-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Anpassen eines Steuerungsverhaltens eines Personentransportfahrzeugs. Weiterhin betrifft die Erfindung eine Anpassvorrichtung. Überdies betrifft die Erfindung ein Personentransportfahrzeug.
-
Fahrerassistenzsysteme, teil-autonome Systeme und vollständig autonome Systeme nutzen Technologien, um die Umgebung der von ihnen gesteuerten Fahrzeuge zu erfassen und zu interpretieren. Mit dieser Information werden eine Vielzahl von unterschiedlichen Aktionen durchgeführt. Mit Hilfe dieser Aktionen kann der Fahrer gewarnt werden oder es kann eine Bremsaktion oder eine Steueraktion durchgeführt werden.
-
Allerdings wird bei dem Auslösen dieser Aktionen nicht die Situation der Passagiere innerhalb des Fahrzeugs berücksichtigt. Beispielsweise wird mit Hilfe eines Front-Kollisions-Assistenzsystems in einem automatisierten Fahrzeug so stark wie möglich gebremst, um eine Kollision zu verhindern. Falls ein Fahrzeug eine Spur wegen einer Unaufmerksamkeit des Fahrers verlässt, steuert der automatisierte Spurhalteassistent so hart wie nötig, um das Fahrzeug innerhalb einer Spur zu halten.
-
Während dieses Verhalten bei Individualfahrzeugen akzeptabel ist, ist es ungünstig für Fahrzeuge des öffentlichen Verkehrssystems. Der Unterschied liegt in der Tatsache, dass in Personenkraftfahrzeugen jeder Passagier durch einen Gurt gesichert ist, dagegen in öffentlichen Verkehrsmitteln die Passagiere ungesichert auf ihren Plätzen sitzen oder gar herumstehen, ohne sich an Stangen oder Haltegurten festzuhalten. Falls ein energisches Manöver ausgeführt wird, kann es zu ernsthaften Verletzungen der Passagiere kommen.
-
Herkömmlich werden Aktionsgeschwindigkeiten in öffentlichen Verkehrsmitteln derart reduziert, dass es bei einer plötzlichen Reaktion eines autonomen Steuerungssystems nicht zu Verletzungen der Passagiere kommen kann. Allerdings kann mithin auch nicht in jedem Fall ein Unfall vermieden werden, da die Reaktionsmöglichkeiten des autonomen Steuerungssystems mithin beschränkt sind.
-
Es besteht also die Aufgabe, ein Verfahren und eine Steuereinrichtung anzugeben, mit denen die Sicherheit der Passagiere gewahrt werden kann und trotzdem Kollisionen und Gefährdungen von anderen Verkehrsteilnehmern vermieden werden.
-
Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren zum Anpassen eines Steuerungsverhaltens eines Personentransportfahrzeugs gemäß Patentanspruch 1, eine Anpassvorrichtung gemäß Patentanspruch 11 und ein Personentransportfahrzeug gemäß Patentanspruch 12 gelöst.
-
Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zum Anpassen eines Steuerungsverhaltens eines Personentransportfahrzeugs werden Sensordaten von einem Passagierbereich eines Personentransportfahrzeugs erfasst. Diese Sensordaten können zum Beispiel optische Sensordaten, Drucksensordaten, Daten von kapazitiven Sensoren, induktiven Sensoren oder Laserdetektoren umfassen. Als Personentransportfahrzeug kann zum Beispiel ein Bus oder ein Personen transportierendes Schienenfahrzeug genutzt werden. Weiterhin erfolgt ein automatisiertes Detektieren von Personen und/oder Gegenständen in dem Passagierbereich auf Basis der Sensordaten. Das Detektieren von Personen oder Gegenständen kann zum Beispiel mit Hilfe eines Modells erfolgen, das mit Hilfe eines maschinellen Lernverfahrens trainiert wurde, und auf die erfassten Sensordaten angewendet wird. Auf Basis der detektierten Personen und/oder Gegenstände wird eine Sicherheitslage in dem Passagierbereich ermittelt. Die Sicherheitslage umfasst insbesondere Informationen darüber, wie gefährdet Personen durch Fahrmanöver mit erhöhter Beschleunigung, Verzögerung oder Zentrifugalkraft sind. Die Sicherheitslage kann zum Beispiel anhand der relativen Position und Körperstellung der Passagiere ermittelt werden. Insbesondere kann eine Position der Passagiere relativ zu Einrichtungsgegenständen oder Gepäckstücken hinsichtlich einer Gefährdungslage der Passagiere ausgewertet werden. Schließlich erfolgt ein Anpassen des Steuerungsverhaltens einer zumindest teil-autonomen Steuerung des Personentransportfahrzeugs an die ermittelte Sicherheitslage. Vorteilhaft kann über eine Überwachung des Innenraums des Personentransportfahrzeugs die Sicherheit der Passagiere verbessert werden, indem das Fahrverhalten des Personentransportfahrzeugs an eine mögliche Gefährdung der Passagiere angepasst wird. Vorteilhaft kann die zumindest teil-autonome Steuerung für den Fall, dass die Passagiere durch abrupte Manöver nicht gefährdet sind, entsprechend aggressiv auf von der Umgebung ausgehende Gefahren reagieren. Überwiegt jedoch situationsbedingt eine Gefahr einer Verletzung der Passagiere durch die Reaktion des Personentransportfahrzeugs selbst, so wird diese Gefahr bei der Hindernisdetektion sowie der Reaktion auf Gefahren aus der Umgebung durch Einschränken der Dynamik des Steuerungsverhaltens des Personentransportfahrzeugs berücksichtigt.
-
Die erfindungsgemäße Anpassvorrichtung weist eine Eingangsschnittstelle zum Empfangen von Sensordaten von einem Passagierbereich eines Personentransportfahrzeugs auf. Die Sensordaten können zum Beispiel Bilddaten von einer Bildkamera umfassen, mit der Bildaufnahmen von dem Passagierbereich des Personentransportfahrzeugs durchgeführt werden. Teil der erfindungsgemäßen Anpassvorrichtung ist auch eine Detektionseinheit zum automatisierten Detektieren von Personen und/oder Gegenständen in dem Passagierbereich auf Basis der Sensordaten. Die Anpasseinrichtung weist auch eine Auswertungseinheit zum Ermitteln einer Sicherheitslage in dem Passagierbereich auf Basis der detektierten Personen und/oder Gegenstände auf. Überdies umfasst die erfindungsgemäße Anpassvorrichtung auch eine Anpasseinheit zum Anpassen des Steuerungsverhaltens einer zumindest teil-autonomen Steuerung des Personentransportfahrzeugs. Die Anpassvorrichtung teilt die Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Anpassen eines Steuerungsverhaltens eines Personentransportfahrzeugs.
-
Das erfindungsgemäße Personentransportfahrzeug, vorzugsweise ein Personen transportierendes Schienenfahrzeug, weist die erfindungsgemäße Anpassvorrichtung auf. Außerdem umfasst das erfindungsgemäße Personentransportfahrzeug einen Passagierbereich und eine Sensoreinheit zum Erfassen von Sensordaten von dem Passagierbereich. Das erfindungsgemäße Personentransportfahrzeug teilt die Vorteile der erfindungsgemäßen Anpassvorrichtung.
-
Teile der erfindungsgemäßen Anpassvorrichtung können zum überwiegenden Teil in Form von Softwarekomponenten ausgebildet sein. Dies betrifft insbesondere Teile der Detektionseinheit, der Auswertungseinheit und der Anpasseinheit. Grundsätzlich können diese Komponenten aber auch zum Teil, insbesondere wenn es um besonders schnelle Berechnungen geht, in Form von softwareunterstützter Hardware, beispielsweise FPGAs oder dergleichen, realisiert sein. Ebenso können die benötigten Schnittstellen, beispielsweise wenn es nur um eine Übernahme von Daten aus anderen Softwarekomponenten geht, als Softwareschnittstellen ausgebildet sein. Sie können aber auch als hardwaremäßig aufgebaute Schnittstellen ausgebildet sein, die durch geeignete Software angesteuert werden.
-
Eine teilweise softwaremäßige Realisierung hat den Vorteil, dass auch schon bisher in Personentransportfahrzeugen genutzte Rechnersysteme, die beispielsweise Teil eines autonomen oder teil-autonomen Steuerungssystems sein können, auf einfache Weise durch ein Software-Update nachgerüstet werden können, um auf die erfindungsgemäße Weise zu arbeiten. Insofern wird die Aufgabe auch durch ein entsprechendes Computerprogrammprodukt mit einem Computerprogramm gelöst, welches direkt in eine Speichereinrichtung eines solchen Rechnersystems ladbar ist, mit Programmabschnitten, um alle Schritte des Verfahrens zum Anpassen eines Steuerungsverhaltens eines Personentransportfahrzeugs auszuführen, wenn das Computerprogramm in dem Rechnersystem ausgeführt wird.
-
Ein solches Computerprogrammprodukt kann neben dem Computerprogramm gegebenenfalls zusätzliche Bestandteile, wie z.B. eine Dokumentation und/oder zusätzliche Komponenten, auch Hardware-Komponenten, wie z.B. Hardware-Schlüssel (Dongles etc.) zur Nutzung der Software, umfassen.
-
Zum Transport zur Speichereinrichtung des Rechnersystems und/oder zur Speicherung an dem Rechnersystem kann ein computerlesbares Medium, beispielsweise ein Memorystick, eine Festplatte oder ein sonstiger transportabler oder fest eingebauter Datenträger dienen, auf welchem die von einer Rechnereinheit einlesbaren und ausführbaren Programmabschnitte des Computerprogramms gespeichert sind. Die Rechnereinheit kann z.B. hierzu einen oder mehrere zusammenarbeitende Mikroprozessoren oder dergleichen aufweisen.
-
Die abhängigen Ansprüche sowie die nachfolgende Beschreibung enthalten jeweils besonders vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung. Dabei können insbesondere die Ansprüche einer Anspruchskategorie auch analog zu den abhängigen Ansprüchen einer anderen Anspruchskategorie und deren Beschreibungsteilen weitergebildet sein. Zudem können im Rahmen der Erfindung auch die verschiedenen Merkmale unterschiedlicher Ausführungsbeispiele und Ansprüche auch zu neuen Ausführungsbeispielen kombiniert werden.
-
In einer bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Anpassen eines Steuerungsverhaltens eines Personentransportfahrzeugs umfasst das Erfassen von Sensordaten das Aufnehmen von Bilddaten von dem Passagierbereich. Bilddaten erlauben eine besonders detaillierte Erfassung und Überwachung von Personen und Objekten. Außerdem sind in den meisten öffentlichen Verkehrsmitteln bereits Überwachungskameras vorinstalliert, welche zusätzlich für das erfindungsgemäße Verfahren genutzt werden können, ohne dass ein erhöhter Installationsaufwand anfällt. Überdies gibt es bereits eine Vielzahl von Bildanalyseverfahren, die zur Detektion von Passagieren und Gepäckstücken nutzbar sind.
-
In einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Anpassen eines Steuerungsverhaltens eines Personentransportfahrzeugs umfasst das Erfassen von Sensordaten das Erfassen von besetzten Sitzplätzen mit Hilfe eines Sitzplatzdetektionssensors. Vorteilhaft kann mit Hilfe eines Sitzplatzdetektionssensors eine Anzahl der sitzenden Passagiere ermittelt werden. Auf Basis dieser Grundlage kann zum Beispiel, wenn die Gesamtzahl der Passagiere bekannt ist, ermittelt werden, wieviel Passagiere nicht sitzen und sich damit einer erhöhten Gefahr bei aggressiveren Manövern des Personentransportfahrzeugs aussetzen.
-
In einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Anpassen eines Steuerungsverhaltens eines Personentransportfahrzeugs umfasst das Erfassen von Sensordaten das Erfassen einer Anzahl von Passagieren mit Hilfe eines Passagierzählsystems. Vorteilhaft kann das Wissen über die Gesamtzahl der Passagiere dazu genutzt werden, eine Anzahl von stehenden Passagieren zu ermitteln, wenn die Anzahl der sitzenden Passagiere bekannt ist.
-
In einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Anpassen eines Steuerungsverhaltens eines Personentransportfahrzeugs umfasst das Ermitteln einer Sicherheitslage das Ermitteln, ob sich Passagiere in dem Personentransportfahrzeug befinden. Vorteilhaft kann eine zumindest teil-autonome Steuerung für den Fall, dass keine Passagiere an Bord sind, ohne zusätzliche Beschränkungen erfolgen. Beispielsweise kann bei einer Detektion eines Hindernisses eine technisch mögliche maximale Bremskraft eingesetzt werden, so dass die Gefahr einer Kollision mit dem Personentransportfahrzeug reduziert werden kann.
-
In einer vorteilhaften Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Anpassen eines Steuerungsverhaltens eines Personentransportfahrzeugs umfasst das Ermitteln einer Sicherheitslage das Ermitteln, ob alle Passagiere sitzen, und für den Fall, dass Passagiere stehen, das Ermitteln, ob die stehenden Passagiere gesichert sind. Vorteilhaft kann ein Steuerungsverhalten an die Gefährdung von stehenden Personen angepasst werden. Beispielsweise wird eine maximal erlaubte Bremsbeschleunigung entsprechend reduziert, wenn ermittelt wird, dass sich stehende Personen im Passagierbereich befinden. Die maximal erlaubte Bremsbeschleunigung wird noch weiter reduziert, falls ermittelt wurde, dass zumindest ein Teil der stehenden Personen nicht gesichert ist. Auch eine maximale Fahrgeschwindigkeit oder ein minimaler Abstand zu einem vor dem Personentransportfahrzeug fahrenden Fahrzeug kann an eine ermittelte Gefährdungslage angepasst werden. Außerdem kann auch die Dichte, mit der Personen im Passagierbereich stehen in eine Ermittlung einer Sicherheitslage mit einfließen. Beispielsweise kann zunächst eine Gefahrenstufe mit einer höheren Anzahl von stehenden Passagieren ansteigen, stehen die Passagiere jedoch so dicht, dass sie sich im Fall eines abrupten Fahrmanövers gegenseitig stützen können, so reduziert sich die Gefahr durch in einer solchen Situation, was bei der Beschränkung von Schwellwerten für die autonome Steuerung entsprechend berücksichtigt werden kann.
-
In einer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Anpassen eines Steuerungsverhaltens eines Personentransportfahrzeugs umfasst das Ermitteln einer Sicherheitslage das Ermitteln, ob sich ungesicherte Gegenstände im Passagierbereich befinden. Vorteilhaft kann auch die Gefährdung von Passagieren durch umherfliegende Gegenstände mit in das Anpassen des Steuerungsverhaltens eines Personentransportfahrzeugs einbezogen werden.
-
In einer Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Anpassen eines Steuerungsverhaltens eines Personentransportfahrzeugs umfasst das Ermitteln einer Sicherheitslage das Ermitteln, wo sich die Passagiere und wo sich eventuell ungesicherte Gegenstände in dem Passagierbereich befinden. Vorteilhaft kann eine Gefährdung der Passagiere durch eine Ermittlung eines Abstands zwischen einem Gegenstand und einem oder mehreren Passagieren abgeschätzt werden, um das Fahrverhalten eines Personentransportfahrzeugs entsprechend anzupassen. Dabei wird ein Bremsverhalten und ein Beschleunigungsverhalten entsprechend stärker eingeschränkt, je höher eine Gefährdung der Passagiere durch umherfliegende Gegenstände eingeschätzt wird.
-
Bevorzugt umfasst bei dem erfindungsgemäßen Verfahren das Anpassen des Steuerungsverhaltens das Anpassen einer Beschleunigung und/oder eines Bremsverhaltens und/oder eines Lenkverhaltens des Personentransportfahrzeugs. Zu hohe Beschleunigungswerte oder Verzögerungswerte können zu schweren Verletzungen von Passagieren führen, insbesondere wenn diese nicht ausreichend gesichert sind. Mithin kann durch das erfindungsgemäße Verfahren das Beschleunigungsverhalten sowie das Bremsverhalten an eine aktuelle Gefährdungslage der Passagiere angepasst werden und so können ernsthafte Verletzungen von Passagieren durch zu abruptes Fahrverhalten verhindert werden. Auch abrupte Lenkmanöver können dazu beitragen, dass stehende Passagiere stürzen. Vorteilhaft kann auch die Dynamik des Lenkverhaltens an eine Gefährdungssituation der Passagiere angepasst werden, um so eine Verletzungsgefahr der Passagiere zu reduzieren.
-
Werden Beschleunigungskräfte, Bremskräfte oder Steuerungskräfte des Fahrzeugs in Situationen, in denen Passagiere ungesichert sind, reduziert, so wird vorzugsweise eine automatisierte Überwachung einer Umgebung des Fahrzeugs dahingehend intensiviert, dass ein größerer Bereich um das Fahrzeug, beispielsweise eine größere Distanz vor dem Fahrzeug, überwacht wird, um notfalls rechtzeitig Notfallmanöver auszulösen. In Bereichen, in denen ein derart vorausschauendes Fahren nicht möglich ist oder in denen andere hohe Risiken auftreten, wie zum Beispiel sehr starker Verkehr, Bereichen mit eine Vielzahl von Fußgängern in der Nähe des Fahrbereichs des Fahrzeugs und Bereichen, in denen Unfälle mit Kollisionen oder Beinahe-Kollisionen häufig aufgetreten sind, kann die Geschwindigkeit des Fahrzeugs reduziert werden, um die Zeit und die für das Fahrzeug verfügbare Distanz, um eine Kollision zu verhindern, zu erhöhen.
-
Besonders bevorzugt umfasst das erfindungsgemäße Verfahren zum Anpassen eines Steuerungsverhaltens eines Personentransportfahrzeugs das Anpassen des Steuerungsverhaltens in einer Not-Situation. Da in einer Not-Situation ein besonders schnelles Reagieren erforderlich ist, andererseits durch die plötzliche Reaktion des automatisierten Systems selbst die Passagiere nicht einer unverhältnismäßigen Gefahr ausgesetzt werden sollten, kann erfindungsgemäß die Dynamik einer Reaktion der Steuerung auf eine plötzlich auftretende Gefahr beschränkt werden. Alternativ kann auch eine maximale Dynamik des Steuerungsverhaltens erlaubt werden und dafür eine rechtzeitige Alarmierung der Passagiere vor einer Reaktion einer zumindest teil-autonomen Steuerungseinrichtung in einer Not-situation erfolgen, so dass die Passagiere sich auf eine solche Reaktion vorbereiten können, d.h., sich beispielsweise rechtzeitig festhalten oder hinsetzen können.
-
Das Fahrverhalten kann auch an sich ändernde Situationen im Innenraum des Personentransportfahrzeugs angepasst werden. Beispielsweise kann nach einem Stop an einer Haltestelle, wenn die Passagiere noch auf dem Weg zu ihren Sitzplätzen unterwegs sind, eine Geschwindigkeit und Beschleunigung des Personentransportfahrzeugs stark beschränkt werden oder das Personentransportfahrzeug erst starten, wenn über Sensoreinheiten im Passagierbereich ermittelt wurde, dass die Passagiere alle auf ihren Sitzen Platz genommen haben.
-
Die Erfindung wird im Folgenden unter Hinweis auf die beigefügten Figuren anhand von Ausführungsbeispielen noch einmal näher erläutert. Es zeigen:
- 1 ein Flussdiagramm, welches ein Verfahren zum Anpassen eines Steuerungsverhaltens eines Personentransportfahrzeugs gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht,
- 2 ein Flussdiagramm, welches ein Verfahren zum Anpassen eines Steuerungsverhaltens eines Personentransportfahrzeugs gemäß einem zweiten Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht,
- 3 eine schematische Darstellung einer Anpassvorrichtung gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung,
- 4 eine schematische Darstellung eines Personentransportfahrzeugs gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung.
-
In 1 ist ein Flussdiagramm 100 gezeigt, welches ein Verfahren zum Anpassen eines Steuerungsverhaltens eines Personentransportfahrzeugs gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht. Bei dem Schritt 1.1 werden zunächst von einer Überwachungskamera Bilddaten BD von einem Passagierbereich PB des Personentransportfahrzeugs aufgenommen.
-
Nachfolgend werden bei dem Schritt 1.II auf Basis der erfassten Bilddaten BD Personen P und nicht gesicherte Gegenstände G detektiert. Für den Detektionsprozess kann zum Beispiel ein automatisiertes Erkennungsverfahren genutzt werden, das durch einen maschinellen Lernprozess anhand von Testdaten trainiert wurde.
-
Bei dem Schritt 1.III erfolgt dann eine Auswertung der von den Personen P und Gegenständen G umfassten Bildbereiche. Beispielsweise werden die Positionen X(G), X(P) der detektierten Gegenstände G und Personen P ermittelt. Zudem werden Informationen H(P) darüber gewonnen, ob sich Personen in sitzender Position befinden oder in einer Stehposition befinden. Weiter werden zusätzliche Informationen S(P) über ein Sicherungsverhalten der detektierten Personen P auf Basis der Bilddaten BD bzw. der von den Personen P eingenommenen Bildbereiche der Bilddaten BD ermittelt. Beispielsweise wird ermittelt, ob sich stehende Personen P festhalten oder nicht.
-
Bei dem Schritt 1.IV werden auf Basis der bei dem Schritt 1.III ermittelten Informationen X(G), X(P), H(P), S(P) Schwellwerte SWB , SWA , SWVA einer maximalen Bremsbeschleunigung, einer maximalen Beschleunigung und einer maximalen Abbiegegeschwindigkeit sowie eines minimalen Detektionsabstands A(D) eines Hindernisses ermittelt. Diese Werte SWB , SWA , SWVA , A(D) werden bei dem Schritt 1.V dazu genutzt, um ein Steuerungsverhalten einer autonomen Steuerung des Personentransportfahrzeugs an die aktuelle Sicherheitslage in dem Personentransportfahrzeug anzupassen.
-
In 2 ist ein Flussdiagramm 200 gezeigt, welches ein Verfahren zum Anpassen eines Steuerungsverhaltens eines Personentransportfahrzeugs gemäß einem zweiten Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht.
-
Bei dem Schritt 2.I werden zunächst von einer Überwachungskamera Bilddaten BD von einem Passagierbereich PB aufgenommen. Zusätzlich wird bei dem Schritt 2.II mit Hilfe von Sitzdetektoren SDS die Anzahl der sitzenden Passagiere ZSP ermittelt. Zudem wird bei dem Schritt 2.III durch ein Passagierzählsystem eine Gesamtzahl ZG der Passagiere erfasst. Bei dem Schritt 2.IV werden dann auf Basis der erfassten Bilddaten BD Personen P und nicht gesicherte Gegenstände G detektiert. Für den Detektionsprozess kann zum Beispiel ein automatisiertes Erkennungsverfahren genutzt werden, das durch einen maschinellen Lernprozess anhand von Trainingsdaten trainiert wurde.
-
Bei dem Schritt 2.V erfolgt dann eine Auswertung der von den Personen P und Gegenständen G umfassten Bildbereiche. Beispielsweise werden die Positionen X(G), X(P) der detektierten Gegenstände G und Personen P ermittelt. Weiter werden zusätzliche Informationen S(P) über ein Sicherungsverhalten der detektierten Personen P auf Basis der Bilddaten BD bzw. der von den Personen P eingenommenen Bildbereiche der Bilddaten BD ermittelt. Beispielsweise wird ermittelt, ob sich stehende Personen P festhalten oder nicht. Zusätzlich werden Informationen über die Positionen X(PS) der stehenden Passagiere P gewonnen.
-
Bei dem Schritt 2.VI wird auf Basis der bei dem Schritt 2.III erfassten Passagierzahl ZG ermittelt, ob überhaupt Passagiere an Bord sind. Ist das nicht der Fall, was in 2 mit „n“ gekennzeichnet ist, so wird zu dem Schritt 2.VII übergegangen und für die Schwellwerte SW des Steuerungsverhaltens wird jeweils das Maximum max festgelegt. D.h., die Beschleunigung, das Bremsverhalten, die Kurvengeschwindigkeit sowie die Distanz zur Detektion von Hindernissen wird aufgrund der fehlenden Passgiere nicht zusätzlich beschränkt. Wird dagegen bei dem Schritt 2.VI ermittelt, dass Passagiere vorhanden sind, was in 2 mit „j“ gekennzeichnet ist, so wird zu dem Schritt 2.VIII übergegangen, bei dem auf Basis der Anzahl ZSP der sitzenden Passagiere sowie der Gesamtzahl ZG der Passagiere ermittelt wird, ob alle Passagiere auf einem Sitzplatz sitzen. Ist das der Fall, was in 2 mit „j“ gekennzeichnet ist, so wird zu dem Schritt 2.IX übergegangen, bei dem die Schwellwerte SW für die Beschleunigung, das Bremsverhalten, die Kurvengeschwindigkeit sowie die Distanz zur Detektion von Hindernissen auf mittlere Werte, welche kleiner sind als ein Maximum max, festgelegt werden. Für den Fall, dass bei dem Schritt 2.VIII ermittelt wird, dass nicht alle Passagiere sitzen, d.h. mindestens ein Passagier steht, was in 2 mit „n“ gekennzeichnet ist, so wird zu dem Schritt 2.X übergegangen.
-
Bei dem Schritt 2.X werden auf Basis der bei dem Schritt 2.V ermittelten Daten bezüglich der Positionen X(Ps) der stehenden Passagiere und der Positionen X(G) der Gegenstände auf Basis eines Modellzusammenhangs F(X(Ps), X(G)) geeignete Schwellwerte SW für das Steuerungsverhalten berechnet. Beispielsweise kann bei einer zu großen Nähe von losen Gepäckstücken zu stehenden Personen ein niedriger Bremsbeschleunigungsschwellwert SWB berechnet werden, um die stehenden Personen nicht zu gefährden.
-
Auch wird zum Beispiel in Abhängigkeit von der Dichte der stehenden Personen eine maximale Bremsbeschleunigung festgelegt. Stehen die Personen zum Beispiel besonders dicht und können sich daher gegenseitig stützen, so kann eine höhere Bremsbeschleunigung erlaubt werden, als wenn die Personen weiter entfernt voneinander stehen. Bei dem Schritt 2.XI wird weiter ein Sicherungsverhalten S(P) dahingehend ausgewertet, ob alle stehenden Personen sich ausreichend sichern, d.h. sich insbesondere an dazu vorgesehenen Schlaufen oder Stangen festhalten. Ist das der Fall, was in 2 mit „j“ gekennzeichnet ist, so wird zu dem Schritt 2.XII übergegangen, und die bei dem Schritt 2.X festgelegten Schwellwerte SW werden beibehalten. Falls jedoch bei dem Schritt 2.XI festgestellt wird, dass sich Personen nicht ausreichend festhalten, was in 2 mit „n“ gekennzeichnet ist, so wird zu dem Schritt 2.XIII übergegangen. Bei dem Schritt 2.XIII werden schließlich die Schwellwerte SW auf einen minimalen Wert min eingestellt (d.h., der minimale Detektionsabstand A(D) wird entsprechend groß gewählt, alle anderen Schwellwerte werden auf ein vorbestimmtes Minimum reduziert), um die ungesichert stehenden Passagiere nicht zu gefährden.
-
In 3 ist eine Anpassvorrichtung 30 gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung schematisch dargestellt. Die Anpassvorrichtung 30 weist eine Eingangsschnittstelle 31, eine Detektionseinheit 32, eine Auswertungseinheit 33 und eine Anpasseinheit 34 auf. Die Eingangsschnittstelle 31 ist dazu eingerichtet, Bilddaten BD von einer Überwachungskamera BAE (siehe 4) zu empfangen. Die Bilddaten BD bilden einen Passagierbereich PB in einem Personentransportfahrzeug, wie zum Beispiel einem Personen transportierenden Schienenfahrzeug, ab. Die Bilddaten BD werden an die genannte Detektionseinheit 32 übermittelt.
-
Die Detektionseinheit 32 ist dazu eingerichtet, auf Basis der erfassten Bilddaten BD Gegenstände G und Personen P zu detektieren. Die Bilddaten BD und Bildbereiche von detektierten Gegenständen G und detektierten Personen P werden an die Auswertungseinheit 33 übermittelt. Die Auswertungseinheit 33 weist eine Statusermittlungseinheit 33a auf, welche auf Basis der den einzelnen Personen P und Gegenständen G zugeordneten Bildbereiche sicherheitsrelevante Informationen, wie zum Beispiel die Positionen X(P) der Personen P, die Positionen X(G) der Gegenstände G, Informationen H(P) darüber, ob Personen P stehen oder sitzen, sowie Informationen S(P) darüber, ob sich stehende Personen P festhalten, umfassen. Die ermittelten Daten X(P), X(G), H(P), S(P) werden an eine Sicherheitsermittlungseinheit 33b übermittelt, die ebenfalls Teil der Auswertungseinheit 33 ist. Die Sicherheitsermittlungseinheit 33b ermittelt eine Gefahrenstufe GG auf Basis der ermittelten Daten X(P), X(G), H(P), S(P). Die Gefahrenstufe GG wird an eine Anpasseinheit 34 übermittelt, welche auf Basis der Gefahrenstufe GG Einstellwerte SWA , SWB , SWVA , A(D) ermittelt. Die Einstellwerte SWA , SWB , SWVA , A(D) betreffen eine maximale Beschleunigung, eine maximale Bremsbeschleunigung, eine maximale Kurvengeschwindigkeit SWVA sowie einen minimalen Detektionsabstand A(D) eines Hindernisses. Die Einstellwerte SWA , SWB , SWVA , A(D) werden von der Anpasseinheit 34 an eine autonome Steuerungseinheit 31 (siehe 4) übermittelt.
-
In 4 ist ein Schienenfahrzeug 40 gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung schematisch gezeigt. Das Schienenfahrzeug 40 weist einen Sitzplatzbereich SB für Fahrgäste auf. Weiterhin umfasst das Schienenfahrzeug 40 eine Bildaufnahmeeinheit BAE, in diesem Fall eine Überwachungskamera, mit der der Sitzplatzbereich SB durch das Aufnehmen von Bilddaten BD überwacht wird. Die Bilddaten BD werden an eine von dem Schienenfahrzeug 40 ebenfalls umfasste Anpassvorrichtung 30 übermittelt, die auf Basis der Bilddaten BD auf die in 1, 2 und 3 veranschaulichte Art und Weise Einstellwerte SWA , SWB , SWVA , A(D) erzeugt und an eine autonome Steuerungseinheit 41 des Schienenfahrzeugs 40 übermittelt. Die autonome Steuerungseinheit 41 steuert das Schienenfahrzeug 41 unter Berücksichtigung der durch die Einstellwerte SWA , SWB , SWVA , A(D) festgelegten Beschränkungen.
-
Es wird abschließend noch einmal darauf hingewiesen, dass es sich bei den vorbeschriebenen Verfahren und Vorrichtungen lediglich um bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung handelt und dass die Erfindung vom Fachmann variiert werden kann, ohne den Bereich der Erfindung zu verlassen, soweit er durch die Ansprüche vorgegeben ist. Es wird der Vollständigkeit halber auch darauf hingewiesen, dass die Verwendung der unbestimmten Artikel „ein“ bzw. „eine“ nicht ausschließt, dass die betreffenden Merkmale auch mehrfach vorhanden sein können. Ebenso schließt der Begriff „Einheit“ nicht aus, dass diese aus mehreren Komponenten besteht, die gegebenenfalls auch räumlich verteilt sein können.