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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ausführen von Funktionalitäten betreffend erfassten physikalischen Messgrößen von zumindest einem Feldgerät der Automatisierungstechnik in einem Custody-Transfer-System, sowie ein besagtes Custody-Transfer-System.
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Aus dem Stand der Technik sind bereits Automatisierungskomponenten bekannt geworden, die in industriellen Anlagen zum Einsatz kommen. Beispielsweise werden Feldgeräte als Automatisierungskomponenten eingesetzt, welche in der Prozessautomatisierungstechnik ebenso wie in der Fertigungsautomatisierungstechnik zum Einsatz kommen. Als Feldgeräte werden im Prinzip alle Geräte bezeichnet, die prozessnah eingesetzt werden und die prozessrelevante Informationen liefern oder verarbeiten. So werden Feldgeräte zur Erfassung und/oder Beeinflussung von Prozessgrößen verwendet. Zur Erfassung von Prozessgrößen dienen Messgeräte, bzw. Sensoren. Diese werden beispielsweise zur Druck- und Temperaturmessung, Leitfähigkeitsmessung, Durchflussmessung, pH-Messung, Füllstandmessung, etc. verwendet und erfassen die entsprechenden Prozessvariablen Druck, Temperatur, Leitfähigkeit, pH-Wert, Füllstand, Durchfluss etc. Zur Beeinflussung von Prozessgrößen werden Aktoren verwendet. Diese sind beispielsweise Pumpen oder Ventile, die den Durchfluss einer Flüssigkeit in einem Rohr oder den Füllstand in einem Behälter beeinflussen können. Neben den zuvor genannten Feldgeräten werden unter Automatisierungskomponenten auch Gateways, Edge Devices, Remote I/Os, Funkadapter bzw. allgemein Geräte verstanden, die auf der Feldebene angeordnet sind.
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Eine Vielzahl solcher Feldgeräte wird von der Endress+Hauser-Gruppe produziert und vertrieben.
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In modernen Industrieanlagen sind Feldgeräte in der Regel über Kommunikationsnetzwerke wie beispielsweise Feldbusse (Profibus®, Foundation® Fieldbus, HART®, etc.) mit übergeordneten Einheiten verbunden. Normalerweise handelt es sich bei den übergeordneten Einheiten um Leitsysteme bzw. Steuereinheiten, wie beispielsweise eine SPS (speicherprogrammierbare Steuerung) oder einen PLC (Programmable Logic Controller). Die übergeordneten Einheiten dienen unter anderem zur Prozesssteuerung, Prozessvisualisierung, Prozessüberwachung sowie zur Inbetriebnahme der Feldgeräte. Die von den Feldgeräten, insbesondere von Sensoren, erfassten Messwerte werden über das jeweilige Bussystem an eine (oder gegebenenfalls mehrere) übergeordnete Einheit(en) übermittelt. Daneben ist auch eine Datenübertragung von der übergeordneten Einheit über das Bussystem an die Feldgeräte erforderlich, insbesondere zur Konfiguration und Parametrierung von Feldgeräten sowie zur Ansteuerung von Aktoren.
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Custody-Transfer-Anlagen, (zu Deutsch „eichpflichtiger Verkehr“; auch „Fiskalische Messsysteme“ genannt), werden unter anderem in der Öl- und Gas-Industrie eingesetzt und für Transaktionen und dem Transport von physikalischen Substanzen zwischen zwei Betreibern - Lieferant und Empfänger - verwendet. Eine solche Custody-Transfer-Anlage beinhaltet eine oder mehrere Automatisierungskomponenten, welche zur Erfassung der Menge einer transportierten physikalischen Substanz, sowie zur Datenspeicherung der Transaktionen eingesetzt werden. In einem Custody-Transfer-System sind eine Vielzahl von Feldgeräten mit jeweils einer oder mehrern Sensoreinheiten vorhanden. Die Feldgeräte erfassen die physikalischen Messgrößen der physikalischen Substanzen, bspw. deren Temperatur, deren Druck, deren Massenfluss und/oder deren Dichte. Die Feldgeräte führen die Messgrößen einer weiteren Komponente des Custody-Transfer-Systems zu, dem sogenannten Flow Computer. Dieser berechnet auf Basis der Messgrößen spezifische Informationen, wie beispielsweise das übertragene Volumen.
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Die heutigen Custody-Transfer-Systeme basieren auf älteren Kommunikationsprotokollen wie 4-20 mA, HART und Modbus. Diese Protokolle haben nur einen geringen Durchsatz. Ein sicherer digitaler Transport von Daten ist mit diesen Protokollen nicht manipulationssicher möglich. Der Manipulationsschutz wird in vielen Anwendungen mit elektrischen, mechanischen und softwaretechnischen Mitteln, beispielsweise mechanischen Versiegelungen erreicht.
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Es sind viele Hardwarekomponenten und Verkabelungen erforderlich. Die Installation und der Verdrahtungsweg können im Laufe der Zeit fehlerhaft werden, beispielsweise hinsichtlich der Erdung, der Abschirmung oder der Kabelqualität. Eine Installation eines Custody-Transfer-Systems ist in der Regel komplex und zeitaufwendig - beispielsweise sind die benötigten Informationen in mehreren Handbüchern verteilt auffindbar. Jegliche Änderung der Grundfunktionen solcher Custody-Transfer-Systeme im Laufe der Zeit stellen sich ebenfalls als herausfordernd dar und ziehen unter Umständen Änderungen (beispielsweise an der Verdrahtung und der Parametrierung der einzelnen Komponenten, Firmware-Updates, etc.) an den Komponenten des Custody-Transfer-Systems und insbesondere am Flow Computer nach sich.
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Die Flexibilität der heutigen Systemarchitektur ist umständlich, weil die Funktionalität des Flow Computers und der Messung in vielen Ebenen verstreut ist - zumal auch meist statisch verkabelt - so dass ein zentralisierter Durchflussrechnerdienst die Ergebnisse der Durchflussberechnung an jede andere Einheit mit digitaler Kommunikation senden kann.
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Die Konfiguration, Parametrierung und Verbindung der Komponenten eines Custody-Transfer-Systems, beispielsweise der Schaltschrank, der Flow Computer, die Feldgeräte und Back-Office-Abrechnungszentren ist heutzutage noch völlig statisch.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Messfunktionalitäten eines Custody-Transfer-Systems auf einfache und effiziente Art und Weise anzupassen.
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Die Aufgabe wird durch ein Verfahren zum Ausführen von Funktionalitäten betreffend erfassten physikalischen Messgrößen von zumindest einem Feldgerät der Automatisierungstechnik in einem Custody-Transfer-System gelöst, wobei das Custody-Transfer-System das Feldgerät mit mindestens einer Sensoreinheit zur Erfassung einer physikalischen Messgröße eines verfahrenstechnischen Prozesses und eine Serviceplattform umfasst, und wobei das Verfahren die folgenden Verfahrensschritte umfasst:
- - Auswählen von einem oder mehreren Industriestandards durch einen Benutzer auf der Serviceplattform;
- - Auswählen von einer oder mehreren für den jeweiligen Industriestandard verfügbaren Funktionalitäten durch den Benutzer auf der Serviceplattform;
- - Übermitteln der ausgewählten Funktionalitäten von der Serviceplattform an das Feldgerät;
- - Laden der Funktionalitäten in die Softwarekomponente der Feldgeräts;
- - Erfassen der physikalischen Messgrößen mittels des Feldgeräts;
- - Emulieren und Ausführen der Funktionalität durch die Softwarekomponente, wobei das Ausführen der Funktionalität ein Verarbeiten von zumindest einer Teilmenge der erfassten physikalischen Messgrößen des Feldgeräts in Ergebnisdaten umfasst; und
- - Zur Verfügung stellen der Ergebnisdaten über eine Schnittstelle des Feldgeräts.
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Mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens kann die funktionelle und metrologische Rückverfolgbarkeit von der untersten Anlagenebene vom Feldgerät aus gewährleistet werden. Das Feldgerät erstellt damit nicht nur Daten im klassischen Sinne, also Messwerte, Diagnose- und Statusdaten, sondern auch für neue Funktionalitäten, wie beispielsweise kompensierte Messungen, entsprechend beliebiger Standards. Da die Ergebnisdaten direkt im Feldgerät anstatt im Flow Computer generiert werden, sind beispielsweise auch Ungenauigkeiten, die durch Rundungsfehler entstehen können, reduziert. Durch die zusätzliche Verwendung interner Feldgerätewerte, die eine Flow Computer normalerweise nicht zur Verfügung stehen (beispielsweise Dichte, Messrohrfrequenz (bei Verwendung eines Durchflussmessgeräts), harmonischer Vibration des Messrohrs (bei Verwendung eines Durchflussmessgeräts), Resonanzfrequenz des Messrohrs (bei Verwendung eines Durchflussmessgeräts), Umgebungstemperatur, Prozesstemperatur, Dichte, Durchflussgeschwindigkeit, Prozessdruck, Wiederholbarkeit, internen Messfilterlängen, etc.) kann die Genauigkeit zusätzlich erhöht werden.
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Das Verfahren bietet eine flexible Anpassung, bzw. Emulation von Funktionalitäten, die in vielen Standardsystemen auf dem Markt implementiert sind.
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Viele Kompensationen (z.B. Temperatur- und Druckkompensation) werden heutzutage im Flow Computer über berechnete Lookup-Tabellen entweder durch den Gerätelieferanten, den Anlagenbau oder durch internationale Normungsgremien vorgenommen. Das erfindungsgemäße Verfahren erlaubt das Berechnen der Ergebnisdaten durch Ausführen der Funktionalitäten oder anhand Lookup-Tabellen, jeweils direkt im Feldgerät, wodurch die Korrektheit der vom Feldgerät bestimmten physikalischen Messgrößen verbessert wird. Welche Technik konkret verwendet wird, ist abhängig von dem gewählten Standard.
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Feldgeräte, welche im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren genannt werden, sind bereits im einleitenden Teil der Beschreibung beispielhaft aufgeführt worden.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen, dass die Ergebnisdaten von dem Feldgerät an ein Rechnungsstellungssystem, an eine Steuereinheit, an ein SCADA-System oder einen weiteren Teilnehmer, insbesondere ein PC oder ein mobiles Endgerät übermittelt werden. Diese Komponenten können die Ergebnisdaten zur weiteren Verarbeitung nutzen, beispielsweise zur Rechnungserstellung, Prozessvisualisierung/-steuerung, etc.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen, dass die Ergebnisdaten über ein Kommunikationsnetzwerk, welches den OPC UA-Standard verwendet, übermittelt werden. Insbesondere wird der OPC UA-Standard IEC 65241 (betreffend alle Teiler der Norm, beginnend mit „Part 1“ aus Februar 2010; aktuell „Part 100“ aus April 2019) verwendet. Das Übermitteln der Daten gemäß des OPC UA-Standards stellt eine zentrale Komponente des Verfahrens dar, da der OPC UA-Standard eine manipulationssichere und unabstreitbare Übertragung der Daten ermöglicht. Es kann im Sinne der Erfindung vorgesehen sein, dass der OPC UA-Standard bei allen im Zusammenhang mit der Erfindung beschriebenen Übertragungswegen verwendet wird, beispielsweise auch bei der Übertragung zwischen den Sensoreinheiten und dem Feldgerät. Das Kommunikationsnetzwerk kann hierbei jeweils entweder drahtgebunden oder drahtlos ausgestaltet sein.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen, dass das Feldgerät durch Ausführen der Funktionalität als Ergebnisdaten eine Rechnung über das via des Custody-Transfer-Systems transferierte Messmedium erstellt. Zur Rechnungserstellung wird das in einem definierten Zeitraum transferierte Volumen der physikalischen Substanz berechnet. Da die Rechenvorgänge direkt im Feldgerät durchgeführt werden, werden Rundungsfehler und dadurch fehlerhafte Rechnungsbeträge vermieden.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen, dass die ausgewählten Funktionalitäten verknüpft mit dem ausgewählten Standard als Favoriten in der Serviceplattform angelegt werden. Es existieren eine Vielzahl verschiedener Standards mit jeweils einer Vielzahl zugeordneter Funktionen. Durch die Favoritenerstellung kann die Inbetriebnahme, bzw. Anpassung eines Custody-Transfer-Systems beschleunigt werden. Beispielsweise können Favoriten für unterschiedliche Applikationen angelegt werden.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen, dass vorausgewählte Favoriten von Funktionalitäten je nach Applikation eines Custody-Transfer-Systems auf der Serviceplattform automatisch nach Eingabe von Applikationsinformationen des Custody-Transfer-Systems ausgewählt werden. Für einen Benutzer wird die Auswahl geeigneter Standards und Funktionalitäten vereinfacht. Außerdem wird die Inbetriebnahme, bzw. Anpassung eines Custody-Transfer-Systems weiter beschleunigt.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen, dass das Feldgerät mittels der Sensoreinheit eine Messgröße hinsichtlich des Drucks, der Temperatur und/oder der Dichte eines Messmediums erfasst. Diese Messgrößen werden üblicherweise standardmäßig in einem Custody-Transfer-System erfasst. Aus diesen Grundgrößen lassen sich alle metrologisch relevanten Werte als Ergebnisdaten berechnen. Zusätzlich kann, beispielsweise mittels eines Coriolis-Durchflussmessgeräts auch eine Gaszusammensetzung per Gaschromatografie bestimmt werden, welche für die Berechnung der Ergebnisdaten verwendet wird.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen, dass je nach Ausführen einer Funktionalität eine oder mehrere der folgenden Ergebnisdaten erstellt werden:
- - Ein Volumen eines mittels des Custody-Transfer-Systems übertragenen Messmediums;
- - Ein Kompressibilitätsfaktor;
- - Ein Mengen-Transaktionsbericht;
- - ein Schrumpfungsfaktor;
- - gewichtet gemittelte Dichte- und Temperaturmessgrößen.
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Diese Begriffe sind für den Fachmann wohlbekannt. Definitionen der Begriffe sind in den einschlägigen Lehrbüchern aufgeführt.
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Der Begriff „Kompressibilitätsfaktor“ bezeichnet das Verhältnis des Volumens einer beliebigen Masse eines Gases bei einem bestimmten Druck und einer bestimmten Temperatur zum Volumen der gleichen Masse des Gases unter identischen Bedingungen, jedoch berechnet unter Berücksichtigung ihres Verhaltens nach der idealen Gasgleichung.
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Dieser Faktor wird bei Volumenstrommessungen von Gasfluiden benötigt. Seine Berechnung als Funktionalität wird beispielsweise in den Standards AGA NX-19, AGA-Report Nr. 8/API MPMS 14.2, oder ISO 12213 definiert.
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Der Begriff „Schrumpfungsfaktor“ bezeichnet jenen Betrag, auf den ein Volumen eines Gases aufgrund natürlicher Entgasung schrumpft.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist vorgesehen, dass die folgenden Industriestandards in der Serviceplattform auswählbar sind:
- - API Manual of Petroleum Measurement Standard, insbesondere Kapitel 12, 14, 20, oder 21;
- - AGA Report 8;
- - ISO 12213 for natural gas volumetric corrections.
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Des Weiteren wird die Erfindung durch ein Custody-Transfer-System gelöst, umfassend:
- - Ein Feldgerät mit mindestens einer Sensoreinheit zur Erfassung einer physikalischen Messgröße eines verfahrenstechnischen Prozesses,
wobei das Feldgerät eine Softwarekomponente aufweist, wobei die Softwarekomponente dazu ausgestaltet ist, Funktionalitäten bezüglich erfassten Messgrößen gemäß diverser Industriestandards zu emulieren und auszuführen und Ergebnisdaten, resultierend aus dem Ausführen der Funktionalität, über eine Schnittstelle zur Verfügung zu stellen;
- - Eine Serviceplattform, auf welcher eine Vielzahl von Industriestandards und eine Vielzahl von Funktionalitäten gespeichert sind, wobei die Serviceplattform dazu ausgestaltet ist, die Industriestandards und die Funktionalitäten einem Benutzer zur Auswahl zu stellen und nach Auswahl eines Benutzers zumindest eines Industriestandards und zumindest einer für den ausgewählten Industriestandard verfügbare Funktionalität, die ausgewählte Funktionalität an das Feldgerät zur Emulation zu übermitteln.
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Zusätzlich zu den im Zusammenhang mit dem erfindungsgemäßen Verfahren genannten Vorteilen benötigt das erfindungsgemäßen Custody-Transfer-System weniger Komponenten (durch das Verschieben der Ergebnisdatenberechnung aus dem Flow Computer in die Feldgeräte selbst) und daraus resultierend weniger Verdrahtung, sowie einen reduzierten Platzbedarf.
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Die Sensoreinheiten können ein integraler Teil des Feldgeräts oder als externe Sensoreinheiten, welche mit dem Feldgerät verbunden sind, ausgestaltet sein.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Custody-Transfer-Systems ist vorgesehen, dass das Feldgerät mit einem Rechnungsstellungssystem, eine Steuereinheit oder ein SCADA-System über ein Kommunikationsnetzwerk verbunden ist.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Custody-Transfer-Systems ist vorgesehen, dass das Kommunikationsnetzwerk OPC UA-basiert ist.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung umfasst das Custody-Transfer-System eine Steuereinheit und weitere Feldgeräte, welche Steuereinheit eine Softwarekomponente aufweist, wobei die Softwarekomponente dazu ausgestaltet ist, Funktionalitäten gemäß diverser Industriestandards zu emulieren und auszuführen, wobei die Serviceplattform dazu ausgestaltet ist, ausgewählte Funktionalität an die Steuereinheit zur Emulation zu übermitteln, und wobei die Steuereinheit dazu ausgestaltet ist, die Ergebnisdaten des Feldgeräts und Ergebnisdaten weiterer Feldgeräte entsprechend der ausgeführten Funktionalität miteinander zu verrechnen. Entsprechend der Feldgeräte kann auch die Steuereinheit Funktionen entsprechend diverser Industriestandards ausführen. Die grundlegende Vorgehensweise ist hierfür identisch. Nicht alle Funktionalitäten der Standards sind durch die Feldgeräte selbst emulierbar. Limitierende Faktoren sind hierbei die technische Leistungsfähigkeit, die Kompatibilität und unter Umständen auch rechtliche Gründe. Auch benötigen bestimmte Funktionalitäten Ergebnisdaten mehrerer Feldgeräte, bzw. Quellen. Zum Beispiel wird der Ölschrumpfungsfaktor auf der Grundlage des Verhältnisses zwischen dem Flüssigkeitsvolumen vor und nach dem Verdampfen von Gas- und Leichtflüssigkeitsfraktionen aus dem Rohöl bei atmosphärischem Druck berechnet Daher werden diese bestimmten Funktionalitäten auf höherer Ebene durch die Steuerungseinheit emuliert, wenn auf einen Flow Computer verzichtet wird.
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Die Erfindung wird anhand der nachfolgenden Figuren näher erläutert. Es zeigt
- 1: ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Custody-Transfer-Systems.
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Das Custody-Transfer-System besteht im vorliegenden Ausführungsbeispiel aus 3 Systemebenen L1, 2, L3. In der ersten Systemebene L1 umfasst das Custody-Transfer-System ein Feldgerät FG mit drei Sensoreinheiten SE1, SE2, SE3, ein Steuereinheit ST, sowie das Feldgerät FG mit den Sensoreinheiten SE1, SE2, SE3 und der Steuereinheit ST verbindende Datenleitungen, welche ein Kommunikationsnetzwerk bilden. Das Custody-Transfer-System dient dem Übertragen einer physikalischen Substanz, bspw. Erdöl, zwischen zwei Einheiten und weist hierfür eine Rohrleitung auf, welche von der physikalischen Substanz durchflossen wird.
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Die Sensoreinheiten sind dazu ausgestaltet, jeweils zumindest eine physikalische Messgröße hinsichtlich der physikalischen Substanz zu empfangen. Im vorliegenden Fall erhebt Sensoreinheit SE1 einen Massenfluss sowie eine Temperatur der physikalischen Substanz, Sensoreinheit SE2 die Dichte der physikalischen Substanz und Sensoreinheit S3 einen in der Rohrleitung vorliegenden Druck.
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Das Feldgerät FG weist einen oder mehrere Eingänge IN auf, über welche die von den Sensoreinheiten SE1, SE2, SE3 erhobenen physikalischen Messgrößen empfangen werden. Alternativ können die Sensoreinheiten SE1, SE2, SE3 auch im Feldgerät FG integriert sein, anstatt mit diesem extern verbunden zu sein.
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Zum Verarbeiten und Verrechnen der empfangenen physikalischen Messgrößen weist das Feldgerät eine Softwarekomponente SK auf. In diese können mehrere Funktionalitäten FN verschiedener Standards ST geladen werden. Durch Ausführen dieser Funktionalitäten werden verschiedene Berechnungsschritte durchgeführt und die physikalischen Messgrößen zu Ergebnisdaten ED verarbeitet.
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Das Feldgerät FG ist des Weiteren mit einer Serviceplattform SP verbunden. Bei dieser handelt es sich beispielsweise um einen lokalen Rechner, welcher über eine lokale Schnittstelle mit dem Feldgerät verbunden ist oder um eine cloudbasierte, über das Internet mit dem Feldgerät verbundene und auf einem Server ausgestaltete Serviceplattform. Auf der Serviceplattform SP sind mehrere Standards ST (bspw. enthaltend S1, S2), insbesondere Industriestandards, und eine Vielzahl von Funktionalitäten FN (beispielsweise enthaltend f1a, f1b) gespeichert. Die Standards ST und Funktionalitäten FN werden einem Benutzer beispielsweise in einer Matrixstruktur angezeigt, während er die Serviceplattform SP bedient. In der Matrixstruktur wählt der Benutzer eine spezifische Funktionalität für denjenigen Standard, der mit dem industriellen Bereich seiner Custody-Transfer-Applikation übereinstimmt. Im Zusammenhang mit der Erfindung sind alle dem Fachmann bekannten, im Custody-Transfer-Bereich anwendbaren Standards, insbesondere von NMI, OIML, API, ISO, etc., verwendbar. Die Serviceplattform kann den Benutzer hierbei auch unterstützen, indem der Benutzer seine Applikationsdaten eingibt und die Serviceplattform danach Funktionalitäten möglicher zu der Applikation passender Standards angibt. Weiterhin können nützliche Anmerkungen zu den einzelnen Funktionalitäten FN angezeigt werden.
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Im Folgenden ist eine beispielhafte Übersicht von Funktionalitäten FT und der Standard STs, die diese unterstützen, gezeigt:
Funktionalität | Passender Standard | Anmerkungen. |
Kompressibilitätsfaktor | AGA Report No. 8 AGA Report No. NX-19 ISO 12213 Parts 1-3 | „Gültig für volumetrische Durchflussmessgeräte“ |
Mengen-Transaktionsbericht | API MPMS 21.1 | „Double-check with PAP“ |
Umwandlung in Volumen-Referenzbedingungen | API MPMS 11.1 and 11.2 | „Gültig für Massenfluss-Durchflussmessgeräte“ |
gewichtet gemittelte Dichte- und/oder Temperaturmessgrößen | API MPMS 20.1. | „Fakultativ für Rohöl“ |
Density and Temperature Weighted Averaged. | API MPMS 12.2 | „Gültig für Massenfluss-Durchflussmessgeräte“ |
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Nach Auswahl zumindest einer Funktionalität FT für einen passenden Standard ST wird diese in die Softwarekomponente SK des Feldgeräts FG geladen. Das Feldgerät FG führt die entsprechende Funktionalität FT aus und erstellt Ergebnisdaten ED, zum Beispiel einen Mengen-Transaktionsbericht, der die Menge der zwischen den beiden Einheiten übertragenden physikalischen Substanz angibt.
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Das Feldgerät FG weist zwei Ausgänge OP1, OP2 auf, über welche die Ergebnisdaten ED in alle drei Systemebenen L1, L2, L3 ausgebbar sind. Über den Ausgang OP1 sind die Ergebnisdaten ED mehreren Komponenten TE, RS, SCADA über ein Kommunikationsnetzwerk übertragbar. Beispielsweise können die Ergebnisdaten an ein SCADA-System SCADA in der zweiten Systemebene L2 zur Verarbeitung und/oder Visualisierung übermittelt werden.
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Ein weiteres Beispiel ist eine Rechnungserstellungseinheit RS in der dritten Systemebene L3, welche beispielsweise auf Grundlage des Mengen-Transaktionsberichts eine Rechnung erstellt. Das Feldgerät FG kann bei Laden der entsprechenden Funktionalität FT als Ergebnsidaten ED auch selbst eine Rechnung erstellen und in einem passenden Format (beispielsweise als PDF-Datei)
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Als weiteres Beispiel sind die Ergebnisdaten einem weiteren Teilnehmer TE in der zweiten Systemebene, in diesem Fall einem Smartphone übertragbar, welches über eine passende App (beispielsweise die von der Anmelderin herausgegebene App „SmartBlue“) anzeigt.
Die Erfindung erlaubt es, den Flow Computer eines Custody-Transfer-Systems zu ersetzen und flexibel Änderungen an dem System zu implementieren.
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Eine wichtige Anforderung in einem Custody-Transfer-System ist es, dass Daten, sinbesondere sämtliche Messgrößen und Ergebnisdaten ED manipulationsfrei und unanfechtbar übertragen werden. Hierfür wird OPC UA im erfindungsgemäßen Custody-Transfer-System als Kommunikationsprotokoll verwendet, in einer drahtgebundenen oder drahtlosen Variante, wodurch diese Anforderungen erfüllt werden.
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Von dem Feldgerät FG können womöglich nicht alle Typen von Ergebnisdaten ED erstellt werden. Hierfür ist es möglich, die Ergebnisdaten ED an eine Steuereinheit CU auf derselben Systemebene L1 oder einer höheren Systemebene L2, L3 zu übermitteln. Diese Steuereinheit CU weist ebenfalls wie das Feldgerät FG eine Softwarekomponente SK' auf, in welche analog zu dem oben Beschriebenen Funktionalitäten FT geladen und ausgeführt werden können. Als Basis zur Verarbeitung kann das Feldgerät FG seine Ergebnisdaten ED oder die rohen physikalischen Messgrößen über den Ausgang OP2 an die Steuereinheit CU übermitteln. Die Steuereinheit CU verrechnet diese Daten zu weiteren Ergebnisdaten ED', welche analog den Ergebnisdaten ED den weiteren Komponenten TE, RS, SCADA übermittelbar sind.
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Darüber hinaus ist es auch möglich, den Flow Computer als Software in einem in einer höheren Systemebene L2, L3 befindlichen Computer mit Virtualisierungstechniken wie Docker-Containern vollständig zu virtualisieren. Mit einem solchen Ansatz können bestimmte Funktionalitäten oder der gesamte emulierte Flow Computer ideal in der Anlagen- und Automatisierungspyramide verteilt werden. Dieser generische Ansatz erhöht die Flexibilität, Sicherheit und Genauigkeit einer Custody-Transfer-Anwendung.
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Bezugszeichenliste
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- CU
- Steuereinheit
- ED
- Ergebnisdaten
- L1, L2, L3
- Systemebenen
- IP
- Eingang
- IS
- Industriestandards
- FG
- Feldgerät
- FN
- Funktionalitäten
- OP1, OP2
- Schnittstellen
- RS
- Rechnungsstellungssystem
- SCADA
- SCADA-System
- SE1, SE2, SE3
- Sensoreinheiten
- SK
- Softwarekomponente
- SP
- Serviceplattform
- TE
- Weiterer Teilnehmer