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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Bremselementes, insbesondere Bremsscheibe oder Bremstrommel, das einen Reibabschnitt und einen Befestigungsabschnitt aufweist, wobei ein Rohling für zumindest den Reibabschnitt in einem Gießverfahren aus Grauguss mit Lamellengraphit hergestellt wird, wobei der Rohling bei einer vorgegebenen Austenitisierungstemperatur austenitisiert wird, und wobei der austenitisierte Rohling bei einer vorgegebenen Bainitisierungstemperatur bainitisiert wird.
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Außerdem betrifft die Erfindung ein Bremselement, hergestellt gemäß einem Verfahren der eingangs genannten Art.
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Stand der Technik
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Verfahren der eingangs genannten Art sind bekannt. Beispielsweise offenbart die Patentschrift
DE 197 53 116 C1 eine Bremsscheibe mit einem Reibabschnitt aus Bainit. Zur Herstellung der Bremsscheibe wird in einem Gießverfahren aus Grauguss mit Lamellengraphit ein Rohling für den Reibabschnitt der Bremsscheibe hergestellt. Dieser Rohling wird einer mehrstufigen Wärmebehandlung unterzogen, wobei der Rohling zunächst bei einer vorgegebenen Austenitisierungstemperatur austenitisiert wird, und wobei anschließend der austenitisierte Rohling bei einer vorgegebenen Bainitisierungstemperatur bainitisiert wird, um so den bainitisierten Reibabschnitt, also den Reibabschnitt aus Bainit, zu erhalten.
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Ein Befestigungsabschnitt der vorbekannten Bremsscheibe wird vor oder nach dem Bainitisieren des Reibabschnitts an den Rohling beziehungsweise den bainitisierten Reibabschnitt angegossen. Für den Befestigungsabschnitt wird ein anderer Werkstoff verwendet als für den Reibabschnitt.
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Die Offenlegungsschrift
US 5,603,784 A offenbart ein Verfahren zum Herstellen eines Bremselements, bei welchem ein Rohling austenitisiert und anschließend bainitisiert wird. Ein gattungsgemäßes Verfahren ist auch in der Offenlegungsschrift JPH02138527 A offenbart.
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Offenbarung der Erfindung
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Das erfindungsgemäße Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 zeichnet sich dadurch aus, dass als Rohling ein einstückiger Rohling für den Reibabschnitt und den Befestigungsabschnitt hergestellt wird, sodass durch das Bainitisieren ein einstückiges Bremselement aus Bainit erhalten wird. Sowohl der Reibabschnitt als auch der Befestigungsabschnitt des durch das erfindungsgemäße Verfahren hergestellten Bremselementes weisen also Bainit auf. Unter dem Austenitisieren des Rohlings ist eine Umwandlung des Werkstoffs des Rohlings in Austenit zu verstehen. Unter dem Bainitisieren ist eine Umwandlung des Austenits des austenitisierten Rohlings in Bainit zu verstehen. Unter dem Reibabschnitt des Bremselementes ist der Teil des Bremselementes zu verstehen, gegen den bei bestimmungsgemäßer Verwendung des Bremselementes in einer Reibbremseinrichtung Bremskörper zur Erzeugung eines Reibbremsmomentes gepresst werden. Handelt es sich bei dem Bremselement um eine Bremsscheibe, so ist der Reibabschnitt als Reibring ausgebildet. Handelt es sich bei dem Bremselement jedoch um eine Bremstrommel, so handelt es sich bei dem Reibabschnitt um eine Reibtrommel. Unter dem Befestigungsabschnitt ist der Teil des Bremselementes zu verstehen, durch den das Bremselement an einem Fahrzeug, beispielsweise an einer Radnabe des Fahrzeugs, bestimmungsgemäß befestigbar ist. Insbesondere handelt es sich bei dem Befestigungsabschnitt um einen Bremstopf des Bremselementes. Weil dann auch der Befestigungsabschnitt aus Bainit hergestellt ist, weist der Befestigungsabschnitt eine hohe Zugfestigkeit auf. Erfindungsgemäß wird der Rohling derart hergestellt, dass der Befestigungsabschnitt eine Wandstärke von 1,5 mm bis 4,5 mm aufweist. Durch die vorteilhafte Bainitisierung wird trotz der geringen Wandstärke eine gewünschte Stabilität gewährleistet. Wird das Bremselement in eine Reibbremseinrichtung eines Fahrzeugs eingebaut, so ist eine ungefederte Masse des Fahrzeugs durch das Bremselement, insbesondere durch die gezeigte Wandstärke im Reibabschnitt, im Vergleich zu herkömmlichen Bremselementen reduziert. Außerdem weist das gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Bremselement eine hohe Eigendämpfung auf. Die Wahrscheinlichkeit, dass es bei einer das Bremselement aufweisenden Reibbremseinrichtung zum Bremsenquietschen kommt, ist deshalb gering.
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Besonders bevorzugt weist der Befestigungsabschnitt eine Wandstärke zwischen 2 mm und 4 mm auf. Insbesondere weist der Reibabschnitt eine Wandstärke von 2,5 mm auf. Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung weist der Befestigungsabschnitt durchgehend eine konstante oder zumindest im Wesentlichen konstante Wandstärke auf. Durch die vorteilhaften Ausführungsformen wird erreicht, dass Gewicht gespart und dennoch eine ausreichende Festigkeit des Bremselements gewährleistet werden.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist vorgesehen, dass der Rohling für eine Zeitdauer von 30 Minuten bis 120 Minuten austenitisiert wird. Die Zeitdauer beträgt also mindestens 30 Minuten und höchstens 120 Minuten. Durch eine derartige Wahl der Austenitisierungsdauer wird ein zumindest im Wesentlichen vollständiges Austenitisieren des Rohlings bewirkt, sodass im Anschluss eine im Wesentlichen vollständige Bainitisierung des austenitisierten Rohlings stattfinden kann. Vorzugsweise wird der Rohling für eine Zeitdauer von 45 Minuten bis 90 Minuten austenitisiert. Besonders bevorzugt für eine Zeitdauer von etwa 60 Minuten.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist vorgesehen, dass als Austenitisierungstemperatur eine Temperatur zwischen 790 °C und 915 °C vorgegeben wird. Durch eine derartige Wahl der Austenitisierungstemperatur wird die Austenitisierung des Rohlings zuverlässig und zumindest im Wesentlichen vollständig erreicht. Besonders bevorzugt wird als Austenitisierungstemperatur eine Temperatur von etwa 850 °C vorgegeben. Vorzugsweise wird die Temperatur während der Austenitisierung zumindest im Wesentlichen konstant gehalten.
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Vorzugsweise wird der austenitisierte Rohling für eine Zeitdauer von 2 Stunden bis 5 Stunden, vorzugsweise 3 Stunden bis 4 Stunden, bainitisiert. Bei einer derartigen Bainitisierungsdauer wird die Bainitisierung des austenitisierten Rohlings zuverlässig und zumindest im Wesentlichen vollständig erreicht. Das Bremselement weist dann die vorstehend genannten Vorteile im Hinblick auf die Zugfestigkeit und die Eigendämpfung auf.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist vorgesehen, dass als Bainitisierungstemperatur eine Temperatur zwischen 260 °C und 350 °C vorgegeben wird. Durch eine derartige Wahl der Bainitisierungstemperatur wird zum einen gewährleistet, dass die Bainitisierung stattfindet. Zum anderen wird die Umwandlung des Austenits in andere Werkstoffe als Bainit vermieden. Die Umwandlung des Austenits in Bainit findet also selektiv statt. Besonders bevorzugt wird als Bainitisierungstemperatur eine Temperatur von etwa 260 °C vorgegeben. Vorzugsweise wird die Temperatur während der Bainitisierung zumindest im Wesentlichen konstant gehalten.
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Erfindugnsgemäß wird der austenitisierte Rohling im Anschluss an das Austenitisieren abgeschreckt. Unter einem Abschrecken ist dabei ein Abkühlvorgang mit einer hohen Abkühlrate zu verstehen. Durch das Abschrecken des austenitisierten Rohlings wird eine Bildung von Perlit während des Abkühlvorgangs vermieden. Vorzugsweise wird beim Abschrecken Flüssigsalz, Wasser oder Öl als Kühlmittel eingesetzt.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist vorgesehen, dass die Abkühlrate des austenitisierten Rohlings beim Abschrecken 30 °C pro Minute bis 50 °C pro Minute beträgt. Dadurch wird zum einen die Bildung von Perlit zuverlässig vermieden. Zum anderen wird durch das Abschrecken mit einer derartigen Abkühlrate die Bildung von Rissen in dem austenitisierten Rohling während des Abschreckens vermieden.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist vorgesehen, dass eine Verschleißschutzschicht zumindest auf eine Reibfläche des Reibabschnitts aufgebracht wird. Dadurch wird ein Verschleiß des Bremselementes verringert und eine maximale Verwendbarkeit des Bremselementes gesteigert. Vorzugsweise wird die gesamte Oberfläche des Bremselementes mit der Verschleißschutzschicht versehen. Vorzugsweise handelt es sich bei der Verschleißschutzschicht um eine Keramikschicht oder eine Boridschicht. Gemäß einer alternativen Ausführungsform ist bevorzugt vorgesehen, dass die Reibfläche, insbesondere alle Reibflächen des Reibabschnitts, verschleißschutzschichtfrei ausgebildet sind. Durch die vorteilhafte Bainitisierung des Rohlings wird der Reibabschnitt bereits derart vorteilhaft gehärtet, dass auf eine zusätzliche Verschleißschutzschicht, die in einem weiteren Verfahrensschritt aufgebracht werden müsste, verzichtet werden kann und bevorzugt verzichtet wird. Dadurch wird das Verfahren vereinfacht und Herstellungskosten werden reduziert.
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Das erfindungsgemäße Bremselement, insbesondere Bremsscheibe oder Bremstrommel, zeichnet sich mit den Merkmalen des Anspruchs 10 dadurch aus, dass das Bremselement mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens hergestellt ist. Auch daraus ergeben sich die bereits genannten Vorteile. Weitere bevorzugte Merkmale und Merkmalskombinationen ergeben sich aus dem zuvor Beschriebenen sowie aus den Ansprüchen.
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Erfindungsgemäß ist das Bremselement zumindest im Wesentlichen perlitfrei. Dadurch weist das Bremselement eine besonders vorteilhafte Zugfestigkeit und Eigendämpfung auf.
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand der Zeichnungen näher erläutert. Dazu zeigen
- 1 ein Bremselement in einer perspektivischen Darstellung und
- 2 ein Verfahren zum Herstellen des Bremselementes.
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1 zeigt in einer perspektivischen Darstellung ein als Bremsscheibe 1 ausgebildetes Bremselement 1. Das Bremselement 1 weist einen Reibabschnitt 2 auf, der ringförmig ausgebildet ist, sodass es sich bei dem Reibabschnitt 2 um einen Reibring 2 handelt. Der Reibring 2 weist eine Reibfläche 3 und eine weitere Reibfläche auf, die der Reibfläche 3 entgegengesetzt ist, sodass die weitere Reibfläche in der 1 nicht ersichtlich ist. Wird die Bremsscheibe 1 bestimmungsgemäß in einer Bremsanlage verwendet, so werden zur Erzeugung eines Reibbremsmomentes Bremskörper der Bremsanlage gegen die Reibflächen der Bremsscheibe 1 gepresst.
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Die Bremsscheibe 1 weist außerdem einen Befestigungsabschnitt 4 auf. Bei dem Befestigungsabschnitt 4 handelt es sich um den Teil der Bremsscheibe 1, durch den die Bremsscheibe 1 an einer Radnabe eines Fahrzeugs befestigbar ist. Vorliegend ist der Befestigungsabschnitt 4 als Bremstopf 4 ausgebildet. Um die Bremsscheibe 1 mittels des Bremstopfes 4 an der Radnabe zu befestigen, weist der Bremstopf 4 mehrere Axialdurchbrüche 5 zur Durchführung von Befestigungsmitteln auf.
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Der Reibabschnitt 2 und der Befestigungsabschnitt 4 sind einstückig miteinander ausgebildet. Sowohl der Reibabschnitt 2 als auch der Befestigungsabschnitt 4 sind aus Bainit hergestellt. Aufgrund der Herstellung aus Bainit weist die Bremsscheibe 1 eine hohe Zugfestigkeit sowie eine hohe Eigendämpfung auf. Aufgrund der hohen Zugfestigkeit kann die Bremsscheibe 1 mit einer geringen Wandstärke hergestellt werden. Vorliegend weisen sowohl der Reibabschnitt 2 als auch der Befestigungsabschnitt 4 eine Wandstärke von vorliegend 2 bis 4 mm auf.
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Im Folgenden wird mit Bezug auf 2 ein Verfahren zum Herstellen der Bremsscheibe 1 näher erläutert. Hierzu zeigt 2 ein Diagramm, wobei auf einer Abszisse des Diagramms die Zeit t und auf einer Ordinate des Diagramms die Temperatur T dargestellt sind.
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Vor einem ersten Zeitpunkt t1 wird ein Rohling für die Bremsscheibe 1 hergestellt. Es wird also ein einstückiger Rohling für den Reibabschnitt 2 und den Befestigungsabschnitt 4 hergestellt. Der Rohling wird dabei in einem Gießverfahren aus Grauguss mit Lamellengraphit hergestellt beziehungsweise gegossen.
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Zwischen dem ersten Zeitpunkt t1 und einem zweiten Zeitpunkt t2 wird der Rohling von Raumtemperatur auf eine Austenitisierungstemperatur von 850 °C erhitzt. Zum Erhitzen des Rohlings wird beispielsweise ein Heizofen oder eine induktive Heizeinrichtung verwendet.
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Mit Erreichen der Austenitisierungstemperatur, also zu dem zweiten Zeitpunkt t2, beginnt eine Austenitisierung des Rohlings. Der Werkstoff des Rohlings wird also in Austenit umgewandelt. Während der Austenitisierung wird die Temperatur des Rohlings konstant auf der Austenitisierungstemperatur gehalten. Vorliegend wird der Rohling für eine Zeitdauer von 60 Minuten austenitisiert. Eine besonders vorteilhafte Austenitisierung des Rohlings wird dann erreicht, wenn die Zeitdauer zwischen 30 Minuten und 120 Minuten beträgt.
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Zu einem dritten Zeitpunkt t3 ist die Zeitdauer für die Austenitisierung beendet. Im Anschluss an den dritten Zeitpunkt t3 wird der nun austenitisierte Rohling abgeschreckt. Hierzu wird der austenitisierte Rohling mit einer Abkühlrate von etwa 40 °C pro Minute abgekühlt. Als Kühlmittel wird dabei beispielsweise Flüssigsalz, Wasser oder Öl verwendet. Durch das Abschrecken des austenitisierten Rohlings wird eine Bildung von Perlit vermieden.
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Zu einem vierten Zeitpunkt t4 weist der austenitisierte Rohling eine Temperatur von 260 °C auf. Diese Temperatur wird im Folgenden als Bainitisierungstemperatur bezeichnet. Der austenitisierte Rohling wird insbesondere in einem Salzbad abgeschreckt und anschließend für eine Zeitdauer von etwa 4 Stunden mit der Bainitisierungstemperatur beaufschlagt. Durch die Lagerung bei der Bainitisierungstemperatur wird der austenitisierte Rohling bainitisiert. Das Austenit des austenitisierten Rohlings wird also in Bainit umgewandelt, sodass der Rohling im Anschluss an die Lagerung bei der Bainitisierungstemperatur für die Zeitdauer von etwa 4 Stunden zumindest im Wesentlichen aus Bainit besteht.
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Zu einem fünften Zeitpunkt t5 ist die Zeitdauer von 4 Stunden beendet. Im Anschluss an den fünften Zeitpunkt t5 wird der nun bainitisierte Rohling auf Raumtemperatur abgekühlt.
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Zur Herstellung der in 1 dargestellten Bremsscheibe 1 wird der bainitisierte Rohling abgeschliffen und ausgewuchtet. Gegebenenfalls wird die Bremsscheibe 1 im Anschluss an das Abschleifen und das Auswuchten mit einer Verschleißschutzschicht versehen. Vorzugsweise wird die Verschleißschutzschicht zumindest auf die Reibflächen aufgebracht. Alternativ wird gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel auf die Verschleißschutzschicht verzichtet, sodass die Bremsscheibe, insbesondere die Reibflächen der Bremsscheibe, verschleißschutzschichtfrei ausgebildet sind. Die oben beschriebene vorteilhafte Herstellung der Bremsscheibe gewährleistet bereits einen für die meisten Anwendungen ausreichenden Verschleißschutz.