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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Presssintern von Stahlbauteilen aus einem granulierten Pulver, ein unter speziellen Prozessparametern hergestelltes pressgesintertes Stahlbauteil selbst sowie eine Verwendung eines speziell durch Gasverdüsen erzeugten feinen Pulvers als Ausgangsmaterial für das Presssintern.
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Das Einsatzgebiet der Erfindung erstreckt sich vornehmlich auf die Automobiltechnik. Insbesondere hochbelastete Injektorkomponenten, wie Dieseleinspritzinjektoren, bestehen aus Bauteilen, die bei einer oftmals komplizierten Bauteilgeometrie eine hohe Dauerfestigkeit aufweisen müssen, um im bestimmungsgemäßen Einsatz die erwartet hohe Lebensdauer zu erreichen. Zur Herstellung derartiger Bauteile eignet sich das Presssintern, falls hierfür ein für den Einsatzzweck passendes hochlegiertes Stahlmaterial verwendet wird. Die Erfüllung dieses Anspruchs unterliegt material- und fertigungstechnisch bedingten Zielkonflikten.
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Stand der Technik
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Da sich gemäß des allgemein bekannten Standes der Technik konventionelle metallische Sinterpressteile beim Sintern aufgrund der üblicherweise verwendeten groben Pulver mit einer Korngröße zwischen 50 bis 300 µm praktisch nicht mehr verdichten lassen, wird die Bauteildichte bereits am Ende des Pressvorgangs, also noch vor dem anschließenden Sintern erreicht. Daher sind diese Sinterpressteile hauptsächlich auf niedrig legierte Stähle beschränkt, deren Pulverpartikel gut verformbar sind. Mit zunehmendem Legierungsgehalt nimmt die Materialfestigkeit zu, wodurch die Verformbarkeit der Pulverpartikel und somit die Verpressbarkeit verschlechtert wird. Daher können bei Verwendung von aus einem hochlegierten Stahl bestehenden Pulvern als Ausgangsmaterial keine hohen Bauteildichten erzielt werden, die für den vorstehend angegeben Einsatzzweck erforderlich wären, insbesondere hinsichtlich der Festigkeit sowie den magnetischen Eigenschaften.
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Für das Presssintern hochlegierter Stähle eignet sich gemäß des allgemein bekannten Standes der Technik allerdings das sogenannte heißisostatische Pressen (HIP). Hierbei werden Bauteile aus einem vorzugsweise sehr feinen Pulver von 1 bis 20 µm mittleren Korndurchmessers hergestellt. Dieses Ausgangsmaterial wird in eine Form eingeführt und bei sehr hohem isostatischen Druck und hoher Temperatur versintert. Durch den isostatischen Druck kann der Stahl bis zu fast voller Dichte gesintert werden. Das Verfahren hat den Vorteil, dass das Gefüge deutlich homogener ist als bei schmelzmetallurgisch hergestellten Stählen. So treten bei dem pulvermetallurgischen Verfahren keine Entmischungen, Steigerungen oder Lunker auf. Zudem sind die Karbide im Gefüge sehr fein und homogen verteilt, was Vorteile im Bezug auf die Verschleißbeständigkeit und Zugfestigkeit bietet. Der Nachteil dieses Verfahrens liegt allerdings darin, dass ein sehr hoher fertigungstechnischer Aufwand zur Durchführung erforderlich ist, weil jedes herzustellende Bauteil einzeln verkapselt werden muss.
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Anders stellt es sich bei dem ebenfalls allgemein bekannten sogenannten Metallpulverspritzgießen (MIM) dar. Hierbei wird ein feines Pulver als Ausgangsmaterial über die Beimischung recht großer Mengen eines organischen Binders fließfähig gemacht. Der sogenannte Feedstock wird anschließend bei erhöhten Temperaturen in eine Spritzgussform gespritzt. Anschließend wird der Binder, beispielsweise mittels Lösemitteln oder durch Temperatur wieder entzogen. Die Bauteildichte wird bei diesem Verfahren ausschließlich über den anschließenden Sinterprozess erzielt. Durch die hohe Feinheit der Pulverpartikel von ca. 10 bis 20 µm und der damit einhergehenden hohen Sinteraktivität können auch hochlegierte Stähle nahezu vollständig verdichtet werden. Dieses spezielle Verfahren eignet sich vor allem für recht komplexe Bauteile, die in hohen Stückzahlen hergestellt werden. Es ist jedoch eine lange Prozesskette nötig.
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Die Sinterpresstechnik ist aufgrund einer demgegenüber kürzeren Prozesskette weniger aufwendig als das MIM. Feine Pulver, wie diese beim MIM benutzt werden, sind jedoch schlecht rieselfähig und können nur schwer verpresst werden. Dadurch entstehen sehr hohe Dichtegradienten im Bauteil. Zudem weisen die Grünteile nach dem Pressen durch die globulare Form und hohe Härte der Pulverpartikel eine zu geringe Festigkeit auf, wodurch sie nicht chargiert werden können.
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Aus der
EP 2 364 798 A1 geht eine technische Lösung hervor, welche auf einem Sinterpressen von granuliertem Pulver basiert. Hierbei werden wie bei MIM sehr feine Pulver verwendet, welche jedoch zunächst zu sogenannten Granalien verarbeitet werden. Dies kann beispielsweise durch Sprühgranulation einer Dispersion aus dem Pulver, einem organischen Lösungsmittel und einem organischen Binder, beispielsweise Wachs erfolgen. Die einzelnen Granalien bestehen aus vielen einzelnen Pulverpartikeln mit einem durchschnittlichen Durchmesser von 50 bis 300 Mikrometern. Die Granalien gewährleisten, dass das Pulver gut rieselfähig ist und sich daher einfach in eine Pressmatrize einfüllen lässt. Das Ausgangsmaterial kann ein Metallpulver sein, insbesondere auch ein legierter Stahl, beispielsweise ein rostfreier Stahl, wie Chromstahl oder Chrom-Nickel-Stahl. Hochbelastungsfähige Bauteile der hier interessierenden Art lassen sich auf Basis eines derart hergestellten granulierten Pulvers durch herkömmliches Sinterpressen allerdings nicht erzeugen.
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Die Sinterpresstechnik von solchen granulierten Pulvern kann also vorteilhaft für rostfreie Stähle sein. Diese Stähle neigen dazu, dass bei der schmelzmetallurgischen Herstellung große Chromkarbide gebildet werden, welche zudem recht inhomogen im Gefüge verteilt sind. Diese Chromkarbide haben einen negativen Einfluss auf die Korrosionsbeständigkeit sowie die mechanischen Eigenschaften, insbesondere die Ermüdungseigenschaften bei zyklischer Belastung. Dies liegt daran, dass durch Bildung der Chromkarbide Chrom aus den naheliegenden Bereichen entzogen wird und somit nicht mehr zum Korrosionsschutz beitragen kann. Zudem weisen diese Chromkarbide andere elastische Eigenschaften hinsichtlich E-Modul und Querkontraktionszahl auf, als die Matrix des Werkstoffes, wodurch Spannungsüberhöhungen erzeugt werden, welche bei zyklischer Belastung zur Bildung von Rissen und letztlich zum Bruch des Bauteils führen können. Durch die Verwendung der Methode des Presssinterns kann die Bildung großer Chromkarbide und die damit einhergehenden negativen Effekte vermieden werden.
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Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zum Presssintern von hochlegierten Stahlbauteilen aus einem granulierten Pulver sowie ein hieraus resultierendes Stahlbauteil zu schaffen, das sich durch eine hohe Bauteilfestigkeit auszeichnet und sich in reproduzierbarer Qualität effizient in Serienproduktion herstellen lässt.
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Offenbarung der Erfindung
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Die Aufgabe wird durch ein Herstellungsverfahren gemäß Anspruch 1 gelöst. Hinsichtlich eines hiermit hergestellten pressgesinterten Stahlbauteils wird die Aufgabe durch Anspruch 4 gelöst und hinsichtlich einer Verwendung eines durch Gasverdüsen erzeugten speziellen feinen Pulvers als Ausgangsmaterial für das Presssintern wird auf Anspruch 9 verwiesen. Die jeweils zugeordneten abhängigen Ansprüche geben vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung wieder.
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Die Erfindung schließt die verfahrenstechnische Lehre ein, dass zum Presssintern aus einem granulierten Pulver zunächst ein durch Gasverdüsen erzeugtes feines Pulver mit kugeligen Partikeln aus einem hochlegierten Stahlmaterial bereitgestellt wird. Anschließend wird dieses spezielle Pulver unter Hinzugabe eines vorzugsweise organischen Binders granuliert. Danach wird das granulierte Pulver zur Erzeugung eines Grünteils, dessen Formgestalt allein durch den organischen Binder aufrechterhalten wird, verpresst. Schließlich wird das Grünteil als Halbzeug zur Erzeugung eines Sinterteils gesintert, wobei der organische Binder aus dem Grünteil entweicht und die Verbindung der Partikel untereinander erst infolge des Sinterns entsteht.
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Durch das Presssintern dieses speziellen granulierten Pulvers sind die Karbide gegenüber dem vorstehend diskutierten Stand der Technik wesentlich kleiner und sehr homogen im Gefüge verteilt. Somit wird die Passivierungsgrenze von 11 Gew.% Chrom, vorzugsweise von 10,5 Gew.% Chrom nicht unterschritten. Die Prozessparameter beim Presssintern werden hinsichtlich insbesondere der Prozesstemperatur sowie des zugeordneten Prozessdruckes so gewählt, dass sich diese lokale Passivierungsgrenze einstellt. Die endgültige Gefügestruktur wird erst beim Sintern entsprechend eingestellt. Durch die feine Partikelgröße des Pulvers sind sehr viele Keimstellen im Gefüge vorhanden, die zu einer homogenen Verteilung der Karbide führen. Die restlichen Poren im Gefüge sind relativ klein und im Wesentlichen rund, wodurch die Eigenschaften nur unwesentlich beeinflusst werden. Dadurch weist das pressgesinterte Stahlbauteil eine hohe Korrosionsbeständigkeit und verbesserte Ermüdungseigenschaften gegenüber den entsprechenden schmelzmetallurgischen Massivwerkstoffen auf. Die Sinterpresstechnik ermöglich zudem die Herstellung von endkonturnahen Bauteilen, wodurch die Bearbeitungszeiten verkürzt und somit Kosten gegenüber der schmelzmetallurgischen Herstellung und anschließender spanender Bearbeitung eingespart werden können.
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Vorzugsweise erfolgt das Sintern des Grünteils mit einer Prozesstemperatur zwischen 1.000 und 1.500 °C, vorzugsweise zwischen 1.100 und 1.400 °C, mit einem zugeordneten Prozessdruck zwischen 0,1 und 100 bar beim Sintern. Der Pressdruck zum Pressen des Grünteils liegt dagegen bei etwa 800 MPa, vorzugsweise 600 bis 1000 MPa. In dem vorzugsweise angegebenen Temperatur- bzw. Druckbereich treten die vorgenannten Vorteile der Erfindung besonders prägnant hervor.
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Es ist von Vorteil, wenn das feine Pulver mit den kugeligen Partikeln aus einem hochlegierten Stahlmaterial durch Gasverdüsen der Schmelze mittels eines Edelgases erzeugt wird. Die Verwendung von Edelgas beim Gasverdüsen verhindert eine Oxidation der erstarrenden Schmelze. Durch das Gasverdüsen entstehen kugelige Partikel, also Partikel mit einer annähernden Kugelform bis hin zu einer Tropfenform, ohne Kanten und Spitzen. Die so gasverdüsten kugeligen Partikel weisen gemäß einer bevorzugten Ausführungsform einen mittleren Durchmesser zwischen 10 bis 20 µm auf.
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Als hochlegiertes Stahlmaterial wird im Rahmen der vorliegenden Anmeldung insbesondere ein hochlegierter Chrom-Molybdän-Vanadium-Stahl verstanden. Insbesondere die Sorten X45CrMoV15 (1.4116) sowie X90CrMoV18 (1.4112) führen nach dem Presssintern zu Stahlbauteilen, welche die vorstehend erörterten Bauteileigenschaften aufweisen. Weiterhin erstreckt sich die erfindungsgemäße Lösung auch auf Stähle, mit einem etwas niedrigeren Cr-Gehalt im Vergleich zu den vorangehend genannten Stählen, wie beispielsweise auch auf X12CrS13 (1.4005).
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Im Gefüge des pressgesinterten Stahbauteils sind nur relativ kleine und homogen verteilte runde bis ovale Gasporen vorhanden, die einen mittleren Durchmesser von 1 bis 15 µm aufweisen, meist jedoch nur kleiner als10 µm. Denn durch das erfindungsgemäße Verfahren lassen sich Stahlbauteile mit hohen Enddichten von bis zu 99 % der theoretischen Dichte herstellen. Ferner wird das Stahlbauteil unter Prozessparametern gesintert, die zu einer Restporosität im Bereich von 1 bis 3 Vol.% führt, was durch eine einfache Gefügeanalyse nachweisbar ist. Demgegenüber werden bei einer Presstechnik mit konventionellen, also gröberen und spratzigen Pulvern Dichten von ca. 92 bis 97 % der theoretischen Dichte erzielt und die entstehenden Poren sind eher scharfkantig.
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Weitere, die Erfindung verbessernde Maßnahmen werden nachstehend gemeinsam mit der Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels der Erfindung anhand von Figuren näher dargestellt.
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Figurenliste
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Es zeigt:
- 1 ein Ablaufdiagramm für ein Verfahren zum Presssintern von Stahlbauteilen mit speziellen Prozessparametern,
- 2 eine schematisch bildliche Darstellung des Gefüges eines so hergestellten pressgesinterten Stahlbauteils.
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Gemäß 1 erfolgt ein Presssintern zur Erzeugung eines Stahlbauteils 1 aus einem hochlegierten Stahlmaterial, hier X45CrMoV15, indem in einem Schritt I. ein durch Gasverdüsen erzeugtes feines Pulver 2 mit kugeligen Partikeln aus dem vorgenannten Stahlmaterial bereitgestellt wird. Anschließend wird in einem Schritt II. dieses Pulver 2 unter Hinzugabe eines organischen Binders 3, hier Wachs, zu Granulaten verarbeitet, welche einen viel größeren mittleren Partikeldurchmesser aufweisen, als das feine Pulver 2. Es entsteht ein granuliertes Pulver 4, welches als Ausgangsmaterial für das nachfolgende Presssintern dient.
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Im Rahmen des Presssinterns erfolgt in Schritt III. zunächst bei einem Pressdruck von ca. 800 MPa ein Verpressen des granulierten Pulvers 4 zur Erzeugung eines Grünteils 5. Die Formgestalt des Grünteils 5, also dessen äußere Abmessungen, werden hier allein durch den organischen Binder 3 aufrechterhalten, da die kugelige Partikelform des feinen Pulvers aus dem gasverdüsten hochlegierten Stahlmaterial eine Verbindung dieser Partikel untereinander nicht herbeizuführen vermag.
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Unter einer Prozesstemperatur von ca. 1.300 °C erfolgt in Schritt IV. das anschließende Sintern des Grünteils 5 zur Erzeugung des Stahlbauteils 1 als Sinterteil. Hierbei entweicht der organische Binder 3 aus dem Grünteil 5 und es entsteht eine vornehmlich stoffschlüssige Verbindung der Partikel des Pulvers 2 untereinander infolge eines Versinterns.
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Nach 2 entsteht unter diesen Prozessbedingungen ein pressgesintertes Stahlbauteil 1 aus hochlegiertem Chrom-Molybdän-Vanadium-Stahl der vorgenannten Spezifikation, welches eine Enddichte von bis zu 99 % der theoretischen Materialdichte erreicht und somit eine hohe Bauteilfestigkeit aufweist.
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Innerhalb des Gefüges sind nur relativ kleine runde bis ovale Gasporen 6 zu beobachten, die einen mittleren Durchmesser von bis zu 10 µm aufweisen. Die in dem relativ homogenen Gefüge verteilten Karbide haben nicht zur Folge, dass die lokale Passivierungsgrenze von 10,5 Gew.% Chrom gemäß Probenanalyse in den angrenzenden Bereichen unterschritten wird. Durch eine Restporosität im Bereich von maximal 3 Vol.% sind Rissbildungen beim bestimmungsgemäßen Einsetzen des pressgesinterten Stahlbauteils 1 als hochbelastete Injektorkomponente oder dergleichen nicht zu befürchten.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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