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Die Erfindung betrifft ein Kraftfahrzeug mit einem zur wenigstens teilweise automatischen Führung des Kraftfahrzeugs ausgebildeten Fahrzeugführungssystem, wobei das Fahrzeugführungssystem ein aus Eingangsdaten, umfassend Sensordaten wenigstens eines Sensors des Kraftfahrzeugs, zur Ansteuerung wenigstens eines den wenigstens teilweise automatischen Betrieb des Kraftfahrzeugs realisierenden Aktors zu verwendende Ausgangsdaten ermittelndes Steuergerät aufweist. Daneben betrifft die Erfindung ein Verfahren zum Betrieb eines Fahrzeugführungssystems und ein Computerprogramm.
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Ein aktuelles Forschungsgebiet betrifft die wenigstens teilweise automatische Führung von Kraftfahrzeugen, insbesondere die vollständig automatische Führung von Kraftfahrzeugen, mithin den autonomen Betrieb. Hierfür sind Fahrzeugführungssysteme bekannt geworden, die mittels Zugriff auf eine Umfelderfassung, insbesondere durch Sensoren, eine Erfassung des Eigenzustandes und durch Ansteuerung entsprechender Aktoren Längs- und/oder Querführungsaktionen des Kraftfahrzeugs bestimmen und ausführen können. Entsprechende Ausgangsdaten, die Steuerbefehlen für wenigstens einen Aktor des Kraftfahrzeugs entsprechen, werden dabei letztlich im Rahmen einer umfassenden Situationsanalyse erzeugt, die zur Grundlage einer weiteren, durch die Ausgangsdaten umgesetzten Fahrstrategie gemacht wird.
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Im Rahmen dieser Situationsanalyse beziehungsweise der Ermittlung einer Fahrstrategie stellen sich wesentliche, algorithmisch in Steuergeräten teils schwer umzusetzende Fragen. Zum einen muss ein wenigstens teilweise automatisch betriebenes Kraftfahrzeug gesetzlich festgelegten Vorschriften, also Verkehrsregeln, folgen, beispielsweise in Deutschland den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung. Dies wird zur Zeit in entsprechenden Fahrzeugführungsfunktionen derart umgesetzt, dass mit prozeduralen oder objektorientierten Algorithmen aus einer mit aktuellen Umgebungsdaten, insbesondere Sensordaten, angereicherten, fahrspurgenauen Umgebungskarte Attribute, beispielsweise Konfliktzonen und/oder Fahrspurprioritäten, extrahiert werden. Ähnliche Probleme können sich auch im Hinblick auf die Prädiktion des Verhaltens anderer Verkehrsteilnehmer ergeben, beispielsweise hinsichtlich von Erfahrungsregeln, die typisches Verhalten solcher anderer Verkehrsteilnehmer beschreiben. Ergebnisdaten von Prädiktionen können im Übrigen auch im Rahmen der Beurteilung zu berücksichtigender Verkehrsregeln aufgrund gesetzlicher Vorschriften berücksichtigt werden.
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Ein Problem der existierenden Bearbeitung von Verkehrsregeln, sei es bezüglich gesetzlicher Vorschriften und/oder der erfahrungsbasierten Abschätzung des Verhaltens weiterer Verkehrsteilnehmer, ist, dass die Verlässlichkeit von Datenquellen, beispielsweise von Sensordaten und/oder Prädiktionseinheiten, bei der Verarbeitung nicht automatisiert berücksichtigt werden können. Beispielsweise spiegeln sich typische Messfehler bezüglich der Sensordaten nicht in den schließlich erhaltenen Ergebnissen wieder, falls nicht eine komplexe Fehlerfortpflanzung innerhalb der Algorithmen implementiert wird. Ein weiteres Problem der aktuellen Umsetzung ist die große Vielzahl von in einer Verkehrssituation geltenden Verkehrsregeln, die berücksichtigt werden müssen, so dass Algorithmen mit schwer beherrschbarer Komplexität entstehen.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine vereinfachte, Unsicherheiten von Sensoren und/oder Prädiktionseinheiten berücksichtigende Umsetzung der Verkehrsregelanalyse bei wenigstens teilweise automatisierten Fahrzeugführungsfunktionen anzugeben.
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Zur Lösung dieser Aufgabe ist bei einem Kraftfahrzeug der eingangs genannten Art erfindungsgemäß vorgesehen, dass das Steuergerät eine Inferenzeinheit mit wenigstens einem probabilistischen, Verkehrsregeln abbildenden Modell, umfassend Fakten und Inferenzregeln, aufweist, welches bei Versorgung mit aus den Eingangsdaten abgeleiteten, verkehrsregelnbezogenen Evidenzdaten, wobei jedem Evidenzdatum eine Verlässlichkeit zugeordnet ist, und Anfragedaten zur Ausgabe einer wenigstens eine zu berücksichtigende Verkehrsregel betreffenden Verkehrsregelinformation, die bei der Ermittlung der Ausgangsdaten berücksichtigt wird, ausgebildet ist.
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Im Rahmen der Erfindung wurde erkannt, dass durch den Einsatz einer auf probabilistisch-logischer Programmierung basierenden Einheit zur Inferenz von Verkehrsregeln zur Laufzeit einer automatisierten Fahrfunktion eine direkte Transformation von Verkehrsregeln, insbesondere aus Gesetzen, in von dem Steuergerät beziehungsweise den die Fahrzeugführungsfunktion realisierenden Algorithmen verarbeitende Fakten und Regeln möglich ist. Die zur Laufzeit der Fahrzeugführungsfunktion beispielsweise von Sensoren und/oder Prädiktionseinheiten ermittelten Evidenzdaten können in Form evidenzieller Fakten mit assoziierten Existenzwahrscheinlichkeiten, also Verlässlichkeiten, und gegebenenfalls Verteilungen an die Inferenzeinheit übermittelt werden, wo diese Evidenzdaten bei der Inferenz konsistent berücksichtigt werden und der Quantifizierung der Sicherheit der abgeleiteten Aussage über die in der aktuellen Verkehrssituation zu berücksichtigenden Bestimmungen bedienen. Die Nutzung eines probabilistischen Modells mit zugehörigen Inferenzalgorithmen ermöglicht also zunächst die automatische Berücksichtigung von Unsicherheiten bei Sensoren und Prädiktionseinheiten, ohne dass hierfür spezielle Algorithmen entwickelt werden müssen. Auf die Entwicklung von komplexen Algorithmen zur Umsetzung solcher Informationsgewinnung kann vollständig verzichtet werden, da sich das probabilistisch-logische Programm auf eine Ansammlung formalisierter Fakten und Regeln beschränkt. Ein weiterer Vorteil der erfindungsgemäß vorgesehenen Verwendung der Inferenzeinheit ist die weiterhin aufgrund der Verwendung klarer Fakten und Inferenzregeln gegebenen Nachvollziehbarkeit, die sowohl bei Verwendung komplexerer Algorithmen als auch beispielsweise bei Einsatz künstlicher Intelligenz verlorengehen kann, so dass Unsicherheiten entstehen können.
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In der konkreten Umsetzung können beispielsweise Softwarekomponenten der Fahrzeugführungsfunktion, die in dem Steuergerät realisiert sind, Anfragedaten an die Inferenzeinheit übermitteln, welche unter Nutzung der aktuellen Evidenzdaten die Verkehrsregelinformation ermittelt. Dabei können Verkehrsregeln zum einen gesetzliche Vorschriften wiedergeben, wobei es im Rahmen der vorliegenden Erfindung auch denkbar ist, als Verkehrsregeln Erfahrungsregeln umzusetzen, beispielsweise zur Umsetzung einer Prädiktion mittels der Inferenzeinheit.
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Die Fakten und Regeln in der probabilistisch-logischen Programmierung bilden kleine modulare Einheiten von Wissen, die beliebig kombinierbar sind. Die vorliegende Erfindung profitiert mithin von der Deklarativität dieser Art der Programmierung und die Lösungssuche geschieht durch die Inferenzeinheit, nicht durch einen expliziten Algorithmus, der aufwendig entwickelt werden muss. Inferenzeinheiten der probabilistischen Programmierung sind zudem neben ihrer klaren Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit äußerst robust, so dass eine verlässliche Ermittlung der Verkehrsregelinformation erfolgen kann.
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Die Evidenzdaten können Sensordaten wenigstens eines Sensors, wobei die zugeordnete Verlässlichkeit einen Mess- und/oder Auswertungsfehler der Sensordaten beschreibt, und/oder Ergebnisdaten einer Prädiktionseinheit des Steuergeräts, wobei die zugeordnete Verlässlichkeit eine algorithmische Verlässlichkeit der Prädiktion beschreibt, umfassen. Was Sensordaten der kraftfahrzeugeigenen Sensorik angeht, sind diese meist bereits vorausgewertet, um ein entsprechendes Evidenz-Faktum, das die aktuelle Verkehrssituation mit einer gewissen Verlässlichkeit beschreibt, zu erhalten. Insbesondere kann auch bereits eine Fusion von Sensordaten mehrerer Sensoren stattgefunden haben. Die Mitführung und Weiterentwicklung von typischen Messfehlern ist dabei bereits grundsätzlich bekannt und kann entsprechend bei der Auswertung umgesetzt/mitgeführt werden.
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Dies sei anhand eines zur Demonstration einfach gehaltenen Beispiels nochmals konkreter erläutert. Es sei angenommen, von einer Umfeldwarnehmungseinheit des Steuergeräts, welche insbesondere die Sensordaten einer Vielzahl von Umfeldsensoren fusioniert, wurden zwei weitere Verkehrsteilnehmer erkannt, wobei die Sicherheit, dass Fahrtrichtungsanzeiger der beiden weiteren Verkehrsteilnehmer aktiviert sind, 0,5 beziehungsweise 0,9 betragen sollen. In einem Beispiel probabilistisch-logischer Programmierung, für das hier die Syntax der probabilistisch-logischen Programmiersprache ProbLog2 verwendet wird, die auf der Prädikatenlogik erster Stufe basiert, bedeutet dies für die entsprechenden Evidenzdaten:
- 0.5::blinkt (Verkehrsteilnehmer 1).
- 0.9::blinkt (Verkehrsteilnehmer 2).
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Aus Erfahrung, beispielsweise aus Messungen, statistischen Erhebungen und/oder maschinellem Lernen kann bekannt sein und als Regel im probabilistischen Modell hinterlegt sein, dass ein Verkehrsteilnehmer, dessen Fahrtrichtungsanzeiger betätigt ist, mit einer Wahrscheinlichkeit von 80% tatsächlich abbiegt. In der beispielhaften obigen Syntax bedeutet dies als Regel des probabilistischen Modells:
- 0.8::biegtAb(X) :- blinkt(X).
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Soll nun ermittelt werden, welche Verkehrsteilnehmer in der aktuellen Verkehrssituation abbiegen werden, kann in diesem stark vereinfachten Beispiel als Anfragedaten folgende Anfrage an die Inferenzeinheit gestellt werden:
- query(biegtAb(Verkehrsteilnehmer)).
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Hieraus liefert die Inferenzeinheit die entsprechenden Wahrscheinlichkeiten als Verkehrsregelinformation, nämlich für den Verkehrsteilnehmer 1, dass die Wahrscheinlichkeit für ein Abbiegen 0,4 beträgt, für den Verkehrsteilnehmer 2, dass die Wahrscheinlichkeit für ein Abbiegen 0,72 beträgt.
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Andere Aspekte der Inferenz-Situationsinterpretation können auch Verkehrsschilder betreffen. Für die Erkennung einer Vorfahrt ist beispielsweise ein Verkehrsschild relevant. Ist beispielsweise mit einer Wahrscheinlichkeit von 0.86 ein eine Vorfahrtstraße anzeigendes Verkehrsschild an einer bestimmten Position für eine bestimmte Fahrspur festgestellt worden, können hieraus entsprechende Evidenzdaten formuliert werden. Eine Regel des probabilistischen Modells könnte hier mit einer Wahrscheinlichkeit von 1.0 angeben (da dies nach gesetzlicher Vorschrift immer gilt), dass das eigene Kraftfahrzeug Vorfahrt hat, wenn die eigene Position vor der Position des Verkehrsschilds liegt und die passende Fahrspur verwendet wird.
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An diesen einfachen Beispielen wird bereits ersichtlich, dass sich insbesondere kombinierbare Zusammenhänge leicht zu entsprechenden Regeln und Fakten in einem probabilistischen Modell abbilden lassen, was komplexe, weniger effiziente, robuste und nachvollziehbare Algorithmik vermeidet. Vorzugsweise kann die Inferenzeinheit einen Interpreter für eine probabilistische Programmiersprache in der das Modell beschrieben ist, aufweisen. Eine probabilistische Programmiersprache (oft auch probabilistisch-logische Programmiersprache), die eingesetzt werden kann, ist beispielsweise unter dem Namen „ProbLog2“ bekannt. Der Interpreter kann dabei bereits die Inferenzalgorithmen enthalten, mithin als Ausführungseinheit bei Anfragen wirken.
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Wie bereits erwähnt wurde, kann wenigstens ein Teil der Verkehrsregeln gesetzlich festgelegte Vorschriften umfassen. In diesem Zusammenhang sieht eine bevorzugte Weiterbildung der Erfindung vor, dass eine Auswahleinheit vorgesehen ist, die zur Auswahl eines zu verwendenden probabilistischen Modells aus mehreren, geographischen Geltungsbereichen zugeordnete probabilistischen Modellen in Abhängigkeit einer von einer Positionsbestimmungseinheit bestimmten geographischen Position ausgebildet ist. Beispielsweise können für unterschiedliche Staaten die entsprechenden, gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Verkehrsregeln als probabilistisches Modell innerhalb des Kraftfahrzeugs vorgehalten werden, wobei abhängig von einer bestimmten geographischen Position, beispielsweise einer GPS-Position, das passende probabilistische Modell ausgewählt und in der Inferenzeinheit eingesetzt werden kann. So werden immer die korrekten gesetzlichen Vorschriften durch die wenigstens teilweise automatisierte Fahrzeugführungsfunktion berücksichtigt.
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Wie bereits erwähnt, kann auch wenigstens ein Teil der Verkehrsregeln Erfahrungsregeln umfassen, wobei dann bevorzugt wenigstens eine Verkehrsregelinformation eine das zukünftige Verhalten eines Verkehrsteilnehmers beschreibende Prädiktionsinformation ist. Auf diese Weise können beispielsweise Prädiktionseinheiten, die bislang vorgesehen waren, durch Anfragen an das probabilistische Modell ersetzt werden, welche diese Prädiktionen aufgrund der Erfahrungsregeln selbst auf einfach implementierte Weise ermitteln und liefern können.
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Im Rahmen der vorliegenden Erfindung können auch unterschiedliche Hypothesen, die beispielsweise innerhalb einer Umfeldwahrnehmungseinheit innerhalb einer Umgebungskarte mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten vorliegen können, sich aber auf denselben Umstand beziehen, berücksichtigt werden. So kann vorgesehen sein, dass wenigstens ein Teil der Evidenzdaten verschiedene Hypothesen für einen durch sie beschriebenen Umstand mit jeweils zugeordneten Verlässlichkeiten umfasst. Beispielsweise kann für einen anderen Verkehrsteilnehmer mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 % angenommen werden, dass er sich auf der mittleren Spur befindet, mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 %, dass er sich auf der rechten Spur befindet und mit einer Wahrscheinlichkeit von 10 %, dass er sich auf der linken Spur befindet. Mittels probabilistisch-logischer Programmierung ist es problemlos möglich, mehrere solcher Hypothesen als diskrete Wahrscheinlichkeitsverteilung in die Evidenzdaten einzubringen und diese dennoch korrekt zu berücksichtigen. Auf diese Weise ist es mithin nicht mehr notwendig, sich für eine der Hypothesen bezüglich des Umstands zu entscheiden, sondern es kann das komplette Auswertungsergebnis berücksichtigt und in die Inferenzalgorithmik eingebracht werden, um somit verlässlichere, genauere Informationen zu liefern.
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Neben dem Kraftfahrzeug betrifft die vorliegende Erfindung auch ein Verfahren zum Betrieb eines zur wenigstens teilweise automatischen Führung eines Kraftfahrzeugs ausgebildeten Fahrzeugführungssystems des Kraftfahrzeugs, insbesondere eines erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs, wie beschrieben, wobei das Fahrzeugführungssystem ein aus Eingangsdaten, umfassend Sensordaten wenigstens eines Sensors des Kraftfahrzeugs, zur Ansteuerung wenigstens eines den wenigstens teilweise automatischen Betrieb des Kraftfahrzeugs realisierenden Aktors zu verwendende Ausgangsdaten ermittelndes Steuergerät aufweist, welches sich dadurch auszeichnet, dass das Steuergerät eine Inferenzeinheit mit wenigstens einem probabilistischen, Verkehrsregeln abbildenden Modell, umfassend Fakten und Inferenzregeln, aufweist, welche bei Versorgung mit aus den Eingangsdaten abgeleiteten, verkehrsregelbezogenen Evidenzdaten, wobei jedem Evidenzdatum eine Verlässlichkeit zugeordnet ist, und Anfragendaten eine wenigstens eine zu berücksichtigende Verkehrsregel betreffende Verkehrsregelinformation ermittelt, die bei der Ermittlung der Ausgangsdaten berücksichtigt wird. Sämtliche Ausführungen bezüglich des erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs lassen sich analog auf das erfindungsgemäße Verfahren übertragen, mit welchem mithin ebenso die bereits genannten Vorteile erhalten werden können.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kann als Computerprogramm realisiert werden, welches die Schritte des erfindungsgemäßen Verfahrens ausführt, wenn es auf einem Steuergerät eines Fahrzeugführungssystems eines Kraftfahrzeugs ausgeführt wird. Auch bezüglich des Computerprogramms gelten die bisherigen Ausführungen entsprechend fort.
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Weitere Vorteile und Einzelheiten der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus den im Folgenden beschriebenen Ausführungsbeispielen sowie anhand der Zeichnung. Dabei zeigen:
- 1 eine Prinzipskizze eines erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs, und
- 2 eine funktionale Skizze einer Inferenzeinheit.
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1 zeigt eine Prinzipskizze eines erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs 1. Das Kraftfahrzeug 1 weist ein zur wenigstens teilweise automatischen Führung, hier vollständig automatischen Führung, des Kraftfahrzeugs 1 ausgebildetes Fahrzeugführungssystem 2 auf, dessen Fahrzeugführungsfunktion mittels eines Steuergeräts 3 realisiert wird. Hierzu erhält das Steuergerät 3 eine Vielzahl von Eingangsdaten, wobei beispielhaft als Sensoren des Kraftfahrzeugs 1 Umfeldsensoren 4, beispielsweise Radarsensoren und/oder eine Kamera, und den Betriebszustand des Kraftfahrzeugs 1 selbst wahrnehmende Betriebssensoren 5, beispielsweise eine Inertialplattform, gezeigt sind. Weitere Eingangsdaten liefert auch eine Positionsbestimmungseinheit 6 zur Bestimmung einer geographischen, insbesondere geodätischen, Position des Kraftfahrzeugs 1, beispielsweise ein GPS-Sensor.
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Weitere Quellen für relevante Eingangsdaten können beispielsweise ein Navigationssystem, welches digitale Kartendaten liefert, und/oder eine Kommunikationseinrichtung, um von anderen Kraftfahrzeugen und/oder Infrastruktureinrichtungen Informationen zu erhalten, umfassen.
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Das Steuergerät 3 umfasst vorliegend zunächst eine Umfeldwahrnehmungseinheit 7, in der die erhaltenen Informationen zu einer Umfeldkarte erweitert werden, die bevorzugt eine digitale Karte mit zusätzlichen, die aktuelle Verkehrssituation beschreibenden Attributen ergänzt, indem eine Fusion von eingehenden Informationen, insbesondere von Sensordaten mehrerer Sensoren, stattfindet. Auch eine so ermittelte Umfeldkarte bildet letztlich Eingangsdaten für die Fahrzeugführungsfunktion. Diese Fahrzeugführungsfunktion wird vorliegend durch eine insbesondere verschiedene Softwarekomponenten umfassende Haupteinheit 8 des Steuergeräts 3 realisiert. Die Fahrzeugführungsfunktion ermittelt aus den Eingangsdaten Ausgangsdaten zur Ansteuerung verschiedener Aktoren 9, die den wenigstens teilweise automatischen Betrieb des Kraftfahrzeugs 1 umsetzen. Die Aktoren 9 können beispielsweise Bremsaktoren, Motoren, Lenkaktoren und dergleichen sein.
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Das Steuergerät 3 umfasst nun ferner eine Inferenzeinheit, an die Softwarekomponenten der Fahrzeugführungsfunktion Anfragen stellen können, die sich auf Verkehrsregeln, umfassend gesetzliche Vorschriften und Erfahrungsregeln, beziehen, wobei beispielsweise Verkehrsregelinformationen über einzuhaltende Verkehrsregeln genauso erhalten können wie Prädiktionsinformationen, was das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer angeht.
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Die Inferenzeinheit 10 ist in probabilistisch-logischer Programmierung umgesetzt, wobei ihre funktionale Struktur durch 2 näher erläutert wird. In der Inferenzeinheit ist zunächst wenigstens ein probabilistisches Modell 11 abgelegt, in welchem die Verkehrsregeln beschrieben sind, beispielsweise, dass immer dann, wenn ein vorausliegendes Vorfahrts-Verkehrsschild detektiert wurde, das sich auf die korrekte Fahrspur bezieht, das Kraftfahrzeug 1 Vorfahrt hat, um ein vereinfachtes Beispiel darzulegen. Die Inferenzeinheit 10 erhält als Eingangsdaten die bereits erwähnten Evidenzdaten 12, die die aktuelle Verkehrssituation beschreiben und auch jeweils den einzelnen „Fakten“ Verlässlichkeiten dieser Fakten zuordnen, bei Sensordaten beispielsweise einen entsprechenden Mess- und Auswertungsfehler bezogen auf die bereits erfolgte Vorauswertung der Sensordaten. Beispielsweise können Evidenzdaten bezüglich eines detektierten weiteren Verkehrsteilnehmers beschreiben, dass er sich mit einer ersten Wahrscheinlichkeit auf der rechten Spur, einer zweiten Wahrscheinlichkeit auf der mittleren Spur und einer dritten Wahrscheinlichkeit auf der rechten Spur befindet, so dass mithin die Evidenzdaten 12 auch mehrere Hypothesen abdecken können. Es sei angemerkt, dass die Evidenzdaten 12 auch Ergebnisse von Prädiktionseinheiten enthalten können, denen dann als Verlässlichkeit ein im entsprechenden Prädiktionsalgorithmus mitermittelter Verlässlichkeitswert zugeordnet sein kann.
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Die Inferenzeinheit 10 erhält ferner Anfragedaten 13, die beschreiben, welche Verkehrsregelinformation als Ergebnis gewünscht wird. Nachdem die Inferenzeinheit 10 nun ferner einen Interpreter 14 aufweist, der die entsprechenden Inferenzalgorithmen, die benötigt werden, realisiert, kann unter Nutzung des probabilistischen Modells 11 und der Evidenzdaten 12 die gewünschte Verkehrsregelinformation 15 generiert werden.
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Diese Verkehrsregelinformation wird dann entsprechend bei der weiteren Ermittlung der Ausgangsdaten, beispielsweise der Planung der nächsten Fahrmanöver, entsprechend berücksichtigt.
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Nachdem das probabilistische Modell gesetzliche Vorschriften als Verkehrsregeln beschreibt, die in unterschiedlichen geographischen Bereichen gültig sein können, beispielsweise in unterschiedlichen Staaten, sind für diese unterschiedlichen Gültigkeitsbereiche unterschiedliche probabilistische Modelle in dem Steuergerät 3 gespeichert, wobei ein zu verwendendes probabilistisches Modell anhand einer geographischen Position der Positionsbestimmungseinheit 6 ermittelt werden kann.