder eine erfindungsgemäße Vorrichtung eingesetzt wird.
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Räumliche und zeitliche Diskrepanzen zwischen der Verortung eines Insassen auf seinem Sitz bei einer dynamischen Fahrzeugbewegung und realen Objekten bzw. der Fahrbahn wirken sich negativ auf das Fahrgefühl und das Wohlbefinden der Insassen aus. Durch eine ständige Fahrzeugbewegung und die Massenträgheit des Menschen kann es zur Reiseübelkeit bzw. Reisekrankheit, auch Kinetose genannt, kommen.
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Unter Symptomen der Reisekrankheit, wie z.B. Übelkeit oder Schwindelgefühlen, leiden insbesondere Passagiere, welche auf den Fondsitzen eines Kraftfahrzeugs sitzen und während der Fahrt nur bedingt freie Sicht auf die Straße bzw. die Umgebung, wie z.B. Bäume oder Gebäude, haben.
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In Anbetracht zunehmender Assistenzfunktionen bis hin zum vollautonomen Fahren gewinnt das Thema Reisekrankheit immer mehr an Bedeutung. So gibt es einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung, welcher heutzutage schon große Problem mit dem Auftreten von Reisekrankheit hat. Bei zukünftigen Mobilitätslösungen wird das Thema zusätzlich an Relevanz gewinnen, da sich die Aufmerksamkeit der Fahrzeuginsassen weg von der Umgebung bzw. Straße hin zu alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten verlagert, wie z.B. der Nutzung von Video- oder Multimediaangeboten, Spielen, etc.
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Häufig vermeiden es Menschen, hinten zu sitzen oder Nebentätigkeiten zu verrichten, wenn sie anfällig für Reisekrankheit sind oder die bevorstehende Fahrsituation bekanntermaßen problematisch ist. Durch das Vermeiden von Nebentätigkeiten geht allerdings Zeit für Arbeit oder Unterhaltung verloren.
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Daneben gibt es medizinische Produkte, die die Symptome der Reisekrankheit vermindern sollen. Oftmals treten bei diesen aber Nebenwirkungen wie Müdigkeit oder Symptome des Sopite-Syndroms auf.
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Vor diesem Hintergrund beschreibt
DE 10 2017 223 609 A1 ein System zur Verringerung von Kinetosesymptomen für ein Fahrzeug. Das System weist eine Steuereinheit auf, die mit einem Sensorsystem und/oder einem Navigationssystem, einem Fahrzeugsitzsystem und/oder einer Anzeigeneinheit zum Empfangen und/oder Aussenden von Signalen gekoppelt ist. Die Steuereinheit ist dazu eingerichtet, in Abhängigkeit von empfangenen Umgebungsdaten und/oder Fahrzeugkomponentendaten Sitz-Verstellsignale und/oder Anzeigesignale zu erzeugen.
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Die Verwendung von adaptiven Lichtkonzepten, z.B. zur Generierung eines künstlichen Horizontes, bietet die Möglichkeit einer adaptiven Anpassung der Lichtinszenierung an durch die Straßenverhältnisse und Geschwindigkeitsveränderungen verursachte Fahrzeugbewegungen. Durch die adaptive Anpassung der Lichtinszenierung kann das Auftreten von Reisekrankheit positiv beeinflusst und gegebenenfalls ganz vermieden werden. Weiterhin kann dieser Ansatz individualisiert auf den entsprechenden Insassen und dessen Empfindlichkeit bei dieser Thematik angepasst und abgestimmt werden. Ein künstlicher Horizont, welcher aus allen Sichtwinkeln wahrgenommen werden kann, hilft dem Insassen durch einen künstlich erzeugten Fixpunkt in seiner Anpassung an die Umgebung, ohne dass der Insasse die Umgebung selbst bewusst beobachtet. Weitere adaptive Lichtkonzepte nutzen eine dynamische Ambientebeleuchtung, zum Beispiel im Bereich der Fahrzeugtüren, des Dachhimmels oder der Instrumententafel.
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In diesem Zusammenhang beschreibt
DE 10 2014 210 170 A1 ein Verfahren zur Unterdrückung der Reisekrankheit in einem Kraftfahrzeug, wobei einem Fahrzeuginsassen in Abhängigkeit einer erfassten oder vorhersehbaren Fahrsituation hör-, sicht- und/oder fühlbare Signale übermittelt werden. Die fühlbaren Signale werden dabei als Luftströmungen ausgebildet. Die sichtbaren Signale sind in Form eines künstlichen Horizonts oder einer Ambientebeleuchtung ausgebildet.
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US 2017/0313326 A1 beschreibt ein sensorisches Stimulationssystem für ein autonomes Fahrzeug. Das Stimulationssystem kann eine Reihe von Manövern des Fahrzeugs bestimmen. Basierend auf dem jeweiligen Manöver kann das Stimulationssystem einen Satz visueller Stimulationsausgaben bestimmen, um einem Passagier des Fahrzeugs visuelle Anzeigen des jeweiligen Manövers zu liefern. Das Stimulationssystem kann dann den Satz visueller Stimulationsausgaben auf einer Anzeigeeinheit im Inneren des Fahrzeugs anzeigen, bevor das jeweilige Manöver ausgeführt wird.
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Es ist eine Aufgabe der Erfindung, alternative Lösungen zum Reduzieren von Reisekrankheit in einem Fortbewegungsmittel bereitzustellen.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1, durch ein Computerprogramm mit Instruktionen gemäß Anspruch 8 sowie durch eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 9 gelöst. Bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche.
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Gemäß einem ersten Aspekt der Erfindung umfasst ein Verfahren zum Reduzieren von Reisekrankheit in einem Fortbewegungsmittel die Schritte:
- - Empfangen von Informationen, aus denen eine Bewegung des Fortbewegungsmittels ableitbar ist;
- - Bestimmen der Bewegung des Fortbewegungsmittels aus den empfangenen Informationen; und
- - Ansteuern zumindest einer Anzeigevorrichtung des Fortbewegungsmittels derart, dass durch die Anzeigevorrichtung eine der Bewegung des Fortbewegungsmittels gegenläufige Bewegungsinformation vermittelt wird.
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Gemäß einem weiteren Aspekt der Erfindung umfasst ein Computerprogramm Instruktionen, die bei Ausführung durch einen Computer den Computer zur Ausführung der folgenden Schritte zum Reduzieren von Reisekrankheit in einem Fortbewegungsmittel veranlassen:
- - Empfangen von Informationen, aus denen eine Bewegung des Fortbewegungsmittels ableitbar ist;
- - Bestimmen der Bewegung des Fortbewegungsmittels aus den empfangenen Informationen; und
- - Ansteuern zumindest einer Anzeigevorrichtung des Fortbewegungsmittels derart, dass durch die Anzeigevorrichtung eine der Bewegung des Fortbewegungsmittels gegenläufige Bewegungsinformation vermittelt wird.
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Der Begriff Computer ist dabei breit zu verstehen. Insbesondere umfasst er auch Steuergeräte, eingebettete Systeme und andere prozessorbasierte Datenverarbeitungsvorrichtungen.
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Das Computerprogramm kann beispielsweise für einen elektronischen Abruf bereitgestellt werden oder auf einem computerlesbaren Speichermedium gespeichert sein.
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Gemäß einem weiteren Aspekt der Erfindung weist eine Vorrichtung zum Reduzieren von Reisekrankheit in einem Fortbewegungsmittel auf:
- - eine Empfangseinheit zum Empfangen von Informationen, aus denen eine Bewegung des Fortbewegungsmittels ableitbar ist;
- - eine Recheneinheit zum Bestimmen der Bewegung des Fortbewegungsmittels aus den empfangenen Informationen; und
- - eine Steuereinheit zum Ansteuern zumindest einer Anzeigevorrichtung des Fortbewegungsmittels derart, dass durch die Anzeigevorrichtung eine der Bewegung des Fortbewegungsmittels gegenläufige Bewegungsinformation vermittelt wird.
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Bei der erfindungsgemäßen Lösung wird einem Passagier eines Fortbewegungsmittels unter Verwendung einer Anzeigevorrichtung eine Bewegungsinformation vermittelt, die gegenläufig zur tatsächlichen Bewegung des Fortbewegungsmittels erscheint. Die vermittelte Bewegungsinformation ist aus der Perspektive des Passagiers ähnlich wie die Bewegung der äußeren Umgebung des Fortbewegungsmittels. Besonders, wenn der Passagier auf ein Objekt im Fortbewegungsmittel fokussiert ist, z.B. auf ein Buch oder einen Bildschirm, wird durch die Anzeigevorrichtung ein starkes peripheres Bewegungsempfinden erzeugt. Diese Wahrnehmung wird so gesteuert, dass sie mit der vestibulären Wahrnehmung des Passagiers, d.h. den Empfindungen des Gleichgewichtssinns, übereinstimmt. Erfindungsgemäß können bei der Aktivierung der Anzeigevorrichtung die Nutzeraktivität, die aktuelle Fahrumgebung oder die Nutzerempfindlichkeit berücksichtigt werden. Beispielsweise kann bei der Nutzeraktivität unterschieden werden, ob der Nutzer durch ein Unterhaltungsmedium abgelenkt ist oder sich auf die Umgebung konzentriert. Bei der Fahrumgebung kann z.B. unterschieden werden zwischen Stau, flüssiger Fortbewegung oder einem Halt an einem Verkehrszeichen oder einer Ampel. Angaben zur Empfindlichkeit des Nutzers können vorzugsweise vom Nutzer selbst über eine Nutzerschnittstelle bereitgestellt werden.
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Gemäß einem Aspekt der Erfindung weist die zumindest eine Anzeigevorrichtung eine Matrix aus Leuchtelementen auf. Aktuelle Fortbewegungsmittel nutzen oftmals Lichtfunktionen im Innenraum, z.B. in den Türverkleidungen, um ein bestimmtes Ambiente bzw. eine bestimmte Stimmung zu erzeugen. Zu diesem Zweck wird in der Regel eine Lichtquelle genutzt, deren Licht mit Lichtleitern verteilt wird. Erfindungsgemäß wird stattdessen eine Matrix aus einzelnen Leuchtelementen verwendet, z.B. eine Matrix aus einzelnen LEDs (LED: Light Emitting Diode; Leuchtdiode). Diese Lösung hat den Vorteil, dass mit der gleichen Anzeigevorrichtung sowohl die Realisierung der bekannten Lichtfunktionen als auch das Vermitteln von Bewegungsinformation möglich ist. Zum Vermitteln von Bewegungsinformation reicht es aus, die Leuchtelemente so anzusteuern, dass sich hell und weniger hell leuchtende Bereichen über die Matrix zu bewegen scheinen.
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Gemäß einem Aspekt der Erfindung wird die der Bewegung des Fortbewegungsmittels gegenläufige Bewegungsinformation durch eine Bewegung eines Lichtmusters vermittelt. Mittels der Bewegung eines Lichtmusters kann auf eine sehr einfache Weise, die zugleich die kognitive Belastung für den Passagier gering hält, eine Bewegungsinformation vermittelt werden.
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Gemäß einem Aspekt der Erfindung werden Änderungen einer Beschleunigung des Fortbewegungsmittels durch Änderungen einer Bewegungsrichtung, einer Bewegungsgeschwindigkeit, einer Farbe oder einer Helligkeit des Lichtmusters vermittelt. Wenn sich das Fortbewegungsmittel im Stillstand befindet, wird durch die Anzeigevorrichtung ein Lichtmuster angezeigt, dass auf der Matrix statisch ist. Sobald sich das Fortbewegungsmittel in Bewegung setzt bzw. beschleunigt, beginnt auch das Lichtmuster, sich gegen die Bewegungsrichtung des Fortbewegungsmittels zu bewegen. Mit zunehmender Geschwindigkeit des Fortbewegungsmittels erhöht sich auch die Geschwindigkeit der Bewegung des Lichtmusters. Sobald das Fortbewegungsmittel eine konstante Geschwindigkeit erreicht, bleibt auch die Geschwindigkeit der Bewegung des Lichtmusters konstant und nicht gleich Null. Entsprechend nimmt beim Abbremsen des Fortbewegungsmittels die Geschwindigkeit der Bewegung des Lichtmusters wieder ab. Bevorstehende Ereignisse, wie Kurven oder langsamere Fortbewegungsmittel, die z.B. von Kameras oder Radarsensoren erfasst werden, können durch Änderungen des Lichtmusters in Bezug auf Farbe oder Helligkeit visualisiert werden. Die Änderung kann dabei als gradueller Übergang des Lichtmusters oder durch einen übergangslosen Austausch des Lichtmusters erfolgen.
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Gemäß einem Aspekt der Erfindung weist das Lichtmuster Punkte, Balken oder Polygonzüge auf. Verantwortlich für Reisekrankheit sind vorrangig horizontale Bewegungen, wie sie z.B. beim Stop-and-Go-Fahren im Stau oder aufgrund von Verkehrszeichen auftreten, wie Stoppschildern, Vorfahrtszeichen oder Ampeln. Dementsprechend ist es sinnvoll, mit der Anzeigevorrichtung vorrangig eine horizontale Bewegung zu vermitteln. Zu diesem Zweck sind insbesondere vertikale Balken oder Polygonzüge, die beispielsweise eine Pfeilspitze bilden können, besonders geeignet. Die Verwendung von Punkten ist hingegen besonders dann vorteilhaft, wenn sowohl horizontale als auch vertikale Bewegungen sowie gegebenenfalls Rotationsbewegungen repräsentiert werden sollen.
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Gemäß einem Aspekt der Erfindung ist die Steuereinheit eingerichtet, ein Nutzergerät oder eine Vorrichtung zum Erzeugen hörbarer oder fühlbarer Informationen anzusteuern. Zusätzlich zu der visuell vermittelten Bewegungsinformation können auch hörbare oder fühlbare Informationen generiert werden. Auf diese Weise kann die Wahrnehmung der vermittelten Bewegungsinformation gesteigert werden. Zum Erzeugen hörbarer Informationen kann z.B. ein Lautsprecher genutzt werden. Zum Erzeugen fühlbarer Informationen können z.B. in einem Sitz verbaute Aktuatoren verwendet werden. Daneben ist es möglich, weitere visuelle Anzeigen anzusteuern, wie z.B. Displays für die Unterhaltung auf den Rücksitzen, oder Nutzergeräte wie Smartphones oder Tablets.
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Gemäß einem Aspekt der Erfindung werden die Informationen von einer Sensorik des Fortbewegungsmittels bereitgestellt. Die Sensorik kann z.B. Sensoren zum Erfassen von Fahrzeugzuständen umfassen, wie Beschleunigungssensoren, Raddrehzahlsensoren oder Gyroskope, aber auch Sensoren zum Erfassen von Umgebungsinformationen, wie Kameras, Radarsensoren, Lidarsensoren oder Ultraschallsensoren. Auch Informationen einer Innenraumkamera können genutzt werden, z.B. um die um die Farbe eines Lichtmusters entsprechend der Umgebung zu ändern. Zusätzlich können auch prädiktive Trajektorien, wie sie beispielsweise von Fahrerassistenzsystemen oder selbstfahrenden Fahrzeugen genutzt werden, herangezogen werden. Diese erlauben eine Vorausschau und ermöglichen eine Reduzierung eventueller Verzögerungen aufgrund der Signalübertragung oder notwendiger Berechnungen.
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Besonders vorteilhaft wird ein erfindungsgemäßes Verfahren oder eine erfindungsgemäße Vorrichtung in einem Fortbewegungsmittel eingesetzt. Bei dem Fortbewegungsmittel kann es sich insbesondere um ein Kraftfahrzeug handeln, z.B. einen Personenkraftwagen oder ein Nutzfahrzeug, aber auch um ein Schiff, ein Schienenfahrzeug, ein Fluggerät, z.B. einen Volocopter, etc.
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Weitere Merkmale der vorliegenden Erfindung werden aus der nachfolgenden Beschreibung und den angehängten Ansprüchen in Verbindung mit den Figuren ersichtlich.
- 1 zeigt schematisch ein Verfahren zum Reduzieren von Reisekrankheit in einem Fortbewegungsmittel;
- 2 zeigt eine erste Ausführungsform einer Vorrichtung zum Reduzieren von Reisekrankheit in einem Fortbewegungsmittel;
- 3 zeigt eine zweite Ausführungsform einer Vorrichtung zum Reduzieren von Reisekrankheit in einem Fortbewegungsmittel;
- 4 stellt schematisch ein Fortbewegungsmittel dar, in dem eine erfindungsgemäße Lösung realisiert ist;
- 5 zeigt eine Anzeigevorrichtung zur Verwendung mit einer erfindungsgemäßen Lösung;
- 6 zeigt Beispiele möglicher Lichtmuster, die von der Anzeigevorrichtung angezeigt werden können; und
- 7 zeigt eine mögliche Anordnung einer Anzeigevorrichtung in einem Innenraum eines Fortbewegungsmittels.
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Zum besseren Verständnis der Prinzipien der vorliegenden Erfindung werden nachfolgend Ausführungsformen der Erfindung anhand der Figuren detaillierter erläutert. Es versteht sich, dass sich die Erfindung nicht auf diese Ausführungsformen beschränkt und dass die beschriebenen Merkmale auch kombiniert oder modifiziert werden können, ohne den Schutzbereich der Erfindung zu verlassen, wie er in den angehängten Ansprüchen definiert ist.
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1 zeigt schematisch ein Verfahren zum Reduzieren von Reisekrankheit in einem Fortbewegungsmittel. In einem ersten Schritt werden Informationen empfangen 10, aus denen eine Bewegung des Fortbewegungsmittels ableitbar ist. Die Informationen können z.B. von einer Sensorik des Fortbewegungsmittels bereitgestellt werden oder in Form einer prädiktiven Trajektorie vorliegen. Aus den empfangenen Informationen wird dann die Bewegung des Fortbewegungsmittels bestimmt 11. Anschließend wird zumindest eine Anzeigevorrichtung des Fortbewegungsmittels derart angesteuert 12, dass durch die Anzeigevorrichtung eine der Bewegung des Fortbewegungsmittels gegenläufige Bewegungsinformation vermittelt wird. Die Anzeigevorrichtung kann zu diesem Zweck eine Matrix aus Leuchtelementen aufweisen. Die Bewegungsinformation kann dann durch eine Bewegung eines Lichtmusters vermittelt werden, das z.B. Punkte, Balken oder Polygonzüge aufweisen kann. Änderungen einer Beschleunigung des Fortbewegungsmittels können durch Änderungen einer Bewegungsrichtung, einer Bewegungsgeschwindigkeit, einer Farbe oder einer Helligkeit des Lichtmusters vermittelt werden. Die Bewegung des Lichtmusters kann durch ein prädiktives Element überlagert oder ergänzt werden, das auf eine bevorstehende Bewegung des Fortbewegungsmittels hinweist. Zusätzlich zur Anzeigevorrichtung kann auch ein Nutzergerät oder eine Vorrichtung zum Erzeugen hörbarer oder fühlbarer Informationen angesteuert werden.
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2 zeigt eine vereinfachte schematische Darstellung einer ersten Ausführungsform einer Vorrichtung 20 zum Reduzieren von Reisekrankheit in einem Fortbewegungsmittel. Die Vorrichtung 20 hat einen Eingang 21, über den eine Empfangseinheit 22 Informationen I empfängt, aus denen eine Bewegung B des Fortbewegungsmittels ableitbar ist. Die Informationen können z.B. von einer Sensorik 44 des Fortbewegungsmittels bereitgestellt werden oder in Form einer prädiktiven Trajektorie vorliegen. Eine Recheneinheit 23 bestimmt nun aus den empfangenen Informationen I die Bewegung B des Fortbewegungsmittels. Eine Steuereinheit 24 steuert dann zumindest eine Anzeigevorrichtung 41 des Fortbewegungsmittels derart an, dass durch die Anzeigevorrichtung 41 eine der Bewegung B des Fortbewegungsmittels gegenläufige Bewegungsinformation vermittelt wird. Zu diesem Zweck können entsprechende Steuerbefehle S über einen Ausgang 27 der Vorrichtung 20 an die Anzeigevorrichtung 41 ausgegeben werden. Zum Vermitteln der Bewegungsinformation kann die Anzeigevorrichtung 41 eine Matrix aus Leuchtelementen aufweisen. Die Bewegungsinformation kann dann durch eine Bewegung eines Lichtmusters vermittelt werden, das z.B. Punkte, Balken oder Polygonzüge aufweisen kann. Änderungen einer Beschleunigung des Fortbewegungsmittels können durch Änderungen einer Bewegungsrichtung, einer Bewegungsgeschwindigkeit, einer Farbe oder einer Helligkeit des Lichtmusters vermittelt werden. Die Bewegung des Lichtmusters kann durch ein prädiktives Element überlagert oder ergänzt werden, das auf eine bevorstehende Bewegung des Fortbewegungsmittels hinweist. Die Steuereinheit 24 kann eingerichtet sein, zusätzlich zur Anzeigevorrichtung 41 auch ein Nutzergerät 60 oder eine Vorrichtung 42, 43 zum Erzeugen hörbarer oder fühlbarer Informationen anzusteuern.
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Die Empfangseinheit 22, die Recheneinheit 23 und die Steuereinheit 24 können von einer Kontrolleinheit 25 gesteuert werden. Über eine Benutzerschnittstelle 28 können gegebenenfalls Einstellungen der Empfangseinheit 22, der Recheneinheit 23, der Steuereinheit 24 oder der Kontrolleinheit 25 geändert werden. Die in der Vorrichtung 20 anfallenden Daten können bei Bedarf in einem Speicher 26 abgelegt werden, beispielsweise für eine spätere Auswertung oder für eine Nutzung durch die Komponenten der Vorrichtung 20. Die Empfangseinheit 22, die Recheneinheit 23, die Steuereinheit 24 sowie die Kontrolleinheit 25 können als dedizierte Hardware realisiert sein, beispielsweise als integrierte Schaltungen. Natürlich können sie aber auch teilweise oder vollständig kombiniert oder als Software implementiert werden, die auf einem geeigneten Prozessor läuft, beispielsweise auf einer GPU oder einer CPU. Der Eingang 21 und der Ausgang 27 können als getrennte Schnittstellen oder als eine kombinierte bidirektionale Schnittstelle implementiert sein.
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3 zeigt eine vereinfachte schematische Darstellung einer zweiten Ausführungsform einer Vorrichtung 30 zum Reduzieren von Reisekrankheit in einem Fortbewegungsmittel. Die Vorrichtung 30 weist einen Prozessor 32 und einen Speicher 31 auf. Beispielsweise handelt es sich bei der Vorrichtung 30 um einen Computer oder ein Steuergerät. Im Speicher 31 sind Instruktionen abgelegt, die die Vorrichtung 30 bei Ausführung durch den Prozessor 32 veranlassen, die Schritte gemäß einem der beschriebenen Verfahren auszuführen. Die im Speicher 31 abgelegten Instruktionen verkörpern somit ein durch den Prozessor 32 ausführbares Programm, welches das erfindungsgemäße Verfahren realisiert. Die Vorrichtung 30 hat einen Eingang 33 zum Empfangen von Informationen, beispielsweise von Informationen einer Sensorik des Fortbewegungsmittels. Vom Prozessor 32 generierte Daten werden über einen Ausgang 34 bereitgestellt. Darüber hinaus können sie im Speicher 31 abgelegt werden. Der Eingang 33 und der Ausgang 34 können zu einer bidirektionalen Schnittstelle zusammengefasst sein.
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Der Prozessor 32 kann eine oder mehrere Prozessoreinheiten umfassen, beispielsweise Mikroprozessoren, digitale Signalprozessoren oder Kombinationen daraus.
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Die Speicher 26, 31 der beschriebenen Ausführungsformen können sowohl volatile als auch nichtvolatile Speicherbereiche aufweisen und unterschiedlichste Speichergeräte und Speichermedien umfassen, beispielsweise Festplatten, optische Speichermedien oder Halbleiterspeicher.
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4 stellt schematisch ein Fortbewegungsmittel 40 dar, in dem eine erfindungsgemäße Lösung realisiert ist. Bei dem Fortbewegungsmittel 40 handelt es sich in diesem Beispiel um ein Kraftfahrzeug. Das Kraftfahrzeug weist zumindest eine Anzeigevorrichtung 41 auf, z.B. ein in einem Türpaneel verbautes LED-Display. Zudem kann das Kraftfahrzeug eine Vorrichtung 42 zum Erzeugen hörbarer Informationen aufweisen, z.B. einen Lautsprecher, oder eine Vorrichtung 43 zum Erzeugen fühlbarer Informationen, z.B. in einem Sitz verbaute Aktuatoren. Die Anzeigevorrichtung 41 sowie gegebenenfalls die Vorrichtungen 42, 43 zum Erzeugen hörbarer oder fühlbarer Informationen werden von einer erfindungsgemäßen Vorrichtung zum Reduzieren von Reisekrankheit angesteuert. Die Vorrichtung 20 kann natürlich auch in die Anzeigevorrichtung 41 oder die Vorrichtungen 42, 43 integriert sein. Die Vorrichtung 20 zum Reduzieren von Reisekrankheit verarbeitet Informationen I, die von einer Sensorik 44 des Kraftfahrzeugs bereitgestellt werden. Die Sensorik 44 kann sowohl Sensoren zum Erfassen von Fahrzeugzuständen umfassen, wie Beschleunigungssensoren, Raddrehzahlsensoren oder Gyroskope, als auch Sensoren zum Erfassen von Umgebungsinformationen, wie Kameras, Radarsensoren, Lidarsensoren oder Ultraschallsensoren. Auch Informationen I einer Innenraumkamera können genutzt werden. Weitere Komponenten des Kraftfahrzeugs sind ein Navigationssystem 45, eine Datenübertragungseinheit 46 sowie eine Reihe von Assistenzsystemen 47, von denen eines exemplarisch dargestellt ist. Vom Navigationssystem 45 können bei Bedarf GPS-Daten bereitgestellt werden, aus denen ebenfalls zu erwartende Änderungen der Beschleunigung abgeleitet werden können. Mittels der Datenübertragungseinheit 46 kann eine Verbindung zu Dienstanbietern oder anderen Kraftfahrzeugen aufgebaut werden. Zur Speicherung von Daten ist ein Speicher 48 vorhanden. Der Datenaustausch zwischen den verschiedenen Komponenten des Kraftfahrzeugs erfolgt über ein Netzwerk 49.
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5 zeigt eine Anzeigevorrichtung 41 zur Verwendung mit einer erfindungsgemäßen Lösung. Bei der Anzeigevorrichtung 41 handelt es sich in diesem Beispiel um ein LED-Display. Das LED-Display weist eine Matrix 50 aus Leuchtelementen 51 auf. Beispielsweise weist das LED-Display eine Matrix 50 mit 16x64 Leuchtelementen 51 auf. Die Matrix kann aber auch einzeilig ausgestaltet sein, d.h. beispielsweise 1×80 Leuchtelemente 51 umfassen. Die Leuchtelemente 51 können individuell oder in Gruppen angesteuert werden, sodass Lichtmuster 52 generiert werden können. Im dargestellten Beispiel besteht das Lichtmuster 52 aus einer Mehrzahl von senkrechten Balken 53, d.h. abwechselnden hellen und dunklen Bereichen, die sich gegenläufig zu einer Bewegungsrichtung des Fortbewegungsmittels bewegen und so eine Bewegungsinformation vermitteln. Die Bewegung der Balken 53 ist durch einen Pfeil angedeutet. Die Bewegung des Lichtmusters 52 wird im Wesentlichen durch zwei Kenngrößen gesteuert. Die erste Kenngröße ist die Geschwindigkeit des Fortbewegungsmittels, die zweite Kenngröße die Beschleunigung. Die Auswertung der Beschleunigung ist vorteilhaft, da die Beschleunigung bereits zu einem Zeitpunkt verwertbar ist, bevor die Geschwindigkeit ausreichend hoch ist. Wenn die Geschwindigkeit Null ist, bewegen sich die vertikale Balken 53 nicht. Sobald eine horizontale Beschleunigung erkannt wird, beginnt das Lichtmuster 52, sich gegen die Bewegungsrichtung des Fortbewegungsmittels zu bewegen. Mit zunehmender Beschleunigung erhöht sich auch die Geschwindigkeit der Balken 53. Sobald das Fortbewegungsmittel eine konstante Geschwindigkeit erreicht, bleibt auch die Geschwindigkeit der Balken 53 konstant und nicht gleich Null. Entsprechend nimmt beim Abbremsen des Fortbewegungsmittels die Geschwindigkeit der Balken 53 wieder ab.
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Die Kenngrößen für die Steuerung der Bewegung des Lichtmusters 52 können aus Informationen abgeleitet werden, die von einer Sensorik des Fortbewegungsmittels bereitgestellt wird. Die Sensorik kann insbesondere Sensoren zum Erfassen von Fahrzeugzuständen umfassen, wie Beschleunigungssensoren, Raddrehzahlsensoren oder Gyroskope. Die Beschleunigungssensoren werden genutzt, um das Verhalten des Fortbewegungsmittels ohne Verzögerung zu erkennen. Die Radgeschwindigkeit kann genutzt werden, um die Bewegungsgeschwindigkeit der Balken 53 festzulegen. Änderungen der Beschleunigung des Fortbewegungsmittels können beispielsweise durch Änderungen der Bewegungsrichtung, der Bewegungsgeschwindigkeit, der Farbe oder der Helligkeit des Lichtmusters vermittelt werden. Zusätzliche Sensoren zur Bestimmung der Vertikalbeschleunigung können verwendet werden, um komplexere Bewegungen des Lichtmusters zu realisieren, wie kombinierte horizontale, vertikale und Drehbewegungen.
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Auch Informationen von Sensoren zum Erfassen von Umgebungsinformationen, wie Kameras, Radarsensoren, Lidarsensoren oder Ultraschallsensoren, können ausgewertet werden. Zusätzlich können auch verfügbare prädiktive Trajektorien, wie sie beispielsweise von Fahrerassistenzsystemen oder selbstfahrenden Fahrzeugen genutzt werden, herangezogen werden. Beispielsweise können bevorstehende Ereignisse, wie Kurven oder langsamere Fortbewegungsmittel, die z.B. von Kameras oder Radarsensoren erfasst werden, durch Änderungen des Lichtmusters 52 in Bezug auf Farbe oder Helligkeit visualisiert werden. Die Änderung kann dabei als gradueller Übergang des Lichtmusters 52 oder durch einen übergangslosen Austausch des Lichtmusters 52 erfolgen. Die aktuelle Bewegungsdarstellung kann durch ein prädiktives Element überlagert oder ergänzt werden. Hierbei können sensorische Informationen, welche bereits vor der Änderung der Fahrzeugbewegung verfügbar sind, zusätzlich zur Bewegung angezeigt werden. Dies erfordert eine kognitive Verarbeitung durch den Nutzer. Beispielsweise können die Leuchtelemente 51 des Lichtmusters 52 bereits vor der Echtzeit-Bewegung des Lichtmusters 52 aufleuchten.
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Schließlich können auch Informationen einer Innenraumkamera genutzt werden, z.B. um die um die Farbe eines Lichtmusters entsprechend der Umgebung zu ändern.
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6 zeigt Beispiele möglicher Lichtmuster 52, die von der Anzeigevorrichtung angezeigt werden können. In 6a) umfasst das Lichtmuster 52 eine Mehrzahl von Punkten 54. Dies ist dann vorteilhaft, wenn sowohl horizontale als auch vertikale Bewegungen sowie gegebenenfalls Rotationsbewegungen repräsentiert werden sollen. In 6b) und 6c) sind Lichtmuster 52 gezeigt, die jeweils eine Mehrzahl von Polygonzügen 55 umfassen. In den beiden Beispielen bilden die Polygonzüge 55 jeweils die Spitze eines Pfeils. Selbstverständliche sind aber auch andere Ausgestaltungen möglich.
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7 zeigt eine mögliche Anordnung einer Anzeigevorrichtung 41 in einem Innenraum eines Fortbewegungsmittels 40. Der Innenraum ist in diesem Beispiel lediglich stark vereinfacht wiedergegeben. In den Türen des Fortbewegungsmittels 40 sind jeweils zwei Anzeigevorrichtungen 41 angeordnet. Jede Anzeigevorrichtung 41 zeigt ein Lichtmuster aus Balken 53, die sich entgegengesetzt zur Fahrtrichtung des Fortbewegungsmittels 40 bewegen. Diese Bewegung der Balken 53 ist durch Pfeile angedeutet. Für die Insassen des Fortbewegungsmittels 40 befinden sich die Anzeigevorrichtungen 41 im peripheren Sichtfeld, in dem die Fähigkeit, Farben wahrzunehmen und Objekte zu erkennen nur wenig ausgeprägt ist. Allerdings können im peripheren Sichtfeld Bewegungen und Änderungen der Lichtstärke gut wahrgenommen werden. Die Anordnung der Anzeigevorrichtungen 41 in diesem Bereich ist daher sehr gut geeignet, um den Insassen Bewegungssignale zu vermitteln.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Empfangen von Informationen zu einer Bewegung eines Fortbewegungsmittels
- 11
- Bestimmen der Bewegung aus den empfangenen Informationen
- 12
- Ansteuern einer Anzeigevorrichtung derart, dass eine gegenläufige Bewegungsinformation vermittelt wird
- 20
- Vorrichtung
- 21
- Eingang
- 22
- Empfangseinheit
- 23
- Recheneinheit
- 24
- Steuereinheit
- 25
- Kontrolleinheit
- 26
- Speicher
- 27
- Ausgang
- 28
- Benutzerschnittstelle
- 30
- Vorrichtung
- 31
- Speicher
- 32
- Prozessor
- 33
- Eingang
- 34
- Ausgang
- 40
- Fortbewegungsmittel
- 41
- Anzeigevorrichtung
- 42
- Vorrichtung zum Erzeugen hörbarer Informationen
- 43
- Vorrichtung zum Erzeugen fühlbarer Informationen
- 44
- Sensorik
- 45
- Navigationssystem
- 46
- Datenübertragungseinheit
- 47
- Assistenzsystemen
- 48
- Speicher
- 49
- Netzwerk
- 50
- Matrix
- 51
- Leuchtelement
- 52
- Lichtmuster
- 53
- Balken
- 54
- Punkt
- 55
- Polygonzug
- 60
- Nutzergerät
- B
- Bewegung
- I
- Information
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102017223609 A1 [0007]
- DE 102014210170 A1 [0009]
- US 2017/0313326 A1 [0010]