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Die Erfindung betrifft einen Fahrzeugsitz, insbesondere für Fahrzeuge des öffentlichen Personennahverkehrs, und betrifft außerdem Anordnungen von Sitzen in einem Fahrzeug sowie ein Fahrzeug gemäß den Oberbegriffen der unabhängigen Patentansprüche.
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In Fahrzeugen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) wie z. B. Bussen, Straßenbahnen, Eisenbahnen, Fähren, Großraumtaxis oder neuartigen führerlosen, Personentransportfahrzeugen, die ohne Fahrplan Fahrgäste individuell auf Bestellung ohne Zwischenhalt vollautomatisch an ihr Ziel bringen, sind außer Sitzen in der Regel auch Flächen für das Abstellen von Gepäck, Kinderwagen, Rollstühlen u. dgl. bereitzustellen. Dabei wird ein Kompromiss zwischen der Zahl der Sitze und den Abstellmöglichkeiten angestrebt. Doch ist es nicht möglich, sämtlichen in der Praxis auftretenden Beförderungssituationen gut gerecht zu werden. In manchen Situationen wünscht man sich mehr Sitze, und in anderen Situationen mehr und/oder größere Abstellflächen.
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Eine Verbesserung bilden Sitze mit hochklappbaren Sitzschalen, wie sie z. B. aus der
US 2008/100112 A1 bekannt sind, doch ist die vor einer oder mehreren hochgeklappten Sitzen zur Verfügung stehende Abstellfläche häufig kleiner oder größer als die in einer gegebenen Beförderungssituation tatsächlich benötigte Fläche, so dass die Flächenausnutzung nicht optimal ist.
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Die
DE 10 2015 203 451 A1 offenbart einen Fahrzeugsitz mit den Merkmalen des Oberbegriffs von Patentanspruch 1, der insbesondere für Leichtkraftfahrzeuge gedacht ist und eine für die Passagiere angenehme Kurvenfahrt ermöglicht. Dazu enthält der Fahrzeugsitz eine Sitzfläche, auf der zwei Personen hintereinander Platz nehmen können und die bezüglich einer Längsachse des Fahrzeugs beweglich ist, wobei sich die Sitzfläche während einer Kurvenfahrt kontinuierlich bezüglich eines Rahmens oder einer Karosserie des Fahrzeugs bewegen kann. Die Sitzfläche wird von einem stützenden Halter getragen, welcher zwei Arme aufweist, welche den Halter und die damit verbundene Sitzfläche mittels Drehgelenken beweglich mit einem fest mit dem Fahrzeug verbundenen Strukturelement verbinden. Eine Bewegung parallel zu einer Längsachse des Fahrzeugs ist nicht möglich. In einer Ausführungsform ist die Sitzfläche mittels Doppelgelenken mit dem Fahrzeug verbunden, derart, dass die Sitzfläche seitlich und gleichzeitig in der Höhe bewegt werden kann, wodurch sich der Gesamtschwerpunkt des Fahrzeugs samt Fahrer und Passagieren während einer Kurvenfahrt kontinuierlich verändert.
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Die
CN 202 806 453 U offenbart einen Fahrzeugsitz, der über vier längliche Arme, die jeweils an einem ersten Ende teils fest und teils durch erste Drehgelenke mit dem Fahrzeugsitz verbunden sind, an zweiten, von den ersten Enden beabstandeten Enden der Arme durch zweite Drehgelenke mit fahrzeugfesten Strukturelementen verbunden sind. Die Drehachsen der Drehgelenke verlaufen parallel zu einer Horizontalebene, in der sich die Sitzfläche in einem Gebrauchszustand befindet. Dadurch können die Sitzschale und die Rückenschale des Sitzes, der sich im Gebrauchszustand auf einem separaten Gestell abstützt, gleichzeitig zusammen und nahe an eine Wand des Fahrzeugs geklappt werden.
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Die
DE 20 2013 008 986 U1 offenbart einen Hub-Dreh-Schwenksitz für Wohnmobile, der um eine horizontal verlaufende Achse geschwenkt werden kann, um den Ein- und Ausstieg zu erleichtern.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, in Fahrzeugen des öffentlichen Personennahverkehrs besonders flexible Abstellmöglichkeiten bereitzustellen.
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Diese Aufgabe wird durch einen Fahrzeugsitz, durch Anordnungen von Sitzen in einem Fahrzeug sowie durch ein Fahrzeug gemäß den Oberbegriffen der unabhängigen Patentansprüche gelöst.
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Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Patentansprüchen angegeben.
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Ein erfindungsgemäßer Fahrzeugsitz wird von mindestens einem länglichen Tragarm getragen, der an einem ersten Ende durch ein erstes Drehgelenk mit dem Fahrzeugsitz verbunden ist und der an einem zweiten, von dem ersten Ende beabstandeten Ende durch ein zweites Drehgelenk mit einem Strukturelement verbunden ist, das fest mit dem Fahrzeug verbunden oder dafür eingerichtet ist, fest mit dem Fahrzeug verbunden zu werden, wobei die Drehachsen der beiden Drehgelenke senkrecht zu einer Horizontalebene verlaufen, in der sich die Sitzfläche in einem Gebrauchszustand befindet, also senkrecht zu einer Horizontalebene des Fahrzeugs.
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Somit kann der Sitz derart in einem Fahrzeug montiert werden, vorzugsweise innen an einer Seitenwand oder einer Front- oder Rückwand des Fahrzeugs, dass er auf dem mindestens einen Tragarm in der Horizontalebene in verschiedene, aber gleich orientierte Positionen geschwenkt werden kann, in denen er jeweils von einem Benutzer verriegelt werden kann oder von selbst einrastet. Dabei befindet sich der Sitz immer in derselben Höhe über dem Fahrzeugboden.
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Vorzugsweise werden drei Verriegelungspositionen vorgesehen, nämlich eine besonders komfortable mittlere Position, in der der Tragarm senkrecht zu der Wand verläuft und der Sitz aufgrund der Länge des Tragarms einen Abstand von der Wand hat, und zwei seitliche Positionen links und rechts von der mittleren Position, in denen sich der Sitz näher an der Wand befindet als in der mittleren Position. Je nach Positionswahl entsteht links und/oder rechts von dem Sitz eine mehr oder weniger große Abstellfläche, je nachdem, wo und in welcher Größe diese benötigt wird.
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Die Erfindung ermöglicht eine sehr flexible Nutzung des Fahrzeuginnenraums, ohne Sitze umständlich ummontieren zu müssen, und eignet sich damit besonders für Fahrzeuge des öffentlichen Personennahverkehrs.
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Vorzugsweise ist der Fahrzeugsitz als Einzelsitz für eine Person oder als Doppelsitz für zwei direkt nebeneinander sitzende Personen ausgelegt, doch könnte man auch eine Sitzbank für drei oder mehr Personen auf die erfindungsgemäße Weise schwenkbar machen.
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Der Abstand zwischen den zwei Drehgelenken bewegt sich vorzugsweise zwischen 1/3 und 3/2 und noch mehr bevorzugt zwischen 1/2 und 2/3 der Breite oder Länge einer Einzelsitzfläche.
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Wenn das erste Drehgelenk in einem hinteren Bereich des Sitzes an einer Unterseite des Fahrzeugsitzes angebracht ist, kann der Sitz ebenso weit zur Seite schwenkbar sein wie der Tragarm lang ist bzw. die Drehgelenke beabstandet sind. Es sind aber auch Ausführungsformen denkbar, in denen der Sitz eher in seiner Mitte oder noch weiter vorne drehbar an einem möglicherweise längeren Tragarm angelenkt ist.
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Der Fahrzeugsitz kann von einem einzigen Tragarm freitragend getragen werden. Alternativ kann er von zwei in einem horizontalen Abstand parallel verlaufenden Tragarmen freitragend getragen werden, die jeweils ein erstes und ein zweites Drehgelenk aufweisen und zusammen eine Parallelogrammführung bilden, die sich in der Horizontalebene erstreckt.
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist der Fahrzeugsitz dafür einrichtet, in einem innen an einer Wand eines Fahrzeugs montierten Zustand in der Horizontalebene in drei verschiedene, aber in der gleichen Richtung orientierte Positionen wie oben angegeben auf dem mindestens einen Tragarm schwenkbar und in jeder der drei Positionen verriegelbar zu sein.
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Vorzugsweise weist der Fahrzeugsitz mindestens eine Sitzschale und mindestens eine Rückenschale auf, wobei mindestens eine Sitzschale an die zugehörige Rückenschale anklappbar ist, wie bei Fahrzeugen des ÖPNV an sich bekannt.
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In einer erfindungsgemäßen Sitzanordnung ist ein Einzel- oder Doppelsitz innen an einer Wand des Fahrzeugs montiert, derart, dass in einer Position, in der sein Tragarm senkrecht zu der Wand verläuft, rechts und/oder links von dem solcherma-ßen positionierten Sitz mindestens eine halbe Sitzbreite Abstand zu anderen Sitzen oder Strukturelementen des Fahrzeugs sowie eine entsprechende Abstellfläche auf dem Fahrzeugboden bleibt.
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In einer weiteren erfindungsgemäßen Sitzanordnung sind zwei Einzel- oder Doppelsitze nebeneinander innen an einer Wand des Fahrzeugs montiert, und zwar in einem Abstand voneinander, dass sie in Positionen, in denen die jeweiligen Tragarme senkrecht zu der Wand verlaufen, direkt nebeneinander liegen, und derart, dass rechts und/oder links von den solchermaßen positionierten Sitzen mindestens eine halbe Sitzbreite Abstand zu anderen Sitzen oder Strukturelementen des Fahrzeugs sowie eine entsprechende Abstellfläche auf dem Fahrzeugboden bleibt.
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Es folgt eine Beschreibung von Ausführungsbeispielen anhand der Zeichnung.
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Darin zeigen:
- 1 eine Seitenansicht eines Sitzes in einem Fahrzeug in einer mittleren Position;
- 2a eine verkleinerte Seitenansicht des Sitzes von 1 in einer seitlichen Position und mit hochgeklappter Sitzschale;
- 2b eine verkleinerte Seitenansicht des Sitzes von 1 in einer seitlichen Position und mit heruntergeklappter Sitzschale;
- 3 eine Draufsicht auf zwei nebeneinander montierte Sitze wie in 1 in einem Zustand, in dem sie sich beide in einer mittleren Position befinden, wobei jeder Sitz als ein Einzelsitz ausgebildet ist;
- 4a eine verkleinerte Draufsicht auf die Sitze von 3 in einem Zustand, in dem sie in entgegengesetzte Richtungen geschwenkt sind und ihre Sitzschalen hochgeklappt sind;
- 4b eine verkleinerte Draufsicht auf die Sitze von 3 in einem Zustand, in dem sie in entgegengesetzte Richtungen geschwenkt sind und ihre Sitzschalen heruntergeklappt sind;
- 4c eine verkleinerte Draufsicht auf die Sitze von 3 in einem Zustand, in dem sie in dieselbe Richtung geschwenkt sind und ihre Sitzschalen hochgeklappt sind;
- 4d eine verkleinerte Draufsicht auf die Sitze von 3 in einem Zustand, in dem sie in dieselbe Richtung geschwenkt sind und ihre Sitzschalen heruntergeklappt sind;
- 5 eine Draufsicht auf zwei nebeneinander montierte Sitze wie in 1 in einem Zustand, in dem sie sich beide in einer mittleren Position befinden, wobei jeder Sitz als ein Doppelsitz ausgebildet ist;
- 6a eine verkleinerte Draufsicht auf die Sitze von 5 in einem Zustand, in dem sie in dieselbe Richtung geschwenkt sind und ihre Sitzschalen hochgeklappt sind;
- 6b eine verkleinerte Draufsicht auf die Sitze von 5 in einem Zustand, in dem sie in dieselbe Richtung geschwenkt sind und ihre Sitzschalen heruntergeklappt sind;
- 6c eine verkleinerte Draufsicht auf die Sitze von 5 in einem Zustand, in dem sie in entgegengesetzte Richtungen geschwenkt sind und ihre Sitzschalen hochgeklappt sind; und
- 6d eine verkleinerte Draufsicht auf die Sitze von 5 in einem Zustand, in dem sie in entgegengesetzte Richtungen geschwenkt sind und ihre Sitzschalen heruntergeklappt sind.
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Der in 1 schematisch von einer Seite gezeigte Fahrzeugsitz 1 enthält eine Sitzschale 2, eine Rückenschale 3 und ein Gelenk 4 dazwischen, so dass die Sitzschale 2 an die Rückenschale 3 anklappbar ist, wie man in 2a erkennt.
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Der Sitz 1 wird von einem länglichen Tragarm 5 getragen, der sich in einer durch die heruntergeklappte Sitzschale 2 definierten Horizontalebene erstreckt, welche der Horizontalebene des Fahrzeugs entspricht.
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Der der Tragarm 5 ist ein Freiträger-Arm, der den Sitz 1 freitragend stützt, also ohne dass der Sitz 1 durch irgendwelche zusätzlichen Elemente abgestützt werden muss.
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Der Tragarm 5 hat zwei Enden, nämlich ein erstes Ende, das durch ein erstes Drehgelenk 6 mit einem hinteren mittleren Bereich der Unterseite des Sitzes 1 verbunden ist, und ein zweites Ende, das durch ein zweites Drehgelenk 7 mit einem Strukturelement 8 verbunden ist, das fest mit einer nicht gezeigten, in allen Figuren links zu denkenden vertikalen Wand des Fahrzeugs verbunden ist bzw. dafür eingerichtet ist, fest damit verbunden zu werden.
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Die Drehachsen der beiden Drehgelenke 6, 7 verlaufen senkrecht zu der Horizontalebene, so dass der Sitz aus einer in 1 gezeigten mittleren Position, in der er aufgrund des senkrecht von der Wand hervorstehenden Tragarms 5 auch einen gewissen Abstand zu der Wand hat, zur Seite geschwenkt werden kann, nämlich in eine von zwei seitlichen Positionen links und rechts von der mittleren Position, in denen sich der Sitz 1 auch näher an der Wand befindet als in der mittleren Position, wie in 2a mit hochgeklappter Sitzschale 2 und in 2b mit heruntergeklappter Sitzschale 2 veranschaulicht. Zumindest in den drei genannten Positionen sollte der Sitz 1 dieselbe Winkelorientierung in der Horizontalebene haben, was z. B. durch geeignete Verriegelungsmittel erreicht werden kann.
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3 und 4a-d sind Draufsichten auf zwei nebeneinander montierte und als Einzelsitze ausgebildete Sitze 1 wie in 1. Aus einem in 3 gezeigten Grundzustand, in dem sie sich beide Sitze 1 in ihrer mittleren Position befinden und ihre Sitzschalen 2 heruntergeklappt sind, können die Sitze 1 in jeden der in 4a-d gezeigten Positions- und Konfigurationszustände gebracht werden, nämlich durch mit Pfeilen angezeigtes Schwenken auf ihren Tragarmen 5 unter Beibehalt ihrer Winkelorientierungen in der Horizontalebene und/oder durch Hochklappen ihrer Sitzschale 2.
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5 und 6a-d sind Draufsichten auf zwei nebeneinander montierte und als Doppelsitze ausgebildete Sitze 1', die dem in 1 gezeigten Sitz 1 im Querschnitt gleichen, aber breiter sind. wie in 1. Aus einem in 5 gezeigten Grundzustand, in dem sie sich beide Sitze 1' in ihrer mittleren Position befinden und ihre Sitzschalen 2' heruntergeklappt sind, können die Sitze 1' in jeden der in 6a-d gezeigten Positions- und Konfigurationszustände gebracht werden, nämlich durch mit Pfeilen angezeigtes Schwenken auf ihren Tragarmen 5 unter Beibehalt ihrer Winkelorientierungen in der Horizontalebene und/oder durch Hochklappen ihrer Sitzschalen 2'.
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In den verschiedenen Zuständen, die in 3, 4a-d, 5 und 6a-d dargestellt sind, gibt es vor und/oder zwischen und/oder rechts bzw. links von den Sitzen 1 bzw. 1' verschiedene mehr oder weniger große Abstellflächen, die je nach aktuellem Bedarf optimal genutzt werden können, z. B. für Gepäck, einen Kinderwagen, einen Rollstuhl usw. Diese Variabilität hängt natürlich auch von dem Abstand zwischen den zwei Drehgelenken 6, 7 ab, der zur Veranschaulichung in verschiedenen Ausführungsbeispielen verschieden dargestellt ist.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- US 2008100112 A1 [0003]
- DE 102015203451 A1 [0004]
- CN 202806453 U [0005]
- DE 202013008986 U1 [0006]