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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zur wirkortfernen Erfassung und Modifikation von Normal- und/oder Scherkräften, wobei zusätzlich die Nachgiebigkeit der Vorrichtung und somit ihre Empfindlichkeit gegenüber einwirkenden Kräften eingestellt werden kann.
Verwendung findet die erfindungsgemäße Lösung vor allem in der Medizintechnik, insbesondere zum Aufbau von Auflageflächen, die bei der Dekubitusprophylaxe eingesetzt werden (z. B. für Anti-Dekubitus-Matratzen, Sitzkissen für Rollstühle, Auflagen für Autositze u. ä.), oder in der Robotertechnik (z. B. zum Aufbau von Robotergreifer-Oberflächen).
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Für bestimmte Anwendungen ist eine direkte Einleitung der Messgröße (hier Kräfte oder Drücke) auf die verwendeten Sensorelemente unerwünscht oder nur mit Aufwand möglich. In diesem Fall muss die Messgröße in eine andere, übertragbare mechanische oder elektrische Größe umgewandelt (transformiert) werden. Dies kann beispielsweise über die Änderung des Druckes eines kompressiblen und/oder inkompressiblen Mediums (mechanisch) oder durch Schließen eines elektrischen Kontaktes (elektrisch) realisiert werden.
Die aus dem Stand der Technik bekannten Sensorsysteme mit einer Transformation der Messgröße in eine übertragbare mechanische Größe unterscheiden sich in Abhängigkeit von ihren Aufgaben.
Um z. B. Zerstörungen an einem Sensorelement beim Einsatz in rauen Medien zu verhindern, werden in der Prozessmesstechnik mediengetrennte Drucksensoren verwendet. Dabei wirkt der Druck des Messmediums nicht direkt auf das Sensorelement ein, sondern wird über Trennmembranen und ein fluidisches Medium (z. B. Silikonöl) auf das Sensorelement übertragen (
US4543832A ,
US4218925A ,
WO2009132981 A1 ). Daneben werden zur Erfassung von Kräften oder Drücken von Messorten mit besonders hohen Temperaturen (bis ca. 350°C) oder in aggressiven Medien Messumformer eingesetzt, die fluidgefüllte Fühlleitungen und Druckfühler umfassen (
DD277522A1 ). Außerdem werden für möglichst punktförmige Messungen von Kräften und Drücken im menschlichen Körper (z. B. zur Ermittlung der Druckverhältnisse im Herz-Kreislauf-System, in den harnableitenden Wegen, im Verdauungssystem oder im Hirn) externe Drucksensoren verwendet, die außerhalb des menschlichen Körpers mit einem Ende eines flüssigkeitsgefüllten Katheters verbunden sind. Das zweite Ende des Katheters wird durch eine geeignete Körperöffnung bis zum Messort eingeführt (
DE102005060079B3 ,
DE19646701C1 ).
Schließlich werden für eine extrem nachgiebige und damit weitestgehend rückwirkungsfreie Ankopplung von Kraftsensoren an den Messort, z. B. den menschlichen Körper, nachgiebige fluidische Sensor-Ankopplungssysteme verwendet (
DE4131257C2 ,
WO2004008095A1 ,
US20180325454A1 ,
US20110313322A1 ).
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Daneben ist bekannt, dass elektromagnetische Felder bzw. das Vorhandensein von elektrisch leitenden Teilen im Bereich des Messobjektes bei medizinischen Untersuchungen, wie beispielsweise Röntgenaufnahmen, Magnetresonanztomographie (MRT) oder Magnetoenzephalographie (MEG), einen Störfaktor darstellen. Zur Vermeidung dieses Störfaktors muss für diese Anwendungen die unmittelbare Nähe der Messelektronik (Sensorelement) zum Messobjekt ausgeschlossen werden. Daher wird die zu messende Kraft in ein übertragbares nicht elektrisches Signal umgewandelt und an das Sensorelement, welches als Transducer in die elektrische Domäne fungiert und sich in einer größeren Distanz zum Messort befindet, weitergeleitet.
Aus der Patentschrift
DE4131257C2 ist dazu beispielsweise eine Vorrichtung zur Messung eines auf eine Unterlage einwirkenden Drucks bekannt. Die Vorrichtung besteht aus einer flächigen Matrix von luftdichten flexiblen Taschen. Der auf die Taschen ausgeübte Druck wird mit Hilfe des Fluides (Signalwandler/Übertragungsmedium) über Kapillarschläuche (Übertragungsstrecke) übertragen. Jeder Kapillarschlauch enthält an seinem Wirkortfernen Ende eine Membran (Signalaufnehmer), die sich bei einer Volumenverminderung in der Tasche wölbt. Die Auslenkung der Membran wird durch einen optischen Detektor (Sensorelement) erfasst. Die ermittelte Größe ist ein Maß für den auf die Tasche wirkenden Druck.
Die Vorrichtung erlaubt die Ermittlung der Druckverteilung auf z. B. einer Sitz- oder Liegefläche. Durch die räumliche Trennung der Messelektronik von der Krafteinleitung und somit vom Messobjekt (hier: Patient) werden keine zusätzlichen elektromagnetischen Felder im Sitz- bzw. Liegebereich erzeugt. Allerdings lassen sich mit dieser Vorrichtung lediglich Normalkräfte bzw. Drücke, nicht aber gleichfalls auftretende Scherkräfte, erfassen. Die Modifizierung der Kräfte ist mit dieser Vorrichtung ebenfalls nicht möglich.
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Weiterhin wird mit der
WO001983003471 A1 eine Vorrichtung zur Ermittlung von bei einer Werkzeugmaschine auftretenden Kräften, Momenten und Verschiebungen offenbart, welche einen Anpressarm und mindestens eine Druckkammer, die eine Membran aufweist und mit einem inkompressiblen Fluid gefüllt ist, umfasst. Für die Druckmessung innerhalb der Druckkammer dient ein Druckmessumformer. Ein Ende des Anpressarmes ist mit einem Bauteil der Werkzeugmaschine an der Stelle gekoppelt, an der Kräfte, Momente und Verschiebungen ermittelt werden sollen. Das andere Ende des Anpressarmes berührt die Membran der Druckkammer. Die Anzahl und die Anordnung von Druckkammern, Membranen und Anpressarmen ist abhängig von den zu ermittelnden Komponenten der Querkräfte und Querbewegungen, der Momente und Winkelverschiebungen sowie der axialen Kräfte und axialen Verschiebungen des Werkzeugbauteils.
Somit kann mit dieser Vorrichtung zwar eine Umwandlung von multidirektional wirkenden Kräften realisiert werden, jedoch ist sie für die Verwendung aufgrund ihrer teilweise starren Bauteile an einer Mensch-Maschine-Schnittstelle ungeeignet. Zudem kann ihre Steifigkeit und somit die Empfindlichkeit mit den beschriebenen Ausführungsformen nicht verändert und an verschiedene Messaufgaben angepasst werden.
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Aus der Patentschrift
DE112017004442T5 ist ein Kraftdetektor basierend auf Fluidbehältern (Fluidbälgen) aus flexiblem Material (z. B. Gummi oder Polyethylen) bekannt. Durch die spezielle Anordnung von Fluidbälgen werden die Kräfte in Normal- und Tangentialrichtung anhand von Innendruckunterschieden in den Fluidbälgen detektiert. Die Empfindlichkeitseinstellung und somit die Anpassung an verschiedene Messbedinungen sowie die Modifizierung der Kräfte sind bei dieser Erfindung nicht gegeben.
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Möglichkeiten zur Empfindlichkeitseinstellung sind aus der Patentschrift
US20170191891A1 bekannt. In dieser wird ein taktiler Sensor zur Ermittlung von Druckkräften beschrieben. Der Sensor umfasst einen Druckwandler, der in ein elastisches Material, welches als Kraftübertragungsmedium dient, eingebettet ist. Die Empfindlichkeitseinstellung erfolgt unter anderem durch die Steifigkeitsänderung des elastischen Materials. Es sind Ausführungsvarianten vorgestellt, bei denen die Empfindlichkeitseinstellung durch die mit Flüssigkeit oder Gas gefüllten Hohlräume realisiert wird. Mit dem Sensor ist ausschließlich die Ermittlung von Druckkräften und somit auch die Empfindlichkeitseinstellung gegenüber ausschließlich diesen Kräften möglich.
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In der
US20160015311A1 ist eine Vorrichtung zur Ermittlung von Druck- und/oder Scherkräften zwischen zwei Oberflächen offenbart. Die Vorrichtung besteht aus einem flexiblen Teilsystem zum Aufnehmen von Druck- und/oder Scherkräften und einem Wandler zur Erzeugung elektrischer Signale, die durch die Verformung des flexiblen Teilsystems verursacht werden. Bei dem Wandler handelt es sich um die Realisierung eines kapazitiven bzw. induktiven Messprinzips. Die genannte Vorrichtung bietet eine nachgiebige Lösung zur Normal- und Scherkraftermittlung z. B. für Auflageflächen bei der Dekubitusprophylaxe. Jedoch ist mit dieser Vorrichtung weder eine wirkortferne Erfassung der Kräfte (räumliche Trennung der Messelektronik von der Krafteinleitung und somit vom Messobjekt) noch die Modifikation der ermittelten Kräfte oder die Anpassung der Nachgiebigkeit/Empfindlichkeit möglich.
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Die Analyse des Standes der Technik hat ergeben, dass keine nachgiebigen Vorrichtungen zur wirkortfernen Erfassung und Modifikation von multidirektional wirkenden Kräften bekannt sind. Jedoch stellen solche Vorrichtungen für die Anwendung an der Mensch-Maschine-Schnittstelle (hier im speziellen bei der Dekubitusprophylaxe) eine Notwendigkeit dar. Die rechtzeitige Erkennung kritischer Kräfte (Normal- und Scherkräfte), die zwischen dem menschlichen Körper und einer Auflage auftreten, und ihre anschließende Minimierung bzw. Eliminierung, kann die Entstehung eines Wundliegegeschwürs vorbeugen und die Kosten für die Gesundheitsversorgung reduzieren.
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Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, die aus dem Stand der Technik bekannten Nachteile zu überwinden und für Auflageflächen zur Dekubitusprophylaxe oder Greifmechanismen in der Robotertechnik eine Vorrichtung sowie ein dazugehöriges Verfahren zur wirkortfernen Erfassung und Modifikation von Normal- und/oder Scherkräften bereitzustellen, wobei zusätzlich die Nachgiebigkeit der Vorrichtung und somit ihre Empfindlichkeit gegenüber einwirkenden Kräften einstellbar sein soll.
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Erfindungsgemäß gelingt die Lösung dieser Aufgabe mit den Merkmalen des ersten, siebenten und zehnten Patentanspruchs.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Lösung sind in den Unteransprüchen angegeben.
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Die Erfindung wird im Folgenden anhand von Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen:
- 1 - ein erstes Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Vorrichtung
- 2 - eine prinzipielle Darstellung der ersten Teileinheit
- 3 - drei Grundzustände für das Einwirken von Kräften auf die erste Teileinheit
- 4 - drei Beispiele für das Einwirken von Kräften auf die erste Teileinheit und die Abstandsdetektoren
- 5 - Beispiele für die anwendungsoptimierte Verwendung der Abstandsdetektoren in einer Ebene
- 6 - Beispiele für die anwendungsoptimierte Verwendung der Abstandsdetektoren in zwei (A) und drei (B) Ebenen
- 7 - Beispiele für die anwendungsoptimierte Verwendung von 4 bzw. 2 Abstandsdetektoren
- 8 - Ausführungsbeispiele der erfindungsgemäßen Vorrichtung
- 9 - ein Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Vorrichtung mit mehreren Teileinheiten (2) zur individuellen Einstellung der Empfindlichkeit für verschiedene Messachsen
- 10 - matrix- oder arrayförmige Anordnung einer Vielzahl von erfindungsgemäßen Vorrichtungen
- 11 - System zur Dekubitusprophylaxe unter Verwendung der erfindungsgemäßen Vorrichtung
- 12 - ein weiteres Ausführungsbeispiel der ersten elastischen Teileinheit mit integrierten Drucktastern
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1 zeigt ein erstes Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Vorrichtung. Sie ist ein nachgiebiges System, bestehend aus mindestens einer ersten elastischen Teileinheit (1) mit integrierten Abstandsdetektoren (3) und mindestens einer zweiten elastischen Teileinheit (2).
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Wie in 2 dargestellt, umfasst die erste elastische Teileinheit (1) ein elastisches Mittelsegment (1.2) mit einer ersten Steifigkeit und ein Deckelelement (1.1) sowie ein Fußelement (1.3) mit jeweils einer zweiten Steifigkeit, wobei die Steifigkeiten des Deckel- und des Fußelements um ein Vielfaches größer sind als die Steifigkeit des elastischen Mittelsegments. Folglich werden das Deckelelement (1.1) und das Fußelement (1.3) durch äußere Belastungen (einwirkende Kräfte oder Drücke) deutlich weniger verformt als das Mittelsegment (1.2).
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Während das Deckelelement (1.1) zusammen mit dem Mittelsegment (1.2) N Teilpaare TP11...TP1N (dargestellt in 2 mit N = 2) bildet, werden aus dem Fußelement (1.3) und dem Mittelsegment (1.2) M Teilpaare, TP21...TP2M (dargestellt in 2 mit M = 2) definiert, wobei N, M = 2,3... mit N, M ∈ ⊐ ist. Alle Abstände a1N und a2M (N, M = 2,3... mit N, M ∈ ⊐) innerhalb der N+M Teilpaare sind im unbelasteten Zustand bekannt und werden zum einfacheren Verständnis im Folgenden als identisch angenommen (a11 =...= a1N = a21...= a2M). Bei einer äußeren Belastung ändern sich diese Abstände, wobei zwischen 3 Grundzuständen unterschieden werden kann:
- • Grundzustand A (vgl. 3A), hervorgerufen durch eine auf das Deckelelement (1.1) wirkende, gleichmäßig verteilte bzw. zentrisch anliegende Normalkraft. Hier verringern sich die Abstände innerhalb der N und M Teilpaare gleich bzw. im ähnlich großen Maße (für N = M = 2, a11 = a12 ≈ a21 ≈ a22).
- • Grundzustand B (vgl. 3B), hervorgerufen durch eine auf das Deckelelement (1.1) wirkende, gleichmäßig verteilte bzw. zentrisch anliegende Normal- und Scherkraft. Hier verhalten sich die Abstände nur innerhalb der diagonal gegenüberliegenden N und M Teilpaare gleich bzw. im ähnlich großen Maße (für N = M = 2, a11 ≈ a22 und a12 ≈ a21).
- • Grundzustand C (vgl. 3C), hervorgerufen durch eine auf das Deckelelement (1.1) wirkende, nicht gleichmäßig verteilte bzw. nicht zentrisch anliegende Normal- und/oder Scherkraft. Hier verhalten sich die Abstände nur innerhalb der untereinanderliegenden Teilpaare ähnlich (für N = M = 2, a11 ≈ a21 und a12 ≈ a22).
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Zur Detektion der Abstandsänderungen zwischen dem Deckelelement (1.1) und dem elastischen Mittelsegment (1.2) (N Teilpaare) sowie auch zwischen dem Fußelement (1.3) und dem Mittelsegment (1.2) (M Teilpaare) ist jeweils mindestens ein Abstandsdetektor (3) mit einer dritten Steifigkeit angeordnet, wobei die Steifigkeit des Abstandsdetektors (3) kleiner ist als die Steifigkeit des Mittelsegments (1.2).
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Werden die Abstandsdetektoren (3) als mit einem Fluid gefüllte Druckkammern ausgeführt (z. B. für Anwendungen, bei denen die Feldfreiheit im Kontaktbereich zum Nutzer gewährleistet sein muss, da elektromagnetische Felder oder elektrisch leitende Gegenstände einen Störfaktor darstellen), können die auftretenden Verformungszustände und somit die einwirkenden Kräfte, die diese Zustände hervorgerufen haben, anhand der Druckänderung in den Abstandsdetektoren (3), erfasst werden (vgl. 4). Für dieses Ausführungsbeispiel bestehen die Abstandsdetektoren (3) aus einem leicht verformbaren Material (bspw. Polyurethanfolie), welches eine gewisse Rückstellfähigkeit besitzt, d. h. sie nehmen nach Entfernen der Belastung ihre Ursprungsform wieder an. Je nach Art der wirkenden Kräfte ändern sich, wie oben beschrieben, die Abstände a11 bis a1N und a21 bis a2M innerhalb der N + M Teilpaare der elastischen Teileinheit (1) (vgl. 3), wodurch es zur Verformung und somit zur Volumen- bzw. Druckänderung in den Abstandsdetektoren (3) kommt (vgl. 4). Die Druckänderung wird über eine Übertragungsstrecke an die Messelemente geleitet. Als Übertragungsstrecke dienen hier radialstabile Schläuche (4), deren Volumen im Vergleich zum Volumen der Abstandsdetektoren (3) vernachlässigbar klein ist. Als Sensorelemente können vorrangig adaptierte, kommerziell verfügbare Drucksensoren verwendet werden.
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Für eine einfachere Auswertung sind die Drücke im unbelasteten Ausgangszustand (vgl.
1) gleich zu wählen (p11 ≈ p12 ≈ p21 ≈ p22).
Befindet sich die elastische Teileinheit 1 im Grundzustand A, sind die Drücke in den Abstandsdetektoren (3) untereinander gleich bzw. nahezu gleich (p11 ≈ p12 ≈ p21 ≈ p22) (vgl.
4A).
Im Grundzustand B sind die Drücke in den diagonal gegenüberliegenden Abstandsdetektoren (3) gleich bzw. nahezu gleich (p11 ≈ p22, p12 ≈ p21) (vgl. 4B). Liegt der Grundzustand C vor, so sind die Drücke in den untereinanderliegenden Abstandsdetektoren (3) ähnlich groß (p11 ≈ p21, p12 ≈ p22) (vgl. 4C).
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Die Geometrie der elastischen Teileinheit (1) kann so ausgelegt werden, dass ein gezieltes nichtlineares Verformungsverhalten erreicht wird. Demzufolge können auch für unterschiedliche Belastungszustände unterschiedliche Steifigkeiten realisiert werden (statische Steifigkeitskennlinie).
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Werden die Abstände a innerhalb der N+M Teilpaare unterschiedlich groß gestaltet, können für verschiedene Kraftrichtungen unterschiedliche Empfindlichkeiten sowie Messbereiche eingestellt werden.
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Die Detektion der Grundzustände A, B und/oder C bei Belastung kann in einer oder mehreren Ebenen E erfolgen. Unter einer Ebene wird hier eine zum Deckelelement (1.1) senkrecht liegende Ebene verstanden (vgl. 6A).
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Die Anzahl der in der elastischen Teileinheit (1) zu verwendenden Abstandsdetektoren (3) richtet sich nach dem anwendungsspezifischen Bedarf: Detektion der Grundzustände A und/oder B und/oder C. Da eine hohe Anzahl an Abstandsdetektoren (3) einen höheren messtechnischen Aufwand nach sich zieht, ist diese Anzahl zu optimieren. In 5 sind einige Beispiele zur Anzahl und Positionierung der Abstandsdetektoren (3) in der elastischen Teileinheit (1) zur Detektion der Grundzustände A und/oder B und/oder C in einer Ebene E gezeigt.
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Für eine räumliche Erfassung der wirkenden Normal- und/oder Scherkräfte (Betrag, Richtung und Richtungssinn, bspw. für Grundzustand B) ist eine Positionierung der Abstandsdetektoren (3) in mindestens zwei Ebenen (E1 und E2) notwendig. Zwei Ausführungsbeispiele hierfür sind in 6 dargestellt (6A - Ausführung mit acht Abstandsdetektoren in einer Teileinheit; 6B - Ausführung mit sechs Abstandsdetektoren in einer Teileinheit).
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Ebenso kann eine richtungsabhängige Erfassung der wirkenden Normal- und Scherkräfte im Raum mit einer arrayförmigen Anordnung mehrerer erfindungsgemäßer Vorrichtungen realisiert werden. (vgl. 7: 7A - Ausführung mit vier Abstandsdetektoren (oben und unten) in einer Teileinheit (1); 7B - Ausführung mit zwei Abstandsdetektoren in einer Teileinheit (1))
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Mit Hilfe einer arrayförmigen Anordnung mehrerer erfindungsgemäßer Vorrichtungen können allgemein Belastungen und somit Lastverteilung auf ebene und unebene (bspw. gewölbte) Oberflächen (bspw. Liege- bzw. Sitzflächen, Robotergreifer-Oberflächen) erfasst werden.
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Zur gezielten Anpassung der Nachgiebigkeit dieser Oberflächen (gemeint ist die dynamische Beeinflussung der Steifigkeitskennlinie) umfasst die erfindungsgemäße Vorrichtung mindestens eine fluidisch betreibare, zweite elastische Teileinheit (2), die mit der ersten elastischen Teileinheit (1) gekoppelt ist (vgl. 8). Dabei wird zwischen einer seriellen (8A) und einer parallelen (8B und 8C) Kopplung der beiden Teileinheiten unterschieden. Die zweiten elastischen Teileinheiten (2) können viereckig oder rund und somit spannungsoptimiert oder anwendungsoptimiert ausgeformt sein. Denkbare Ausführungsvarianten für die Anordnung der Teileinheiten (2) mit unterschiedlicher Geometrie können der 8 entnommen werden: 8A - Teileinheit (2) in Form eines runden bzw. viereckigen Kissens, positioniert über der Teileinheit (1) (serielle Anordnung); 8B - Teileinheit (2) in Form eines Faltenbalges positioniert innerhalb der Teileinheit (1) (parallele Anordnung); 8C - zwei oder mehr Teileinheiten (2) in Form eines rundes bzw. viereckiges Kissens oder eine Teileinheit (2) in Form eines Torus positioniert zwischen dem Deckel- und Fußelement (1.1 und 1.3) der Teileinheit (1) (parallele Anordnung).
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Mit einer Mehrzahl seriell und/oder parallel zur Teileinheit (1) geschalteter elastischer Teileinheiten (2) (vgl. 9) lassen sich die Empfindlichkeit der erfindungsgemäßen Vorrichtung u. a. für unterschiedliche Messachsen individuell und in einer matrixförmigen Anordnung auch positionsbezogen einstellen.
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Mit einer bereits erwähnten matrix- oder arrayförmigen Anordnung mehrerer erfindungsgemäßer Vorrichtungen können Sitz- oder Liegeflächen aufgebaut werden, mit denen die auf sie wirkenden Normal- und/oder Scherkräfte (Betrag, Richtung und Richtungssinn) erfasst und anschließend reduziert oder sogar eliminiert werden können. In 10 ist eine matrixartige Anordnung von mehreren erfindungsgemäßen Vorrichtungen am Beispiel einer Teileinheit (1) mit acht integrierten Abstandsdetektoren (3) (vier in einer ersten Ebene E1 und vier in einer zweiten Ebene E2) (vgl. 6A) und einer Teileinheit (2) in Form eines runden Kissens (vgl. 8A), gezeigt. Die elastische Teileinheit (2) überträgt die zwischen einem Körper (Nutzer) und einer Liege-/Sitzfläche wirkenden Kräfte an das Deckelelement (1.1) der elastischen Teileinheit (1) und bewirkt eine Verformung des elastischen Mittelsegments (1.2) und der als fluidgefüllte Druckkammern ausgeführten Abstandsdetektoren (3). Die dadurch hervorgerufenen Druckänderungen werden über radialstabilen Schläuche (4) (Übertragungsstrecke), die in einen außerhalb der Liege/- Sitzfläche angebrachten Schlauchstrang (5) münden, an die Sensoreinheit (6) (Drucksensoren) übermittelt. Somit ist eine unmittelbare Nähe der Sensoreinheit (6) einerseits zum Nutzer und andererseits zu den medizinischen Gerätschaften ausgeschlossen, so dass etwaige Störwirkungen auf beide vermieden werden können (vgl.
1 und 10).
Über einen Rückkopplungskreis zwischen der Sensoreinheit (6) und der zweiten elastischen Teileinheit (2) kann eine gezielte Entlastung der belasteten und über die Sensoren detektierten Körperstellen realisiert werden (vgl. 11).
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In Abhängigkeit von den Ausgangssignalen der Sensoreinheit (6) findet ein kontrolliertes Aufpumpen bzw. Ablassen der Luft in den betreffenden Teileinheiten (2) über die Fluidanschlüsse (7) statt. Hierfür werden von der Steuereinheit (8) binäre Signale an die Ventile, die in einem Ventilarray (9) angeordnet sind, übermittelt. Mit Hilfe dieser dynamischen Anpassung der Nachgiebigkeit einzelner erfindungsgemäßer Vorrichtungen können detektierte Kraftspitzen ausgeglichen werden.
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Für Anwendungen, bei denen die Feldfreiheit (ohne elektrische und/oder magnetische Felder oder elektrisch leitende Gegenstände) im Bereich des Messobjektes (Sitz- bzw. Liegebereich) nicht erforderlich ist, können die Abstandsdetektoren (3) auch dafür ausgebildet sein, bei einwirkenden Normal- und/oder Scherkräften, die einen bestimmten Schwellenwert übersteigen, einen elektrischen Kontakt temporär zu schließen, wobei natürlich das Verformungsverhalten der Teileinheit (1) möglichst nicht beeinträchtigt werden soll. Das derart generierte elektrische Signal wird in der Folge an die Sensoreinheit (6) übermittelt.
Hierzu können beispielsweise einfache elektrische Taster (10) als Abstandsdetektoren (3) verwendet werden (vgl. 12). Der Schwellenwert der zu detektierenden Normal- und/oder Scherkräfte kann über die Geometrie und die Materialeigenschaften des elastischen Mittelsegments (1.2) sowie über den Abstand der Kontakte der Taster (10) bzw. über eine unterschiedliche Betätigungskraft der Taster (10) gezielt eingestellt werden. Hierbei handelt es sich um eine einmalige Einstellung des Schwellwertes während des Aufbauprozesses der Vorrichtung.
Mit Hilfe der Änderung des Innendruckes der elastischen Teileinheit (2) ist die Einstellung des Schwellenwertes aber auch nach dem Aufbauprozess während der Messung möglich. Je nach Geometrie und Positionierung der Teileinheit (2) innerhalb der Teileinheit (1), beeinflusst das Erhöhen ihres Innendruckes einerseits die Nachgiebigkeit der Teileinheit (1). Andererseits kann sich der Innendruck der Teileinheit (2) auf die Abstände zwischen dem Deckelelement (1.1) und dem Mittelsegment (1.2) sowie die Abstände zwischen dem Fußelement (1.3) und Mittelsegment (1.2) auswirken.
Darüber hinaus kann die Teileinheit (2) auch zur Ermittlung des Betrages einer wirkenden Normalkraft dienen. Dadurch, dass die Nachgiebigkeit der Teileinheit (1) vom Innendruck der Teileinheit (2) abhängig ist, ist die Minimalkraft, die eine Betätigung des Tasters (10) verursacht, ebenfalls von diesem Innendruck abhängig und ergibt eine Kennlinie. Die Ermittlung des Betrags der wirkenden Normalkraft kann über eine Messung des Innendruckes der Teileinheit (2) im Moment der Betätigung des Tasters (10) erfolgen.
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Die vorliegende Erfindung erlaubt die Transformation von auf eine Oberfläche einwirkenden Normal- und Scherkräften in ein mechanisches oder elektrisches Signal sowie dessen Übertragung an eine vom Wirkort entfernt angeordnete Sensoreinheit.
Durch die Flexibilität (Nachgiebigkeit) der Vorrichtung ist diese für die Anwendung an der Mensch-Maschine-Schnittstelle, insbesondere für die Dekubitusprophylaxe, prädestiniert. Die ggf. erforderliche Freiheit von elektrisch leitenden Teilen sowie von elektrischen und magnetischen Feldern im Bereich des Messobjektes erlaubt Diagnostik- und Therapie-Methoden zu benutzen, für welche diese einen Störfaktor darstellen.
Mit Hilfe der integrierten elastischen Teileinheit (2) kann dynamisch die Nachgiebigkeit und somit die Gesamtsteifigkeit der Vorrichtung positionsabhängig geändert werden, wodurch die Einstellung der Empfindlichkeit und somit die Anpassbarkeit an unterschiedliche Messbedienungen (bspw. unterschiedliche Gewichte der Greifobjekte bei einem Greifer, oder unterschiedliche Gewichte der Nutzer oder der Körperteile bei einem Antidekubitus-System) ermöglicht wird. Weiterführend kann mit Hilfe der Teileinheit (2) eine Entlastung der detektierten Körperstellen in einem Antidekubitus-System erfolgen. Ferner ist der Greifzustand bei Greifern detektierbar (bspw. ein Entgleiten des Greifobjektes), wodurch eine Anpassung der Greifkräfte auf den neuen Zustand eingeleitet werden kann.
Die erfindungsgemäße Lösung kann auch eine Mehrzahl seriell und/oder parallel zur Teileinheit (1) geschalteter elastischer Teileinheiten (2) aufweisen. Dies erlaubt die Empfindlichkeit u. a. für unterschiedliche Messachsen individuell und in einer matrixförmigen Anordnung auch positionsbezogen einzustellen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- erste elastische Teileinheit
- 2
- zweite elastische Teileinheit
- 1.1
- Deckelelement
- 1.2
- elastisches Mittelsegment
- 1.3
- Fußelement
- 3
- Abstandsdetektoren
- 4
- radialstabile Schläuche
- 5
- Schlauchstrang
- 6
- Sensoreinheit
- 7
- Fluidanschlüsse
- 8
- Steuereinheit
- 9
- Ventilarray
- 10
- elektrischer Taster
- a11,.. ,a1N
- Abstand zwischen dem Deckelelement (1.1) und dem Mittelsegment (1.2)
- a21,..,a2M
- Abstand zwischen dem Fußelement (1.3) und dem Mittelsegment (1.2)
- P11,..,P1N
- Druck in den fluidgefüllten elastischen Druckkammern, die als Abstandsdetektoren (3) dienen
- TP11,...,TP1N
- Teilpaare, die das Deckelelement (1.1) zusammen mit dem Mittelsegment (1.2) bildet
- TP21,..,TP2M
- Teilpaare, die das Fußelement (1.3) zusammen mit dem Mittelsegment (1.2) bildet
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- Normalkraft
-
- Scherkraft
- E1, E2, E3, E
- Ebenen