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Die Erfindung betrifft ein Wirkstoffdepotsystem für subkutane, subkonjunktivale und intramuskuläre Anwendungen und ein entsprechendes Kit zur in situ Polymerisation des Wirkstoffdepotsystems.
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Technologischer Hintergrund
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Im Bereich der Medikation beinhalten konventionelle Darreichungsformen, wie die der oralen Verabreichung mittels Tabletten und der Injektion von Wirkstofflösungen oder -emulsionen, das Auftreten lokaler Überdosierungen am Applikationsort oder aber eine systemische Verteilung des Wirkstoffs, was den Bedarf einer stark erhöhten Wirkstoffmenge bedingt. Eine Alternative stellt die topische Verabreichung durch wirkstoffbeladene Elektrolyt-HydrogelPartikel in Salben bzw. Gelen, Tropfen oder Zäpfchen dar, welche aufgrund der Einschränkung auf einen lokalen Wirkort mit geringeren Wirkstoffkonzentrationen auskommen. All diesen Darreichungsformen ist jedoch das Problem der geringen Therapietreue des Patienten (Patientenadhärenz) gemein, welche letztlich zu einer ineffizienten Medikation führt.
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Die Nutzung eines implantierbaren Wirkstoffdepotsystems (auch Drug-Delivery-System) kann die beschriebenen Risiken minimieren. Wirkstoffdepotsysteme bestechen besonders durch ihren Vorteil der Wirkstoffabgabe über einen langen, vorzugsweise mehrere Monate bis zu einem Jahr umfassenden, definierten Zeitraum. Etablierte Ansätze finden sich bereits im Bereich der Kontrazeption (Verhütungsstäbchen). Allerdings muss das subkutane Implantat nach beendeter Wirkstoffabgabe im Rahmen eines medizinischen Eingriffs wieder explantiert werden.
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Um diesen zusätzlichen medizinischen Eingriff zu vermeiden, werden seit einiger Zeit biologisch degradierbare Polymere und Polymergemische als Wirkstoffträger in Wirkstoffdepotsystemen verwendet. Hierbei werden Wirkstoffe in die Polymere eingebettet und gezielt am vorgesehenen Wirkort freigesetzt. Für die gezielte Freisetzung ist zumeist die Porosität der Polymermatrix von besonderer Bedeutung, welche über die Vernetzungsdichte und die Hydrophilie des Monomers einstellbar ist. Die Polymerporen bestimmen die Wirkstoffbeladung des Systems und eine anschließende diffusionsgesteuerte Freisetzung des Wirkstoffs.
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Weitere Hydrogele auf Basis natürlicher sowie synthetischer Polymere finden sich zudem in Anwendungen des Tissue-Engineerings und als Matrix für Wirkstoffdepotsysteme. Anseth et al. beschreiben ein auf Poly(ethylenglykol) und Poly(vinylalkohol) basierendes, photopolymerisiertes Hydrogel, welches biologisch abbaubar (biodegradierbar) ist. Das auf diesem Weg gebildete System wurde hinsichtlich des Freisetzungsverhaltens für den Knorpelgewebeaufbau unter Verwendung von Rinderserumalbumin untersucht. (Anseth, Kristi S., et al. „In situ forming degradable networks and their application in tissue engineering and drug delivery." Journal of controlled release 78.1-3 (2002): 199-209.)
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US 8409606 B2 beschreibt ein ophthalmologisches Drug-Delivery-System aus Poly(ethylenglykol), welches ein Kortikosteroid nach postoperativen Entzündungen kontrolliert freisetzen kann.
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Ein weiterer Ansatz sind in situ polymerisierende Wirkstoffdepotsysteme, zu denen beispielsweise Drug Depots zur Glaukomtherapie (
DE 102012111808 A1 ) und die Behandlung der Osteoporose (
US 8496971 B2 ) zählen.
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Zusammenfassung der Erfindung
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Ein oder mehrere Nachteile des Standes der Technik werden mit Hilfe des erfindungsgemäßen Wirkstoffdepotsystems für subkutane, subkonjunktivale und intramuskuläre Anwendungen gelöst oder zumindest gemindert. Das Wirkstoffdepotsystem umfasst Mikropartikel eines Vinylester-basierten Elektrolyt-Hydrogels, sowie einen Wirkstoff, welcher an die Mikropartikel nicht-kovalent gebunden ist, und eine biodegradierbare Polyharnstoffmatrix, welche die Mikropartikel und den Wirkstoff einbettet.
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Das Wirkstoffdepotsystem kann demnach Verwendung als Arzneimittel finden, hier in Form einer Stoffzusammensetzung, die wirkstofftragende Mikropartikel und eine Matrix umfasst, die eine zielgerichtete Freisetzung des Wirkstoffs zur Heilung oder zur Prävention menschlicher oder tierischer Krankheiten ermöglicht.
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Eine „nicht-kovalente“ Bindung des Wirkstoffs an die Mikropartikel beschreibt in diesem Zusammenhang eine oder mehrere attraktive Wechselwirkungen, wie z.B. Wasserstoffbrückenbindungen, Dipol-Dipol-, Anion-π-, Kation-π- und insbesondere ionische Wechselwirkungen zwischen den funktionellen Gruppen des Vinylester-basierten Elektrolyt-Hydrogels und den funktionellen Gruppen des Wirkstoffs; umfasst jedoch keine kovalente chemische Bindung.
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Das Einbetten der Mikropartikel in die biodegradierbare Polyharnstoffmatrix sowie die nicht-kovalente Wechselwirkung des Elektrolyt-Hydrogels mit dem Wirkstoff ermöglichen somit eine örtlich gezielte und stimulus-responsive Freisetzung des Wirkstoffs über einen definierten Zeitraum bis zu einem Jahr ohne aktives Eingreifen des Patienten oder des Arztes. Dabei wird die Wirkstofffreisetzung beispielsweise durch eine lonen-Austauschreaktion mit den sich in Lösung befindlichen Ionen, anstelle eines rein diffusions- oder degradationsgesteuerten Freisetzungsprozesses erzielt. Die nicht-kovalenten Wechselwirkungen zwischen Mikropartikel und Wirkstoff führen zu einer kontrollierbaren und kontinuierlichen Freisetzung des Wirkstoffs, bzw. verringern eine unkontrollierte, schlagartige Freisetzung (Burst-Release) des Wirkstoffs am Wirkort, wie sie bei rein diffusions- oder degradationsgesteuerten Freisetzungsprozesses auftreten kann. Zudem muss das Wirkstoffdepot aufgrund der Biodegradierbarkeit nach beendeter Wirkstofffreisetzung nicht explantiert werden.
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Als „Einbetten“ der Mikropartikel durch die biodegradierbare Polyharnstoffmatrix wird ein Umschließen der Mikropartikel durch das Polymernetz, bzw. in die Poren der Polyharnstoffmatrix verstanden, wobei vorzugsweise keine kovalenten Bindungen zwischen der Polyharnstoffmatrix und den Mikropartikeln gebildet werden. Diese Ausführungsform hat den Vorteil, dass zum einen eine ausreichende Fixierung der Wirkstoff-tragenden Mikropartikel gewährleitet ist und zum anderen die biologische Abbaubarkeit erleichtert wird, da weniger kovalente chemische Bindungen durch enzymatische oder hydrolytische Prozesse gespalten werden müssen.
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Eine zusätzliche Fixierung der Partikel kann beispielsweise über nicht-kovalente Wechselwirkungen zwischen den funktionellen Harnstoffgruppen der Polyharnstoffmatrix und den funktionellen Gruppen der Mikropartikel erfolgen.
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Als Elektrolyt-Hydrogel werden wasserenthaltende Polymere und Copolymere basierend auf Monomeren mit ionischen oder (protisch) polaren funktionellen Gruppen bezeichnet.
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Demnach umfasst das erfindungsgemäße Wirkstoffdepotsystem vorzugsweise ein Vinylesterbasiertes Elektrolyt-Hydrogel, welches anionische und/oder kationische und/oder (protisch) polare funktionelle Gruppen umfasst.
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Als Vinylester werden Ester mit einer (terminalen) Vinyl-Gruppe bezeichnet, wobei „Ester“ sich vorzugsweise auf funktionalisierte Carbonsäureester und Phosporsäureester bezieht. Bevorzugt bezieht sich Vinylester auf funktionalisierte Acrylsäureester- oder Methacrylsäureester, wobei sich „funktionalisiert“ auf eine O-ständige Funktionalisierung (Veresterung) durch anionische, kationische oder (protisch) polare funktionelle Gruppen bezieht. Besonders bevorzugt ist das Vinylester-basierte Elektrolyt-Hydrogel ein Polymer oder Copolymer, welches eine Wiederholungseinheit basierend auf mindestens einem der folgenden Monomere entsprechend Strukturformeln
1 bis
3 umfasst:
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Das entsprechende Gegenion der ionischen funktionellen Gruppen des Vinylester-basierten Elektrolyt-Hydrogels, so auch der Monomere entsprechend Strukturformel 1 bis 3, ist vorzugsweise ein ionischer oder polarer Wirkstoff. Dementsprechend umfasst der Wirkstoff vorzugsweise mindestens eine ionische oder polare funktionelle Gruppe.
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Bei einer teilweisen Beladung der ionischen funktionellen Gruppen des Vinylester-basierten Elektrolyt-Hydrogels durch den Wirkstoff, umfassen die Gegenionen der ionischen funktionellen Gruppen vorzugsweise pharmazeutisch akzeptable Ionen, umfassend:
- Chlorid, lodid, Triiodid, Hydrochlorid, Sulfat, Bisulfat, Nitrat, Hydrobromid, Hydroiodid und Phosphat, Hydrogenphosphat, Dihydrogenphosphat; organische Carboxylate, Acetat, Lactat, Citrat, Oxalat, Glutarat, Malat, Tartrat, Bitartrate, Fumarat, Mandelat, Maleat, Succinat, Benzoat und Phthalat; organische Sulfonate, Methansulfonat, Trifluormethansulfonat Ethansulfonat, Benzolsulfonat, p-Toluolsulfonate und Camphersulfonate; und Kalium, Natrium, Magnesium und Calcium.
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Bei einer teilweisen Beladung der ionischen funktionellen Gruppen des Vinylester-basierten Elektrolyt-Hydrogels durch den Wirkstoff, umfassen die Gegenionen der Monomere entsprechend Strukturformel 1 bis 3 vorzugsweise pharmazeutisch akzeptable Ionen, umfassend:
- Chlorid, lodid, Triiodid, Hydrochlorid, Sulfat, Bisulfat, Nitrat, Hydrobromid, Hydroiodid und Phosphat, Hydrogenphosphat, Dihydrogenphosphat; organische Carboxylate, Acetat, Lactat, Citrat, Oxalat, Glutarat, Malat, Tartrat, Bitartrate, Fumarat, Mandelat, Maleat, Succinat, Benzoat und Phthalat; organische Sulfonate, Methansulfonat, Trifluormethansulfonat Ethansulfonat, Benzolsulfonat, p-Toluolsulfonate und Camphersulfonate; und Kalium, Natrium, Magnesium und Calcium.
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Das Vinylester-basierte Elektrolyt-Hydrogel ist bevorzugt durch einen biodegradierbaren oder biostabilen Crosslinker mit endständigen Vinyl-Gruppen vernetzt. Vorzugsweise ist der Crosslinker ausgewählt aus der Gruppe von N,N'-Methylenbisacrylamid, Ethylenglykoldimethacrylat (EGDMA), Trimethylolpropantriacrylat (TMPTA), Hexamethylenglykoldimethacrylat (HMGDM), Tetraethylenglykoldimethacrylat (TEGDMA), Divinylbenzol (DVB), 1,6-Diaminohexan und p-Phenylendiamin. In einer bevorzugten Ausführungsform ist der Crosslinker ein Polyethylenglykoldiacrylat.
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Vorzugsweise beträgt die Partikelgröße der Vinylester-basierten Elektrolyt-Hydrogel Partikel 1 bis 500 µm, besonders bevorzugt 5 bis 100 µm.
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Die biodegradierbare Polyharnstoffmatrix umfasst vorzugsweise einen Oligoester mit endständiger Harnstoffgruppe als konstitutionelle Repetiereinheit.
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Demnach ist die biodegradierbare Polyharnstoffmatrix vorzugsweise das Polymerisationsprodukt aus einem Oligoester mit endständigen Isocyanatgruppen und Wasser.
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Bei der Polymerisation der Oligoester mit endständigen Isocyanatgruppen mit Wasser wird nur ein Teil der endständigen Isocyanatgruppen unter Freisetzung von Kohlenstoffdioxid zu endständigen Aminogruppen umgesetzt und diese Aminogruppen polymerisieren mit nichthydrolysierten Isocyanatgruppen der Oligoester zu einer Polyharnstoffmatrix. Das für die Polymerisation benötigte Wasser wird vorzugsweise durch das im Vinylester-basierten Elektrolyt-Hydrogel eingelagerte Wasser bereitgestellt. In einer weiteren Ausführungsform kann auch zusätzliches Wasser der Polymerisation zugeführt werden.
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Als Oligoester werden „Ester“ von Hydroxycarbonsäuren und somit auch Oligoglykolide, Oligolactide sowie gemischt zusammengesetzte Oligoester, insbesondere auf der Basis von Glykolid und Lactid, bezeichnet. Diese können beispielsweise durch ringöffnende Polymerisation oder Oligomerisation hergestellt sein. Der Oligoester weist in einer weiteren Ausführungsform einen mehrwertigen, insbesondere mindestens zweiwertigen, Alkohol auf. Als geeignete Alkohole kommen insbesondere Ethylenglykol (1,2-Ethandiol) und/oder Glycerin (1,2,3-Propantriol) in Betracht. Der Oligoester ist vorzugsweise aus einem mehrwertigen Alkohol und einer Hydroxycarbonsäure, insbesondere Glykol- und/oder Milchsäure, gebildet. Bevorzugt ist mindestens eine Hydroxylgruppe des mehrwertigen Alkohols mit Hydroxycarbonsäureeinheiten, insbesondere mit Milch- und/oder Glykolsäureeinheiten, verestert. Im Falle eines zweiwertigen Alkohols ist es besonders bevorzugt, wenn beide Hydroxylgruppen in veresterter Form vorliegen. Die Hydroxylgruppen des mehrwertigen Alkohols sind vorzugsweise mit einer Kette aus 1 bis 10, insbesondere 2 bis 5, Hydroxycarbonsäureeinheiten verestert. Mit zunehmender Anzahl der Einheiten steigt die Viskosität des Oligoesters sowie des im Rahmen einer Reaktion mit dem Polysaccharid erhaltenen Polymersystems an. Die im Rahmen dieser Ausführungsform beschriebenen Oligoester aus mehrwertigem Alkohol und Hydroxycarbonsäureeinheiten tragen an der bzw. den terminalen Hydroxycarbonsäureeinheiten funktionelle Gruppen, welche die terminale Funktionalität des Oligoesters bilden und für die weitere Funktionalisierung zur Verfügung stehen. Zur endständigen Funktionalisierung der Oligoester werden diese mit Diisocyanaten umgesetzt. Die Oligoester sind bevorzugt endständig mit einer aliphatischen Isocyanatgruppe modifiziert. Die Verwendung von aliphatischen Diisocyanaten, insbesondere 1,6-Hexamethylendiisocyanat (HMDI), zur Funktionalisierung der Oligoester ist besonders bevorzugt, da sich aus aromatischen Diisocyanaten cancerogene Diamine bilden können.
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Vorzugsweise ist der Oligoester mit endständigen Isocyanatgruppen eine mit OCN-(C3-C8-Alkylen)-NCO zweifach funktionalisierte 1,2-Ethylenglykol-bis(dimilchsäure) oder mit OCN-(C3-C8-Alkylen)-NCO dreifach funktionalisierte Glycerin-tri(dimilchsäure), wobei „funktionalisiert“ hier die Ausbildung jeweils einer bindenden Carbamatgruppe und die Beibehaltung jeweils einer endständigen Isocyanatgruppe pro OCN-(C3-C8-Alkylen)-NCO bedeutet. OCN-(C3-C8-Alkylen)-NCO stellt aliphatische Diisocyanate mit drei bis acht Methyleneinheiten dar, d.h. 1,3-Trimethylendiisocyanat bis 1,8-Octamethlyendiisocyanat. Besonders bevorzugt ist der Oligoester mit endständigen Isocyanatgruppen das Reaktionsprodukt aus 1,2-Ethylenglykol-bis(dimilchsäure) und 1,6-Hexamethylendiisocyanat (ELA-NCO).
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Das Einbetten der Mikropartikel in die biodegradierbare Polyharnstoffmatrix, bevorzugt mit einer ELA-NCO basierten Polyharnstoffmatrix, ermöglicht eine Immobilisierung der Mikropartikel im Verbund, sodass ein zu schnelles Ausschwemmen am Applikationsort verhindert wird.
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Ein weiterer Aspekt der Erfindung betrifft ein Kit zur in situ Polymerisation des zuvor beschriebenen Wirkstoffdepotsystems, welches die folgenden Komponenten umfasst:
- a) Mikropartikel eines Vinylester-basierten Elektrolyt-Hydrogels mit einem nicht-kovalent gebundenem Wirkstoff; und
- b) ein Oligoester mit endständigen Isocyanatgruppen zur Bildung einer biodegradierbaren Polyharnstoffmatrix, welche die Mikropartikel einbettet.
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Das für die in situ Polymerisation der Polyharnstoffmatrix benötigte Wasser wird vorzugsweise durch das im Vinylester-basierten Elektrolyt-Hydrogel eingelagerte Wasser bereitgestellt. In einer weiteren Ausführungsform kann auch zusätzliches Wasser der Polymerisation zugeführt werden, besonders bevorzugt durch Suspension der Hydrogelpartikel in Wasser oder wässriger Pufferlösung (z.B. PBS).
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Durch die Fließfähigkeit und die in situ Polymerisation der beiden Komponenten a) und b) entsteht ein sich der Form des Applikationsortes angepasstes Wirkstoffdepot. Dies bedingt eine verbesserte Immobilisation des Wirkstoffdepots am Applikationsort und begünstigt somit die örtlich selektive Freisetzung des Wirkstoffs über einen längeren Zeitraum.
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Vorzugsweise umfasst das erfindungsgemäße Kit des Weiteren eine Zwei-Komponentenspritze als eine Komponente c), welche
- - zwei separate Kammern, in denen die Komponenten a) und b) voneinander getrennt vorliegen,
- - einen beweglichen Doppelkolben zur simultanen Entleerung beider Kammern, sowie
- - einen Mischextruder, welcher an beiden Kammern ausgangsseitig befestigt ist und die Komponenten a) und b) (vor der Injektion) zusammenführt,
- - und eine Kanüle zur Injektion der zusammengeführten Komponenten a) und b) umfasst.
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Figurenliste
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels und dazugehöriger Zeichnungen näher erläutert. Die Figuren zeigen:
- 1 Schematische Darstellung des erfindungsgemäßen Wirkstoffdepotsystems (1). Die Mikropartikel des Vinylester-basierten Elektrolyt-Hydrogels (10) mit nicht-kovalent gebundenem Wirkstoff (20), eingebettet in die biodegradierbare Polyharnstoffmatrix (30).
- 2 µCT-Aufnahme eines polymerisierten Wirkstoffdepots.
- 3A: REM-Aufnahme der getrockneten Partikel eines Elektrolyt-Hydrogels basierend auf einer Wiederholungseinheit mit dem Monomer entsprechend Strukturformel 2 als Wirkstoffträger mit Größenbestimmung ausgewählter Partikel.
- 3B: Größenverteilung der in Reinstwasser gequollenen Partikel des Hydrogels basierend auf einer Wiederholungseinheit mit dem Monomer entsprechend Strukturformel 2 in logarithmischer Darstellung nach Bestimmung über dynamische Bildanalyse.
- 4: Auftragung der kumulativen Freisetzung von Timololmaleat (in mg) aus einem Elektrolythydrogel in Abhängigkeit eines Freisetzungsmediums (PBS bei pH 7 (Rauten), PBS bei pH 5.5 (Quadrate) und eine 2 mM CaCl2-Lösung (Dreiecke)) im Vergleich zur Wirkstofffreisetzung in Reinstwasser (Punkte).
- 5: Auftragung der kumulativen Freisetzung von Ibuprofen (in µg) aus einem Elektrolythydrogel in Abhängigkeit eines Freisetzungsmediums (PBS bei pH 7 (Rauten), PBS bei pH 5.5 (Quadrate) und eine 2 mM CaCl2-Lösung (Dreiecke)).
- 6: Auftragung der kumulativen Freisetzung von Timololmaleat (mg Wirkstoff/mg Depot) bei 50°C und 37°C gegen die Freisetzungsdauer in Stunden (h).
- 7: Biokompatibilitätsuntersuchungen an Vinylester-basierten Elektrolythydrogelen 1', 2' und 3' entsprechend den polymerisierten Monomeren der Strukturen 1, 2 und 3.
- 8: Biokompatibilitätsuntersuchungen an der Vernetzungskomponente ELA-NCO.
- 9: Prozentuale Degradation im zeitlichen Verlauf.
- 10: Zeitlich versetzt gemessene ATR/IR-Spektren zur Reaktionskontrolle der Polymerisation.
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Detaillierte Beschreibung der Erfindung
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1 zeigt eine stark vereinfachte Darstellung des erfindungsgemäßen Wirkstoffdepots 1. Hierbei ist der Wirkstoff 20 über nicht-kovalente Wechselwirkungen an Mikropartikel eines Vinylester-basierten Elektrolythydrogels 10 gebunden, was die stimulus-responsive Freisetzung des Wirkstoffs ermöglicht. Diese Mikropartikel 10 sind zudem in einer biodegradierbaren Polyharnstoffmatrix 30 eingebettet. Das Einbetten der wirkstoffbeladenen Mikropartikel 10 in die Polyharnstoffmatrix 30 dient der Fixierung der Partikel und erfolgt besonders bevorzugt ohne Ausbildung kovalenter Bindungen zwischen den Komponenten 10 und 30, was eine biologische Degradation nach der Wirkstofffreisetzung erleichtert. Nach einer erfindungsgemäßen Ausführung ist die biodegradierbare Polyharnstoffmatrix 30 dazu ausgelegt, die Mikropartikel einzubetten und vorzugsweise porös, um somit eine verzögerte Wirkstofffreigabe zu ermöglichen.
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2 zeigt eine µCT-Aufnahme eines erfindungsgemäßen polymerisierten Wirkstoffdepots bestehend aus einer porösen Polyharnstoffmatrix 30 und eingebetteten Elektrolythydrogel-Partikeln 10 (2. helle Regionen). Die Elektrolythydrogel-Partikel basieren auf einer Wiederholungseinheit des Monomers entsprechend Strukturformel 2. Das Elektrolythydrogel wurde zur Erhöhung der Röntgensichtbarkeit zu 6 Gew% in lohexol-Lösung (300 mg lod pro mL) gequollen.
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In einer alternativen Ausführungsform erfolgt die Fixierung der Mikropartikel vorzugsweise durch das Einbetten in die Polyharnstoffmatrix und durch eine kovalente Vernetzung der Mikropartikel eines Vinylester-basierten Elektrolythydrogels mit der Polyharnstoffmatrix, wobei das Vinylester-basierte Elektrolyt-Hydrogel bevorzugt ein Polymer oder Copolymer ist, welches eine Wiederholungseinheit basierend auf mindestens dem Monomer entsprechend Strukturformel 3 umfasst.
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Unter kovalenter Vernetzung wird vorzugsweise die Ausbildung von kovalenten Bindungen zwischen einer peripheren Aminogruppe eines Mikropartikels eines Elektrolythydrogels basierend auf dem Monomer entsprechend Strukturformel 3 und einem Oligoester mit endständigen Isocyanatgruppen verstanden.
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SYNTHESE DES POLYMERSYSTEMS
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Ethylenglycol-bis(dimilchsäure) wird in einer Phosphorsäure-katalysierten (0.4 Gew-% H3PO4 bezogen auf die Gesamteinwaage) Ringöffnung aus Ethylenglycol und 2 Äquivalenten L-Lactid dargestellt. Das erhaltene Produkt wird anschließend durch Reaktion mit 2 Äquivalenten 1,6-Hexamethylendiisocyanat mit terminalen reaktiven Isocyanatgruppen funktionalisiert. Das Reaktionsprodukt stellt die Vernetzerkomponente ELA-NCO dar. Zur Verbesserung der Applizierbarkeit wird die Viskosität des ELA-NCO durch Zugabe von 15 Gew-% DMSO verringert. Als zweite Komponente werden Elektrolyt-Hydrogele auf Basis polymerisierter Vinylverbindungen mit anionischen und/oder kationischen und/oder protisch polaren funktionellen Gruppen eingesetzt. Diese werden aus den funktionalisierten VinylMonomeren (2 mol/L in Reinstwasser) mit den Crosslinkern N,N'-Methylenbisacrylamid (MBA) oder Polyethylenglykoldiacrylaten (PEGDA) mit Molmassen im Bereich von 250 Da bis 700 Da unter radikalischer Polymerisation mit 1-2 Gew.-% Crosslinker bezogen auf das Monomer sowie N,N,N',N'-Tetramethylethylendiamin (TMEDA, 1.9 mol% bezogen auf die Monomerkonzentration) und Ammoniumperoxodisulfat (APS, 0.1 mol% bezogen auf die Monomerkonzentration) synthetisiert und im getrockneten Zustand in einer Kugelmühle (oder ähnlichem) zerkleinert.
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Die Applikation erfolgt mittels handelsüblicher Zwei-Komponenten-Spritze mit Mischextruder und Kanüle, in dem die beiden einzelnen Bestandteile des Polymersystems bei Applikation vermischt und direkt an den Wirkort injiziert werden, um über die in situ Polymerisation das Wirkstoffdepot zu bilden. Die erste Komponente stellt mit Hexamethylendiisocyanat funktionalisierte 1,2-Ethylenglycol-bis(dimilchsäure) dar. Die zweite Komponente bilden Mikropartikel eines Hydrogels, bestehend aus einem polymerisierten organischen Elektrolyten, welches zur Bildung des Wirkstoffträgers mit einer wässrigen Lösung des Wirkstoffs gequollen ist. Zur Anwendung kommen dabei Verhältnisse ELA-NCO/Wirkstoffträger zwischen 1:1 und 1:10 V/V.
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10 zeigt ATR/IR-Spektren zur Reaktionsverfolgung der Polymerisation der Vernetzerkomponente ELA-NCO mit dem funktionalisierten Hydrogel basierend auf einer Wiederholungseinheit mit dem Monomer entsprechend Strukturformel 2. Zu erkennen ist insbesondere die zeitliche Intensitätsabnahme des Signals, welches den nicht-reagierten funktionellen Isocyanatgruppen der Vernetzerkomponente ELA-NCO zugeordnet werden kann. In einer bevorzugten Ausführungsform umfasst das Depotsystem daher keine reaktiven Isocyanatgruppen in der Polyharnstoffmatrix.
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WIRKSTOFFFREISETZUNG AUS WIRKSTOFFHALTIGEM POLYMERSYSTEM
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Für die Freisetzungsuntersuchungen werden Timololmaleat oder Ibuprofen verwendet. Zur Inkorporation werden die getrockneten Elektrolyt-Hydrogele in der jeweiligen Wirkstofflösung inkubiert.
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Beispiel 1
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Das Hydrogel wird zur Wirkstoffbeladung in 4 mL einer Lösung von 1 mg/mL Timololmaleat (4 mg Gesamtbeladung) in Reinstwasser gequollen. Der Erfolg der Beladung wird via UHPLC-Messung kontrolliert. Zur Freisetzung wird das Elutionsmedium in festen Abständen von 15 min gewechselt. Als Stimulus wird eine elektrolythaltige Lösung verwendet. Die Bestimmung der freigesetzten Mengen der Wirkstoffe erfolgte mittels HPLC-Messungen.
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4 zeigt die kumulative Freisetzung von Timololmaleat (in mg) aus einem Polyelektrolyt-Hydrogel basierend auf einer Wiederholungseinheit mit dem Monomer entsprechend Strukturformel 2 in Reinstwasser. Das Elutionsmedium wurde 18-mal in festen Abständen von 15 min gewechselt (x-Achse). Die mit ★ markierten Messpunkte bezeichnen die Verwendung des angezeigten Freisetzungsmediums (PBS bei pH 7 (Rauten), PBS bei pH 5.5 (Quadrate) und eine 2 mM CaCl2-Lösung (Dreiecke)) zur gezielten Auslösung des Freisetzungsprozesses im Vergleich zur Wirkstofffreisetzung aus dem Elektrolyt-Hydrogel nur in Reinstwasser (Punkte).
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Beispiel 2
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Zur Untersuchung der Freisetzung des Ibuprofen aus einem mit einem tertiären Amin funktionalisierten Hydrogel (basierend auf einer Wiederholungseinheit mit dem Monomer entsprechend Strukturformel 1) als Wirkstoffträger wird das Hydrogel zur Wirkstoffbeladung in 4 mL einer Lösung von 2 mg/mL Ibuprofen (8 mg Gesamtbeladung) in Reinstwasser gequollen. Analog der Timololmaleat-Freisetzung wird der Wirkstoff zunächst in Reinstwasser freigesetzt, und anschließend auf isotonische Salzlösung als Freisetzungsmedium und als Stimulus gewechselt.
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5 zeigt die kumulative Freisetzung von Ibuprofen (in µg) aus einem kationisch funktionalisierten Elektrolyt-Hydrogel in Reinstwasser. Die Probenahmen wurden je im Abstand von 30 min vorgenommen. Die mit * markierten Punkte bezeichnen den Wechsel auf isotonische Salzlösung (PBS bei pH 7 (Rauten), PBS bei pH 5.5 (Quadrate) und eine 2 mM CaCl2-Lösung (Dreiecke)) als Freisetzungsmedium.
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IN VITRO BIOKOMPATIBILITÄT
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Zur Testung der in vitro Biokompatibilität von ELA-NCO-Eluaten nach DIN EN ISO 10993-5 wird die Zellvitalität von L929 Mausfibroblasten (CCL-1, ATCC) nach 48 -stündiger Inkubation mit diesen Eluaten untersucht. Die Eluate werden durch 24-stündige Inkubation unter Standard-Zellkulturbedingungen (37°C, 5% CO2, 95% relative Luftfeuchtigkeit) im Verhältnis von 0,1 g je ml (DIN EN ISO 10993-12) serumhaltigen Zellkulturmedium hergestellt. Für die Bestimmung der Zellvitalität wird eine Verdünnungsreihe (100 %; 50 %, 25 %, 12,5 %, 6,25 %) der ELA-NCO-Eluate hergestellt und auf die Zellen gegeben. Zur eigentlichen Messung der Zellvitalität wird der Resazurin-basierte CellQuanti-Blue Cell Viability Assay Kit (BioAssay Systems) und der Mikrotiterplatten-Leser FLUOstar Omega nach Herstelleranweisung verwendet. Die Zellvitalitätsdaten werden in einer Dosis-Wirkungskurve dargestellt.
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Für die Testungen der in vitro -Biokompatibilität der Elektrolyt-Hydrogele werden Stanzen in einer 96-Well-Mikrotiterplatte befestigt. Im Anschluss werden 2x104 L929 Mausfibroblasten pro Vertiefung mit Zellkulturmedium direkt auf die Hydrogelkörper gegeben und für 46 h unter Zellkulturbedingungen inkubiert (37 °C, 5% CO2). Die Zellvitalität wird mittels Resazurinbasierten CellQuanti-Blue Cell Viability Assay Kit (BioAssay Systems) nach Herstelleranweisung bestimmt. Die Messung der Fluoreszenz der Proben erfolgt bei 544 nm (Absorption) bzw. 590 nm (Emission). Laut DIN EN ISO 10993-5 gilt eine Substanz als zytotoxisch, wenn die Zellvitalität im Verhältnis zum negativen Kontrollmaterial unter 70 % liegt.
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Die Ergebnisse der in vitro Biokompatibilität Untersuchungen sind in den 7 und 8 dokumentiert. Sowohl die erfindungsgemäße Polyharnstoffmatrix als auch die Polyelektrolythydrogele weisen demnach keine Zelltoxizität auf, welche sich in einer hohen relativen Zellvitalität wiederspiegelt.
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DEGRADATIONSUNTERSUCHUNGEN
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9 zeigt die beschleunigte Degradation einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Depotsystems bestehend aus der Polyharnstoffmatrix und einem Elektrolythydrogel basierend auf einer Wiederholungseinheit mit dem Monomer entsprechend Strukturformel
2 (
9, Quadrate) im Vergleich zu einem in
WO 2014/086679 A1 beschriebenen Depotsystem (
9, Dreiecke) bei 55 °C in PBS. Die Untersuchungen belegen, dass das erfindungsgemäße Depotsystem deutlich langsamer degradiert und somit eine längere lokale Wirkstofffreisetzung ermöglichen kann.
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BESTIMMUNG DER PARTIKELGRÖßE
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3A zeigt eine REM-Aufnahme der getrockneten Partikel eines Elektrolyt-Hydrogels basierend auf einer Wiederholungseinheit mit dem Monomer entsprechend Strukturformel 2 als Wirkstoffträger mit Größenbestimmung ausgewählter Partikel.
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3B zeigt die Größenverteilung der in Reinstwasser gequollenen Partikel des Hydrogels basierend auf einer Wiederholungseinheit mit dem Monomer entsprechend Strukturformel 2 in logarithmischer Darstellung nach Bestimmung über dynamische Bildanalyse.