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BETREFF DER ERFINDUNG
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Die Erfindung betrifft Verfahren und Vorrichtungen zur dielektrischen Erwärmung gefrorener Feststoffe und fester wässriger Lösungen (H05B6/64; H05B6/62).
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TECHNISCHER HINTERGRUND DER ERFINDUNG
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Biologische und pharmazeutische Formulierungen müssen häufig bei niedrigsten Temperaturen gelagert und transportiert werden. Ihre spätere Erwärmung von beispielsweise -70 Grad Celsius auf null Grad Celsius und die Lösung der Feststoffe erfolgt in der Regel durch Wärmeaustausch mit der Umgebung. Dieser Vorgang ist langsam, weshalb beispielsweise bei Impfkampagnen die Behältnisse in großer Zahl gemeinsam vorab erwärmt werden. Danach müssen die temperaturempfindlichen Formulierungen innerhalb eines kurzen Zeitfensters verbraucht werden. Dies bedingt organisatorische Probleme.
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Die Erwärmung und das Lösen des festen Inhalts in Behältnissen wie Ampullen und Phiolen kann durch Infrarotbestrahlung beschleunigt werden oder durch Stellen in einen warmen Ofen oder ein warmes Wasserbad. Die Eindringtiefe von Infrarotstrahlen ist gering, so dass die Erwärmung ungleichmäßig von außen nach innen erfolgt. Dies gilt auch für die Erwärmung im Ofen oder Wasserbad. Ein volumetrisches Erwärmungsverfahren ist die Bestrahlung mittels Mikrowelle von 2,45 GHz oder 915 MHz. Dabei werden die Wasserdipole in flüssigem Wasser angeregt, was lokale Überhitzungen hervorruft, und auch die Eindringtiefe von Mikrowellen ist limitiert. Eine derartige volumetrische Erwärmung ist inhomogen und für die schonende Erwärmung von empfindlichen biologischen und pharmazeutischen Formulierungen ungeeignet.
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Die
DE 20 2008 012 371 U1 lehrt ein dielektrisches Trocknen von Gasen durch ein elektromagnetisches Wechselfeld im MHz-Bereich. Die
DE 20 41 557 A beschreibt ein dielektrisches Trocknen der Schlichte von Glasseidefäden in einem Hochfrequenzfeld. Die
DE 20 2010 001410 U1 offenbart eine Schadstoffdialyse und Trocknung von belasteten Mauerwerken zwischen zwei Halbelektroden.
WO 92/18716 A1 beschreibt ein Verfahren zur Bekämpfung von schädlichen Organismen, wobei das Objekt mittels elektromagnetischer Wechselfelder auf tödliche Temperaturen erwärmt wird. Aus der
FR 1151084 A ist ein Elektrodensystem für die Erwärmung von Materialien durch elektrische Verluste bekannt. Ein Verfahren zur Erwärmung verlustbehafteter Materialen mittels elektromagnetischer Wechselfelder im Mittelfrequenzbereich ist auch aus
DE 42 40 272 B2 bekannt. Der Stand der Technik repräsentiert das Problem.
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Es ist Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Verfügung zu stellen, die die Vorteile der dielektrischen Erwärmung hinsichtlich der Einsatzbreite und Eindringtiefe aufgreifen, insbesondere zur schonenden Erwärmung und zum Lösen von gefrorenen biologischen und pharmazeutischen Formulierungen.
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KURZBESCHREIBUNG DER ERFINDUNG
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Die Probleme im Stand der Technik werden gelöst durch eine Vorrichtung zur dielektrischen Erwärmung, wobei kapazitiv angeordnete Elektroden einen mit einem elektromagnetischen Wechselfeld erfüllten Behandlungsraum vorgeben, dadurch gekennzeichnet, dass
ein Frequenzgenerator eine Frequenz mit einer Phasenverschiebung der Signale auf die kapazitiv angeordneten Elektroden abgibt,
das elektromagnetische Wechselfeld ein Frequenzband mit bevorzugt 13,56 MHz enthält, oder Bänder mit der halben oder der doppelten Frequenz davon;
durch Anordnung und Wahl der Materialien um die elektrisch leitenden Oberflächen die elektrischen Feldlinien auf den Behandlungsraum zwischen den kapazitiv angeordneten Elektroden fokussiert sind, so dass der Wert des elektrischen Feldes im Behandlungsraum um mindestens 20 dB höher liegt als außerhalb.
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In einigen Ausführungsformen sind die kapazitiven Elektroden als Halbelektroden symmetrisch um den mit dem Wechselfeld erfüllten Raum angeordnet sind.
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In einigen weiteren Ausführungsformen sind Halbelektroden in gegenüberliegenden Paaren parallel eines länglichen Behandlungsraums angeordnet.
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In bevorzugten Ausführungsformen gibt der Frequenzgenerator die Signale mit einer Phasenverschiebung von 180 Grad auf kapazitiv angeordnete Elektroden. Hierdurch wird eine zeitliche Homogenität des elektrischen Feldes über den gesamten Behandlungsraum erreicht.
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In einigen Ausführungsformen sind elektrisch isolierende Werkstoffe mit einer relativen Permittivität kleiner 2 bei Raumtemperatur und 13,56 MHz im oder benachbart des Behandlungsraums verbaut.
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In einigen Ausführungsformen sind die Elektroden eingebettet in ein fluoriertes Elastomer, Fluorkautschuk (FKM), fluorierten Siliconkautschuk, Polytetrafluorethylen (PTFE), gesintertes PTFE oder expandiertes PTFE.
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Ein weiterer Aspekt der Erfindung betrifft Verfahren zur dielektrischen Erwärmung von Feststoffen durch eine kapazitive Ankopplung der Wasserstoffatome von Wasserstoffbrücken. Die Verfahren sind dadurch gekennzeichnet, dass mit einem Frequenzgenerator auf mindestens zwei Elektroden eine Frequenz mit einer Phasenverschiebung der Signale abgegeben wird; dass der Frequenzgenerator eine Verlustleistung von 10 bis 100 Watt einspeist im Frequenzband mit 13,56 MHz, oder der halben oder der doppelten Frequenz davon; der gefrorene Feststoff wasserhaltig ist und eine Temperatur unter null Grad Celsius hat. Der Feststoff ist dabei bevorzugt in einem Behältnis mit niedriger dielektrischer Konstante, beispielsweise in einer Glasampulle oder einer Glasphiole.
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In einigen Ausführungsformen des Verfahrens zur dielektrischen Erwärmung befindet sich der Feststoff in einem sterilen Behältnis und die Erwärmung erfolgt unter sterilen Bedingungen.
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In einigen Ausführungsformen des Verfahrens wird der gefrorene Feststoff auf eine Temperatur unter oder nahe null Grad Celsius erwärmt und zeitgleich durch Anlegen eines Vakuums in einem offenen System getrocknet.
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In einigen Ausführungsformen wird das Behältnis mit dem zu erwärmenden gefrorenen Feststoff zudem bewegt oder gedreht.
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In einigen Ausführungsformen sind die Halbelektroden bzw. Applikatoren zueinander kapazitiv bzw. paarweise angeordnet und sie erhalten vom Feldgenerator die Signale um 180 Grad phasenverschoben, so dass im Behandlungsraum ein zeitlich homogenes, konzentriertes elektrisches Wechselfeld vorliegt.
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In einigen Ausführungsformen ist der von den Applikatoren bestimmte Raum von einem Werkstoff mit geringer Dielektrizitätskonstante und hoher elektrischer Durchschlagfestigkeit (MV/m oder kV/mm) umgeben.
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In einigen Ausführungsformen sind die Applikatoren in einem elektrisch abschirmenden Gehäuse maximal beabstandet zu leitenden Gehäusewänden angeordnet. Hierdurch wird das Wechselfeld auf den Raum zwischen den Applikatoren konzentriert ist.
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Optional kann die Vorrichtung in einigen Ausführungsformen eine berührungsfreie Temperaturüberwachung von dem zu erwärmenden gefrorenen Material aufweisen, insbesondere zur Produktsicherung und zum Loggen der Temperatur bei der Lyophilisation von pharmazeutischen Formulierungen bzw. medizinischen Wirk- und Impfstoffen.
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Ein weiterer Aspekt betrifft ein Verfahren zur dielektrischen Erwärmung eines gefrorenen Materials in einem Behältnis, folgende Schritte umfassend
Bereitstellen von mindestens zwei Applikatoren in einem elektrisch abschirmenden Gehäuse,
wobei die Applikatoren so bemessen und beanstandet sind, dass sie einen Raum umgeben für ein Behältnis mit einem Volumen zwischen 1 ml und 100ml;
wobei der für ein sicheres Platzieren des Behältnisses vorgesehene Boden oder die Halterung aus einem isolierenden Material ist, das eine geringe Permittivität hat und einen niedrigen Verlustfaktor bei Frequenzen bis 150 MHz;
die Applikatoren von einem isolierenden Material mit geringer Permittivität und einem niedrigen Verlustfaktor umgeben sind;
die Applikatoren eine Frequenz von 13,65 MHz erhalten, wobei die Signale zwischen zwei Applikatoren um 180 Grad verschoben sind. Hierdurch werden die elektrischen Feldlinien des Wechselfeldes zeitlich homogen auf den Raum zwischen Applikatoren konzentriert und die Verlustleistung im gefrorenen Material unabhängig von der Position im Wechselfeld homogen erzeugt.
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In einigen Ausführungsformen sind die Abstände der Applikatorelektroden zu dem elektrisch abschirmenden Gehäuse so gewählt, dass der Einfluss der Gehäusewände auf die elektrische Feldstärke zwischen den Applikatorelektroden gering ist, weniger als -25 dB ausmacht, bevorzugt weniger als -20 dB. Dies entspricht im linearen Maßstab einer Verringerung der elektrischen Feldstärke zwischen den Applikatorplatten um den Faktor 10 bis 25. Die Feldstärke zwischen den Elektrodenplatten und zu den elektrischen leitenden Wänden differiert also mindestens um 20 dB. An den Stellen der Einkopplung sind die Feldstärken zwischen der Zuleitung und der Außenwand noch deutlich höher. Es geht aber hauptsächlich darum, dass sich die Feldlinien an den Platten nicht nach außen zur Gehäusewand hin auffächern, sondern zwischen die Applikatoren fokussiert bleiben. Ziel ist die Konzentrierung der elektrischen Feldlinien auf den Raum zwischen den Applikatoren und auf das dielektrisch zu erwärmende Material.
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Die Feldstärke zwischen den Elektroden und die kapazitive Ankopplung sind abhängig vom Abstand der Elektroden zueinander und der Dielektrizitätskonstante des Dielektrikums zwischen den Elektrodenplatten und der Relation des Abstands der Elektroden/Applikatorplatten zu den Außenwänden sowie der Dielektrizitätskonstante eines eventuellen Materials zwischen Applikatoren und Wand. Eine höhere Dielektrizitätskonstante bzw. relative Permittivität wirkt wie Verlängerung der Abstände. An sich ist eine geringe Dielektrizitätskonstante zwischen den Platten und eine hohe Konstante zu den Wänden „wünschenswert“, da dann der effektive Abstand zwischen den Platten nur gering erhöht und der effektive Abstand zu den Wänden stärker erhöht wäre. Praktisch wird man ein einheitliches Material für „innen“ und „außen“ nehmen und dessen Dicke anpassen. Man kann zwar mit geringeren Abständen zum abschirmenden Gehäuse arbeiten, jedoch wird die Energieeffizienz der Erwärmung und die Homogenität absinken, wenn die Feldlinien statt zur gegenüberliegenden Platte zur Gehäusewand geschlossen werden.
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Bevorzugt ist die Verwendung des Werkstoffs Polytetrafluorethylen (PTFE). Dies ist ein Material mit geringer Dielektrizitätskonstante, ist chemisch inert und thermisch belastbar über einen Temperaturbereich von -190°C bis +260 Grad Celsius, und es zeichnet sich aus durch einen niedrigen Verlustfaktor von 1,5 × 10-4 bei hohen Frequenzen von 3 GHz. PTFE hat zudem eine niedrige Wasserabsorption. Das sogenannte PTFE-Dielektrikum gibt es auch als expandiertes Polytetrafluorethylen (ePTFE) mit Luftkammern. Die Luft-PTFE-Kombination (ePTFE) hat eine Permittivität von 1,3 und einen äußerst geringen Verlustfaktor bzw. Fehlwinkel bei hohen Frequenzen.
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Weitere Ausführungsformen, Vorteile und Merkmale der Erfindung gehen aus den Ansprüchen hervor und sind mit Bezug auf die Abbildungen und das Ausführungsbeispiel beschrieben.
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Figurenliste
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Es zeigt:
- 1 eine Schnittzeichnung der erfindungsgemäßen Vorrichtung zur dielektrischen Erwärmung von H2O-haltigen Feststoffen;
- 2 eine Ansicht der dielektrischen Erwärmungsvorrichtung von 1 von oben;
- 3 eine Seitenansicht der HF-Erwärmungsvorrichtung von 1 von außen;
- 4 eine perspektivische Zeichnung der Vorrichtung von 1 mit Behältnis;
- 5 eine modellhafte Darstellung der Verlustleistung und der elektrischen Feldstärke;
- 6 eine Modell-Darstellung der Feldlinien in der dielektrischen Erwärmungsvorrichtung - wobei die Feldlinien zwischen den Elektroden in wechselnder Richtung laufen;
- 7 eine Darstellung der zwischen den Elektroden fokussierten dielektrischen Verlustleistung;
- 8 eine Darstellung des Werts des elektrischen Feldes, beeinflusst durch Gehäuseabschirmung und eine elektrisch leitende Verschlusskappe (Aluminium) über dem Septum einer Phiole;
- 9 ein Diagramm der Verlustleistung in einem gefrorenen Material mit Eiskristallen in Abhängigkeit von der Frequenz des elektromagnetischen Wechselfeldes.
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EINGEHENDE BESCHREIBUNG DER ERFINDUNG
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1 zeigt einen Schnitt durch die erfindungsgemäße Vorrichtung 10 zur dielektrischen Erwärmung von gefrorenen Formulierungen. Herzstück der Vorrichtung ist ein Frequenzgenerator, der eine Mittelfrequenz-Energie in den ISM-Bändern 6,76 - 6,79 MHz, 13,55-6 MHz, 26,95 - 27,28 MHz, 40,66 - 40,70 MHz und 150 MHz auf kapazitiv angeordnete Elektroden einspeist, so dass der Raum dazwischen mit einem elektromagnetischen Wechselfeld erfüllt ist. Die Signale werden mit einer Phasenverschiebung auf die Elektroden bzw. Applikatoren eingespeist, bevorzugt mit einer Phasenverschiebung von 180 Grad. Besonders bevorzugt ist ein Frequenzgenerator, der eine Leistung von 10 bis 100 Watt in den genannten ISM-Bändern abgibt und/oder in deren halben oder doppelten Frequenzen. Ein Aspekt der Erfindung sind Verfahren, wobei zwischen plattenförmigen Elektroden 20, im Weiteren stets kurz Applikatoren genannt, ein elektrisches Wechselfeld einer Frequenz zu erzeugen, das kapazitiv ankoppelt an die Wasserstoffatome von ortsfesten Wassermolekülen, so dass dem wasserhaltigen Feststoff volumetrisch innere Energie zugeführt wird. Das elektrische Wechselfeld koppelt besonders gut an die Wasserstoffatome von Wasserstoffbrücken bei einer Frequenz von 13,56 MHz; siehe Diagramm in 9. Die Signale werden erfindungsgemäß mit einer Phasenverschiebung von 180 Grad auf die Applikatoren gegeben. Es wird so erreicht, dass grundsätzlich das Potential zwischen den Applikatoren doppelt so hoch ist wie das Potential zwischen einer Halbelektrode und den elektrischen leitenden Gehäusewänden. Dadurch ist das Wechselfeld auf den Raum zwischen den Applikatoren konzentriert bzw. die Feldlinien fächern sich nicht zu den elektrischen leitenden Wänden auf, wenn in dem Behandlungsraum ein Material mit hoher Dielektrizitätskonstante zu erwärmen ist. Weitere geeignete Frequenzbänder für eine kapazitive Ankopplung der Wasserstoffatome in den Wasserstoffbrücken im „festem Wasser“ liegen bei 27,12 MHz oder 6,78 MHz.
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In Nichtleitern können keine Ströme fließen, aber ladungstragende Moleküle wie Wasserdipole folgen mit einiger Verzögerung den Richtungsänderungen des elektrischen Wechselfeldes, so dass die komplexe Verlustleistung dem Material innere Energie zuführt. Die Eignung eines Materials zur dielektrischen Erwärmung lässt sich am Imaginärteil dessen komplexer Permittivität bei vorgegebener Frequenz ablesen. Bei Materialien wie Keramik oder Glas ist er gering, bei wasserhaltigen Materialien groß und frequenzabhängig.
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Wasser und Eis sind in den physikalischen und in den dielektrischen Eigenschaften sehr verschieden. Im Wassermolekül stehen zwar stets das Sauerstoffatom und die beiden Wasserstoffatome im stumpfen Winkel von 109° zueinander, weshalb ein permanentes elektrisches Dipolmoment resultiert. Die Ausrichtung der permanenten Wasserdipole in einem elektrischen Feld wird als Orientierungspolarisation bezeichnet. Der Orientierungspolarisation wirkt in flüssigem Wasser nur die Temperaturbewegung der Moleküle entgegen, so dass Wasserdipole bis zu sehr hohen Frequenzen dem elektrischen Feld zu folgen vermögen. Dies wird bei der dielektrischen Erhitzung mittels Mikrowelle von 2,45 GHz oder 915 MHz genutzt. In Eis erlaubt die hexagonale Symmetrie des Kristallgitters nur sechs feste Einstellmöglichkeiten pro Molekül, wobei die Sauerstoffatome aufgrund ihrer tetraedrischen Koordination zu den nächsten Nachbarn im Wesentlichen unbeweglich sind und am Polarisationsprozess nicht teilnehmen können. Eine Orientierungspolarisation der Wasserdipole findet in Eiskristallen nicht statt. Stattdessen bestimmen in gefrorenen Materialien die Bewegungen der Wasserstoffatome im elektrischen Feld die dielektrischen Eigenschaften. Den Wasserstoffatomen stehen in den Wasserstoffbrücken zwei Plätze (O-H O) und (O H-O) zur Verfügung, so dass ein anderes elektrisches Dipolmoment resultiert. Da pro Elementarzelle 24 Anordnungen möglich sind und eine entsprechend größere Zahl von Anordnungen mit nächsten und übernächsten Nachbarzellen, können die Wasserstoffatome in den Brücken kapazitiv an elektrische Felder mit 27,12 MHz, 13,56 MHz und 6,78 MHz ankoppeln. Dadurch erhöht sich die innere Energie des gefrorenen Materials. Die kapazitive Ankopplung der Wasserstoffatome bewirkt eine sehr homogene volumetrische Erwärmung in der Tiefe und ist abhängig nur vom Wert des elektrischen Feldes.
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Die Bestimmung des Wertes des elektrischen Feldes ist komplex und keineswegs trivial. Zumeist wird in der Literatur nur die Spannung durch den Abstand der Applikatoren bzw. Elektroden geteilt, was aber nur ein erster Ansatz sein kann. Die technische Umsetzung der kapazitiven Ankopplung der Wasserstoffe für eine volumetrische Erwärmung verlangt vielmehr eine Konzentrierung bzw. Fokussierung der elektrischen Feldlinien auf das zu erwärmende Material bzw. auf den Raum zwischen den Applikatoren. Dies wird erreicht einerseits durch eine Phasenverschiebung der Signale von bevorzugt 180 Grad auf die Einspeisepunkte an den Applikatoren. Andererseits durch ein Anpassen der dielektrischen Eigenschaften der Isoliermaterialien an und um die Applikatoren sowie im Raum dazwischen. Erfindungsgemäß sind die Applikatoren außen und innen von einer Isolierung 30, 32, 34 umgeben, also von einem Werkstoff mit geringer Permittivität. Bevorzugt ist die Verwendung von PTFE, bekannt als Teflon®, fluorierte Siliconkautschuke, und insbesondere von ePTFE (expandiertes Polytetrafluorethylen). Derartige Applikatoren 20 bestimmen in Verbindung mit Größe und Stellung einen mit einem konzentrierten elektrischen Wechselfeld erfüllten Raum 50, in dem dann ein oder mehrere Behältnisse 60 mit festen wasserhaltigen Inhalten stehen. Die Behältnisse 60 stehen bevorzugt auf einem elektrischen inerten Zwischenboden 16 oder in einem Gestell aus einem Material geringer Permittivität in den genannten Frequenzbändern. Dadurch werden die elektrischen Feldlinien auf die Behältnisse 60 und deren Inhalte fokussiert. Das Behältnis kann aus Pharmaglas sein, bspw. Borosilikatglas des Typs 1, welches das elektrische Feld kaum dämpft.
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In vielen Ausführungsformen werden temperaturempfindliche biologische und pharmazeutische Zusammensetzungen für den Transport und eine bessere Haltbarkeit gefriergetrocknet. Zumeist wird die Wirkstofflösung, das spätere Injektabilia, direkt in der Primärverpackung (Ampulle, Durchstech- oder Infusionsflasche) gefriergetrocknet. Dies kann ein RNA-Impfstoff sein oder eine sonstige Wirkstoffformulierung. Vor Anwendung wird dann ein Rekonstitutionsmedium wie Wasser oder isotonische Natriumchloridlösung zugegeben. Die Gefriertrocknung lässt sich erfindungsgemäß beschleunigen, indem während der Haupt-Gefriertrocknung dem gefrorenen Material Energie zugeführt wird, und zwar als Ersetzt der verbrauchten Sublimationsenergie. Dies kann selektiv erfolgen durch ein Ankoppeln der Wasserstoffatome in dem gefrorenen Material an ein elektrisches Feld. Dies sei hier anhand der Lyophilisation näher erläutert.
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Vor einer Lyophilisation wird eine wässrige Formulierung eingefroren, und da die Wassermoleküle ein permanentes Dipolmoment haben, ordnen sie sich in einem hexagonalen Kristallgitter an. Eventuelle Partikel würden die Kristallbildung erleichtern, aber das Arzneibuch verlangt allgemein für parenterale Applikationen allgemein Partikelfreiheit. Beim Einfrieren der Formulierung sind daher Unterkühlungen wahrscheinlich. Es wird zunächst Wasser als Eis auskristallisieren und die Formulierung so immer weiteraufkonzentriert bis zum Erreichen der maximal gefrierkonzentrierten Lösung. Danach kristallisieren Wasser und Wirksubstanzen nebeneinander aus. Wegen der zugleich freiwerdenden Kristallisationsenergie kühlt die Formulierung in diesem Stadium nicht weiter ab. Sind in der Lösung Polyhydroxyverbindungen wie Zucker zugegen, und dies ist bei pharmazeutischen Formulierungen sehr oft der Fall, wird die Formulierung zur Übersättigung neigen, stark viskos werden, so dass die für eine Kristallisation notwendigen Diffusionsvorgänge nicht mehr erfolgen. Ein solches System kristallisiert nicht, sondern es erstarrt ohne Phasentrennung als amorphes Glas. Auch kann sich bei einem Auskristallisieren vorhandener Puffersalze der pH der Lösung verschieben. Alle diese Vorgänge treten mit umgekehrtem Vorzeichen beim Auftauen oder Lösen einer festen Formulierung auf. In der Phase der Haupttrocknung geht jedenfalls Eis aufgrund seines Dampfdrucks von 6,1 mbar bei null Grad Celsius direkt vom festen in den gasförmigen Aggregatzustand über. Dieser Vorgang entzieht dem gefrorenen Material Sublimationsenergie und kühlt es weiter ab; siehe Tabelle 1 mit den Dampfdrücken von Eis bei verschiedenen Temperaturen. TABELLE 1 Dampfdruck von Eis bei verschiedenen Temperaturen
Temp.(°C) | Dampfdruck (mbar) |
-90 | 0,000093 |
-80 | 0,00053 |
-70 | 0,00259 |
-60 | 0,0108 |
-50 | 0,0394 |
-40 | 0,129 |
-30 | 0,381 |
-25 | 0, 634 |
-20 | 1,03 |
-15 | 1,65 |
-10 | 2, 60 |
-5 | 4,02 |
0 | 6,10 Eis |
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Der Sublimationsvorgang kann daher beschleunigt werden, indem man die Wasserstoffatome an ein Frequenzband mit 27,12 MHz, 13,56 MHz oder 6,78 MHz kapazitiv ankoppelt und die Formulierung während der Eissublimation bei null Grad Celsius hält. Die kapazitive Ankopplung führt aufgrund der messbaren Verlustleistung zu einer einfach regelbaren volumetrischen Erwärmung des festen Materials, zumal eine Orientierungspolarisation ausgeschlossen ist.
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Die Applikatoren 20 für das HF-Feld sind in einem abschirmenden Gehäuse 14 so eingebracht, dass die elektrisch leitenden Wände 14 (Metall, Aluminium, Edelstahl) das Wechselfeld zwischen den Applikatoren möglichst wenig stören bzw. dämpfen. Die Zuleitungen zu den Einspeisepunkten der HF-Signale sind bevorzugt koaxial. Das elektrisch leitende Außenrohr (Metall) ist mit Masse verbunden und der Innenleiter (Metall) führt das HF-Signal und ist von Masse isoliert. Zur Erhöhung der Durchschlagsfestigkeit der Koaxialleitung kann dieses optional mit Dielektrikum (bspw. PTFE) gefüllt sein. Das Gehäuse ist bevorzugt zu den Applikatoren auch durch die Wahl der Isolatoren so effektiv distanziert, dass die Dämpfung weniger als -25 dB, bevorzugt weniger -20 dB beträgt; siehe 8.
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Die koaxialen Zuleitungen 40 zu den Applikatoren führen in der Regel eine Spannung von ca. 1 kV bis 10 kV. Die Applikatoren erhalten die HF-Signale differenziell verschoben, mit einer Phasenverschiebung um 180°, so dass das elektrische Feld auf den Behandlungsraum fokussiert ist. Die Potentialdifferenz zwischen den Applikatoren ist in diesen Fall das Zweifache der Amplitude des Signals. Gegenüber dem Gehäuse und allen Masseteilen verbleibt es bei der einfachen Amplitude. Dadurch wird erreicht, dass ein eventuelles Auffächern der Feldlinien zeitlich gemittelt an beiden Halbelektroden verteilt erfolgt, was die Homogenität des Leistungseintrags und die Effizienz des Prozesses erhöht. An die Applikatoren werden HF-Signale mit identischer Frequenz und bevorzugt identischer Amplitude angelegt. Die Phase der beiden Signale ist um 180° zueinander verschoben. Ein Betrieb mit nicht identischen Amplituden und Phasenunterschieden von ungleich 180° ist denkbar, vermindert aber die Energieeffizienz.
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Neben der Dielektrizitätskonstante bzw. der Permittivität ist auch die elektrische Durchschlagsfestigkeit der Werkstoffe eine wichtige Größe. Die Durchschlagsfestigkeit ist diejenige elektrische Feldstärke, die im Werkstoff höchstens herrschen darf, ohne dass es zu einem Spannungsdurchschlag (Lichtbogen oder Funkenschlag) kommt. Die Durchschlagsfestigkeit ist aber keine Materialkonstante, sondern von weiteren Faktoren abhängig, wobei PTFE als Isolationsmaterial und wegen seiner niedrigen Wasserabsorptionsfähigkeit ideal ist. Die Feuchtigkeit in der Vorrichtung ist möglichst gering zu halten. In Lyophilisatoren ist dies wegen des Vakuums kein Problem- Bei reinen dielektrischen Erwärmungsvorrichtungen kann eine Absaugung oder das Vorsehen einer benachbarten Kältefalle hilfreich sein.
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Die Hochfrequenz liegt bevorzugt bei 13,56 MHz, also einer Frequenz, bei der die Wasserstoffatome im Eis ankoppeln und zu einer elektrischen Verlustleistung führen. Die Frequenz kann abhängig sein von der Wirksubstanz bzw. den Exzipienten. Die Erwärmung von Eis von -70° bis -0° Celsius erfolgt bei 13,56 MHz volumetrisch homogen. Oberhalb von -3 Grad Celsius treten Phasenübergange auf, die aber bis zum Schmelzpunkt keine Auswirkungen auf die Verlustleistung im Festkörper haben. Da sich die dielektrischen Eigenschaften von Wasserkristallen bei Atmosphärendruck nicht ändern, muss nicht mit einer selbstverstärkenden Erwärmung an einzelnen Stellen gerechnet werden. Im Gegenteil. Flüssiges Wasser absorbiert im Band mit 13,56 MHz so gut wie nicht. Unter normalen Bedingungen liegt der Schmelzpunkt von Eis auf der Erdoberfläche bei null Grad Celsius. Um Eis von null Grad Celsius zu Wasser von null Grad Celsius zu schmelzen, bedarf es eines Energieeintrags von ca. 334 Joule pro Gramm, die sogenannte latente Wärme von Wasser. Um Eis von null Grad Celsius zu Wasser von null Grad Celsius zu schmelzen, wird also so viel Energie (latente Wärme) benötigt wie zum Erhitzen von Wasser von 0°C auf 80 Grad Celsius. Da aber geschmolzenes Wasser bei einer Radiofrequenz von 13,56 MHz nur schwach absorbiert, schützt die latente Wärme des Wassers am Phasenübergang effizient vor lokalen Überhitzungen. Anders bei einer Mikrowellenbestrahlung mit 2,45 GHz oder 915 MHz, da dann die dielektrische Erwärmung auf der Orientierungspolarisation beruht.
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Da die Leistung für einen kleinen Raum abgegeben wird und die Menge an Wirkstoff in der Regel niedrig ist, wird man mit einer Hochfrequenzleistung von weniger als 100 Watt auskommen, realistisch werden eher 20 bis 50 Watt HF-Leistung benötigt, um pharmazeutische Formulierungen und Impfstoffe innerhalb von Sekunden von -70 auf null Grad Celsius zu erwärmen. Die weitere Erwärmung auf Raumtemperatur erfolgt durch die unvermeidlichen weiteren Wärmeentwicklungen, wobei aber keine lokalen Hitzeblasen zu befürchten sind. Wasser absorbiert bei der Frequenz von 13,56 MHz im Wesentlichen keine dielektrische HF-Leistung. Dadurch ist sichergestellt, dass der Wirkstoff bzw. Impfstoff nicht schonend erwärmt wird.
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2 zeigt die HF-Applikatoren 20 von oben im Schnitt und umgeben von Isolatoren 32, 34. Es ist zu sehen, dass die Applikatoren 20 kreisförmig um einen runden Aufnahmeraum 50 angeordnet sind. Die Applikatoren 20 sind elektrisch schwebend im Raum angeordnet. Dies wird erreicht durch wenig permittive Isolatoren, bevorzugt aus Polytetrafluorethylen, besonders bevorzugt aus expandiertem PTFE mit eingeschlossenen Luftblasen. Dieser Werkstoff besitzt eine besonders niedrige Dielektrizitätskonstante. Auch ist der Fehlwinkel bei hohen Frequenzen bei einer Frequenz von 13,56 MHz so klein, dass eine Erwärmung des Isolators nicht zu befürchten ist.
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3 zeigt die Vorrichtung 10 von der Seite. Die Position der Applikatoren im Gehäuse 14 ist angedeutet. Das Gehäuse 14 ist verschlossen, wobei beispielsweise Bügel mit Schnappverschluss 110 besonders günstig erscheinen, da hier der Deckel über Halterungen 100 mit einem Handgriff geöffnet werden kann. Es sind selbstverständlich andere Schnellverschlüsse auch geeignet. Bevorzugt können dies auch Druckverschlüsse sein, solange keine elektrische Leistung nach außen austritt. Der Bügelverschluss ist als einfaches Beispiel zu verstehen, wie auch der zugeordnete Führungs- und Passstift 102.
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4 zeigt die Anordnung der elektrisch neutralen Elemente (Isolatoren) in Relation zu dem Behältnis mit dem zu erwärmenden Inhalt. 5 zeigt eine Modellrechnung mit den Orten, wo eine höhere Verlustleistung zu erwarten ist. Das Behältnis enthält in der Modellrechung gefrorene physiologische Kochsalzlösung. 6 zeigt das elektrische HF-Feld im Gehäuse mittels Pfeile, wobei die Länge und Stärke der Pfeile die Stärke des elektrischen Feldes beschreiben. Das Feldlinienbild zeigt auch die Wechselwirkung mit dem umgebenden Gehäuse und dass die Abstände so zu wählen sind, dass die Abschwächung durch das elektrische leitende Gehäuse möglichst gering bleibt, möglichst unterhalb 25 dB, bevorzugt unter 20 dB. 7 zeigt, dass die Verlustleistung im Wesentlichen nur im Raum zwischen den Flächenelektroden bzw. HF-Applikatoren aufritt.
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Der Fachmann kann weitere Ausführungsformen der Vorrichtung der Offenbarung in den Ansprüchen entnehmen.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Vorrichtung zur dielektrischen Erwärmung von gefrorenen Materialien
- 12
- Gehäusedeckel
- 14
- Gehäusewände (aus Aluminium, Edelstahl)
- 16
- Zwischenboden aus Material mit geringer Dielektrizitätskonstante
- 17
- Halterung aus Material mit geringer Dielektrizitätskonstante
- 18
- Freiraum / Leerraum
- 20
- Elektrode / Applikator
- 28
- Leitendes Außenrohr an Masse zur Abschirmung
- 30
- Isolator / Material mit geringer Dielektrizitätskonstante
- 32
- Außenisolation des Applikators / der Elektrode
- 34
- Innenisolation des Applikators / der Elektrode
- 40
- HF-Einspeisung / Koaxialleiter
- 50
- Raum für Behältnis/ Ampulle/ Phiole
- 60
- Behältnis/ Phiole
- 62
- Eis/Wasser
- 100
- Halterung für Spannverschluss
- 102
- Führungsstift (Deckel)
- 110
- Spannverschluss
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 202008012371 U1 [0004]
- DE 2041557 A [0004]
- DE 202010001410 U1 [0004]
- WO 9218716 A1 [0004]
- FR 1151084 A [0004]
- DE 4240272 B2 [0004]