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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Lackierung und Trocknung von Kraftfahrzeugkarosserien, bei dem Karosserien in Tauchbecken mit wenigstens einer Beschichtung versehen werden, diese Beschichtung(en) anschließend ausgehärtet werden und nach einem bedarfsweisen Polieren und Kontrollieren eine Heißwachsversiegelung durchgeführt wird. Ferner betrifft die Erfindung eine Anordnung zur Durchführung des Verfahrens.
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Tauchlackierungen werden als elektrophoretische Abscheideprozesse insbesondere für das Beschichten von Fahrzeugteilen im Durchlaufbetrieb verwendet. Dabei handelt es sich um ein elektrochemisches Verfahren, bei dem das Werkstück, beispielsweise eine Fahrzeugkarosserie, in einem Tauchbad in einen elektrisch leitfähigen, wässrigen Tauchlack eingetaucht und zwischen dem Werkstück und einer Gegenelektrode ein Gleichspannungsfeld angelegt wird. Nach der Tauchlackierung erfolgt unmittelbar eine thermische und/oder optische Behandlung, um den aufgebrachten Epoxidharz haltigen Lack auszuhärten (zu vernetzen). Dies erfolgt üblicherweise bei Temperaturen zwischen 150 bis 200°C und/oder mittels UV-Licht.
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Obwohl die Methode der kathodischen Tauchlackierung in der Automobilindustrie ein langjährig erprobtes System ist, gibt es gleichwohl noch Verbesserungspotenzial hinsichtlich der Sauberkeit bei derartigen Elektrotauchlackierungsverfahren, wie beispielsweise die
DE 10 2011 018 562 A1 mit einer Vorrichtung zur Reinigung an solchen Elektrotauchlackierungsanlagen beschreibt. Darin wird eine Vorrichtung zur Reinigung bereitgestellt, die einen Luftstrom zur Aufnahme von Staub und/oder Farbpartikeln zeigt. Somit kann die Qualität der aufgebrachten Lackschicht verbessert werden, was bei Implementierung des Systems im Auslauf von KTL-Trocknern dazu führt, dass weniger Ausschuss und geringerer Reinigungsaufwand entsteht sowie das Risiko von Schwelbränden mit Rußbildung durch Haufenbildung aus Lackpartikeln im Trockner reduziert wird.
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Die typischen Produktionsprozesse bei der Karosserielackierung sind beispielsweise in der
DE 10 2018 116 488 A1 derart beschrieben, das zunächst eine kathodische Tauchlackierung mit anschließendem Trocknen, ein Abdichten von Nähten im Unterboden der jeweiligen Karosserie mit anschließendem Trocknen, einer Nachbehandlung der kathodischen Tauchlackierung im sogenannten Finish erfolgt und anschließend in einem weiteren Prozessschritt ein Decklack aufgebracht und anschließend getrocknet wird. Auch zum Decklack erfolgt eine Nachbehandlung (Decklack-Finish), wobei dann bedarfsweise als weiterer nachfolgender Prozessschritt eine Hohlraumkonservierung, bei der Heißwachs im Unterboden der Karosserie eingebracht wird, erfolgt.
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Stets ist es dabei erforderlich, die Karosserien mit geeigneten Fördergeräten, beispielsweise Flurförderern oder ähnlichem von Prozessstation zur Prozessstation und gegebenenfalls zu Zwischenlagern zu transportieren. Da die Karosserien nach der Lackierung ihre verkaufsfertige Oberflächenbeschichtung erhalten haben und diese empfindlich für Verschmutzungen und insbesondere mechanische Beschädigungen sind, ist es bei der Kraftfahrzeugfertigung im Stand der Technik bekannt, Behelfsfolien für einzelne Produktionsschritte vorzusehen, die vor der jeweiligen Montage an exponierten Stellen der Karosserie aufgeklebt und nach der Montage wieder entfernt werden. Diese Schutzmaßnahmen sind arbeitsaufwendig, da die momentan eingesetzten Folien auf passende Formate und je nach Modell und Autoteil zugeschnitten und vorgehalten werden müssen und von Hand aufkaschiert werden. Daher sind diese Folierungen lohn- und zeitintensiv, und verteuern die Produktion deutlich.
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Ferner sind Abziehlacke oder auch Schutzlacke bekannt, die als temporären Oberflächenschutz Gegenstände vor Verschmutzung und Beschädigungen schützt. Anschließend kann der trockene Lackfilm später einfach vom Untergrund abgezogen werden. Beispielsweise ist von der Firma Zuelch ein Abziehlack mit der Bezeichnung Scheerolit bekannt, der als Copolymer einen hochwertigen, sehr elastischen Abziehlack bildet, der frei von Lösemitteln ist und wasserverdünnbar im sogenannten Airless-Auftragverfahren auf den zu schützenden Gegenstand aufzubringen ist. Häufig werden Abziehlacke zum Schutz für die Wände von Lackierkabinen verwendet, damit der zwangsläufig entstehende und sich auch an den Wänden absetzende Farbnebel von Zeit zur Zeit von den Wänden der Lackierkabine zusammen mit dem Abziehlack entfernt werden kann.
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Aufgabe der Erfindung ist es, die in einer Lackierstraße verkaufsfertig lackierten Kraftfahrzeugkarosserien für die weitere Handhabung und Bestückung sowie zur Vermeidung von Verschmutzungen für den weiteren Prozess kostengünstig zu schützen.
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Gelöst wird diese Aufgabe mit einem Lackierverfahren gemäß Anspruch 1 bzw. in einer Lackieranordnung gemäß Anspruch 6.
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Dadurch, dass vor oder während oder unmittelbar nach der Heißwachsversiegelung auf die sich erwärmende oder noch warme Karosserie ein Abziehlack als abziehbarer Schutzlack aufgebracht wird, wird parallel zum Vorgang der Heißwachsversiegelung für den Unterboden und gegebenenfalls die Hohlräume der Karosserie ein Abziehlack auf die insbesondere sichtbaren Teile der Karosserie aufgebracht. Dabei wird die für die Heißwachsversiegelung erforderliche Erwärmung der Karosserie genutzt, um den Abziehlack möglichst schnell auf der Oberfläche der Karosserie auftrocknen zu lassen. Vorteilhaft ist dabei, dass keine gesonderte Heizenergie erforderlich ist, da für die Heißwachsversiegelung bereits Prozess bedingt eine Erwärmung der Karosserie erfolgt. Ferner wird kein gesonderter Verarbeitungsschritt eingeführt, da das Auftragen des Abziehlacks unmittelbar vor oder nach der Heißwachsversiegelung oder auch während der Heißwachsversiegelung erfolgt. Da die Heißwachsversiegelung insbesondere den Unterboden der Karosserie und gegebenenfalls Hohlräume umfasst, kann das Aufbringen des Abziehlacks auch parallel zur Heißwachsversiegelung ablaufen, da die frei sichtbaren Teile der Karosserie nicht mit Heißwachs ausgestattet werden, diese Teile jedoch gerade mit dem Abziehlack zu schützen sind. Somit benötigt dieser ergänzende Arbeitsschritt keine gesonderte thermische Energie und weder zeitlich noch räumlich besondere Vorkehrungen in der Fertigungsstraße.
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Vorrichtungsgemäß wird dies dadurch erreicht, dass in Durchlaufrichtung vor oder in oder dem Heißwachsapplikationsbereich unmittelbar nachfolgend ein Abziehlackapplikator angeordnet ist. Der Abziehlackapplikator kann dann parallel zur Heißwachsversiegelung oder unmittelbar vorher oder unmittelbar nachher den Abziehlack auf die sichtbaren Teile der Karosserie aufbringen.
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Um eine möglichst rasche Auftrocknung des Abziehlacks auf der Karosserie zu erreichen, hat die Karosserie bei der Heißwachsversiegelung eine Oberflächentemperatur von 60°C bis 150°C, insbesondere 80°C bis 120°C, besonders bevorzugt 90°C bis 100°C. Entsprechend dieses Temperaturbereichs wird der als Lösungsmittel in dem Abziehlack enthaltende Wasseranteil schnell an die Umgebung abgegeben.
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Wenn der Abziehlack auf die Karosserie, insbesondere im Airless-Verfahren, aufgespritzt wird, wird eine gleichmäßige Beschichtung der Karosserie ermöglicht. Dabei kann die Spritzanlage, bevorzugt die Airless-Spritzanlage, an Roboterköpfen angeordnete Düsen aufweisen, die die erforderlichen Sprühbewegungen um die Karosserie automatisiert ausführen.
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Wenn Warmluft mit 60°C bis 100°C über die mit dem Abziehlack versehene Karosserie geführt wird, wird der Trocknungsprozess des auf die warme Karosserie aufgebrachten Abziehlacks durch den Warmluftstrom weiter beschleunigt.
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Bevorzugt trocknet der aufgebrachte Abziehlack auf der warmen Karosserie in einer Trocknungszeit von 10 s bis 5 min, insbesondere 20 s bis 2 min. Damit steht die mit dem Abziehlack versehene Karosserie bereits nach Verlassen des Heißwachsversiegelungsbereiches mit einem aufgetrockneten Abziehlack, also geschützt zur weiteren Bearbeitung bereit.
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Zur Schonung der lackierten Karosserie ist für den Abziehlackapplikator ein wasserverdünnbarer und lösemittelfreier Abziehlack vorgesehen.
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Nachfolgend wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand der beiliegenden Zeichnung detailliert beschrieben.
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Darin zeigt:
- 1 schematisch eine Anordnung für die Lackierbehandlung von Kraftfahrzeugkarosserien.
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In 1 ist eine Lackierstraße für die Kraftfahrzeugproduktion in einer schematischen Ansicht dargestellt. X gibt die Durchlaufrichtung (Arbeitsrichtung) der Lackierstraße an. Im hier dargestellten Ausführungsbeispiel werden die Karosserien an einem Deckenförderer 14 in Durchlaufrichtung X gefördert. Die Lackierbehandlungsanordnung beginnt an einer Reinigungs- und Passivierungsposition 10, an der das zu behandelnde Werkstück, hier eine Karosserie W gereinigt und für die nachfolgende Lackierung passiviert wird. So dann wird die Karosserie W mittels des Deckenförderers 14 in die Lackierstation 1 gefördert und in ein Tauchbecken 11 eingetaucht, in dem ein Korrosionsschutz als Grundierung bzw. Füller aufgebracht wird. Anschließend wird die Karosserie W in einem Trockenbereich 12 zwischengetrocknet. Anschließend wird in einem Lackierbereich 13 eine Farblack- und Decklackschicht aufgebracht. Erforderlichenfalls sind weitere Bearbeitungsstationen vorgesehen, die hier in 1 nicht gesondert dargestellt sind.
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Anschließend wird die so beschichtete Karosserie W mit dem Deckenförderer 14 in eine Trocknungsstraße 2 gefördert. Die Trocknungsstraße 2 enthält eine erste Wärmequelle 21 und/oder UV-Lichtquellen 22, um die Lackierung thermisch und/oder optisch auszuhärten. Anschließend wird die Karosserie in einem Kontroll- und Polierbereich 3 kontrolliert und poliert. Etwaige nicht ordnungsgemäß ausgeführte Lackierungen werden nachgebessert bzw. betreffende Karosserien ausgesondert. Anschließend wird die Karosserie W in einen Heißwachsapplikationsbereich 4 gefördert, in dem ein Heißwachsapplikator 41 Heißwachs an den Unterboden und in Hohlräume der Karosserie appliziert. Ferner ist im Heißwachsapplikationsbereich 4 eine zweite Wärmequelle 42 vorgesehen, um die für eine Heißwachsapplikation erforderliche Temperatur von 80 ° C bis 100 ° C zu erreichen und für den Applikationszeitraum aufrechtzuerhalten.
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An dieser Stelle ist ferner ein Abziehlackapplikator 5 vorgesehen, der Roboterarme 52 mit daran angeordneten Sprühdüsen 51 aufweist, die einen Abziehlack im Airless-Spritzverfahren auf die äußeren, sichtbaren Teile der Karosserie appliziert. Ferner ist dem Heißwachsapplikationsbereich 4 im hier dargestellten Ausführungsbeispiel ein Gebläse 53 zugeordnet, das gegebenenfalls erwärmte Luft entlang der mit dem Abziehlack besprühten Karosserie W zwangsführt, um den Trocknungsprozess des aufgebrachten Abziehlacks zu beschleunigen.
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Am Ende des Heißwachsapplikationsbereiches 4 wird dann die fertig lackierte, mit Heißwachs im Unterboden und Hohlraumbereich und mit Abziehlack im sichtbaren Bereich versehene Karosserie an einem Abgabebereich 50 ausgegeben. Von hier kann die Karosserie weiteren Bearbeitungsschritten, insbesondere einer weiteren Bestückung zugeführt werden.
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Die Karosserie W ist durch den Abziehlack gegen Verunreinigungen und mechanische Einwirkungen geschützt. Mit diesem abziehbaren Schutzlack können teilweise nachgelagerte Folierungen der Karosserie eingespart werden, da bereits durch den aufgebrachten Abziehlack eine entsprechende Schutzfunktion vorliegt. Es können somit aufwendig zugeschnittene Folienformate, die per Hand anzubringen sind, eingespart werden, was sowohl hinsichtlich der Fertigungskosten wie auch des Umweltgedankens vorteilhaft ist. Dieser Abziehlack kann über den gesamten Fertigungsprozess des Kraftfahrzeugs in der Fertigungsstraße bis zur Verbrauchsübergabe, also auch während der Transportwege auf dem Kraftfahrzeug verbleiben. Der Abziehlack kann somit mehrere Stunden bis zu mehreren Monaten auf dem Fahrzeug verbleiben.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Lackierstation
- 10
- Reinigungs-/Passivierungsposition
- 11
- Tauchbecken
- 12
- Trockenbereich
- 13
- Lackierbereich
- 14
- Deckenförderer
- 2
- Trocknungsstraße
- 21
- erste Wärmequelle
- 22
- UV-Lichtquelle
- 3
- Kontroll- und Polierbereich
- 4
- Heißwachsapplikationsbereich
- 41
- Heißwachsapplikator
- 42
- zweite Wärmequelle
- 5
- Abziehlackapplikator
- 50
- Abgabebereich
- 51
- Sprühdüse
- 52
- Roboterarm
- 53
- Gebläse
- X
- Durchlaufrichtung
- W
- Werkstück, Karosserie
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102011018562 A1 [0003]
- DE 102018116488 A1 [0004]