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Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur galvanischen Herstellung einer negativen Oberflächenstruktur auf einer Sichtseite einer Herstellungs-Formhälfte aus Metall, die einen Teil bzw. eine Hälfte einer Kunststoff-Spritzgussform bildet. Derartige Herstellungs-Formhälften werden beispielsweise zur Herstellung von Kunststoff-Interieurbauteilen für Kraftfahrzeuge eingesetzt, beispielsweise zur Herstellung von Innenverkleidungen für Türen, Armaturenbretter etc. Auf der Sichtseite dieser Kunststoff-Interieurbauteile ist häufig eine Strukturierung vorgesehen, beispielsweise eine einer Leder-Narbung nachempfundene positive Oberflächenstruktur.
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Aus
DE 10 2013 203 372 A1 ist bekannt, die positive Oberflächenstruktur nachträglich auf dem bereits hergestellten Kunststoff-Interieurbauteil einzeln aufzubringen, was sehr aufwendig ist.
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Eine positive Oberflächenstruktur auf dem Interieurbauteil kann aber auch bereits im Spritzguss generiert werden. Hierzu muss in der korrespondierenden Spritzguss-Herstellungs-Formhälfte eine entsprechende negative Oberflächenstruktur vorhanden sein bzw. zuvor erzeugt werden.
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Aus
DE 10 2007 035 981 B4 ist ein Verfahren zur Herstellung einer negativen Oberflächenstruktur auf einer Sichtseite einer Herstellungs-Formhälfte bekannt, die durch Funkenerosion generiert wird.
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Die
DE 198 60 179 A1 offenbart ein Verfahren zur Erzeugung einer strukturierten Maskierung, indem ein Substrat durch ein bahnsteuerbares Applikationsmittel an verschiedenen Stellen auf die Oberfläche eines Formwerkzeuges aufgebracht wird. Anschließend wird ein materialabhebendes Medium, also eine säureartige Flüssigkeit, aufgetragen, welches an den substratfreien Oberflächen aktiv ist.
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Aus der
DE 20 31 421 A ist eine Ätzeinrichtung von Mehrmetallplatten bekannt, in der die Mehrmetallplatten auf einem Kunststoffrost in der Ätzwanne liegen. Durch Schaukelbewegungen der Ätzwanne wird der Ätzvorgang letztendlich verursacht.
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Die
DE 10 2015 011 417 A1 beschreibt ein Verfahren zum Bereitstellen eines Werkzeugs, um die Herstellung eines Bauteils zu vereinfachen, welches aus matten und glänzenden Teilbereichen besteht.
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Die
DE 103 11 654 A1 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung eines Kunststoffformteils, welches aus mehreren Schichten, Farben, Materialien oder Oberflächenbeschaffenheiten bestehen kann. Somit können beliebige Geometrien erzeugt werden.
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Aufgabe der Erfindung ist es demgegenüber, ein effektives Verfahren zur Herstellung einer negativen Oberflächenstruktur auf einer Sichtseite einer Metall-Herstellungs-Formhälfte zu schaffen.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst mit einem Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1.
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Gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren zur galvanischen Herstellung einer negativen Oberflächenstruktur auf einer Sichtseite einer Metall-Herstellungs-Formhälfte ist zunächst vorgesehen, die Sichtseite der bereits ausgeformten jedoch strukturlosen Herstellungs-Formhälfte mit einer säurefesten Maskierung zu maskieren bzw. zu beschichten. Die Herstellung-Formhälfte ist bereits derart ausgeformt, dass die räumliche Struktur (makroskopisch) bereits vollständig ausgebildet ist. Es fehlt jedoch noch an einer (mikroskopischen) Oberflächenstruktur auf der Sichtseite, beispielsweise an einer negativen Nachbildung einer typischen Leder-Narbung.
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Die Maskierung erfolgt beispielsweise durch einen Druckprozess, durch den die nicht abzutragenden Bereiche mit einer säurefesten Farbe bedruckt werden. Bei dem Beispiel einer typischen Leder-Narbung werden also die Täler der positiven Leder-Narbung durch die säurefeste Maskierung dargestellt. Die Maskierung stellt also in gewisser Weise ein Negativ der positiven Leder-Narbung dar.
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Anschließend wird ein Ätzraum-Deckel auf der Herstellungs-Formhälfte derart fixiert, dass ein flüssigkeitsdichter Galvanikraum durch den Verbund aus dem Deckel und der Formhälfte gebildet ist, wobei die Sichtseite, also die mit der säurefesten Maskierung versehene Seite der Herstellungs-Formhälfte, proximal angeordnet ist, also einen Teil der Galvanikraum-Innenwand bildet. Unter flüssigkeitsdicht ist vorliegend zu verstehen, dass der Galvanikraum zwar flüssigkeitdicht ausgebildet ist, jedoch Zu- und Abläufe bzw. eine Belüftung des Galvanikraums vorgesehen sein können.
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Der flüssigkeitsdichte Galvanikraum wird anschließend mit einer Ätzflüssigkeit derart befüllt, dass die mit der säurefesten Maskierung versehene Sichtseite vollständig benetzt ist. Beispielsweise kann die Grundebene der Sichtseite ungefähr in einer Horizontalebene liegen, so dass die Ätzflüssigkeit zwar nicht den gesamten Galvanikraum ausfüllt, jedoch die Sichtseite vollflächig bedeckt. Durch die Ätzflüssigkeit werden die unbeschichteten Bereiche der metallischen Sichtseite der Herstellungs-Formhälfte, also die Bereiche, in denen keine Maskierungs-Substanz aufgetragen ist, langsam abgetragen. Dieser Prozess kann beispielsweise dadurch beschleunigt werden, dass durch eine Heizung der Galvanikraum bzw. die Ätzflüssigkeit darin erwärmt wird. Ferner kann ergänzend oder alternativ der Verbund aus der Herstellungs-Formhälfte und dem Ätzraum-Deckel um eine oder mehrere Raumachsen oszillierend geschaukelt werden, um einen zügigen Ätzflüssigkeits-Austausch an der Sichtseiten-Oberfläche zu fördern.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren wird der Verbrauch an Ätzflüssigkeit auf ein Minimum reduziert, da lediglich der relativ kleine Galvanikraum mit Ätzflüssigkeit gefüllt werden muss. Ein geringer Ätzflüssigkeit-Verbrauch wirkt sich ferner auch vorteilhaft auf die Entsorgungskosten für die verbrauchte Ätzflüssigkeit aus.
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Vorzugsweise wird nach dem Ätzen die Ätzflüssigkeit aus dem Galvanikraum entfernt und es werden die Herstellungs-Formhälfte und der Ätzraum-Deckel voneinander getrennt. Die Herstellungs-Formhälfte und/oder der Ätzraum-Deckel kann einen Ätzflüssigkeits-Auslass aufweisen, beispielsweise in Form einer verschließbaren Bohrung. Durch den Ätzflüssigkeits-Auslass kann die Ätzflüssigkeit zunächst aus dem Galvanikraum entfernt werden, bevor der Ätzraum-Deckel von der Herstellungs-Formhälfte entfernt wird. Der Ätzraum-Deckel kann insbesondere eine zweite Werkzeughälfte, ein Schieber oder ein Einsatz sein. Somit kann gewährleistet werden, dass die Übergänge zwischen den Werkzeughälften gleichmäßig geätzt werden. Eine diesbezügliche teure und auch optisch erkennbare Nachbearbeitung dieser Übergangsbereiche ist nicht notwendig.
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Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung weist die Herstellungs-Formhälfte und/oder der Ätzraum-Deckel einen Ätzflüssigkeits-Zulauf auf, durch den die Ätzflüssigkeit in den Galvanikraum eingefüllt wird. Der Zulauf ist besonders bevorzugt in dem Ätzraum-Deckel vorgesehen, so dass die Ätzflüssigkeit von oben eingefüllt werden kann, wenn die Sichtseite der Herstellungs- Formhälfte ungefähr in einer horizontalen Querebene liegt und obenliegend orientiert ist.
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Vorzugsweise ist die Sichtseite der geätzten Herstellungs-Formhälfte einer Leder-Narbung negativ nachempfunden. Grundsätzlich kann die Oberflächenstruktur aber auch einen regelmäßigen Aufbau aufweisen.
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Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung dient die geätzte Herstellungs-Formhälfte der Herstellung eines Kunststoff-Kraftfahrzeug-Interieurbauteils, beispielsweise einer Türverkleidung, einer Armaturenbrett-Verkleidung oder eines anderen Innenverkleidungs-Bauteils.
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Im Folgenden wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand der Figuren näher erläutert. Es zeigen:
- 1 die Sichtseite einer Herstellungs-Formhälfte ohne Oberflächenstruktur,
- 2 die Sichtseite der Herstellungs-Formhälfte der 1 mit darauf aufgebrachter säurefester Maskierung,
- 3 einen Längsschnitt eines Verbundes aus der Herstellungs-Formhälfte der 2 und eines darauf fixierten Ätzraum-Deckels, und
- 4 die geätzte Herstellungs-Formhälfte mit einer negativen Oberflächenstruktur.
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In den 14 sind mehrere Phasen des erfindungsgemäßen Verfahrens zur galvanischen Herstellung einer negativen Oberflächenstruktur 66 auf einer Sichtseite 16 einer Metall-Herstellungs-Formhälfte 10,110,210 dargestellt.
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Die in der 4 dargestellte Herstellungs-Formhälfte 210 dient als Teil einer Spritzgussform zur Herstellung eines Kunststoff-Interieurbauteils eines Kraftfahrzeugs, beispielsweise einer Türverkleidung. Das Kfz-Interieurbauteil hat eine in verbauten Zustand sichtbare Sichtseite, die mit einer positiven Oberflächenstruktur versehen ist, beispielsweise mit einer einer Leder-Narbung nachempfundenen Oberflächenstruktur. Zu diesem Zweck weist die Sichtseite 16 der in der 4 dargestellten finalen Spritzguss-Herstellungs-Formhälfte eine Oberflächenstruktur 66 auf, die ein Negativ einer nachempfundenen ledertypischen Leder-Narbung ist.
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In der 1 ist perspektivisch eine Metall-Herstellungs-Formhälfte 10 mit Sicht auf die Sichtseite 16 dargestellt. Die Herstellung-Formhälfte 10 besteht aus einem Metall-Formkörper 12, der einen in einer Grundebene liegenden planen Formkörper-Flansch 14 aufweist. Innerhalb des Flansches 14 ist die Herstellung-Formhälfte 10 räumlich ausgeformt und weist die Negativ-Raumform des hiermit im Spritzguss herzustellenden Kunststoff-Spritzguss-Interieurbauteils auf. Die Sichtseite 16 weist noch keine Oberflächenstruktur auf. Diese wird in dem im Folgenden dargestellten und beschriebenen Verfahren noch generiert.
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In dem in der 1 dargestellten ersten Verfahrensschritt wird durch einen Drucker 20 die Sichtseite 16 der Herstellungs-Formhälfte 10 mit einer säurefesten Maskierung 18 bedruckt. Die Maskierung 18 besteht aus einem säurefesten Lack, so dass die mit dem säurefesten Lack beschichteten bzw. maskierten Partien der Sichtseite 16 in einem Säurebad nicht angegriffen werden.
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Die 2 zeigt die für die Galvanisierung vorbereitete Herstellungs-Formhälfte 110, deren Sichtseite 16 vollflächig mit der Maskierung 18 versehen ist.
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Auf die vollständig maskierte Herstellungs-Formhälfte 110 wird ein Ätzraum-Deckel 30 aus einem säurebeständigen Metall aufgelegt und fixiert, so dass der Flansch 14 der Herstellungs-Formhälfte 110 auf einem korrespondierenden Flansch 32 des Ätzraum-Deckels 30 flüssigkeitsdicht aufliegt. Der Verbund aus der Herstellungs-Formhälfte 110 und dem Ätzraum-Deckel 30 wird ungefähr horizontal ausgerichtet, wie in der 3 dargestellt. Der Ätzraum-Deckel 30 und die Herstellungs-Formhälfte 110 schließen einen Galvanikraum 35 ein.
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Der Ätzraum-Deckel 30 weist einen Ätzflüssigkeits-Zulauf 34 auf, durch den nun eine Ätzflüssigkeit 36 in den Galvanikraum 35 eingelassen wird, so dass die Sichtseite 16 der Herstellungs-Formhälfte 110 vollständig mit Ätzflüssigkeit 36 bedeckt ist. Es kann eine Heizung vorgesehen sein, die die Ätzflüssigkeit 36 direkt oder indirekt erwärmt. Ferner kann der Verbund auf einem Schaukeltisch angeordnet sein, der den Verbund um mehrere Raumachsen schaukelt, um einen ständigen Austausch der Ätzflüssigkeits-Grenzschicht auf der Oberfläche der Sichtseite 16 sicherzustellen.
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Durch die Ätzflüssigkeit 36 werden die nicht-maskierten Partien langsam abgetragen, so dass sich auf diese Weise eine negative Oberflächenstruktur 66 herausbildet. Sobald dieser Prozess abgeschlossen ist und die negative Oberflächenstruktur 66 in der gewünschten Strukturtiefe und -qualität vorliegt, wird die Ätzflüssigkeit 36 durch einen nicht dargestellten Ablauf abgelassen, der Galvanikraum 35 gespült und der Ätzraum-Deckel 30 von der Herstellungs-Formhälfte 210 entfernt. Anschließend wird mit geeigneten Mitteln die Maskierung entfernt.
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Die fertiggestellte Herstellungs-Formhälfte 210 ist in der 4 dargestellt und weist eine negative Oberflächenstruktur 66 auf. Die fertiggestellte Herstellungs-Formhälfte 210 ist eine von zwei Formhälften für eine Kunststoff-Spritzguss-Form, mit dem ein positives Kunststoff-Spritzgussteil hergestellt werden kann.