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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und ein Steuergerät zum Bereitstellen von Parkinformationen zu freien Parkplätzen.
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Bei hochfrequentierten Parkräumen, wie z.B. Parkplätzen von Einkaufszentren oder innerstädtischen Parkhäusern, gestaltet sich die Suche nach einem freien Stellplatz speziell bei hoher Belegungsdichte häufig sehr zeitintensiv. Da deterministische Informationen über die Parkstandsverteilung innerhalb des Parkraums üblicherweise fehlen, ist das gezielte Anfahren eines freien Stellplatzes in der Regel nicht möglich. Die einzige Alternative besteht in der Anwendung einer zufälligen Suchstrategie, wobei das Ziel üblicherweise darin besteht, einen freien Stellplatz in direkter Nähe eines „Point of Interest (Pol)“, wie z.B. dem Eingang des Warenhauses oder einem der Parkhaus-Ausgänge, zu finden. Dafür wird der Parkraum in der Regel kontinuierlich mit moderater Geschwindigkeit befahren und an Kreuzungen der Fahrgassen mehr oder weniger wahllos so abgebogen, dass sich die Entfernung zu einem der Pols innerhalb der individuellen Akzeptanz-Grenzen bewegt. Während der Suche werden die individuellen Akzeptanz-Grenzen nahezu ausnahmslos mit zunehmender Suchdauer zunächst schrittweise bis zu einem individuellen „Point of Return (PoR)“ erhöht, bevor eine Re-Orientierung in die Nähe eines der Pols und einer Fortsetzung des Suchvorgangs von dort aus erfolgt.
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Der resultierende, hohe Zeitaufwand kann durch Implementierung einer Parkraum-Infrastruktur für die deterministische Erfassung freier Stellplätze auf Basis verteilter Sensorik, wie z.B. Kameramodulen, reduziert werden. Zusammen mit dem erforderlichen Zentralrechner für die Auswertung der Kameradaten und der Anzeigetafeln zur Darstellung der freien Stellplätze ergibt sich jedoch ein komplexes und kosten- sowie wartungsintensives System, das nur in Ausnahmefällen in Parkräumen implementiert wird.
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Aus der
DE 10 2013 211 632 A1 ist ein Verfahren zur Bereitstellung von Parkinformationen zu freien Parkplätzen bekannt, bei dem für zumindest einen Straßenzug jeweils historische und aktuelle Informationen über verfügbare, freie Parkplätze ermittelt werden, wobei aus den ermittelten Informationen zumindest ein Parksegment, das einen oder mehrere Straßenzüge umfasst, ermittelt wird und für jedes Parksegment aus den ermittelten Informationen jeweils statistische Parameter über freie Parkplätze erzeugt werden. Weiter wird eine Modellierung für jedes Parksegment erzeugt, bei der die für das Parksegment ermittelten Informationen verarbeitet werden, um einen Parkzustand des jeweiligen Parksegments als Wahrscheinlichkeitsverteilung zu ermitteln. Vorzugsweise wird aus den in Echtzeit ermittelten Informationen über freie, verfügbare Parkplätze eines Parksegments eine aktualisierte Wahrscheinlichkeitsverteilung des Parkzustands ermittelt.
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Der Erfindung liegt das technische Problem zugrunde, ein Verfahren zum Bereitstellen von Parkinformationen zu freien Parkplätzen zu verbessern sowie ein hierfür geeignetes Steuergerät zu schaffen.
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Die Lösung des technischen Problems ergibt sich durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie ein Steuergerät mit den Merkmalen des Anspruchs 10. Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Das Verfahren zum Bereitstellen von Parkinformationen zu freien Parkplätzen wird mittels mindestens eines Steuergeräts durchgeführt, wobei das Steuergerät auf eine Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Parkplatzbelegung für einen Parkraum zugreift, wobei die Wahrscheinlichkeitsverteilung mindestens aus historischen Daten erstellt wurde. Weiter wird ein Point of Interest eingegeben oder ermittelt, wobei in Abhängigkeit der Wahrscheinlichkeitsverteilung um den Point of Interest eine Entfernung ermittelt wird, ab der eine Parkplatzsuche durchgeführt wird bzw. durchgeführt werden sollte, wobei das Steuergerät zusätzlich auf eine Wechselwahrscheinlichkeitsverteilung zugreift, die mindestens aus historischen Daten erstellt wurde, wobei die ermittelte Entfernung in Abhängigkeit der Wechselwahrscheinlichkeitsverteilung angepasst wird. Die Wechselwahrscheinlichkeitsverteilung gibt dabei beispielsweise an, mit welcher Wahrscheinlichkeit in einem bestimmten Zeitraum ein belegter Parkplatz wieder frei wird. Hierdurch kann die Parkplatzsuche erheblich verbessert werden. Anschaulich kann dies anhand von bestimmten Situationen dargestellt werden. Ist die Wechselwahrscheinlichkeit sehr gering bzw. im Extremfall null (z.B. Zuschauerparkplatz vor einem Fußballstadion kurz vor oder nach Spielbeginn), so wird die ermittelte Entfernung beibehalten. Ist hingegen die Wechselwahrscheinlichkeit hoch (z.B. morgens vor einem Bäckergeschäft), so kann die Entfernung zum Point of Interest entsprechend verkürzt werden, da eben die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass ein belegter Parkplatz zeitnah geräumt wird. Dabei sei angemerkt, dass die Wahrscheinlichkeitsverteilungen und die Wechselwahrscheinlichkeitsverteilungen vorzugsweise wochen- und uhrzeitabhängig sind.
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Points of Interest (Pols, „Ort von Interesse“) stellen besondere Ziele z.B. einer Fahrtroute dar. Sie sind üblicherweise in fahrzeugseitigen Systemen wie Navigationssystemen hinterlegt. Vorzugsweise sind sie zumindest mit einer geographischen Koordinate und optional mit weiteren Informationen abgespeichert. Somit sind sie in einem Navigationssystem leicht identifizierbar, insbesondere durch ihren Namen oder im Rahmen einer räumlichen Suche, wie einer Umgebungssuche.
Die Eingabe eines Point of Interest kann beispielsweise durch den Nutzer erfolgen (z.B. Zieleingabe in ein Navigationssystem).
Die Ermittlung kann beispielsweise durch Auswertung historischer Fahrdaten erfolgen, sodass ein Point of Interest anhand vergleichbarer Fahrten geschätzt wird. Weiter sei angemerkt, dass die ermittelte Entfernung abhängig von der Annäherungsrichtung sein kann.
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Dabei ist es möglich, dass nicht nur die Verteilungsfunktion selbst, sondern auch ihre Parameter (z.B. Erwartungswert und Varianz) mit dem Wochentag und der Uhrzeit variieren. So ist es denkbar, dass sich eine Bernoulli-Verteilung mit einem bestimmten Erwartungswert und einer bestimmten Varianz am besten für die Beschreibung der Parkstandsverteilung an einem bestimmten Wochentag zu einer bestimmten Uhrzeit eignet, während eine Gauss-Verteilung mit einem bestimmten Erwartungswert und einer bestimmten Varianz (Standardabweichung) am selben Wochentag zu einer anderen Uhrzeit eine bessere Approximation ermöglicht.
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In einer Ausführungsform wird beim Einfahren in den Parkraum eine Parkplatzbelegung sensorisch erfasst, wobei in Abhängigkeit der sensorisch erfassten Parkplatzbelegung die Wahrscheinlichkeitsverteilung angepasst wird. Dies ermöglicht eine Adaption in Echtzeit an die aktuell vorliegende Belegungssituation eines mittleren bis größeren Bereichs um die aktuelle Fahrzeugposition oder sogar des gesamten Parkraums, was das Verfahren weiter verbessert.
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In einer weiteren Ausführungsform werden beim Einfahren in den Parkraum Wechsel in der Parkbelegung sensorisch erfasst, wobei in Abhängigkeit der sensorisch erfassten Wechsel im Parkraum die Wechselwahrscheinlichkeitsverteilung für einen mittleren bis größeren Bereich um die aktuelle Fahrzeugposition oder sogar den gesamten Parkraum angepasst wird.
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In einer weiteren Ausführungsform sind die Wahrscheinlichkeitsverteilung und die Wechselwahrscheinlichkeitsverteilung für mindestens einen Parkraum zweidimensional ausgebildet, was insbesondere für große Parkplätze mit mehreren Gassen von Vorteil ist sowie bei Parkebenen eines Parkhauses. Dabei können die Verteilungen auf verschiedenen Ebenen unterschiedlich sein.
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In einer weiteren Ausführungsform werden der Parkraum sowie die Grenze, ab der eine Parkplatzsuche durchgeführt werden soll, graphisch auf einer Anzeige dargestellt. Zusätzlich kann der Nutzer darüber akustisch informiert werden.
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In einer alternativen oder ergänzenden Ausführungsform führt das Kraftfahrzeug automatisiert ab der Grenze eine Parkplatzsuche durch, wobei zusätzlich vorgesehen sein kann, dass auch der Parkvorgang selbst automatisiert durchgeführt wird.
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In einer weiteren Ausführungsform ist der Zusammenhang zwischen Wahrscheinlichkeitsverteilung, Entfernung und Anpassung aufgrund der Wechselwahrscheinlichkeitsverteilung nutzerabhängig einstellbar. Hierdurch kann das Verfahren an die jeweiligen Vorlieben des Nutzers angepasst werden (z.B. Inkaufnahme der längeren Parkplatzsuche bei größerer Wahrscheinlichkeit, dichter am Point of Interest einen Parkplatz zu finden, im Gegensatz zu einer schnellen Parkplatzfindung unter Inkaufnahme größerer Entfernungen zum Point of Interest).
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In einer weiteren Ausführungsform ruft das Steuergerät die Wahrscheinlichkeitsverteilung und die Wechselwahrscheinlichkeitsverteilung von einem Backend ab. Das Backend wird insbesondere durch einen zentralseitigen Server gebildet, welcher über eine insbesondere drahtlose Kommunikationsschnittstelle im Fahrzeug kontaktiert werden kann. Das Backend weist vorzugsweise ebenfalls mindestens eine Kommunikationsschnittstelle, sowie mindestens eine Datenbank und einen Rechner auf.
Alternativ können die verschiedenen Verteilungen auch im Kraftfahrzeug abgespeichert werden.
Bei Ausführungen, wo die Wahrscheinlichkeitsverteilung und/oder
Wechselwahrscheinlichkeitsverteilung sensorisch erfasst werden, können diese Verteilungen an das Backend gesendet werden, wo dann die abrufbaren Verteilungen aktualisiert und angepasst werden können.
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Hinsichtlich der Ausbildung des Steuergeräts wird vollinhaltlich auf die vorangegangenen Ausführungen Bezug genommen.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele näher erläutert. Die Figuren zeigen:
- 1 ein schematisches Blockschaltbild einer Vorrichtung zum Bereitstellen von Parkinformationen zu freien Parkplätzen,
- 2 eine beispielhafte Verkehrsdarstellung mit zugehöriger Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Parkplatzbelegung und Wechselwahrscheinlichkeitsverteilung,
- 3 eine beispielhafte Verkehrsdarstellung auf einem Parkplatz mit zweidimensionalen Wahrscheinlichkeitsverteilungen und
- 4 eine beispielhafte Verkehrsdarstellung zur Erläuterung einer Anpassung der Wahrscheinlichkeitsverteilung aufgrund von Sensordaten.
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In 1 ist schematisch eine Vorrichtung 1 zum Bereitstellen von Parkinformationen zu freien Parkplätzen dargestellt, die ein Steuergerät 2 und eine Anzeige 3 aufweist. Des Weiteren weist die Vorrichtung 1 eine Umfeldsensorik 4 auf, die beispielsweise Kameras und/oder Ultraschall- und/oder Radarsensoren umfasst. Weiter verfügt die Vorrichtung 1 über Positionsbestimmungsmittel wie beispielsweise einen GPS-Empfänger, die hier nicht dargestellt sind. Optional verfügt die Vorrichtung 1 über ein Backend 5 sowie eine Aktorik 6 zum automatisierten Fahren. Das Backend 5 verfügt über tages- und wochentagsabhängige Wahrscheinlichkeitsverteilungen einer Parkplatzbelegung für verschiedene Verkehrsräume sowie zugehörige Wechselwahrscheinlichkeitsverteilungen. Gibt dann der Nutzer beispielsweise über ein Navigationssystem ein Point of Interest Pol als Zieladresse ein, so lädt das Steuergerät 2 die zugehörige Wahrscheinlichkeitsverteilung sowie Wechselwahrscheinlichkeitsverteilung für den Parkraum um den Point of Interest Pol vom Backend 5 herunter. Dies soll nun weiter anhand von 2 näher erläutert werden.
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In der 2 ist oben eine zweispurige Straße mit parkenden Kraftfahrzeugen dargestellt, wobei ein Fahrzeug F mit dem Steuergerät 2 von links kommend in den Parkraum um den Point of Interest Pol einfährt. Unterhalb der Straße ist eine Wahrscheinlichkeitsverteilung P dargestellt, die im dargestellten Beispiel eine Gauss-Verteilung ist, wobei die Standardabweichung σ und der Erwartungswert µ eingezeichnet sind. Zwischen der Standardabweichung ist die Wahrscheinlichkeit >68 %, dass die Gesamtheit aller Parkplätze in diesem Bereich belegt ist. Unter der Wahrscheinlichkeitsverteilung P ist die dazugehörige Wechselwahrscheinlichkeitsverteilung Q dargestellt, die beispielsweise ebenfalls eine Gauss-Verteilung ist. In diesem Fall bedeutet dies, dass in einem engen Bereich um den Point of Interest Pol die Wechselwahrscheinlichkeit sehr hoch ist.
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Erfindungsgemäß ist nun vorgesehen, dass zunächst aufgrund der Wahrscheinlichkeitsverteilung P eine Entfernung zum Point of Interest Pol durch das Steuergerät 2 ermittelt wird. Beispielhaft sei angenommen, dass dies die Standardabweichung σ ist. Diese Entfernung wird nun abhängig von der Wechselwahrscheinlichkeitsverteilung Q angepasst. Da im dargestellten Beispiel die Wechselwahrscheinlichkeitsverteilung Q hoch ist, wird die Entfernung verkürzt, ab der nach einem Parkplatz gesucht wird. Wäre die Wechselwahrscheinlichkeitsverteilung Q sehr niedrig, wird die ursprüngliche Entfernung beibehalten oder nur minimal verkürzt.
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In der 3 ist beispielhaft eine Situation auf einem Parkplatz mit einer zweidimensionalen Wahrscheinlichkeitsverteilung P dargestellt.
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In der 4 ist beispielhaft die Anpassung der Wahrscheinlichkeitsverteilung P aufgrund von aktuell erfassten Daten der Umfeldsensorik 4 dargestellt. Ein Fahrzeug nähert sich von rechts dem Parkraum mit dem Point of Interest Pol und erfasst in seinem Sichtbereich SB Messwerte (durch ein Kreuz symbolisiert). Das Steuergerät 2 vergleicht dann die Messwerte mit der Wahrscheinlichkeitsverteilung P und passt diese aufgrund der Messwerte zu einer aktuellen Wahrscheinlichkeitsverteilung P' an. Dabei verschiebt sich auch die Standardabweichung σ' zum Point of Interest Pol. Die Messwerte und/oder die aktuelle Wahrscheinlichkeitsverteilung P' können dann auch an das Backend 5 übertragen werden.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Vorrichtung
- 2
- Steuergerät
- 3
- Anzeige
- 4
- Umfeldsensorik
- 5
- Backend
- 6
- Aktorik
- F
- Fahrzeug
- P
- Wahrscheinlichkeitsverteilung
- Q
- Wechselwahrscheinlichkeitsverteilung
- µ
- Erwartungswert
- σ
- Standardabweichung
- Pol
- Point of Interest
- SB
- Sichtbereich
- P'
- angepasste Wahrscheinlichkeitsverteilung
- σ'
- angepasste Standardabweichung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102013211632 A1 [0004]