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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Simulation eines quantenmechanischen Systems auf einem Quantencomputer, bei dem in einem ersten Schritt das zu simulierende quantenmechanische System in einer Struktur modelliert wird, die Struktur in einem zweiten Schritt in ein quantenmechanisches Modell abgebildet wird, das Modell in einem dritten Schritt auf den Quantencomputer übertragen und an diesem simuliert wird und in einem vierten Schritt die Simulationsergebnisse aus Messungen des Quantencomputers extrahiert werden.
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Bei der Quantensimulation handelt es sich um die Simulation quantenmechanischer Systeme auf Quantencomputern. Prinzipiell können Quantencomputer diese Systeme exponentiell schneller simulieren, als dies mit konventionellen Computern möglich wäre. Aktuelle Quantencomputer sind allerdings hardwareseitig sehr fehleranfällig und liefern daher ungenaue Ergebnisse. Diese Quantencomputer gehören zu den sogenannten Noisy Intermediate Scale Quantum (NISQ) Technologien.
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Die bei solchen Quantencomputern auftretenden Fehler sind darauf zurückzuführen, dass bei einem Zerfall, Decay genannt, ein Qubit von einem angeregten Zustand in einen Grundzustand zerfällt. Im Rahmen einer Simulation kann also auf diese Weise ein Strukturelement verlorengehen, was zu veränderten Eigenschaften der Simulation führt. Je länger eine Simulation dauert, desto häufiger passiert dieser Fehler, sodass immer mehr Strukturelemente in der Simulation verloren gehen und ein falsches Ergebnis erzielt wird.
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In der Literatur werden viele verschiedene Methoden zur Fehlerreduktion in NIS Quantencomputern beschrieben, welche auf der Nachbearbeitung der Daten beruhen, z.B. in Physical Review Letters 119, 240502 (2017) oder Physical Review Letters 119, 180509 (2017). Andere Methoden für universelle Quantencomputer setzen auf die so genannte Quantenfehlerkorrektur, welche Fehler während der Laufzeit korrigiert, jedoch eine Rechenleistung an konventionellen Computern erfordert, welche derzeit noch nicht zur Verfügung steht.
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Darüber hinaus standen bisher lediglich Methoden der Nachbearbeitung für Quantencomputer der NISQ Ära zur Verfügung. Diese Methoden können spezifische Zerfallsfehler nur unzureichend verarbeiten.
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Vor diesem Hintergrund liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zu Grunde, den Einfluss des Qubitzerfalls bei der Simulation von Quantensystemen auf Noisy Intermediate Scale Quantum (NISQ) Computern zu reduzieren.
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Dies gelingt durch ein Verfahren zur Simulation eines quantenmechanischen Systems auf einem Quantencomputer gemäß den Merkmalen des unabhängigen Anspruchs 1. Weitere, sinnvolle Ausgestaltungen eines solchen Verfahrens können den sich anschließenden abhängigen Ansprüchen entnommen werden.
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Erfindungsgemäß wird für die Simulation eines quantenmechanischen Systems auf einem Quantencomputer dieses zunächst als Struktur beschrieben. Dies kann nach bereits bekannten und etablierten Verfahren erfolgen und stellt lediglich einen ersten Schritt dar, welcher zwar als Grundlage, jedoch nicht als wesentlicher Teil der Erfindung angesehen werden kann. Desgleichen gilt für eine sich dann anschließende Erstellung eines quantenmechanischen Modells. Auch diese kann bereits im Stand der Technik zufriedenstellend mithilfe von konventionellen Computern erfolgen. In einem dritten Schritt wird dieses quantenmechanische Modell dann jedoch auf den Quantencomputer mit seiner Qubit-Struktur übertragen.
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Für eine Abbildung eines quantenmechanischen Systems, beispielsweise eines fermionischen Systems, in ein Qubitsystem wird im Stand der Technik eine Standardtransformation eingesetzt. Da ein Quantencomputer aus Qubits besteht, während die simulierten Systeme aus Elektronen bestehen, welche Fermionen sind, muss das fermionische Modell auf Qubits übersetzt werden. Bekannte Methoden sind z.B. die Jordan-Wigner Transformation oder die Bravyi-Kitaev Darstellung. Diese setzen besetzte fermionische Orbitale stets mit Qubits in ihrem angeregten Zustand gleich und unbesetzte fermionische Orbitale mit Qubits in ihrem Grundzustand. Dies erscheint zwar als eine stringente, logische Umsetzung, hat sich jedoch als nachteilig erwiesen. Im Gegensatz zu diesen Methoden basiert die vorliegende Erfindung auf einer geschickten Vorbereitung und Darstellung des Problems auf der zur Verfügung stehenden Hardware, um eine Nachbearbeitung oder gar Korrekturen während der Laufzeit hingegen möglichst zu vermeiden.
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Die Erfindung sieht vielmehr eine fehlerreduzierende Transformation vor, mit welcher beispielsweise ein fermionisches System in ein Qubitsystem übersetzt werden kann. Dieses Verfahren ist resistent gegenüber bestimmten Arten von Fehlern, wie sie in Quantencomputern vorkommen. Im Gegensatz zu Standardtransformationen nutzt die fehlerreduzierende Transformation die physikalische Art der Fehler im Quantencomputer aus, um deren Einfluss auf die Simulation zu reduzieren.
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Im einzelnen wird die Transformation stets so gewählt, dass, sollte ein unerwünschter Zerfall an einem Qubit auftreten, dieser nicht zu einem Zustand im Quantencomputer führt, der falsche physikalische Werte für das simulierte System darstellt. Vielmehr erfolgt die Abbildung von Strukturelementen der zu simulierenden, quantenmechanischen Struktur in einer Art und Weise, dass ein Zerfall eines Qubits im angeregten Zustand immer noch zu einem physikalischen Zustand führt, bevorzugt aber dass wo immer möglich eine Simulation eines Zustandes durch ein Qubit im Grundzustand erfolgt, unabhängig davon, ob sich das abzubildende Strukturelement in einem angeregten oder einem Grundzustand befindet, ein besetztes Orbital darstellt oder ein freies Orbital.
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Durch diese Wahl bleibt die Elektronenanzahl im Mittel erhalten selbst wenn Zerfallsfehler auftreten. Dadurch ist die Simulation auch für längere Zeit und damit bei mit der Zeit stärkerem Zerfall ausführbar und liefert physikalisch sinnvolle Ergebnisse.
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Durch das erfindungsgemäße Verfahren ist der Grundzustand des Quantencomputers, zu welchem dieser durch Zerfall strebt, gleichzeitig ein physikalisch korrekter Zustand des simulierten Systems. Dadurch wird verhindert, dass der Quantencomputer unphysikalische Zustände annimmt, in denen z.B. Elektronen durch Zerfall verloren gegangen sind.
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Die Auswertung der Simulationsergebnisse durch eine Messung des Quantencomputers erfolgt wiederum nach den im Stand der Technik bereits bekannten Verfahren und Vorgehensweisen.
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In konkreter Ausgestaltung kann eine Erstellung eines Strukturmodells selbsttätig vermittels eines konventionellen Computers erfolgen. Hierfür können mit einigem Vorteil die Hartree-Fock-Methode oder die Density Functional Theory eingesetzt werden, nach denen der konventionelle Computer eine Struktur in ein quantenmechanisches System umsetzt und zur weiteren Bearbeitung speichert.
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Besonders bevorzugt kann das Verfahren eingesetzt werden, um ein chemisches System, insbesondere ein Molekül oder einen Festkörper, zu simulieren. Derartige chemische Systeme lassen sich besonders vorteilhaft mit einem Quantencomputer simulieren, während die Rechenkapazität konventioneller Computer hierfür nicht ausreichend ist. Das Ergebnis einer solchen Simulation kann insbesondere Eigenschaften des chemischen Systems umfassen, wie etwa die Energie des Grundzustandes, magnetische oder optische Eigenschaften.
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Während die bekannten Transformationen, insbesondere die Jordan-Wigner Transformation, besetzte fermionische Orbitale auf Qubits im angeregten Zustand und unbesetzte fermionische Orbitale auf Qubits im Grundzustand abbilden, kann im Rahmen der Erfindung anders vorgegangen werden. Hier erscheint es im Sinne des erfindungsgemäßen Verfahrens sinnvoll, wenn sowohl besetzte als auch unbesetzte fermionische Orbitale auf Qubits im Grundzustand abgebildet werden, um zu vermeiden, dass ein Zerfall zu einer ungewünschten Veränderung des Simulationsergebnisses führt. Hierdurch ist es möglich, die Simulation über einen größeren Zeitraum hinweg stabil zu halten, da ein Zerfall nur vom angeregten Zustand in den Grundzustand erfolgt, jedoch nicht umgekehrt. Entsprechend kann im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens die Abbildung so eingestellt werden, dass unveränderliche Werte auf Qubits im Grundzustand abgebildet werden, während veränderliche Werte insbesondere dann auf den angeregten Zustand abgebildet werden, wenn auch der zugehörige Grundzustand als physikalisch korrekter Zustand interpretiert werden kann. Je nach Anwendungsfall kann auch umgekehrt ein unbesetztes fermionisches Orbital auf ein Qubit im angeregten Zustand abgebildet werden.
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In entsprechender Anwendung kann mit einigem Vorteil das erfindungsgemäße Verfahren auch auf andere Bereiche übertragen werden. So ist es bevorzugtermaßen auf QUBO Optimierungsprobleme, Spin-Systeme oder fermionische Systeme ebenso anwendbar.
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Die vorstehend beschriebene Erfindung wird im Folgenden anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert.
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Es zeigen
- 1 eine Zuordnung zwischen fermionischen Orbitalen und Qubits gemäß einer Standardtransformation wie im Stand der Technik in schematischer Darstellung, sowie
- 2 eine Zuordnung zwischen fermionischen Orbitalen und Qubits gemäß einer erfindungsgemäßen fehlerreduzierenden Transformation in schematischer Darstellung.
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1 zeigt eine schematische Zuordnung zwischen als Kreise dargestellten fermionischen Orbitalen und als Vierecke dargestellten Qubits. Gemäß der bekannten Jordan-Wigner-Transformation erfolgt die Abbildung strikt derart, dass besetzte fermionische Orbitale 1 auf Qubits im angeregten Zustand 3 abgebildet werden, während unbesetzte fermionische Orbitale 2 auf Qubits im Grundzustand 4 abgebildet werden. Hierbei besteht aber die Problematik, dass ein Zerfall stets nur vom angeregten Zustand eines Qubits in den Grundzustand erfolgt und dieser wahrscheinlicher wird, je länger die Simulation dauert. Zum Einen bedeutet dies, dass eine klare Tendenz zur Simulation zu weniger Elektronen besteht, da aufgrund der auftretenden Fehler eine Änderung immer nur von der Simulation eines besetzten hin zu einer Simulation eines unbesetzten Orbitals erfolgt, zum Anderen erzeugt dies Zustände des Gesamtsystems, die physikalisch gar nicht eintreten können und damit Eigenschaften des simulierten Systems grob verfälschen.
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Um dies zu vermeiden, wird die erfindungsgemäße Zuordnung anders definiert, mit der Folge, dass keine starren Kriterien angelegt werden. 2 zeigt eine alternative Abbildung eines besetzten fermionischen Orbitals 1 auf ein Qubit im Grundzustand 4, sowie ein unbesetztes fermionisches Orbital 2, welches allerdings ebenfalls auf ein Qubit im Grundzustand 4 abgebildet wird.
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Die Struktur, hier also die Geometrie, Atome, Basis und weiteren Eigenschaften eines Moleküls wird in einem üblichen und allgemein bekannten Format nach Erstellung einer Struktur mit einem konventionellen Computer abgespeichert und zur weiteren Bearbeitung vorgehalten. Diese Formate sind allgemein bekannt und jede in der Chemie übliche Form kann verwendet werden. Hierauf greift der Computer, mit welchem die Abbildung auf ein quantenmechanisches Modell erfolgen soll, zurück.
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Mittels eines Verfahrens zur Erzeugung fermionischer oder quantenmechanischer Modelle wird die Struktur in ein quantenmechanisches fermionisches Modell übersetzt, so dass dieses Modell im Anschluss unproblematisch in den folgenden Schritten in eine an dem Quantencomputer einsetzbare Form übersetzt wird. Auch dieser Schritt erfolgt auf einem konventionellen Computer nach bereits bekannten Methoden.
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Sodann erfolgt eine Übersetzung des quantenmechanischen Modells auf die Qubits des Quantencomputers. Dazu wird bisher eine bekannte Standardtransformation wie die Jordan-Wigner Transformation, wie in 1 gezeigt, verwendet. Diese Transformation wird im Rahmen des Verfahrens jedoch wie folgt mit dem Ziel modifiziert, die physikalisch-technische Art gewisser Fehler im Quantencomputer auszunutzen, um deren Einfluss zu minimieren und dadurch bessere Ergebnisse zu erhalten.
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Hierbei wird die Transformation so gewählt, dass ein Zerfall an einem Qubit stets dazu führt, dass trotz eines ungewünschten Übergangs vom angeregten in den Grundzustand, also des Zerfalls, der mit der Zeit eintreten kann, ein korrekter physikalischer Zustand des simulierten Systems abgebildet wird. Bevorzugt wird jedoch die Zuordnung so gewählt, dass insbesondere im Laufe der Simulation stabile Zustände auf Qubits im Grundzustand abgebildet werden. Die Stabilität des Grundzustandes wird genutzt, um auch die Simulation so weit wie möglich zu stabilisieren, wenngleich die Abbildungsvorschriften hierdurch komplexer werden.
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Hierdurch bleibt die Elektronenanzahl im Mittel auch dann erhalten, wenn Zerfallsfehler auftreten. Die Simulation bleibt für längere Zeit stabil und damit bei mit der Zeit stärkerem Zerfall ausführbar und liefert physikalisch sinnvolle Ergebnisse.
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Durch das erfindungsgemäße Verfahren ist der Grundzustand des Quantencomputers, zu welchem dieser durch Zerfall strebt, gleichzeitig ein physikalisch korrekter Zustand des simulierten Systems. Dadurch wird verhindert, dass der Quantencomputer unphysikalische Zustände annimmt, in denen Elektronen aufgrund des Zerfalls fehlen.
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Nach der Abbildung des quantenmechanischen Modells auf die Qubits wird das System auf dem Quantencomputer simuliert. Durch intrinsische physikalisch und technisch bedingte Fehler liefert der Quantencomputer ein verrauschtes, fehlerhaftes Ergebnis. Das Ergebnis ist noch kodiert in Zahlenfolgen aus 0 und 1, welche den gemessenen Zuständen der Qubits entsprechen. Aufgrund der Anwendung des erfindungsgemäßen Transformationsverfahrens ist der Effekt der Zerfallsfehler jedoch stark unterdrückt und das Ergebnis weniger fehlerhaft als bei der Anwendung der bekannten Transformationsverfahren.
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Aus den Zahlenfolgen wird schließlich ein tatsächliches Ergebnis für die gewünschte Messgröße errechnet. Dazu muss die angewendete Transformation zurückgerechnet werden. In diesem Schritt können auch weitere postprocessing Schritte angewandt werden, welche zur weiteren Verbesserung des fehlerhaften Ergebnisses führen angewandt werden, hier aber nicht von besonderem Interesse sind und nicht näher erläutert werden sollen. Je nach gewähltem Algorithmus wird das Verfahren beginnend mit der Modellierung iteriert, bis ein zufriedenstellendes Ergebnis erzielt wurde. Das Verfahren wird abgebrochen, sobald die gewünschte Genauigkeit der Simulation erreicht wurde.
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Vorstehend beschrieben ist somit ein Verfahren zur Simulation eines quantenmechanischen Systems auf einem Quantencomputer, welches den Einfluss des Qubitzerfalls bei der Simulation von Quantensystemen auf Noisy Intermediate Scale Quantum (NISQ) Computern reduziert, indem es verhindert, dass der Quantencomputer unphysikalische Zustände annimmt, in denen Strukturelemente des simulierten Systems durch Zerfall verloren gehen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- besetztes fermionisches Orbital
- 2
- unbesetztes fermionisches Orbital
- 3
- Qubit im angeregten Zustand
- 4
- Qubit im Grundzustand