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Die Erfindung betrifft ein Fertigungssystem und ein Verfahren zum Trennen von mindestens einem aus Pulvermaterial hergestellten Bauteil und Pulvermaterial.
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Fertigungssysteme zur Herstellung von Bauteilen aus einem Pulvermaterial sind grundsätzlich bekannt. Von diesen Fertigungssystemen werden sogenannte additive Fertigungsverfahren eingesetzt, um Bauteile schichtweise herzustellen. Ein additives Fertigungsverfahren ist beispielsweise das Binder Jetting (BJ). Die Bedeutung des Binder Jetting nimmt kontinuierlich zu, da dieses geeignet für die Herstellung von kleinen, präzisen und komplexen Bauteilen mit höheren Produktionsraten ist.
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Bei dem Binder Jetting wird eine Pulverschicht mit einem Beschichter auf einer Oberfläche aufgetragen und anschließend ein Binder mit einem Druckkopf auf beziehungsweise in die Pulverschicht auf- beziehungsweise eingetragen. Somit werden die einzelnen Pulverpartikel der Pulverschicht selektiv verbunden. Dieser Beschichtungs- und Druckvorgang wird mehrfach wiederholt, um das Bauteil zu erzeugen. Bei einem metallischen Pulvermaterial wird das Verfahren auch als Metal Binder Jetting (MBJ) bezeichnet.
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Nach der Erzeugung des derart hergestellten Bauteils ist dieses in der Regel in einem Ofen auszuhärten. Anschließend werden die Bauteile vom überschüssigen Pulver befreit, entbindert und gesintert.
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Entlang der Prozesskette des Binder Jetting wird das Entpulvern bislang überwiegend manuell durchgeführt. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, der Qualität und der Bedienersicherheit ist es wünschenswert, diesen Prozessschritt zu automatisieren. Die Herausforderung bei der Automatisierung liegt in der Komplexität und Instabilität der mit dem Binder Jetting hergestellten Bauteile, die in der Regel zunächst als Grünlinge vorliegen, welche schnell abreiben, reißen und/oder zerbrechen.
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Die
WO 2017/198335A1 beschreibt eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Entpulvern eines mit einem Rapid Prototyping Verfahren hergestellten Bauteils, wobei das Bauteil Vibrationen im Ultraschallbereich ausgesetzt wird, um das Bauteil von dem Pulvermaterial zu befreien. Ferner kann das Pulver gemäß der
WO 2020/056355A1 mit Druckluft und/oder Vakuumtechnik befreit werden. Die
EP 3144081 B1 beschreibt ein Verfahren mit magnetorheologischen Flüssigkeiten. Die
DE 202020004634U1 beschreibt ein Sandstrahlverfahren. Die im Vorherigen genannten Ansätze reduzieren entweder die Qualität des Bauteils oder haben einen hohen manuellen Tätigkeitsanteil.
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Es ist daher eine Aufgabe der Erfindung, ein Fertigungssystem und ein Verfahren zum Trennen von mindestens einem aus Pulvermaterial hergestellten Bauteil und Pulvermaterial bereitzustellen, die einen oder mehrere der genannten Nachteile vermindern oder beseitigen. Insbesondere ist es eine Aufgabe der Erfindung, eine Lösung bereitzustellen, mit der Pulvermaterial von einem hergestellten Bauteil entfernbar ist, die eine hohe Qualität des Bauteils, eine hohe Automatisierung und/oder ein geringes Gesundheitsrisiko des Bedieners ermöglicht.
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Diese Aufgabe wird gelöst mit einem Fertigungssystem und einem Verfahren nach den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche. Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen dieser Aspekte sind in den abhängigen Patentansprüchen angegeben. Die in den Patentansprüchen und der Beschreibung einzeln aufgeführten Merkmale sind in beliebiger, technologisch sinnvoller Weise miteinander kombinierbar, wobei weitere Ausführungsvarianten der Erfindung aufgezeigt werden.
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Gemäß einem ersten Aspekt der Erfindung wird die eingangs genannte Aufgabe gelöst durch ein Fertigungssystem zum Trennen von mindestens einem aus Pulvermaterial hergestellten Bauteil und Pulvermaterial, umfassend eine Prozesskammer, Fluidbereitstellungsmittel, die angeordnet und ausgebildet sind, das Pulvermaterial innerhalb der Prozesskammer derart mit einem Fluid zu beaufschlagen, dass das Pulvermaterial mit dem Fluid eine Wirbelschicht ausbildet und Entsorgungsmittel, die angeordnet und ausgebildet sind, die Wirbelschicht aus der Prozesskammer zu entsorgen.
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Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass durch das Einleiten eines Fluides in die im Wesentlichen nicht miteinander verbundenen Pulverpartikel des Pulvermaterials eine Wirbelschicht ausbildbar ist und diese Wirbelschicht in vorteilhafter Weise aus der Prozesskammer entsorgbar ist. Somit kann das Pulvermaterial automatisiert aus der Prozesskammer herausbefördert werden. Außerdem ist das mindestens eine hergestellte Bauteil im Wesentlichen frei von Pulvermaterial und kann für einen anschließenden Prozess, beispielsweise das Curing, entnommen werden.
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Insbesondere weist das mindestens eine hergestellte Bauteil im Wesentlichen kein oder kaum loses Pulvermaterial auf, sodass das mindestens eine hergestellte Bauteil den weiteren Prozessschritten ohne oder kaum weitere manuelle Tätigkeiten zugeführt werden kann. Die Erfinder haben darüber hinaus herausgefunden, dass die Qualität des so hergestellten Bauteils hoch ist. Darüber hinaus hat sich herausgestellt, dass ein derartiges Fertigungssystem im Wesentlichen vollständig automatisierbar ist.
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Das Fertigungssystem umfasst die Prozesskammer. Die Prozesskammer kann beispielsweise ein Bauraum sein. In der Prozesskammer ist das Bauteil mit dem Pulvermaterial herstellbar. Alternativ kann die Prozesskammer ein Raum einer von der Herstellungsmaschine unabhängigen Station sein. Die Prozesskammer kann im Wesentlichen eine Bodenplatte aufweisen, durch die das Fluid bereitgestellt wird, sodass die Kammer im Wesentlichen keine seitliche Begrenzung aufweist.
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Die Prozesskammer weist vorzugsweise einen absenkbaren Tisch auf, mit dem ein Boden der Prozesskammer sukzessive, insbesondere um eine Schichtdicke, absenkbar ist. Die Prozesskammer kann mehre Kammerelemente, beispielsweise Wände und/oder einen Boden, umfassen. Stoßstellen der Kammerelemente sind vorzugsweise abgedichtet. Die Prozesskammer kann im Wesentlichen eine Bodenplatte aufweisen, durch die das Fluid bereitgestellt wird.
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Das Fertigungssystem weist darüber hinaus Fluidbereitstellungsmittel auf. Die Fluidbereitstellungsmittel sind angeordnet und ausgebildet, um das Pulvermaterial innerhalb der Prozesskammer mit dem Fluid zu beaufschlagen. Dies kann insbesondere derart erfolgen, dass das Pulvermaterial mit dem Fluid eine Wirbelschicht ausbildet. Dass das Pulvermaterial mit dem Fluid eine Wirbelschicht ausbildet, kann insbesondere bedeuten, dass das Pulvermaterial fluidisiert wird.
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Die Wirbelschicht ist insbesondere als ein Pulvermaterial-Fluid-Gemisch zu verstehen. Das Fluid kann beispielsweise Luft, Stickstoff, Argon und/oder Wasser sein. Die Fluidbereitstellungsmittel können beispielsweise einen Druckluftanschluss umfassen, der derart angeordnet und ausgebildet ist, dass eine Druckluft in das Pulvermaterial innerhalb der Prozesskammer eingeleitet und somit die Wirbelschicht ausgebildet wird. Das Fluid kann insbesondere durch einen Boden in die Prozesskammer eingeleitet werden. Alternativ oder ergänzend kann das Fluid durch eine Seitenwand der Prozesskammer eingeleitet werden.
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Das Fertigungssystem umfasst darüber hinaus die Entsorgungsmittel. Die Entsorgungsmittel sind angeordnet und ausgebildet, die Wirbelschicht aus der Prozesskammer zu entsorgen. Die Entsorgungsmittel können beispielsweise als ein Entsorgungsmechanismus ausgebildet sein. Wie im Folgenden näher erläutert, können die Entsorgungsmittel beispielsweise als eine Entsorgungsöffnung ausgebildet sein oder diese umfassen, sodass die Wirbelschicht gravitätisch durch die Entsorgungsöffnung aus der Prozesskammer leitbar ist.
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Eine bevorzugte Ausführungsvariante des Fertigungssystems umfasst eine Steuerungsvorrichtung, die eingerichtet ist, die Fluidbereitstellungsmittel derart anzusteuern, dass das Fluid eine vordefinierte Strömungsgeschwindigkeit aufweist. Das Fluid umströmt das Pulver und erzeugt ab einer bestimmten Strömungsgeschwindigkeit die Wirbelschicht. Es ist insbesondere bevorzugt, dass die Steuerungsvorrichtung die vordefinierte Strömungsgeschwindigkeit in Abhängigkeit einer Eigenschaft des Pulvermaterials bestimmt. Beispielsweise kann eine Pulverpartikelgröße des Pulvermaterials die zur Ausbildung der Wirbelschicht erforderliche Strömungsgeschwindigkeit beeinflussen. Ferner kann die Eigenschaft eine Höhe des verbleibenden Pulverkuchens, eine Form und/oder Rundheit der Pulverpartikel, eine Kontamination des Pulvers mit Bindemittel, eine Eigenschaft des Aushärtungsprozess, wie Temperatur und Dauer zwischen dem Drucken und dem Entpacken, sein.
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Die Steuerungsvorrichtung ist mit den Fluidbereitstellungsmitteln und/oder mit den Entsorgungsmitteln beispielsweise signaltechnisch gekoppelt.
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Eine weitere bevorzugte Ausführungsvariante des Fertigungssystems zeichnet sich dadurch aus, dass die Fluidbereitstellungsmittel eine Fluidstromvorrichtung aufweisen, die angeordnet und ausgebildet ist, das Fluid bereitzustellen, insbesondere mit der vordefinierten Strömungsgeschwindigkeit. Die Fluidstromvorrichtung kann beispielsweise eine Druckluftquelle, Druckgasflasche, ein Ventilator und/oder ein Kompressor sein oder eine oder mehrere der im Vorherigen Genannten umfassen.
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Eine weitere bevorzugte Fortbildung des Fertigungssystems zeichnet sich dadurch aus, dass die Fluidbereitstellungsmittel angeordnet und ausgebildet sind, das Fluid mit einer kontinuierlichen und/oder gepulsten Strömungsenergie bereitzustellen. Eine gepulste Strömungsenergie des Fluids kann beispielsweise mit einer pneumatischen Steuerungseinheit eingestellt werden. Eine gepulste Strömungsenergie des Fluids kann anhaftendes Pulvermaterial oder schwer zu erreichendes Pulvermaterial besser lösen.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsvariante des Fertigungssystems ist vorgesehen, dass die Fluidbereitstellungsmittel ein an die Prozesskammer angrenzendes fluiddurchlässiges Element aufweisen, das angeordnet und ausgebildet ist, um das Fluid in die Prozesskammer zu leiten.
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Das fluiddurchlässige Element kann beispielsweise eine Platte sein. Es ist insbesondere bevorzugt, dass das fluiddurchlässige Element derart ausgebildet ist, dass dieses das Fluid in einer ersten Richtung durchlässt und das Pulvermaterial in einer zweiten, der ersten Richtung entgegengesetzt ausgerichteten Richtung im Wesentlichen nicht durchlässt.
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Es ist darüber hinaus bevorzugt, dass das fluiddurchlässige Element zumindest einen Abschnitt eines Bodens der Prozesskammer ausbildet. Ferner ist es bevorzugt, dass das fluiddurchlässige Element den Boden im Wesentlichen vollständig ausbildet. Der Boden der Prozesskammer ist insbesondere als ein horizontal ausgerichteter Abschnitt der Prozesskammer zu verstehen, auf dem das Bauteil und das Pulvermaterial hergestellt beziehungsweise aufgetragen wird. Es ist ferner bevorzugt, dass das fluiddurchlässige Element im bestimmungsgemäßen Betrieb unmittelbar an das Pulverbett angrenzt und/oder dieses an zumindest einer Seite abgrenzt.
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Des Weiteren ist es bevorzugt, dass das fluiddurchlässige Element zwischen der Prozesskammer und einer Fluidverteilkammer angeordnet ist, wobei das Fluid in der Fluidverteilkammer bereitstellbar ist.
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Vorzugsweise ist das fluiddurchlässige Element in vertikaler Richtung unter der Prozesskammer angeordnet. Ferner vorzugsweise ist die Fluidverteilkammer in vertikaler Richtung unter dem fluiddurchlässigen Element und der Prozesskammer angeordnet. Somit kann innerhalb der Fluidverteilkammer, beispielsweise mit einem Druckluftanschluss, ein Fluid bereitgestellt werden, welches durch einen Druck durch das fluiddurchlässige Element hindurch in die Prozesskammer gelangt. Die Fluidverteilkammer ist vorzugsweise mit einem Druckluftanschluss fluidisch gekoppelt, dessen Ausgang in die Fluidverteilkammer mündet.
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Eine weitere bevorzugte Ausführungsvariante sieht vor, dass das fluiddurchlässige Element aus einem porösen Material besteht oder ein poröses Material umfasst. Das fluiddurchlässige Element kann beispielsweise ein Verbundwerkstoff sein oder diesen umfassen.
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Das fluiddurchlässige Element weist ferner vorzugsweise eine Vielzahl an Durchtrittsöffnungen auf, durch die das Fluid hindurchtreten kann. Es ist insbesondere bevorzugt, dass ein Öffnungsdurchmesser der Durchtrittsöffnungen kleiner als ein Durchmesser von Pulverpartikeln ist.
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Eine weitere bevorzugte Ausführungsvariante des Fertigungssystems zeichnet sich dadurch aus, dass die Fluidbereitstellungsmittel mindestens eine Fluidzuleitung aufweisen, die angeordnet und ausgebildet ist, um das Fluid in die Prozesskammer zu leiten.
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Die mindestens eine Fluidzuleitung kann alternativ oder ergänzend zu dem im Vorherigen beschriebenen fluiddurchlässigen Element vorgesehen sein. Es ist insbesondere bevorzugt, dass eine Vielzahl an Fluidzuleitungen zum Leiten des Fluids in die Prozesskammer vorgesehen sind. Mindestens eine Fluidzuleitung kann beispielsweise durch einen Boden der Prozesskammer geführt sein.
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Eine weitere bevorzugte Ausführungsvariante des Fertigungssystems zeichnet sich dadurch aus, dass die Entsorgungsmittel mindestens eine Entsorgungsöffnung aufweisen, die angeordnet und ausgebildet ist, um die Wirbelschicht aus der Prozesskammer zu leiten.
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Die Entsorgungsöffnung kann beispielsweise als ein Entsorgungskanal oder als eine Entsorgungsleitung ausgebildet sein. Die Entsorgungsöffnung ist vorzugsweise verschließbar und/oder öffenbar ausgebildet. Durch eine derartige Entsorgungsöffnung kann die Wirbelschicht, die fluidische Eigenschaften aufweist, gravitätisch entsorgt werden.
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Es ist bevorzugt, dass sich die mindestens eine Entsorgungsöffnung durch die Fluidverteilkammer erstreckt. Im Falle, dass die Fluidverteilkammer in vertikaler Richtung unter der Prozesskammer angeordnet ist, wird durch eine derartige Anordnung der mindestens einen Entsorgungsöffnung eine kompakte Bauweise ermöglicht.
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Durch die Ausbildung der Entsorgungsöffnung als Entsorgungsleitung, die sich durch die Fluidverteilkammer erstreckt, kann die Wirbelschicht aus der Prozesskammer entsorgt werden, obwohl die Fluidverteilkammer unter der Prozesskammer angeordnet ist, wobei dies vorteilhaft ist, um eine effiziente Wirbelschicht auszubilden.
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Ferner vorzugsweise erstreckt sich die mindestens eine Entsorgungsöffnung durch das fluiddurchlässige Element und durch die Fluidverteilkammer.
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Eine weitere bevorzugte Ausführungsvariante des Fertigungssystems zeichnet sich dadurch aus, dass die Entsorgungsmittel mindestens eine Entsorgungsklappe aufweisen, mit der die mindestens eine Entsorgungsöffnung öffenbar und verschließbar ist.
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Es ist insbesondere bevorzugt, dass mit der mindestens einen Entsorgungsklappe ein Ausgangsende der Entsorgungsöffnung verschließbar ist. In einer weiteren bevorzugten Ausführungsvariante des Fertigungssystems ist vorgesehen, dass die mindestens eine Entsorgungsklappe zum öffenbaren Verschließen einer seitlichen Entsorgungsöffnung der Prozesskammer angeordnet und ausgebildet ist, sodass die Wirbelschicht gravitätisch durch die Entsorgungsöffnung bei geöffnetem Verschlusselement entsorgbar ist. Die seitliche Entsorgungsöffnung ist vorzugsweise angrenzend an den Boden der Prozesskammer angeordnet, sodass ein Großteil der Wirbelschicht gravitätisch aus der Prozesskammer leitbar ist.
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Darüber hinaus kann es bevorzugt sein, dass die mindestens eine Entsorgungsklappe zum öffenbaren Verschließen einer im Boden der Prozesskammer angeordneten Entsorgungsöffnung angeordnet und ausgebildet ist, sodass die Wirbelschicht gravitätisch durch die Entsorgungsöffnung bei geöffnetem Verschlusselement entsorgbar ist.
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Eine bevorzugte Fortbildung des Fertigungssystems zeichnet sich dadurch aus, dass die mindestens eine Entsorgungsklappe mit der Steuerungsvorrichtung signaltechnisch gekoppelt ist und die Steuerungsvorrichtung eingerichtet ist, die Entsorgungsöffnung mit der Entsorgungsklappe zu verschließen und/oder zu öffnen. Die Entsorgungsklappe weist vorzugsweise einen Antrieb auf.
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Es ist darüber hinaus bevorzugt, dass das Fertigungssystem eine Absaugeinheit umfasst, die angeordnet und ausgebildet ist, die Wirbelschicht aus der Prozesskammer abzusaugen. Eine solche Absaugeinheit hat den Vorteil, dass die Wirbelschicht im Wesentlichen vollständig aus der Prozesskammer entsorgbar ist.
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In einer weiteren bevorzugten Ausführungsvariante des Fertigungssystems ist vorgesehen, dass die Prozesskammer in Richtung der mindestens einen Entsorgungsöffnung kippbar angeordnet ist. Hierfür weist das Fertigungssystem vorzugsweise eine Kippeinheit auf, die angeordnet und ausgebildet ist, die Prozesskammer um eine horizontale Achse zu kippen. Darüber hinaus ist es bevorzugt, dass die Prozesskammer rotierbar angeordnet ist.
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Eine weitere bevorzugte Ausführungsvariante des Fertigungssystems umfasst eine Verfestigungseinheit zur Verbindung von im Pulvermaterial enthaltenen Pulverpartikeln. Es ist insbesondere bevorzugt, dass die Verfestigungseinheit zum Applizieren eines Binders auf einer Pulverbettoberfläche ausgebildet ist. Vorzugsweise umfasst die Verfestigungseinheit einen Druckkopf.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird die eingangs genannte Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zum Trennen von mindestens einem aus Pulvermaterial hergestellten Bauteil und Pulvermaterial in einer Prozesskammer, umfassend die Schritte: Beaufschlagen des Pulvermaterials mit einem Fluid derart, dass das Pulvermaterial mit dem Fluid eine Wirbelschicht ausbildet, und Entsorgen der Wirbelschicht aus der Prozesskammer.
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Das Beaufschlagen des Pulvermaterials mit dem Fluid erfolgt insbesondere nach der Herstellung des mindestens einen Bauteils. Die Herstellung erfolgt vorzugsweise mit einer Binder Jetting Technologie.
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Das Verfahren und seine möglichen Fortbildungen weisen Merkmale beziehungsweise Verfahrensschritte auf, die sie insbesondere dafür geeignet machen, für das Fertigungssystem und seine Fortbildungen verwendet zu werden. Für weitere Vorteile, Ausführungsvarianten und Ausführungsdetails des Verfahrens und seiner möglichen Fortbildungen wird auch auf die zuvor erfolgte Beschreibung zu den entsprechenden Merkmalen und Fortbildungen des Fertigungssystems verwiesen.
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Bevorzugte Ausführungsbeispiele werden exemplarisch anhand der beiliegenden Figuren erläutert: Es zeigen:
- 1: eine schematische, zweidimensionale Ansicht einer beispielhaften Ausführungsform eines Fertigungssystems;
- 2: eine schematische, zweidimensionale Ansicht einer weiteren beispielhaften Ausführungsform eines Fertigungssystems;
- 3: eine schematische, zweidimensionale Ansicht einer weiteren beispielhaften Ausführungsform eines Fertigungssystems mit einer Kippeinheit;
- 4: eine schematische, zweidimensionale Ansicht einer weiteren beispielhaften Ausführungsform eines Fertigungssystems mit einer geschlossenen Entsorgungsklappe;
- 5: eine schematische, zweidimensionale Ansicht des in 4 gezeigten Fertigungssystems mit einer geöffneten Entsorgungsklappe; und
- 6: eine schematische Ansicht eines beispielhaften Verfahrens.
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In den Figuren sind gleiche beziehungsweise im Wesentlichen funktionsgleiche beziehungsweise -ähnliche Elemente mit den gleichen Bezugszeichen bezeichnet.
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1 zeigt ein Fertigungssystem 1 zum Trennen von insgesamt sechs aus Pulvermaterial 2 hergestellten Bauteilen 4 und Pulvermaterial 2. Das Fertigungssystem 1 umfasst eine Prozesskammer 6, in der die Bauteile 4 mit dem Pulvermaterial 2 hergestellt werden.
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Das Fertigungssystem 1 umfasst Fluidbereitstellungsmittel, die hier unter anderem als eine Fluidzuleitung 10 zu einer Fluidverteilkammer 18 ausgebildet sind. Das durch die Fluidzuleitung 10 in die Fluidverteilkammer 18 gelangende Fluid 12 verteilt sich innerhalb der Fluidverteilkammer 18. In vertikaler Richtung über der Fluidverteilkammer 18 ist ein fluiddurchlässiges Element 20 angeordnet. Das fluiddurchlässige Element 20 kann beispielsweise eine poröse Platte sein.
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Vertikal über dem fluiddurchlässigen Element 20 ist die Prozesskammer 6 angeordnet. Infolgedessen gelangt das in der Fluidverteilkammer 18 befindliche Fluid 12 durch das fluiddurchlässige Element 20 in die Prozesskammer 6, sodass das Pulvermaterial 2 innerhalb der Prozesskammer 6 mit dem Fluid 12 beaufschlagt wird.
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Durch das Beaufschlagen des Pulvermaterials 2 innerhalb der Prozesskammer 6 mit dem Fluid 12 bildet das Pulvermaterial 2 mit dem Fluid 12 eine Wirbelschicht 14 aus. Mit anderen Worten, das Pulvermaterial 2 wird mit dem Fluid 12 fluidisiert.
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Die Wirbelschicht 14 wird aus der Prozesskammer 6 entsorgt, indem Entsorgungsmittel vorgesehen sind. In 2 sind die Entsorgungsmittel unter anderem als Entsorgungsöffnungen 22, 26 ausgebildet. Durch die Entsorgungsöffnungen 22, 26 kann die Wirbelschicht aus der Prozesskammer 6 entsorgt werden. Damit der Austritt der Wirbelschicht 14 beziehungsweise des Pulvermaterials 2 steuerbar ist, sind darüber hinaus eine erste Entsorgungsklappe 24 und eine zweite Entsorgungsklappe 28 vorgesehen, mit denen die Entsorgungsöffnungen 22, 26 verschließbar sind.
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Es ist bevorzugt, dass die erste Entsorgungsklappe 24 und/oder die zweite Entsorgungsklappe 28 signaltechnisch mit der Steuerungsvorrichtung 50 gekoppelt ist bzw. sind und die Steuerungsvorrichtung eingerichtet ist, die Entsorgungsklappen 24, 28 zu öffnen und/oder zu verschließen.
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Das in 3 gezeigte Fertigungssystem 1 umfasst eine Kippeinheit 32, sodass die Prozesskammer 6 in Richtung der Entsorgungsöffnung 22 kippbar angeordnet ist. Durch das Kippen der Prozesskammer 6 kann die Wirbelschicht 14 in vorteilhafter Weise aus der Prozesskammer 6 entsorgt werden.
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Das in 4 gezeigte Fertigungssystem 1 umfasst eine Vielzahl an im Boden 30 der Prozesskammer 6 angeordnete Entsorgungsöffnungen 34 - 44, die derart angeordnet und ausgebildet sind, dass die Wirbelschicht 14 gravitätisch durch die Entsorgungsöffnungen 34 - 44 entsorgbar ist. Damit die Entsorgung steuerbar ist, weist das Fertigungssystem 1 eine Entsorgungsklappe 46 auf, die klappbar um das Gelenk 48 angeordnet ist.
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In der 5 ist die Entsorgungsklappe 46 geöffnet dargestellt und es wird deutlich, dass die Wirbelschicht 14 durch die Entsorgungsöffnungen 34 - 44 entsorgbar ist. Die Entsorgungsöffnungen 34 - 44 sind als Entsorgungskanäle ausgebildet, die sich durch das fluiddurchlässige Element 20 und durch die Fluidverteilkammer 18 erstrecken.
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Bei einem im Vorherigen gezeigten Fertigungssystem 1 kann die Fluidzuleitung 10 mit einer in 5 gezeigten Fluidstromvorrichtung 52 fluidisch verbunden sein, wobei die Fluidstromvorrichtung 52 angeordnet und ausgebildet ist, das Fluid 12, insbesondere mit einer vordefinierten Strömungsgeschwindigkeit und/oder einem vordefinierten Fluiddruck, bereitzustellen.
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6 zeigt ein schematisches Verfahren. In Schritt 100 wird ein Bauteil 4 aus einem Pulvermaterial 2 hergestellt. Dies kann beispielsweise durch die Anwendung eines Binders erfolgen. Das zugrundeliegende Verfahren kann beispielsweise ein Binder Jetting und insbesondere ein Metall Binder Jetting sein. In Schritt 102 wird das Pulvermaterial 2 mit einem Fluid 12 derart beaufschlagt, dass das Pulvermaterial 2 mit dem Fluid 12 eine Wirbelschicht 14 ausbildet. In Schritt 104 wird die Wirbelschicht 14 aus der Prozesskammer 6 entsorgt.
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Das im Vorherigen beschriebene Fertigungssystem 1 und das korrespondierende Verfahren ermöglicht die Herstellung von Bauteilen 4 in einem Pulverbett und das anschließende Entfernen des Pulvermaterials 2 aus der Umgebung der Bauteile 4 beziehungsweise von den Bauteilen 4 selbst, ohne dass die Bauteile 4 wesentlich durch das Entfernen des Pulvermaterials 2 beeinflusst werden.
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Dadurch können die Bauteile 4 mit einer höheren Qualität hergestellt werden. Darüber hinaus reduziert sich das Risiko von Beschädigungen an den Bauteilen 4. Ein weiterer Vorteil des Fertigungssystems 1 und des korrespondierenden Verfahrens besteht in der hohen Automatisierbarkeit. Ein manuelles Entfernen des Pulvermaterials 2, beispielsweise mit einer Druckluftpistole, ist nicht erforderlich bzw. reduziert. Somit lassen sich automatisiert hochqualitative Bauteile 4 mit einem additiven Fertigungsverfahren im Pulverbett herstellen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Fertigungssystem
- 2
- Pulvermaterial
- 4
- Bauteil
- 6
- Prozesskammer
- 8
- Fluidbereitstellungsmittel
- 10
- Fluidzuleitung
- 12
- Fluid
- 14
- Wirbelschicht
- 18
- Fluidverteilkammer
- 20
- fluiddurchlässiges Element
- 22
- erste Entsorgungsöffnung
- 24
- erste Entsorgungsklappe
- 26
- zweite Entsorgungsöffnung
- 28
- zweite Entsorgungsklappe
- 30
- Boden
- 32
- Kippeinheit
- 34
- Entsorgungsöffnung
- 36
- Entsorgungsöffnung
- 38
- Entsorgungsöffnung
- 40
- Entsorgungsöffnung
- 42
- Entsorgungsöffnung
- 44
- Entsorgungsöffnung
- 46
- Entsorgungsklappe
- 48
- Gelenk
- 50
- Steuerungsvorrichtung
- 52
- Fluidstromvorrichtung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2017198335 A1 [0006]
- WO 2020056355 A1 [0006]
- EP 3144081 B1 [0006]
- DE 202020004634 U1 [0006]