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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb wenigstens eines wenigstens eine Fahrzeugführungsfunktion zur wenigstens teilweise automatischen Führung eines Kraftfahrzeugs aufweisenden Fahrzeugsystems des Kraftfahrzeugs, wobei das Kraftfahrzeug wenigstens einen auf das Vorfeld des Kraftfahrzeugs gerichteten Umfeldsensor aufweist, dessen Umfelddaten seitens einer Auswerteeinheit des Kraftfahrzeugs hinsichtlich eines durch einen Hypothesendatensatz beschriebenen zukünftigen Verlaufs der von dem Kraftfahrzeug aktuell befahrenen Fahrspur ausgewertet werden, wonach der Hypothesendatensatz an das Fahrzeugsystem übermittelt und bei der Ausführung der wenigstens einen Fahrzeugführungsfunktion berücksichtigt wird. Daneben betrifft die Erfindung ein Kraftfahrzeug.
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Es wurden bereits eine Vielzahl von Fahrzeugsystemen, insbesondere Fahrerassistenzsystemen, vorgeschlagen, die zur teilweise oder sogar vollständig automatischen Führung des Kraftfahrzeugs ausgebildet sind. Solche Fahrzeugsysteme stellen mithin wenigstens eine Fahrzeugführungsfunktion zur Verfügung. Um die nächsten Fahreingriffe im Rahmen der automatischen Führung des Kraftfahrzeugs planen zu können, ist ein Wissen über den weiteren Verlauf der aktuell befahrenen Fahrspur, insbesondere der Straße insgesamt, erforderlich. Hierzu wurde vorgeschlagen, digitales Kartenmaterial heranzuziehen, wobei die wenigstens teilweise automatisch zu befahrenden Straßen vor der eigentlichen automatisierten Fahrt hochgenau vermessen werden, wobei sich das Erkennen der Straße dann auf eine, beispielsweise durch ein globales Navigationssatellitensystem, insbesondere GPS, gestützte Lokalisierung des Kraftfahrzeugs in dem digitalen Kartenmaterial reduziert.
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Allerdings ist derartiges bereits aus dem Grund nicht ausreichend, da sich Straßen mit der Zeit gezielt oder ungezielt zu verändern beginnen, sei es durch Baustellen, Witterungseinflüsse, Nutzung, kurzfristige Störungen/Umleitungen und dergleichen. Mithin basieren viele Fahrzeugführungsfunktionen in bekannten Fahrzeugsystemen, zumindest was die Trajektorienplanung für die nahe Zukunft angeht, auf einer Umfeldwahrnehmung durch Umfeldsensoren des Kraftfahrzeugs. Hierzu können bevorzugt verschiedene Messmethoden einsetzende Umfeldsensoren eingesetzt werden, deren Sensordaten fusioniert werden, um den zukünftigen Verlauf wenigstens der aktuell befahrenen Fahrspur, idealerweise der gesamten Straße, als einen Hypothesendatensatz zu ermitteln und an das Fahrzeugsystem und dessen Fahrzeugführungsfunktion weiterzugeben. Hierbei können neben optischen Bildgebungseinrichtungen, insbesondere Kameras, auch andere auf das Vorfeld gerichtete Umfeldsensoren eingesetzt werden, beispielsweise Radarsensoren, Lidarsensoren, Laserscanner und dergleichen.
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Dabei werden in den Auswerteeinheiten, die den zukünftigen Verlauf der aktuell befahrenen Fahrspur (und bevorzugt auch der restlichen befahrenen Straße) ermitteln sollen, mehrere Hypothesen für den zukünftigen Fahrspurverlauf, also den Fahrspurverlauf vor dem Kraftfahrzeug, erstellt. Insbesondere beziehen sich diese Hypothesen auf den Verlauf von Fahrspurbegrenzungen, wobei es zu Mehrdeutigkeiten und Fehldetektionen kommen kann. Beispielsweise kann eine Teerkante fälschlicherweise als Markierung einer Fahrspur detektiert werden. Mithin werden in einem ersten Modul der Auswerteeinheit Hypothesen über Fahrspurbegrenzungen erstellt. In einem weiteren Modul werden die Hypothesen für die Fahrspurbegrenzungen verarbeitet, um hieraus Fahrspurhypothesen zu bilden, wonach wiederum aus diesen Fahrspurhypothesen optional Fahrbahnhypothesen ermittelt werden können, die die gesamte Straße, die aktuell von dem Kraftfahrzeug befahren wird, betreffen. Gemäß dem Stand der Technik werden die hierbei entstehenden Hypothesendatensätze nun unter Nutzung von Vorwissen bewertet, wobei der am besten bewertete Hypothesendatensatz dem Fahrzeugsystem zur weiteren Verarbeitung und zum Nutzen in der Funktion weitergeleitet wird.
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Es wird mithin bereits in der Auswerteeinheit entschieden, welche Hypothesen für den zukünftigen Verlauf der aktuell befahrenen Fahrspur von den Funktionen der Fahrzeugsysteme zu verwenden sind. Dies muss jedoch nicht zwangsläufig die für das Erreichen der Zielsetzung der Funktion, insbesondere Fahrzeugführungsfunktion, geeignetste Hypothese sein. Es besteht diesbezüglich mithin Verbesserungsbedarf.
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Beispielsweise beschreibt die
DE 10 2008 028 374 A1 im Rahmen der kombinierten Ausgabe eines Bildes einer Bildaufnahmeeinrichtung, dass von einer Spurerfassungseinrichtung aus den Bilddaten Spurhypothesen generiert werden können, von denen die wahrscheinlichste dann zur weiteren Verwertung ausgewählt wird.
DE 10 2012 207 203 A1 beschreibt ein Verfahren zum Klassifizieren eines Umfelds eines Kraftfahrzeugs, wobei ebenso Hypothesen aufgestellt werden, welcher Klasse das Umfeld zugehörig ist, wobei ein Kriterium, das die Hypothese stützt oder schwächt, auf der Basis von abgetasteten Umfeldinformationen ermittelt wird, um mittels Bayes-Filterung eine Wahrscheinlichkeit zu bestimmen, mit der die Hypothese zutrifft. Bei allen diesen vorbekannten Verfahren wird durch die Umfeldwahrnehmung nur die wahrscheinlichste Hypothese über das Umfeld ausgewählt und an ein Fahrerassistenzsystem weiter übertragen.
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DE 10 2013 218 497 A1 offenbart ein Verfahren zur Vorhersage von Fahrpfaden eines Kraftfahrzeugs, wobei Wahrscheinlichkeiten für verschiedene Fahrpfade bestimmt werden, die von der Messung fahrtrelevanter Handlungen des Fahrers des Kraftfahrzeugs, beispielsweise der Geschwindigkeit oder Beschleunigung des Kraftfahrzeugs, abhängen. Grundlage der Betrachtungen ist eine digitale Landkarte.
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US 2001/0013837 A1 betrifft ein Navigationsverfahren, bei dem basierend auf gesuchter Routeninformation und Kartendaten eine Zielkreuzung für die Navigation bestimmt wird. Die Zahl der Straßen und Spuren wird abgerufen und es wird eine Spur vorgeschlagen, die genommen werden soll. Eine visuelle Darstellung, die auch den Weg durch die Kreuzung zeigt, wird erzeugt.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine Möglichkeit zu schaffen, Fahrzeugführungsfunktionen die geeignetsten Daten zum zukünftigen Fahrspurverlauf zur Verfügung zu stellen.
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Zur Lösung dieser Aufgabe ist bei einem Verfahren der eingangs genannten Art erfindungsgemäß vorgesehen, dass seitens der Auswerteeinheit mehrere unterschiedlichen zukünftigen Verläufen zugeordnete Hypothesendatensätze ermittelt und hinsichtlich ihrer Verlässlichkeit durch Zuordnung eines Verlässlichkeitswertes bewertet werden, wobei mehrere, einen einen Schwellwert überschreitenden Verlässlichkeitswert aufweisende Hypothesendatensätze von der Auswerteeinheit an das Fahrzeugsystem übermittelt werden und durch wenigstens eine ausgeführte Fahrzeugführungsfunktion des Fahrzeugsystems in Abhängigkeit einer Funktionseigenschaft und/oder der aktuellen Fahrsituation ein bei der Durchführung der Fahrzeugführungsfunktion zu verwendender Hypothesendatensatz aus den übermittelten Hypothesendatensätzen ausgewählt wird.
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Dabei sei nochmals angemerkt, dass der Hypothesendatensatz vorzugsweise immer auch die Verläufe benachbarter Fahrspuren, bevorzugt aller Fahrspuren der befahrenen Straße, beschreibt. Die Idee der vorliegenden Erfindung ist es also, eine Repräsentation zu schaffen, die alle plausiblen Verlaufshypothesen beschreibt, wobei der durch die zu übertragenden Hypothesendatensätze gebildete Gesamtdatensatz an das Fahrzeugsystem übermittelt wird, so dass die dortigen Fahrzeugführungsfunktionen alle Hypothesen betrachten und die geeignetste nutzen können. Mit anderen Worten liefert die Auswerteeinheit als Ergebnis mehrere bewertete Hypothesendatensätze, die Hypothesen darüber enthalten, wie sich die aktuell befahrene Fahrspur, insbesondere die gesamte Straße, vor dem Kraftfahrzeug weiter in ihrem Verlauf entwickelt. Alle Hypothesendatensätze, die einen hinreichend hohen Verlässlichkeitswert aufweisen, werden zu einem Gesamtdatensatz, also einer Repräsentation, zusammengestellt, auf die das Fahrzeugsystem zugreift. Fahrzeugführungsfunktionen haben damit grundsätzlich Zugang zu allen Hypothesen und sind somit nicht von einer vorausgegangenen Entscheidung der Auswerteeinheit abhängig. Es kann für jede Fahrzeugführungsfunktion genau der Hypothesendatensatz herangezogen werden, der am geeignetsten ist und dessen Berücksichtigung die sinnvollste, sicherste und/oder komfortabelste Ausführung der Fahrzeugführungsfunktion ermöglicht.
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Mit anderen Worten kann mithin zur Auswahl des zu verwendenden Hypothesendatensatzes ein die Funktionseigenschaften und/oder wenigstens eine die Fahrsituation beschreibende Fahrsituationsinformation gemeinsam mit den Hypothesendatensätzen auswertendes Auswahlkriterium verwendet werden. Über die Funktionseigenschaften kann idealerweise eine Zielrichtung der Funktion beschrieben werden, was es ermöglicht, einen Hypothesendatensatz auszuwählen, der diesen Zielen am ehesten gerecht wird. Die aktuelle Fahrsituation kann insbesondere hinsichtlich ihrer Kritikalität beschrieben werden, wobei in sicherheitskritischeren Situationen manche Hypothesendatensätze geeigneter sind als andere. Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung können zudem vorsehen, dass das Auswahlkriterium auch die mit dem Hypothesendatensatz übertragenen, diesen jeweils zugeordneten Verlässlichkeitswerte auswertet. So kann beispielsweise in sicherheitskritischen Situationen (beschrieben durch die Fahrsituationsinformation) vorgesehen werden, verlässlichere Hypothesendatensätze, die mithin eine höhere Zutreffenswahrscheinlichkeit aufweisen, eher heranzuziehen als weniger verlässliche und dergleichen. Die Verlässlichkeitswerte können auch als Teil des Hypothesendatensatzes selber, der entsprechend um sie ergänzt wurde, übertragen werden.
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Zweckmäßigerweise kann als Funktionseigenschaft bei der Auswahl eine Klassifizierung der Fahrzeugführungsfunktion als Komfortfunktion oder Sicherheitsfunktion und/oder eine Sicherheitsstufe der Fahrzeugführungsfunktion und/oder ein Längs- oder Querführungsbezug der Fahrzeugführungsfunktion verwendet werden. Komfortfunktionen sind meist weniger sicherheitskritisch, so dass beispielsweise Hypothesendatensätze ausgewählt werden können, bei denen schwächere und/oder in ihrer Zahl reduzierte Fahreingriffe erforderlich sind. Bei Sicherheitsfunktionen jedoch kann, insbesondere in sicherheitskritischen Fahrsituationen, eher sensibel reagiert werden, so dass beispielsweise die am ehesten beschränkende Hypothese bzw. der dieser zugeordnete Hypothesendatensatz ausgewählt werden kann, da dann eine größtmögliche Sicherheit garantiert werden kann. Ferner zeigt sich auch, dass bei der Längsführung und der Querführung im Hinblick auf Komfort und Sicherheit gänzlich andere Anforderungen an Hypothesendatensätze vorliegen können. So ist beispielsweise eine möglichst exakte Querführung gegeben, wenn der den schmalste oder eine der schmalsten zukünftigen Verläufe der aktuell befahrenen Fahrspur beschreibende Hypothesendatensatz gewählt wird, während es sich bei der Längsführung als zweckmäßig erweisen kann, eher von breiteren Ausdehnungen der Fahrspur vor dem Kraftfahrzeug auszugehen, da im Zweifel eher auf ein Kraftfahrzeug der benachbarten Fahrspur gebremst werden sollte, als ein Kraftfahrzeug auf der eigenen Fahrspur zu spät als relevant erkannt werden könnte. Ferner ist es zweckmäßig, wenn als die Fahrsituation beschreibende Fahrsituationsinformation ein die Kritikalität der aktuellen Fahrsituation beschreibender Kritikalitätswert bei der Auswahl berücksichtigt wird. Es wurde bereits angedeutet, dass beispielsweise verlässlichere Hypothesendatensätze in sicherheitskritischeren Fahrsituationen bevorzugt werden können, wobei zudem durch einen Kritikalitätswert beispielsweise auch unterschiedliche Auswahlen bei gleichen Funktionseigenschaften zweckmäßig sein können. Ein allgemeiner Kritikalitätswert für eine Fahrsituation kann beispielsweise aus Kollisionswahrscheinlichkeiten mit detektierten Objekten oder sonstigen Prädiktionsergebnissen im Hinblick auf andere Fahrzeuge abgeleitet werden, gegebenenfalls in Kombination mit Egodaten, die den Fahrzustand des eigenen Kraftfahrzeugs beschreiben, beispielsweise der eigenen Geschwindigkeit, der aktuellen Beschleunigung, das Fahrverhalten des Fahrers und dergleichen.
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Es kann vorgesehen sein, dass die Fahrzeugführungsfunktionen Teilfunktionen einer Gesamtfunktionalität des Fahrzeugsystems sind, wobei insbesondere durch unterschiedliche Teilfunktionen unterschiedliche Hypothesendatensätze ausgewählt werden. Hierbei ist zweckmäßigerweise die Gesamtfunktionalität die vollständig automatische Führung des Kraftfahrzeugs, wobei die Teilfunktionen insbesondere jeweils die Längsführung und die Querführung betreffen. Häufig lässt sich eine Gesamtfunktionalität, wie beispielsweise die vollständig automatische Führung eines Kraftfahrzeugs, in Teilaspekte zerlegen, die durch Teilfunktionen bedient werden. Diese Teilfunktionen, beispielsweise eine Längsführungsfunktion und eine Querführungsfunktion, die selbstverständlich aufeinander abgestimmt betrieben werden können, dienen unterschiedlichen Zielen, für die unterschiedliche Hypothesendatensätze geeignet sein können. Die vorliegende Erfindung erlaubt es nun erstmals, auch für Teilfunktionen innerhalb einer Gesamtfunktionalität jeweils unterschiedliche, am besten geeignete Hypothesendatensätze auszuwählen, ohne dass sie durch die Auswerteeinheit bereits auf einen bestimmen, am besten bewerteten Hypothesendatensatz festgelegt werden. So wird die Gesamtleistungsfähigkeit des Fahrzeugsystems deutlich verbessert.
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Als besonders vorteilhaft hat es sich erwiesen, wenn bei einer Komfortfunktion und/oder einer insbesondere Objekte, auf die zu bremsen ist, auswählenden, auf die Längsführung bezogenen Funktion und/oder einer niedrigen Kritikalität der Fahrsituation ein eine möglichst breite zukünftige Fahrspur beschreibender Hypothesendatensatz ausgewählt wird und/oder bei einer Sicherheitsfunktion und/oder einer insbesondere auf das Halten der aktuellen Fahrspur abstellenden, auf die Querführung bezogenen Funktion und/oder einer hohen Kritikalität der Fahrsituation ein eine möglichst schmale zukünftige Fahrspur beschreibender Hypothesendatensatz ausgewählt wird. Selbstverständlich können die entsprechenden Auswahlkriterien auch verschiedene Einflussfaktoren/Eingangsdaten entsprechend gewichten, um zu einer letztendlichen Entscheidung zu gelangen, nachdem beispielsweise auch sicherheitskritische Situationen klassifiziert werden können, die sich auf die Längsführung beziehen und eher breitere zukünftige Fahrspurverläufe als sicherheitsfördernd benötigen. Geht es beispielsweise hauptsächlich um die möglichst exakte Querführung, sind schmale Grenzen für die im Vorfeld des Kraftfahrzeugs liegende Fahrspur der Sicherheit und gegebenenfalls auch dem Komfort förderlicher, während beispielsweise bei Längsführungssystemen Hypothesendatensätze gewählt werden können, die eine eher breite zukünftig zu befahrende Fahrspur beschreiben, da es sicherheitsfördernd sein kann, eher auf zu viel als auf zu wenige andere Verkehrsteilnehmer zu bremsen. Auf der anderen Seite ist es komfortfördernder, bei einer Querführungsfunktion eher breitere zukünftige Fahrspurverläufe anzunehmen, da dann weniger Fahreingriffe erforderlich sind und dergleichen. Mithin kann das Auswahlkriterium eine Vielzahl von Aspekten gegeneinander abwägen, um schließlich den Hypothesendatensatz, unabhängig davon, ob es der bestbewertete ist, aufzufinden, der dem im Vordergrund stehenden Aspekt der Fahrzeugführungsfunktion am besten dient.
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In diesem Kontext sieht eine zweckmäßige Weiterbildung der vorliegenden Erfindung vor, dass bei der Auswahl eines eine möglichst schmale zukünftige Fahrspur beschreibenden Hypothesendatensatzes derjenige der die schmalsten zukünftigen Fahrspuren beschreibenden Hypothesendatensätze gewählt wird, dessen zukünftige Fahrspur innerhalb der meisten durch die anderen Hypothesendatensätze beschriebenen zukünftigen Fahrspuren liegt. Idealerweise ist die Situation derart, dass der die schmalste Fahrspur im Vorfeld des Kraftfahrzeugs beschreibende Hypothesendatensatz bzw. dessen Fahrspur innerhalb aller anderen Hypothesen lieget, somit diese insgesamt abdeckt und, insbesondere bezüglich der Querführung, eine besonders hohe Sicherheit bietet.
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Zur Ermittlung des Verlässlichkeitswertes seitens der Auswerteeinheit kann vorgesehen sein, dass ein Vergleich des Hypothesendatensatzes mit einem abhängig von einer aktuellen Fahrsituationsklasse, insbesondere einer Straßenklasse, gewählten Erwartungsdatensatz durchgeführt wird. Es wird mithin Vorwissen verwendet, um die Hypothesendatensätze in ihrer Plausibilität zu beschreiben. Beispielsweise ist es für bestimmte Straßentypen bekannt, dass eine bestimmte, genormte Fahrspurbreite erwartet wird, beispielsweise auf Autobahnen von 3,5 m. Ferner können auch bereits vorliegende Informationen, die auch aus digitalem Kartenmaterial im Kraftfahrzeug abgeleitet werden können, eingesetzt werden, die beispielsweise die Zahl der Fahrspuren auf der aktuell befahrenen Straße betreffen und dergleichen. Ferner können auch Parallelitätsannahmen eingehen, insbesondere dann, wenn wie bevorzugt letztlich alle Fahrspuren der aktuell befahrenen Straße/Fahrbahn durch den Hypothesendatensatz beschrieben werden. Der Hypothesendatensatz, der am wenigstens von der Erwartung abweicht, mithin am besten dem Erwartungsdatensatz entspricht, wird entsprechend am höchsten bewertet. Insbesondere kann als Verlässlichkeitswert eine Eintrittswahrscheinlichkeit für den Hypothesendatensatz eingesetzt werden, wobei dann im Allgemeinen ein geeigneter Schwellwert eingesetzt werden kann, beispielsweise nur Hypothesendatensätze berücksichtigt werden, die mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 30%, insbesondere mehr als 40%, eintreten.
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Es sei darauf hingewiesen, dass es jedoch auch denkbar ist, den Schwellwert dynamisch so zu bestimmen, dass immer eine feste Anzahl von Hypothesendatensätzen an das Fahrzeugsystem übermittelt wird, um letztlich immer eine geeignete Auswahl zur Verfügung zu haben. Die feste Anzahl kann dabei beispielsweise im Bereich von 3 bis 7 liegen.
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Neben dem Verfahren betrifft die Erfindung auch ein Kraftfahrzeug, aufweisend wenigstens einen auf das Vorfeld des Kraftfahrzeugs gerichteten Umfeldsensor und eine das erfindungsgemäße Verfahren durchführende Steuereinrichtung mit der Auswerteeinheit und dem Fahrzeugsystem. Sämtliche Ausführungen bezüglich des erfindungsgemäßen Verfahrens lassen sich analog auf das erfindungsgemäße Kraftfahrzeug übertragen, mit welchem mithin ebenso die bereits genannten Vorteile erhalten werden können.
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Weitere Vorteile und Einzelheiten der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus den im Folgenden beschriebenen Ausführungsbeispielen sowie anhand der Zeichnungen. Dabei zeigen:
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1 einen Ablaufplan eines Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Verfahrens,
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2 eine Skizze zur Auswahl von Hypothesendatensätzen, und
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3 ein erfindungsgemäßes Kraftfahrzeug.
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1 zeigt ein Ablaufdiagramm eines Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Verfahrens, wobei wenigstens eine Fahrzeugführungsfunktion in wenigstens einem Fahrzeugsystem, insbesondere einem Fahrerassistenzsystem, eines Kraftfahrzeugs ausgeführt wird. Das Kraftfahrzeug weist ferner wenigstens einen auf das Vorfeld des Kraftfahrzeugs gerichteten Umfeldsensor auf, wobei in einem Schritt S1 Sensordaten des wenigstens einen Umfeldsensors aufgenommen werden, die das Vorfeld des Kraftfahrzeugs, insbesondere also auch den zukünftigen Verlauf der aktuell befahrenen Fahrspur sowie der gesamten Straße, enthalten.
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In einem Schritt S2 werden diese Sensordaten, wie grundsätzlich bekannt, in einer Auswerteeinheit des Kraftfahrzeugs ausgewertet, indem sie zunächst auf mögliche Fahrspurbegrenzungen (Begrenzungshypothesen) hin ausgewertet werden, wonach aus diesen Begrenzungshypothesen Fahrspurhypothesen gebildet werden, welche wiederum zu die gesamte Straße, auf der sich das Kraftfahrzeug aktuell befindet, beschreibenden Fahrbahnhypothesen zusammengefasst werden können. Diese Fahrbahnhypothese beschreibenden Fahrbahnhypothesendaten bilden einen Hypothesendatensatz.
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In einem Schritt S3 werden allen ermittelten Hypothesendatensätzen Verlässlichkeitswerte zugeordnet. Dies kann durch Vergleich mit einem Erwartungsdatensatz geschehen, in den letztlich eingeht, welche Fahrspurbreite auf einer Straße der aktuellen Straßenklasse erwartet wird, wie viele Fahrspuren auf der aktuell befahrenen Straße erwartet werden, dass Fahrspuren üblicherweise parallel verlaufen sollten und dergleichen. Es wird also die Plausibilität jedes Hypothesendatensatzes gegen Vorwissen geprüft. Als Ergebnis wird für jeden Hypothesendatensatz ein Verlässlichkeitswert erhalten, der vorliegend eine prozentuelle Wahrscheinlichkeit dafür angibt, dass die zugehörige Fahrbahnhypothesen korrekt ist.
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In einem Schritt S4 werden alle Hypothesendatensätze, deren Verlässlichkeitswert einen Schwellwert, beispielsweise im Bereich von 30 bis 60%, überschreitet, ausgewählt und zu einem Gesamtdatensatz zusammengefasst, in dem jedem Hypothesendatensatz auch sein Verlässlichkeitswert zugeordnet wurde. Dieser Gesamtdatensatz, der mithin mehrere Fahrbahnhypothesen enthält, wird an alle Fahrzeugsysteme übermittelt, deren Funktionen die Hypothesendatensätze nutzen, vorliegend insbesondere auch an das eingangs genannte, zur wenigstens teilweise automatischen Fahrzeugführung ausgebildete Fahrzeugsystem mit wenigstens einer Fahrzeugführungsfunktion.
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Innerhalb des Fahrzeugsystems wird nun für die bzw. jede Fahrzeugführungsfunktion ein Auswahlkriterium ausgewertet, um den für die Fahrzeugführungsfunktion aktuell am besten geeigneten Hypothesendatensatz zu bestimmen, welcher dann im Schritt S6 in der Fahrzeugführungsfunktion verwendet wird. Das Auswahlkriterium berücksichtigt zur Auswahl dabei nicht nur die Hypothesendatensätze selbst, sondern auch eine Funktionseigenschaft, eine die Fahrsituation beschreibende Fahrsituationsinformation und die Verlässlichkeitswerte. Als Funktionseigenschaft wird konkret ein Längs- oder Querführungsbezug der Fahrzeugführungsfunktion eingesetzt. Weitere grundsätzlich denkbare Funktionseigenschaften sind eine Klassifizierung als Komfortfunktion oder Sicherheitsfunktion, eine Sicherheitsstufe sowie andere, insbesondere eine Zielsetzung beschreibende Funktionseigenschaften. Als die Fahrsituation beschreibende Fahrsituationsinformation wird ein Kritikalitätswert, der sich letztlich aus einer Bewertung des Fahrverhaltens des Fahrers und einer Bewertung anderer Verkehrsteilnehmer als mögliche Kollisionsobjekte zusammensetzt. Vorliegend werden durch das Auswahlkriterium im Schritt S5 für auf die Längsführung bezogene Fahrzeugfunktionen grundsätzlich eher solche Hypothesendatensätze ausgewählt, die einen breiten zukünftigen Fahrspurverlauf zeigen; für auf die Querführung bezogene Funktionen werden eher schmale, dem Kraftfahrzeug vorausliegende Fahrspurverläufe anzeigende Hypothesendatensätze gewählt. Diese Auswahl kann jedoch durch den Kritikalitätswert und gegebenenfalls den Verlässlichkeitswert noch modifiziert werden. Liegt nämlich beispielhaft eine wenig sicherheitskritische Fahrsituation vor, kann es aus Komfortgründen zweckmäßiger sein, möglichst wenige Querführungseingriffe durchzuführen, so dass bei einem niedrigen Kritikalitätswert auch eher breitere, dafür aber einen gegebenenfalls höheren Verlässlichkeitswert aufweisende Hypothesendatensätze herangezogen werden können.
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Es sei noch angemerkt, dass dann, wenn eine möglichst schmale im Vorfeld des Kraftfahrzeugs liegende Fahrspur beschreibende Hypothesendatensätze verwendet werden sollen, idealerweise der Hypothesendatensatz unter den die schmalsten Fahrspurverläufe aufweisenden Hypothesendatensätzen ausgewählt wird, dessen Fahrspur innerhalb der Fortsetzung der aktuelle befahrenen Fahrspur, wie sie durch andere Hypothesendatensätze beschrieben wird, für die meisten anderen Hypothesendatensätze liegt.
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Das Vorgehen sei im Hinblick auf 2 näher verdeutlicht. Dort weist ein Fahrzeugsystem als Gesamtfunktionalität die vollständig automatische Fahrzeugführung des Kraftfahrzeugs auf, welche vorliegend in zwei Teilfunktionen 2, 3 aufgeteilt ist, von denen die Teilfunktion 2 als Fahrzeugführungsfunktion auf die Querführung bezogen ist, die Teilfunktion 3 als Fahrzeugführungsfunktion jedoch auf die Längsführung. Der Gesamtdatensatz enthält vorliegend fünf Hypothesendatensätze 4 bis 8. Diese sind vorliegend nach der Breite der durch sie beschriebenen zukünftigen Verläufe der aktuell befahrenen Fahrspur des Kraftfahrzeugs sortiert. In sicherheitskritischen oder normalkritischen Fahrsituationen wird durch das Auswahlkriterium als ideal für die erste Teilfunktion 2 der Hypothesendatensatz 4 mit dem schmalsten zukünftigen Fahrspurverlauf ausgewählt werden, in sicherheitsunkritischen Situationen einer der einen breiteren Fahrspurverlauf anzeigenden weiteren Hypothesendatensätze 5 bis 8, idealerweise einer mit einem besonders hohen Verlässlichkeitswert. Entsprechend wird der Teilfunktion 3 in normalkritischen und besonders sicherheitskritischen Situationen vorliegend der Hypothesendatensatz 8 mit dem breitesten zukünftigen Fahrspurverlauf zugeordnet; stehen hier Komfortkriterium mehr im Vordergrund, kann auch ein einen schmaleren Fahrspurverlauf beschreibender Hypothesendatensatz 4 bis 7 gewählt werden, da dann weniger Fahreingriffe durch Bremsen auf andere Verkehrsteilnehmer grundsätzlich notwendig sind, was dem Komfort zuträglich ist.
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Dadurch, dass der der Gesamtdatensatz mehrere Hypothesendatensätze 4 bis 8 enthält, können für die Teilfunktionen 2, 3 mithin unterschiedliche, aber in der aktuellen Fahrsituation am besten geeignete Hypothesendatensätze ausgewählt werden.
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3 zeigt schließlich eine Prinzipskizze eines erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs 9, welches vorliegend als auf das Vorfeld des Kraftfahrzeugs 9 gerichtete Umfeldsensoren zwei Radarsensoren 10 und eine Kamera 11 aufweist. Deren Sensordaten werden der Auswerteeinheit 12 zugeführt, die wie beschreiben den Gesamtdatensatz ermittelt und an das Fahrzeugsystem 13 weiterleitet, konkret wobei jedoch auch Ausführungsformen denkbar sind, in denen die Auswerteeinheit 12 in das Steuergerät 14 integriert ist.
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Die Auswerteeinheit 12 und das Steuergerät 14 zur Realisierung des Fahrzeugsystems 13 bilden mithin Teil einer Steuereinrichtung des Kraftfahrzeugs 9, die zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ausgebildet ist.