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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Simulieren eines Formgebungsprozesses oder eines Teilvorgangs des Formgebungsprozesses gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1.
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Dabei werden Zustände von am Formgebungsprozess beteiligten Objekten, insbesondere eine Formgebungsmaschine, ein Formgebungswerkzeug und/oder ein zu verarbeitendes Material, in diskreten und aufeinanderfolgenden Zeitschritten unter Vorgabe von Bedingungen berechnet, wobei die Bedingungen Eingabeparameter des Formgebungsprozesses repräsentieren.
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Formgebungsmaschinen sind beispielsweise Spritzgießmaschinen, Spritzpressen, Pressen und dergleichen. Formgebungsprozesse folgen dieser Terminologie analog.
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Die Bedingungen repräsentieren die Eingabeparameter dahingehend, dass sie die mathematischen Pendants zu den Eingabeparametern sind, die beispielsweise von Bedienern an der Formgebungsmaschine eingestellt werden. Beispielsweise bei einem Spritzgießprozess könnten Eingabeparameter Parameter in Bezug auf ein Einspritzprofil sein. In der Simulation könnten dann beispielsweise die Maschinenelemente, die das Einspritzprofil umsetzten, detailliert simuliert werden. Die Parameter in Bezug auf das Einspritzprofil legen dann die Bedingungen, die sich aus den Parametern an die Simulation ergeben, eindeutig fest. Statt einer solchen identischen Festlegung der Bedingungen, können die Bedingungen der Simulation auch durch Modellierung der Gegebenheiten an die Eingabeparameter angepasst werden. Beim vorherigen Beispiel mit dem Einspritzprofil könnte dies ein zeitabhängiger Massefluss im Anguss sein. Dies ist freilich rein beispielhaft zu sehen. Eine analoge Situation trifft für alle Eingabeparameter bzw. Bedingungen zu.
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Die Eingabeparameter betreffen vorwiegend die Bewegungs- und Kraftprofile von Antrieben der Formgebungsmaschine und andere anzusteuernde Komponenten der Formgebungsmaschine. Beim Beispiel einer Spritzgießmaschine wären dies beispielsweise Antriebe zum Öffnen und Schließen eines Formwerkzeugs, Aufbau einer Schließkraft, Einspritzen, Nachdruck, Auswerfer, Heizungen usw.
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Im Folgenden wird der Stand der Technik anhand des Beispiels von Spritzgießmaschinen (SGM) beschrieben. Die Schlussfolgerungen gelten analog auch für andere Formgebungsprozesse (Spritzgießprozesse werden als SG-Prozesse abgekürzt).
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Simulationen mittels Finite-Elemente-Methoden sind sehr rechenintensiv und benötigen daher besonders leistungsstarke Rechensysteme bzw. viel Zeit. Abhängig von der Dauer und der zeitlichen Diskretisierung des SG-Prozesses bzw. der Größe und der räumlichen Diskretisierung der zu simulierenden Geometrien sind pro Füllvorgang auf handelsüblichen Computern Rechenzeiten zwischen einigen Stunden und mehreren Tagen zu erwarten.
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Optimierungsaufgaben erfordern in der Regel die Durchführung von einer größeren Anzahl einzelner Simulationen. Um bei einem gegebenen Rechensystem schnellstmöglich zu einem Ergebnis in der Optimierung zu kommen, sind Methoden notwendig den Rechenaufwand weitestgehend zu reduzieren.
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In der Praxis haben sich Methoden der statistischen Versuchsplanung (engl.: Design of Experiments - DoE) etabliert. Diese dienen bei einer gegebenen Anzahl an zu untersuchenden Parametern die Anzahl der notwendigen Experimente soweit zu reduzieren, dass relevante Wirkzusammenhänge zwischen den Parametern und Qualitätsmerkmalen dennoch möglichst genau ermittelt werden können.
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Spritzgießsimulationen
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Numerischen Strömungsmechanik (Computational fluid dynamics - CFD) kann eingesetzt werden um Spritzgießprozesse zu simulieren. Verschiedene Arten an Füllsimulationen sind dabei im Umlauf (vgl. Zheng R., Tanner R.I., Fan X.-J. (2012): Injection Molding. Heidelberg: Springer. Seiten 111-147; Zhou H. (Hrsg.) (2013): Computer Modeling for Injection Molding. Hoboken: Wiley. Seiten 49-254). Sie unterscheiden sich grundlegend in ihrem Aufbau und der Physik die sie abdecken. Simulationen haben gemeinhin eine räumliche und eine zeitliche Diskretisierung. Generell bestimmt die Feinheit der Diskretisierung die Genauigkeit der Ergebnisse und gleichzeitig die benötigten Rechenressourcen (Größe des Rechensystems und Dauer der Berechnungen).
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Ein gegebenes Produkt, also die Kavität eines Spritzgießwerkzeuges, liegt meist als CAD-Daten vor. Diese CAD-Geometrie wird in kleine Einheiten zerteilt (räumliche Diskretisierung). In 3D entsprechen die Einheiten häufig Hexaeder oder Tetraeder. Für diese Einheiten werden in der Simulation diverse Zustände berechnet und zwar stückweise in kleinen Zeit-Einheiten (zeitliche Diskretisierung). In jeder zeitlichen Einheit werden diverse Gleichungen gelöst, z.B. die Kontinuitätsgleichung oder die Navier-Stokes-Gleichung. Den Zuständen können Prozessvariablen des modellierten Kunststoffs, wie z.B. dessen Temperatur, Druck oder Dichte, entsprechen.
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Das volle 3D-Modell gibt die genauesten Ergebnisse, ist jedoch auch das zeit- und rechenintensivste. Vereinfachungen zum vollen 3D Modell bilden das Hele-Shaw Model (die Geometrie wird durch eine Ebene beschrieben deren jedem Ort eine Wanddicke zugwiesen ist), das 2.5D Model, oder das Dual-Domain Model.
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Besonders im Zusammenhang mit vollen 3D-Modellen muss die räumliche Diskretisierung per se nicht statisch sein, sondern kann sich mit dem Verlauf der Simulation mitverändern (adaptive Gittererstellung). Dadurch können die Rechengenauigkeit eventuell erhöht und die Rechenzeit eventuell verkürzt werden.
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Die zeitliche Diskretisierung ergibt sich typischerweise aus der Festlegung einer sogenannten Courant-Zahl Co, welche angibt um wie viele Zellen sich eine Größe (typischerweise die Kunststoffmasse) pro Zeitschritt maximal fortbewegt. Ein einzelner Zeitschritt oder Berechnungsschritt behandelt daher im Prozess eine entsprechende Dauer (beispielsweise 10 µs < Δt < 10 ms) und diese Prozessdauer ist generell für jeden Zeitschritt verschieden. Die zeitliche Diskretisierung ist demnach bedingt durch die jeweiligen Zellgrößen, die jeweiligen Strömungsgeschwindigkeiten und die definierte Courant-Zahl. Diese kann eine Zahl zwischen 0 und 1 (0<Co<1) oder wiederum eine Funktion 0<Co(x)<1 sein, wobei x verschiedenste Abhängigkeiten bezeichnet (Zeit, Ort, Druck, Kombinationen etc.).
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Je höher die räumliche Diskretisierung (je kleiner die Zellen), je höher die Fließgeschwindigkeiten und je kleiner die Courant-Zahl, desto kleiner ist die behandelte Prozessdauer in einem jeweiligen Berechnungsschritt. Je kleiner die jeweiligen Prozessdauern der jeweiligen Berechnungsschritte, desto mehr Berechnungsschritte werden benötigt um einen Füllvorgang abzuschließen. Die Rechenressourcen für einen Berechnungsschritt sind ungefähr unabhängig von der jeweiligen Prozessdauer. Demnach steigen die gesamt benötigten Rechenressourcen mit höherer räumlicher und zeitlicher Diskretisierung.
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Erweiterte Spritzgießsimulationen
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Die Geometrie der Kavität kann durch jene der Düse, des Heißkanalsystems, des Verteilers, des Schneckenvorraums, etc. erweitert werden. Manche Simulationen berücksichtigen auch das komplette Werkzeug und die darin befindlichen Temperierkanäle.
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Die abgebildete Physik in der Simulation kann auch die Kristallisation von Polymeren, oder die Ausrichtung und thermische Schädigung von Füllstoffen umfassen. Wärmeübergang, schergeschwindigkeits- und druckabhängige Viskosität, Schererwärmung, Einfrieren von Randschichten, etc. spielen ebenfalls eine Rolle. Anschließend oder parallel zu Füll-/Spritzgießsimulationen ist es ebenfalls gebräuchlich Temperier-, Kühl-, Verzugs-, oder Schwindungsanalysen durchzuführen.
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Simulationen zur Prozessoptimierung
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Spritzgießsimulationen werden typischerweise in der Werkzeugkonstruktion für folgende Aufgaben eingesetzt: Bestimmung Ausrichtung von Fasern; Vermeidung von Bindenähten; Bestimmung der notwendigen Schließkraft; Dimensionierung von Wanddicken; Optimierung der Position, Anzahl und Größe von Anspritzungen; Minimierung von Verzug; Bestimmen von Entformbarkeit; Vermeidung von Hotspots; Berechnung der Füllzeit; Bestimmen von Schwindung; Bestimmen von Einfallstellen; Vermeidung von Entlüftungsproblemen; Bestimmung interner Spannungen.
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Inzwischen werden die aufwendigen, jedoch genauen, 3D-FEM Simulationen auch zur realitätsgetreuen Berechnung des Spritzgießprozessen verwendet, um im Weiteren eine Offline-Optimierung von Bedingungen bzw. der Maschineneinstellung (Eingabeparameter) zu ermöglichen. Optimiert werden sollen hierbei die Füllgeschwindigkeit/Füllzeit, Schmelze- oder Werkzeugtemperaturen oder die Nachdruckhöhe. Übergeordnete Optimierungsziele sind ein robuster Spritzgießprozess, eine kurze Zykluszeit oder eine Formteiloberfläche ohne Defekte wie z.B. Einfallstellen, Schlieren oder Verbrennungen.
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Zur Optimierung wird in der Praxis die statistische Versuchsplanung (engl.: Design of Experiments - DoE) eingesetzt. Für eine DoE definiert der Bediener einer Simulationssoftware normalerweise (händisch) einen Parameterraum bestehend aus zu variierenden Parametern (Faktoren) und zugehörigen Parameterwerten (Levels). Die Daten oder Ergebnisse einer jeden Füllsimulation werden analysiert. Dazu sind geeignete Qualitätsfunktionen notwendig, welche die Ergebnisse der Simulationen auf Qualitätsvariablen abbilden, bzw. aus simulierten Quantitäten qualitätsentscheidende Formteil- oder Prozesseigenschaften machen.
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Um eine maximale Information über die Einflüsse und die Zusammenhänge zwischen den diversen Parametern zu erhalten und die Optimierungsziele bestmöglich zu erreichen, sollte der Parameterraum möglichst groß sein und möglichst jede Kombination von Parameterwerten analysiert werden. Offensichtlich kann die Anzahl benötigter Füllsimulationen sehr leicht sehr hoch werden. Deshalb schränkt man auf Kosten von der gewonnenen Information die Anzahl der benötigten „Runs“ normalerweise geschickt ein. Dennoch bleibt der benötigte Simulationsaufwand beträchtlich.
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Gemäß dem Stand der Technik werden multiple Simulationen gemäß dem aufgestelltem Versuchsplan durchgeführt. Die Ergebnisse werden jeweils analysiert und die Zusammenhänge zwischen den diversen Parametern und den Qualitätsfunktionen modelliert. Anschließend lässt sich ein (lokales/vorläufiges) Optimum bestimmen. Wenn notwendig, bzw. wenn die erforderten Qualitätskriterien innerhalb des abgedeckten Parameterraums nicht erfüllt werden konnten, werden in weiteren Iterationen neue/andere Parameterräume verwendet. Auf diese Wiese hantelt man sich bis zu einem „Optimum“ empor.
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Diverse unterstützende/alternative Algorithmen wurden in der Literatur angedacht und durch Yang et al. 2015 in 1 (adaptiert wiedergegeben) anschaulich zusammengefasst (vgl. Yi Yang, Bo Yang, Shengqiang Zhu, Xi Chen. Online quality optimization of the injection molding process via digital image processing and model-free optimization. Journal of Materials Processing Technology 226 (2015) 85-98). Für die vorliegende Erfindung ist vorrangig der mit „Offline“ bezeichnete und speziell die Verwendung von „First-principle models“ relevant. Eine Kombination und wechselseitige Benutzung anderer Methoden ist aber durchaus möglich.
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Im Anschluss an die diversen Simulationen, bzw. First-principle models, CFD-, FEM-Berechnungen etc. werden deren Ergebnisse analysiert. Nach Durchführung und Analyse einer (one-factor-at-a-time) Simulation oder mehrerer (DoE) Simulationen wird überprüft ob die Qualitätskriterien erfüllt sind und wiederum darauf folgt die Entscheidung, ob und welche Parameter in einer weiteren Iteration eventuell modifiziert werden können/sollen. Diese Vorgehensweise im Stand der Technik wird in
2 aus der
EP 1 218 163 B1 verdeutlicht.
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Ein Ablauf-Diagramm einer Offline-Prozessoptimierung mittels SpritzgießSimulationen (CFD) gemäß dem Stand der Technik ist in 3 dargestellt. Das Expertenwissen ist in Form von Wissen eines Bedieners und dessen Eingaben vorhanden. Die Bewertung einer Simulation erfolgt, wie erwähnt nach deren Ende, gefolgt von einer Überprüfung ob die Ergebnisse den Qualitätsanforderungen entsprechen. Eventuell werden Parameter oder Bedingungen modifiziert und eine weitere Simulation ausgeführt.
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Ein gegenüber dieser Vorgehensweise verbessertes Verfahren ist Stand der Technik und ist in 4 dargestellt. Statt die Parameter bzw. Bedingungen iterativ zu modifizieren mit dem Ziel optimale Simulationsergebnisse zu erhalten, wird ein Versuchsplan (DoE) erstellt. Dieser wird abgearbeitet, jedes der Simulationsergebnisse wird bewertet, eventuell eine Modellierung durchgeführt und ein Optimum identifiziert. Optional lässt sich dieses Vorgehen mit obigem „Iterativen Optimierer“ (3) kombinieren.
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zur Simulation eines Formgebungsprozesses bereitzustellen, welches einen effektiveren Umgang mit Rechenleistung erlaubt.
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Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst.
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Dies geschieht, indem
- (a) nach einem Zeitschritt, welcher vor dem Ende des simulierten Formgebungsprozesses oder des Teilvorgangs des Formgebungsprozesses liegt, eine Überprüfung der berechneten Zustände der am Formgebungsprozess beteiligten Objekte anhand zumindest eines Qualitätskriteriums durchgeführt wird,
- (b) falls die Überprüfung nach Schritt (a) ergibt, dass das zumindest eine Qualitätskriterium nicht erfüllt ist, zumindest eines der folgenden durchgeführt wird:
- (i) Wiederaufnahme der Simulation unter wiederholter Berechnung des Zeitschritts und/odereines vorhergehenden Zeitschritts,
- (ii) Weiterführung der Simulation unter Berechnung eines auf den Zeitschritt folgenden Zeitschritts,
- (c) wobei bei der Durchführung des Verfahrensschrittes (b) die Bedingungen zumindest teilweise geändert werden.
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Bei der Wiederaufnahme der Simulation nach (b)(i) kann sowohl beim allerersten Zeitschritt als auch bei einem späteren, bereits einmal berechneten Zeitschritt fortgesetzt werden.
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Die Eingabeparameter betreffen, wie erwähnt, vorwiegend die Bewegungs- und Kraftprofile von Antrieben der Formgebungsmaschine und andere anzusteuernde Komponenten der Formgebungsmaschine. Denn beispielsweise der Wechsel einer gesamten Formgebungsmaschine oder eines Formwerkzeugs ist für Bediener beim Einrichten des Formgebungsprozesses faktisch nicht möglich.
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Die Erfindung sieht das Überprüfen des Qualitätskriteriums - vorzugsweise durch die Anwendung eines Gütefunktionals auf die errechneten Daten bzw. Zustände - vor. Dazu ist zunächst zu bemerken, dass das Qualitätskriterium nicht auf das im Formgebungsprozess hergestellte Formteil (Maßhaltigkeit, Verzug, Oberflächenbeschaffenheit) bezogen sein muss. Das Qualitätskriterium kann - und wird in vielen Fällen - auch bestimmte Eigenschaften des Formgebungsprozesses (bestimmte Drücke und Temperaturen usw.) betreffen.
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Gemäß der Erfindung ist es vorgesehen, die Überprüfung nach dem Verfahrensschritt (a) vor dem Ende des simulierten Formgebungsprozesses oder des simulierten Teilvorgangs durchzuführen. Während im Stand der Technik „ganze Simulationen“ durchgeführt wurden, wird bei der Erfindung also nicht das Ende des betrachteten physikalischen Vorgangs abgewartet.
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Eine „ganze Simulation“ ist übrigens als „zeitlich ganz und räumlich ganz“ zu sehen. D.h. nach der „ganzen Simulation“ ist der betrachtete physikalische Vorgang beendet.
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Beispielsweise kann eine (virtuelle) Kunststoffschmelze in einem Zustand sein, in welchem sie „entnommen“ werden könnte, d.h. zumindest deren Randschichten sind erstarrt, bzw. unterhalb einer bestimmten Temperatur.
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Zwar gibt es im Stand der Technik Situationen, bei denen Simulationen abgebrochen werden. Beispielsweise wenn sich herausstellen sollte, dass die Fließfront eingefroren ist, noch bevor die Werkzeugkavität voll ist (wodurch eine volle Füllung unmöglich wird). Der physikalische Vorgang bzw. der Formgebungsprozess oder der Teilvorgang davon ist aber auch hier beendet. Letztendlich handelt es sich hier um eine programmtechnische Sicherheitsmaßnahme. Im Sinne der angesprochenen Weiterbildung wird aber überprüft, ob der (physikalische) Formgebungsprozess sich wie gewünscht entwickelt.
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Die Erfindung ermöglicht es also in vielen Fällen, eine Modifikation der Bedingungen (Eingabeparameter) vorzunehmen, ohne wieder komplett an den Anfang der Simulation zurückzugehen und von vorne zu starten.
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Ein Vorteil der Erfindung liegt in der Beseitigung der Problematik, dass bei einer „ganzen Simulation“ die Bedingungen bzw. deren zeitlicher Verlauf von Anfang an definiert sind. Diese definierten Bedingungen (bei einem Spritzgießprozess beispielsweise das Einspritz- oder das Nachdruckprofil) begleiten die Simulation von deren Start bis zu deren Ende und sind daher während der Simulation nicht modifizierbar. Diese Einschränkung wird durch die Erfindung beseitigt.
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Das Durchführen von virtuellen/offline Prozessoptimierungen mittels Spritzgießsimulationen gemäß dem Stand der Technik ist sehr zeit-, rechen-, und ressourcenintensiv. Dem gegenüber ermöglicht es die angesprochene Weiterbildung der Erfindung, dass
- • noch vor Beendigung der kompletten Simulation festgestellt werden kann, dass diverse Qualitätskriterien unter den gegebenen Bedingungen nicht erfüllt werden.
- • noch vor Beendigung der kompletten Simulation Bedingungen so modifiziert werden können, dass diverse Qualitätskriterien erfüllt werden
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Gemäß der Erfindung kann erreicht werden, dass der Erfolg einer simulationsunterstützten Optimierung von der Geschicklichkeit des Bedieners der jeweiligen Simulationssoftware unabhängig wird, weil er die zu variierenden Parameter und deren Faktoren - praktisch den gesamten Versuchsplan einer DoE - nicht mehr manuell vorgeben muss, selbst entscheiden muss, wann die Ergebnisse der Modellierung ausreichend sind, und eventuell selbst über die Durchführung einer weiteren anderen Versuchsabfolge (nach DoE) entscheiden muss. Dabei wird vermieden, dass auch nach Durchführung von N DOEs noch keine Bedingungen (z.B. Einspritzprofil, Nachdruckprofil) identifiziert werden konnten welche Ergebnisse ausreichender Qualität liefern (bzgl. Ästhetik, Maßhaltigkeit, Optik, Mechanik, Wirtschaftlichkeit, Prozessstabilität, etc.), was bei Verfahren des Standes der Technik durchaus vorkommen kann.
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Eingabeparameter können Prozessparameter sein. Prozessparameter können aber nicht nur jene Parameter sein, die an der Formgebungsmaschine eingegeben werden, sondern letztendlich jegliche am Formgebungsprozess beteiligten physikalischen Größen.
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Die Erfindung kann auf Gießprozesse, insbesondere auf Füllsimulationen bei Spritzgießprozessen, angewendet werden, die dann dazu dienen können, Maschineneinstellungen aufzufinden, mit welchen Produkte ausreichender Qualität hergestellt werden können. Die Erfindung kann insbesondere zur Bestimmung von möglichst optimalen Werkzeuginnendruck- oder Fließfrontverläufen (bspw. einer möglichst konstanten Füllfrontgeschwindigkeit) verwendet werden.
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Erfindungsgemäß kann dabei möglichst effizient mit Rechenressourcen/Computerressourcen umgegangen werden (durch Reduktion der notwendigen Simulationsschritte und dem damit einhergehenden Zeitvorteil).
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Die Erfindung kann mit den folgenden Simulationsmethoden (und Kombinationen daraus) eingesetzt werden: der Finite-Elemente-Methode (FEM), der Finite-Differenzen-Methode, der Finite-Volumen-Methode, dem Hele-Shaw Formalismus, der 2.5D midplane Analyse, der Dual-Domain Analyse, ähnlichen Simulationsmethoden, einer Spritzgießsimulation gekoppelt mit einer Maschinensimulation, einer Spritzgussgesamtsimulation mit der Unterstützung von bekannten Optimierungsverfahren und/oder vorprogrammiertem Expertenwissen.
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Die Erfindung ermöglicht eine Inklusion einer Optimierung innerhalb des Simulationsablaufs und eine inkrementellen Generierung beispielsweise von Einspritz- und Nachdruckprofilen (bzw. aller bei einem Formgebungsprozess benötigten Prozesseinstellungen).
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Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen definiert.
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Es kann vorgesehen sein, dass die Überprüfung der berechneten Zustände anhand des zumindest einen Qualitätskriteriums durch das Anwenden zumindest eines Gütefunktionals auf die berechneten Zustände durchgeführt wird.
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Es kann vorgesehen sein, dass (a) bis (c) im Rahmen der Simulation eines Formgebungsprozesses oder des Teilvorgangs des Formgebungsprozesses mehrmals durchgeführt werden.
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Es kann vorgesehen sein, dass der Verfahrensschritt (b) automatisiert durchgeführt wird.
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Es kann vorgesehen sein, dass die Simulation in Berechnungsphasen unterteilt wird, wobei die Berechnungsphasen jeweils eine Mehrzahl von Zeitschritten umfassen.
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Es kann vorgesehen sein, dass der Teilvorgang des Formgebungsprozess und/oder die Berechnungsphasen jeweils durch einen Startzeitpunkt und ein Endzeitpunkt gegeben sind.
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Bei der Simulation eines Spritzgießprozesses (als Formgebungsprozess) kann es vorgesehen sein, dass der Startzeitpunkt und/oder der Endzeitpunkt des Teilvorgangs und/oder der Berechnungsphasen durch zumindest eine der folgenden gegeben wird:
- - Beginn und/oder Ende einer Plastifizierung (Überführung des festen bzw. hochviskosen Kunststoffs (Feststoff) in einen flüssige bzw. niederviskose Kunststoff (Schmelze))
- - Beginn und/oder Ende einer Kompressionsentlastung (Rückzug der Schnecke nach der Plastifizierung damit sich der Druck der Schmelze im Schneckenvorraum abbaut)
- - Beginn und/oder Ende der Strömung einer Kunststoffschmelze aus einem Schneckenvorraum in Richtung einer Werkzeugkavität (Kompression der Schmelze im Schneckenvorraum, Vorwärtsbewegung der Schnecke, Eintritt der Schmelze in die Düse, Start Einspritzen)
- - Beginn und/oder Ende einer Strömung einer Kunststoffschmelze in die Werkzeugkavität, (Erster signifikanter Druckanstieg)
- - Erreichen eines vorgegebenen Füllgrades einer Werkzeugkavität (beispielsweise ein Füllgrad von 80%, 90%, 95% oder 99%)
- - Beginn und/oder Ende einer Kompressionsphase (in der Kompressionsphase ist eine Schmelze in einem Zustand, in welchem das Kunststoffmaterial größtenteils nur mehr komprimiert wird)
- - Erreichen des Siegelpunkts (jener Zeitpunkt, in welchem der Anschnitt (Verbindung Kavität - Angusssystem/Düse) einfriert, sodass kaum mehr Kunststoffmasse in die Kavität fließt)
- - Erreichen eines Umschaltpunkts
- - Beginn und/oder Ende einer Nachdruckphase
- - Randschichten eines gegossenen Formteils soweit erhärtet sind, dass das gegossene Formteil im Wesentlichen formfest ist (auch genannt „Ende Kühlzeit“)
- - Beginn und/oder Ende einer Werkzeugöffnung (Entnahme des zumindest teilweise erstarrten Spritzlings/Formteils aus der Formkavität kann dann erfolgen)
- - Beginn und/oder Ende einer Prägephase
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Es kann vorgesehen sein, dass der Startzeitpunkt und/oder der Endzeitpunkt der Berechnungsphasen durch Passieren einer Füllfront an vorgegebenen räumlichen Punkten einer Werkzeugkavität festgelegt wird. (In der Simulation können diese Kriterien bspw. durch ein Statusfunktional geprüft werden.)
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Der Startzeitpunkt und/oder der Endzeitpunkt kann manuell oder automatisch festgelegt werden.
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Es kann vorgesehen sein, dass wenigstens zwei der Berechnungsphasen aneinandergereiht werden, wobei Ergebnisse einer vorherigen Berechnungsphase als Anfangszustände einer folgenden Berechnungsphase verwendet werden. Die Bedingungen einer ersten Berechnungsphase kann dabei automatisch von einem Initiationssystem oder manuell durch einen Bediener definiert werden (vgl. 11).
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Es kann vorgesehen sein, dass für verschiedene Berechnungsphasen verschiedene Prozessmodelle und/oder Berechnungsverfahren verwendet werden.
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Dabei kann beispielsweise eine Einspritz- und eine Nachdruckphase unterschieden werden, welche getrennt voneinander auf unterschiedliche Weisen und unter der Verwendung unterschiedlicher Berechnungsmethoden optimiert werden
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Es kann vorgesehen sein, dass zumindest ein Referenzverlauf für Verläufe von in der Simulation berechneten Zuständen vorgegeben wird. Die Referenzverläufe können beispielsweise Drücke, Temperaturen, Scherung, Fließgeschwindigkeiten eines plastifizierten Kunststoffs (bei einem Spritzgießprozess) betreffen.
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Es kann vorgesehen sein, dass im Rahmen der Anwendung des Gütefunktionals ein Vergleich zwischen dem zumindest einen Referenzverlauf und zumindest einem in der Simulation berechneten Verlauf durchgeführt wird, wobei vorzugsweise ein Unterschied zwischen dem zumindest einen Referenzverlauf und dem zumindest einen in der Simulation berechneten Verlauf quantitativ erfasst wird.
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Es kann vorgesehen sein, dass die Referenzverläufe vorab berechnet werden - vorzugsweise unter Verwendung eines Expertensystems. Die Referenzverläufe können aber auch von einem Bediener vorgegeben werden.
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Ein Expertensystem im hier verstandenen Sinn kann als eine in ein Rechensystem integrierte intelligente Datenbank verstanden werden (siehe bspw. Krishnamoorthy, C.S. und S. Rajeev (1996): Artificial Intelligence and Expert Systems for Engineers, Boca Raton: CRC Press, Seiten 29-88). Es beinhaltet systematisiertes und einprogrammiertes Grundwissen über die Regeln des Formgebungsprozesses so wie es z.B. aus einschlägiger Literatur entnommen werden kann (vgl. Schötz, A. (2013): Abmusterung von Spritzgießwerkzeugen, München: Karl Hanser Verlag. Seiten 31-220; Jaroschek, C. (2013): Spritzgießen für Praktiker, 3. Auflage. München: Karl Hanser Verlag. Seiten 31-98; Fein, B. (2013): Optimierung von Kunststoff-Spritzgießprozessen, 2. Auflage. Berlin: Beuth Verlag GmbH. Seiten 65-120; Kunststoff-Institut Lüdenscheid (2013): Störungsratgeber, 12. Auflage. Unna: Horschler Verlagsgesellschaft GmbH. Seiten 6-178). Darüber hinaus können in einem Expertensystem Regeln einprogrammiert sein, welche Verallgemeinerungen von Vorgehensweisen zur Maschineneinstellung, Fehlererkennung oder Fehlervermeidung von erfahrenen Prozesstechnikern und Fachkräften zur Einstellung von Formgebungsmaschinen darstellen. Solch ein Regelwerk oder Grundwissen kann z.B. in der Form von Wahrheitswertefunktionen oder Umsetzungstabellen vorliegen. Ein Expertensystem kann bei bekannten Formteilgeometrien, Materialien, Maschinen und Qualitätsanforderungen auf Basis des einprogrammierten Wissens und der Regeln grobe Abschätzungen über Bereiche von Eingabeparametern machen, welche in erfolgreiche Maschineneinstellungen münden. Auf Basis von einprogrammierten Zusammenhängen zwischen Eingabeparametern, Maschineneinstellungen, Formteileigenschaften, Materialeigenschaften kann es anschließend einer Feststellung von nicht erfüllten Qualitätskriterien mit bisherig verwendeten Eingabeparametern notwendige Modifikationen der Eingabeparameter durchführen.
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Es kann vorgesehen sein, dass bei der Berechnung der Referenzverläufe folgendes durchgeführt wird:
- (A) Berechnung eines gewünschten Fülldrucks an einem Punkt eines Anschnitts auf Grundlage eines maximalen Fließwegs und eines durchschnittlichen Fließquerschnitts und
- (B) Bestimmung eines linearen Verlaufs eines Drucks vom Beginn eines Einspritzens bis zum berechneten Fülldruck bei vollständiger Füllung der Werkzeugkavität.
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Es kann vorgesehen sein, dass die Simulation des Formgebungsprozesses und/oder des Teilvorgangs des Formgebungsprozesses und/oder der Berechnungsphasen in Teilberechnungsphasen unterteilt wird, wobei (a) bis (c) nach jeder Teilberechnungsphase durchgeführt werden.
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Es kann vorgesehen sein, dass die Bedingungen nach jeder Teilberechnungsphase einem Optimierungsverfahren unterzogen werden, wobei das Optimierungsverfahren vorzugsweise dazu ausgebildet ist,
- - Verläufe von berechneten Zuständen den vorgegebenen Referenzverläufen anzupassen und/oder
- - die Bedingungen so zu ändern, dass berechnete Zustände von am Formgebungsprozess beteiligten Objekten das zumindest eine Qualitätskriterium erfüllen.
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Wenn mehrere Qualitätskriterien verwendet werden, können diese ihre Wichtigkeit für den Formgebungsprozess entsprechend gewichtet werden. Außerdem kann mittels multikriterieller Optimierung ein verbessertes Set von Bedingungen für die Wiederaufnahme bzw. Weiterführung der Simulation gefunden werden.
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Der Start und das Ende einer Berechnungsphase und/oder einer Teilberechnungsphase, bzw. die Anzahl der Rechenschritte innerhalb einer jeweiligen Teilberechnungsphase kann durch Anwendung von „Statusfunktionalen“ auf zumindest Teile bisheriger Prozessdaten bzw. berechneter Zuständen definiert werden (vgl. 9), die beispielsweise automatisiert analysieren, ob die Füllfront einen gewissen Punkt einer Formwerkzeuggeometrie passiert hat.
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Es kann vorgesehen sein, dass bei der Änderung der Bedingungen nach (c) ein Expertensystem eingesetzt wird, welches vorzugsweise zur Ausarbeitung eines statistischen Versuchsplans verwendet wird.
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Es kann vorgesehen sein, dass die durch die Bedingungen der Simulation repräsentierten Eingabeparameter nach der Durchführung der Simulation an eine Spritzgießmaschine übertragen und bei einem realen Formgebungsprozess verwendet werden.
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Es kann vorgesehen sein, dass nach der Durchführung der Simulation des Formgebungsprozesses Ergebnisse der Simulation in einer Datenbank gespeichert werden, wobei die Datenbank vorzugsweise zusätzlich entsprechende Prozessdaten aus realen Formgebungsprozessen enthält und die realen Prozessdaten mit den Ergebnissen der Simulation korreliert werden.
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In den folgenden beiden Ausführungsbeispielen zu Spritzgießprozessen wird teilweise auf die Figuren Bezug genommen. Dabei zeigen:
- 1 bis 4 und 7 Ablaufdiagramme zu Simulationsverfahren nach dem Stand der Technik und
- 5, 6 und 8-12 Ablaufdiagramme zu Beispielen weiterer erfindungsgemäßer Verfahren.
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Ausführungsbeispiel 1: Optimierer basierend auf FEM Simulationen unter Verwendung von Bewertungen von einzelnen Simulationen noch bevor diese beendet sind
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Eine durchzuführende Simulation wird nicht erst nach der Beendigung des simulierten Formgebungsprozesses (oder Teilvorgangs) anhand der Qualitätskriterien bewertet, sondern bereits während derselben in regelmäßigen Zeitabständen. Dadurch können noch vor Abschluss der Simulation Probleme im Prozess festgestellt werden, welche darauf schließen lassen, dass die in der Simulation verwendeten Bedingungen erfolglos sind. Die Simulation kann daher frühzeitig abgebrochen und eine nächste gestartet werden.
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Aufgrund der zeitlichen Diskretisierung kann in der Simulation beliebige Schritte rückwärts zu einem Zeitpunkt gesprungen werden wo erwartet wird, dass unter einer bestimmten Änderung der Bedingungen und nochmaliges Simulieren eben von diesem Zeitpunkt sich das angetroffene Problem lösen lässt (vgl. 10 und 12). Falls nicht könnte in einer weiteren Iteration versucht werden andere Bedingungen zu variieren oder in der Zeit weiter zurückzugehen und es nochmals zu versuchen.
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Selbstverständlich können neue Probleme auftreten und der Vorgang kann nach programmierten Regeln zum Abbruch kommen, woraufhin eine komplett neue Simulation innerhalb eines vorher definierten Parameterraumes begonnen wird. Wird das Problem behoben, wird anschließend eine komplette Simulation mit den geänderten Bedingungen durchgeführt.
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Die generelle Idee ist, dass ein Optimierprogramm neben dem eigentlichen Simulationsprogramm die Simulationen „managt“ und stetig dazulernt, bzw. in jedem Schritt Information über das Füll-, Druck- und Temperaturverhalten des SG-Prozesses generiert, welches dem Optimierprogramm dazu dient neue Schritte in der Simulation zu setzen um alle Qualitätskriterien bestmöglich zu erfüllen und einen entsprechenden Maschineneinstellsatz (Eingabeparameter) zu liefern.
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Als Zusatzmaßnahme kann ein Optimierer basierend auf FEM-Simulationen unter Verwendung von Versuchsplanung und Einschränkung des Parameterraumes unter Verwendung von programmiertem Expertenwissen (Expertensystem), zum Einsatz kommen.
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Um die notwendigen Rechenressourcen weiter zu reduzieren, ist es ratsam die Anzahl der Simulationen nochmals auf Basis von Expertenwissen einzuschränken. So kann es z.B. sinnvoll sein manche Experimente nicht durchzuführen, weil im Vorhinein bekannt ist, dass sie scheitern. Z.B. kann es sinnvoll sein die Temperatur der Kunststoffschmelze und die Einspritzgeschwindigkeit in bestimmten Bereichen zu variieren, jedoch ahnend, dass die Kombination einer niedrigen Temperatur und einer niedrigen Einspritzgeschwindigkeit zu einer unvollständigen Füllung führt. In Experimenten gesammelte Erfahrung könnte also in das Programm zur Optimierung implementiert werden, sodass Simulationen mit wenigen Erfolgsaussichten automatisch übersprungen werden.
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Als weitere Zusatzmaßnahme kann ein Optimierer basierend auf FEM-Simulationen unter Verwendung von Versuchsplanung und programmiertem Expertenwissen (Expertensystem) zum Einsatz kommen, wobei im Laufe des Abarbeitens eines Parameterraums wenig aussichtsreiche Parametergebiete ausgeschlossen werden.
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Ebenfalls kann ein Versuchsplan in solch einer Reihenfolge durchgeführt werden, dass frühzeitig ein gewisser Parameterraum ausgeschlossen werden kann. Dazu müssen die einzelnen Simulationen direkt in deren Anschluss auf Basis von Qualitätskriterien bewertet werden. Anhand von vorprogrammiertem Expertenwissen folgen jeder Simulation nur jene, welche durch bisherige Simulationen und dem angewandten Expertenwissen nicht als wenig erfolgsaussichtsreich beurteilt wurden.
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Ziele des Optimierungsverfahrens:
- • Erreichen einer Vollständigen Füllung bei minimalen Geschwindigkeiten und minimalen Temperaturen
- • Erreichen einer minimalen Bandbreite der Temperaturverteilung (bei Ende der Füllung)
- • Erreichen eines idealen Druckverlaufs der einzelnen Volumenelemente
- • Erreichen einer konstanten Füllgeschwindigkeit
- • Erreichen eines maximalen Einspritzgeschwindigkeitsprofils, welches stetig/smooth ist und nicht zu Materialschädigung führt, bzw. ähnliche Grenzen nicht übersteigt
- • Anpassung der Positionen und Durchmesser der Temperierkanäle, sodass eine gleichmäßige Entformungstemperatur erreicht wird
- • Anpassung der Durchflussmengen und Medientemperaturen in den einzelnen Temperierkanälen, sodass eine gleichmäßige Entformungstemperatur erreicht wird
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5: Eine Berechnung im erfindungsgemäßen Sinn behandelt einen Formgebungsprozess bzw. physikalischen Ablauf (beispielsweise Teilvorgang des Formgebungsprozesses), welcher durch einen Start und ein Ende gekennzeichnet ist. Demnach kann dem zu simulierenden Prozess eine gewisse Dauer tProzess zugeordnet werden, welche per se bei Start der Simulation noch nicht bekannt ist, sondern sich generell aus dem Zeitpunkt ergibt, an welchem der zu simulierende Prozess beendet ist. Z.B. entspricht der Start dem Eindringen einer Kunststoffschmelze in eine Kavität und das Ende einer vollständigen Füllung der Kavität, woraus sich als Dauer die sog. Füllzeit ergibt. Für eine iterative Berechnung, wie z.B. für eine Simulation gemäß der Finite-Elemente-Methode, wird die Prozessdauer schrittweise berechnet. Eine Summe aus N Berechnungsschritten (Zeitschritten) ergibt demnach die gesamte Berechnung. Jeder Zeitschritt behandelt eine Teil-Dauer Δt, welche auch variabel sein kann.
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6: Die Anzahl N der notwendigen Zeitschritte und deren jeweilige Dauer ergeben sich generell aus dem Verlauf der Ergebnisse der einzelnen Zeitschritte sowie der Courant-Zahl Co. Die Courant-Zahl muss nicht notwendig konstant sein. Generell können die jeweiligen Zeitschritte unterschiedlich lang sein.
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7: Simulationsverfahren gemäß dem Stand der Technik. Eine Simulation wird generell vom Start bis zum Ende des physikalischen Vorgangs, der simuliert wird, ausgeführt, wobei erst am Ende der Simulation Ergebnisse analysiert werden und eventuell die Gesamtberechnung mit (meist manuell) modifizierten Bedingungen wiederholt wird.
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8: Erfindungsgemäßes Simulationsverfahren, wonach eine Gesamtberechnung in M Berechnungsphasen geteilt wird, wovon jede aus N Zeitschritten besteht. Die Anzahl M ist nicht notwendig zum Start der Simulation definiert, sondern ergibt sich generell vielmehr aus dem Verlauf der Ergebnisse der einzelnen Zeitschritte. Analog ist die Prozessdauer tProzess, m und die Anzahl der Zeitschritte Nm der Berechnungsphase m zu deren Beginn nicht definiert, sondern ergibt sich generell vielmehr aus dem Verlauf der Ergebnisse der einzelnen Zeitschritte. Der Start und das Ende der jeweiligen Berechnungsphasen, außer der Start der ersten Berechnungsphase M = 1, sind vorab ebenfalls nicht definiert.
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9: Der Start und das Ende einer jeweiligen Berechnungsphase oder Teilberechnungsphase kann sich erfindungsgemäß beispielsweise wie folgt ergeben: Vor/während/nach jedem Zeitschritt, in regelmäßigen Abständen oder auf Basis einer definierten Funktion wird der Status des Prozesses analysiert. Dazu kann z.B. auf zumindest Teile der resultierenden Zuständen ein (einfaches) sog. Statusfunktional angewendet werden oder überprüft werden ob die Strömung bestimmte räumliche Punkte P der Kavität bereits passiert hat. Davon abhängig wird dann entweder der nächste Zeitschritt simuliert („Weiter“, die Berechnungsphase wird „verlängert“) oder die Berechnungsphase wird beendet und die Überprüfung nach Verfahrensschritt (a) durchgeführt, z.B. indem die Güte zumindest eines Teiles des bisherigen Prozesses bestimmt („Analyse“, die Berechnungsphase wird „beendet“) wird. Dazu kann z.B. ein Gütefunktional auf zumindest Teile der bisherig berechneten Zustände angewendet werden.
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10: Wurde eine Berechnungsphase erfindungsgemäß beendet, z.B. aufgrund der Anwendung eines Statusfunktionals auf zumindest einen Teil der bisherigen Zustände, können erfindungsgemäß zumindest vier verschiedene Aktionen ausgelöst werden: Die Simulation wird beendet, die Berechnungsphase wird wiederholt (das heißt es wird zum Start der aktuellen Berechnungsphase zurückgegangen, „Wederholung“), eine vorherliegende Berechnungsphase wird wiederholt (das heißt es wird zum Start einer vorherigen Berechnungsphase zurückgegangen und von dort aus weitergerechnet, „Rückwärts“), oder eine darauffolgende Berechnungsphase wird gestartet (meistens die direkt darauf folgende; d.h. es wird einfach weitergerechnet, „Vorwärts“).
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Bei einer Wiederholung können generell, müssen aber nicht notwendig, die Anzahl N der Zeitschritte und deren jeweiligen Dauern Δt von der wiederholten Berechnungsphase variieren. Ebenfalls können sich generell die Bedingungen und die Prozessparameter (inklusive der Eingabeparameter) ändern, jedoch nur soweit, dass beim Abschluss des Verfahrens ein kontinuierlicher den ursprünglichen Anforderungen entsprechender Prozess resultiert.
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Welche der verschiedenen Aktionen tatsächlich ausgelöst wird, wird durch ein Optimierungssystem entschieden, welches zumindest Teile von bisherigen Zustände analysiert. Dazu können Gütefunktionale, Qualitätskriterien, Expertenwissen, Optimierungsverfahren, Modellierungsverfahren, Datenbanken oder Referenzverläufe herangezogen werden. Das Optimierungssystem entscheidet ebenfalls über etwaige Änderungen von diversen Bedingungen (Eingabeparameter).
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11: Erfindungsgemäß können mehrere Simulationen bestehend aus mehreren Berechnungsphasen bestehend aus mehreren Zeitschritten (automatisch) miteinander verknüpft werden. Beispielsweise kann eine erste Berechnungsphase eine Plastifizierung abbilden, eine zweite Berechnungsphase den Einspritzvorgang und eine dritte Berechnungsphase den Nachdruckvorgang. Jeder einzelnen Berechnungsphase kann ein jeweils unterschiedliches Prozessmodell zu Grunde liegen, wodurch die jeweiligen entscheidenden auftretenden physikalischen Phänomene bestmöglich beschrieben werden, hingegen unwesentliche Phänomene unberücksichtigt bleiben und somit zur Verfügung stehende Rechenressourcen bestmöglich eingesetzt werden können.
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Die jeweils notwendigen Bedingungen des Prozesses und die entsprechenden den jeweiligen Zustände des Prozesses werden von einer Berechnungsphase zur nächsten Berechnungsphase weitergegeben. Anfänglich werden die Bedingungen und die notwendigen Zustände von einem Bediener und/oder von einem Initiationssystem bereitgestellt. Nach Beendigung der Simulation werden Eingabeparameter an eine Maschinensteuerung zum Betreiben einer Spritzgießmaschine übergeben und diverse Daten in einer Datenbank zur zukünftigen Verwendung im selben oder in anderen Berechnungsfällen hinterlegt.
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12. Inline Optimierer entsprechend dem erfindungsgemäßen Verfahren.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 1218163 B1 [0024]
- EP 1218163 A1 [0027]
- US 20080294402 [0027]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Zheng R., Tanner R.I., Fan X.-J. (2012): Injection Molding. Heidelberg: Springer. Seiten 111-147 [0010]
- Zhou H. (Hrsg.) (2013): Computer Modeling for Injection Molding. Hoboken: Wiley. Seiten 49-254) [0010]
- Krishnamoorthy, C.S. und S. Rajeev (1996): Artificial Intelligence and Expert Systems for Engineers, Boca Raton: CRC Press, Seiten 29-88 [0062]
- Schötz, A. (2013): Abmusterung von Spritzgießwerkzeugen, München: Karl Hanser Verlag. Seiten 31-220 [0062]
- Jaroschek, C. (2013): Spritzgießen für Praktiker, 3. Auflage. München: Karl Hanser Verlag. Seiten 31-98 [0062]
- Fein, B. (2013): Optimierung von Kunststoff-Spritzgießprozessen, 2. Auflage. Berlin: Beuth Verlag GmbH. Seiten 65-120 [0062]