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Technisches Gebiet
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Abschirmelement für elektrische oder elektronische Funktionselemente, bestehend aus einem recyclebaren, konditionierten Polyamid, in welches mindestens ein kohlenstoffhaltiger, elektrisch leitender Füllstoff eingearbeitet ist, sowie dessen Verwendung.
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Elektronische Bauteile erzeugen beim Betrieb elektromagnetische Felder, die Störungen im Betrieb anderer elektrischer oder elektronischer Baueinheiten hervorrufen können. Ferner reagieren derartige Bauteile im Allgemeinen auch selbst auf elektromagnetische Einstrahlungen. Dementsprechend fordert die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) bezüglich der Abstrahlung elektromagnetischer Felder mit zunehmender Integrationsdichte und Verarbeitungsgeschwindigkeit sowie kleineren Strukturbreiten der elektronischen Schaltkreise immer höheren Aufwand. Schirmungen gegen die Ab- oder Einstrahlung elektromagnetischer Strahlung müssen heute also um so wirksamer sein, je mehr elektronische Geräte betrieben werden und je dichter diese Geräte im Betrieb beieinander angeordnet sind, beispielsweise in einem Fahrzeug. Schließlich erfordert auch der beständige Leistungs- und Empfindlichkeitszuwachs derartiger Bauteile eine zusätzliche Verbesserung der Abschirmmaßnahmen. Die EMV bildet somit neben ihren eigentlichen Funktionseigenschaften eine wesentliche qualitätsbestimmende Größe elektronischer Geräte oder Bauteile, insbesondere in Kraftfahrzeugen.
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Stand der Technik
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Die Abschirmproblematik wird im Allgemeinen dadurch gelöst, dass das Steuergerät mit hochfrequenzdichten Gehäusen, Teilabschirmungen und Massefaltblechen und Bauteilen zur Abblockung und Glättung der Hochfrequenz versehen wird.
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Beispielsweise ist aus der
DE 39 15 651 A1 ein Abschirmblech zur Bildung einer Kammer bekannt, die für die Aufnahme von elektrischen Schaltungen geeignet ist.
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In zunehmendem Maße wird auch für elektrische und/oder elektronische Kraftfahrzeug-Baugruppen eine Abschirmung gegen elektrische Felder, die beispielsweise durch Zündfunken, Telefone oder Hochspannungsleitungen erzeugt werden und die Funktionsweise der elektronischen Baugruppe im Fahrzeug gefährden können, gefordert. Hierzu wird üblicherweise auch ein Metallgehäuse verwendet oder in ein Kunststoffgehäuse zusätzlich ein Metallbecher eingelegt, der mit der Masse der Elektronik verbunden wird. Eine weitere Schutzmaßnahme gegen elektrische Felder ist der Einsatz von metallbeschichteten Kunststoffgehäusen.
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Weiterhin ist aus der
GB 2463017 A ein leitfähiger Kunststoff zur Abschirmung gegen elektromagnetische Störstrahlung bekannt. Um elektromagnetische Strahlung über einen breiten Frequenzbereich zu absorbieren, werden einem Kunststoff längliche und sphärische Partikel beigemischt. Die länglichen Partikel, bei denen es sich beispielsweise um Kohlenstofffasern handelt, sind willkürlich im Kunststoff verteilt und ausgerichtet. Die sphärischen Partikel können aus Graphit, Kohlenstoff oder einem Metall hergestellt sein.
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Nachteilig an der Verwendung von Metallen oder metallbeschichteten Kunststoffgehäusen ist deren hohes Gewicht, unzureichende Wiederverwertbarkeit und ungünstiges Crashverhalten.
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Ein Nachteil der Nutzung von Leitrußen oder ähnlichen Substanzen in Kunststoffen besteht darin, dass sie durch ihre Präsenz in Abhängigkeit von der erforderlichen Konzentration zu einer negativen Beeinflussung der mechanischen Eigenschaften des Abschirmelements führen. Beispielsweise tritt bei einer alleinigen Rußkonzentration von 10 bis 40 Gew.-% im Kunststoff ein deutlicher Anstieg der Viskosität des Compounds ein. Weiterhin wird mit steigender Rußkonzentration eine Zunahme von Steifigkeit, Eindruckhärte und negativer Wärmestandfestigkeit, verbunden mit einer meist spürbaren Abnahme der Flexibilität, Dehnbarkeit und Zähigkeit, und damit der Crashverträglichkeit des rußgefüllten Kunststoffes beobachtet.
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Weiterhin gelingt eine definierte und reproduzierbare Einstellung einer hinreichenden Leitfähigkeit eines rußgefüllten Kunststoffes bisher nur unzureichend und erfordert eine genaue Füllstoffdosierung sowie sehr hohe Konstanz bei der Compoundverarbeitung.
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DE 10 2010 043 472 A1 offenbart ferner Polymerzusammensetzungen, insbesondere für Thermoplaste oder Duroplaste, die elektrisch leitfähige Kohlenstoffsubstrate wie Ruß, Kohlenstofffasern, Graphit, Graphen und/oder CNTs (Carbon Nanotubes) aufweisen.
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DE 10 2013 210 162 A1 betrifft Strukturen und Verfahren zum Abschirmen von elektromagnetischen Wellen unter Verwendung von Graphen und spezieller auf Verfahren und Strukturen von dotierten dünnen Lagen aus Graphen.
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Es besteht daher ein großes Interesse an der Entwicklung hochwertiger Kunststoff-Compounds, um die Einstellung und die Reproduzierbarkeit bei der Einstellung der gewünschten Leitfähigkeit, aber auch den gewünschten Abschirmbereich durch Zugabe von Füllstoffen zu optimieren.
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Beschreibung der Erfindung
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Die Aufgabe vorliegender Erfindung besteht demzufolge in der Bereitstellung eines Abschirmelements gegen elektromagnetische Strahlung, welches ein gegenüber gattungsgemäßen Bauteilen geringes Gewicht, hohe mechanische Stabilität und vollständige Wiederverwertbarkeit aufweist und in seiner Verwendung ein selektives, vorbestimmbares Abschirmen definierter elektromagnetischer Frequenzbänder ohne geometrische Änderungen des Abschirmelements ermöglicht.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Abschirmelement gemäß Anspruch 1 und dessen Verwendung gemäß Anspruch 12 gelöst.
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Der Grundgedanke der vorliegenden Erfindung liegt darin, dass das Abschirmelement aus einem recyclebaren Polyamid besteht, in welches mindestens ein kohlenstoffhaltiger, elektrisch leitender Füllstoff eingearbeitet ist, wobei der Füllstoff aus Rußen und mindestens einem elementaren Kohlenstoff, ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus synthetischen Graphiten, Naturgraphiten, Kohlenstoff-Fasern, Kohlenstoff-Nanofasern, einwandigen Kohlenstoffnanoröhren, oder mehrwandigen Kohlenstoffnanoröhren, oder Mischungen daraus, besteht und wobei der Füllstoff in einer Menge und/oder einem Mischungsverhältnis im Polyamid enthalten ist, dass die mittlere Schirmdämpfung des Abschirmelements im Bereich von 100 MHz bis 3 GHz ≥ 5 dB nach DIN EN 50147-1 96 beträgt.
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Ein besonderer Vorteil der Erfindung besteht darin, dass durch die Auswahl des Füllstoffs aus Rußen und mindestens einem elementaren Kohlenstoff aus der Gruppe bestehend aus synthetischen Graphiten, Naturgraphiten, Graphen, Kohlenstoff-Fasern, Kohlenstoff-Nanofasern, einwandigen Kohlenstoffnanoröhren, oder mehrwandigen Kohlenstoffnanoröhren, oder Mischungen daraus, ein Abschirmelement bereitgestellt wird, dessen elektromagnetische und mechanische Eigenschaften einstellbar sind und dessen Schirmwirkung besonders hoch ist. Durch den Verzicht auf jegliche Metallbeimischung wird die vollständige Wiederverwertbarkeit und ein vorteilhaftes Crashverhalten des Abschirmmaterials gewährleistet.
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Für den spezifischen Durchgangswiderstand lassen sich durch Leitruße zwar Werte zwischen denen des reinen Kunststoffs (> 1014 Ω cm) und etwa 105 Ω cm erhalten. Aber erst durch die Beimischung und sukzessiven Ersatz der Ruße durch geeigneten elementaren Kohlenstoff aus synthetischen Graphiten, Naturgraphiten, Graphen, Kohlenstoff-Fasern, Kohlenstoff-Nanofasern, einwandigen Kohlenstoffnanoröhren, oder mehrwandigen Kohlenstoffnanoröhren, oder Mischungen daraus, wird ein hinreichend eigensteifer Polyamid-Kunststoffkörper erhalten, dessen mittlere Schirmdämpfung im Bereich von 100 MHz bis 3 GHz ≥ 5 dB, bevorzugt ≥ 20 dB, weiter bevorzugt ≥ 40 dB, nach DIN EN 50147-1 96 beträgt.
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Die Lösung der technischen Fragestellung erfordert neben dem Vorhandensein einer definierten elektrischen Leitfähigkeit mit einem spezifischen Durchgangswiderstand des Polyamids beispielsweise in einem Bereich von 0,1 bis 105 Ωcm die Wählbarkeit definierter Frequenzbänder, um die Wirksamkeit des Abschirmelements hinsichtlich seiner Schirmdämpfung, d.h. seiner Transferimpedanz, zu verbessern. Die Wirkung einer Abschirmung wird über die Schirmdämpfung quantifiziert. Die Schirmdämpfung ist eine Messgröße, die die Wirksamkeit einer Abschirmung quantifiziert. Die Schirmdämpfung ist dimensionslos und wird im logarithmischen Maß üblicherweise in Dezibel (dB) ausgedrückt. Während die Abschirmung eine technische Maßnahme ist, ist die Schirmdämpfung ein Maß für die Qualität eines Schirms in der elektromagnetischen Verträglichkeit.
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Hierzu werden bevorzugt die Schirmdämpfungseigenschaften im Bereich von 100 MHz bis 3 GHz durch die Länge und/oder den Durchmesser der Kohlenstoff-Fasern, und durch die Menge und/oder das Mischungsverhältnis von Rußen, Graphit und Kohlenstoff-Fasern bestimmt ist. Es konnte gezeigt werden, dass besonders vorteilhaft mit zunehmender Länge der eingesetzten Kohlenstoff-Fasern, beispielsweise bis in den Millimeter-Bereich, eine verstärkte Schirmdämpfung im niederfrequenten Bereich, d.h. im MHz-Bereich, erzielt wird.
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Die Herstellung von elektrisch leitfähigen Polymerverbundwerkstoffen ist grundsätzlich bekannt.
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Kohlenstofffasern sind industriell hergestellte Fasern aus kohlenstoffhaltigen Ausgangsmaterialien, die durch Pyrolyse in graphitartig angeordneten Kohlenstoff umgewandelt werden. Insbesondere anisotrope Fasern zeigen hohe Festigkeiten und Resistenz gegen Bruchdehnung. Eine Kohlenstoff-Faser hat einen Durchmesser von etwa 5-8 Mikrometer. Üblicherweise werden 1000 bis 24.000 Einzelfasern (Filamente) zu einem Bündel (Roving) zusammengefasst, das auf Spulen gewickelt wird. Die Weiterverarbeitung erfolgt zum Beispiel auf Webmaschinen zu textilen Strukturen. Als Kurzschnittfasern können sie Polymeren beigemischt werden und über Extruder- und Spritzgussanlagen zu Kunststoffbauteilen verarbeitet werden. Neuartige leitfähige Fasern sind die Kohlenstoffnanoröhrchen, die zunehmende Bedeutung erlangen. Unter Kohlenstoffnanoröhrchen werden nach dem Stand der Technik hauptsächlich zylinderförmige Kohlenstoffröhren mit einem Durchmesser zwischen 1 und 500 nm verstanden und einer Länge, die ein Vielfaches des Durchmessers beträgt. Diese Röhrchen bestehen aus einer oder mehreren Lagen geordneter Kohlenstoffatome und weisen einen in der Morphologie unterschiedlichen Kern auf. Diese Kohlenstoffnanoröhrchen werden beispielsweise auch als „carbon fibrils“ oder „hollow carbon fibres“ bezeichnet. Übliche Strukturen dieser Kohlenstoffnanoröhrchen sind solche vom Zylinder Typ. Bei den zylindrischen Strukturen unterscheidet man zwischen den einwandigen Monokohlenstoffnanoröhrchen (Single Wall Carbon Nano Tubes) und den mehrwandigen zylindrischen Kohlenstoffnanoröhrchen (Multi Wall Carbon Nano Tubes).
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Als thermoplastische Polymere für das Abschirmelement kommen grundsätzlich alle bekannten amorphen und teilkristallinen thermoplastischen Polymere in Frage. Vorzugsweise handelt es sich bei dem eingesetzten Polyamid als Matrix-Kunststoff um ein konditioniertes Polyamid-6.
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Bevorzugt weist das Polyamid einen Wasseranteil ≥ 1 Gew.-% auf. Unter Konditionierung versteht man das Lagern bis hin zum Gewichtsausgleich durch Wasseraufnahme bei Normklima, 23°C und 50 % Luftfeuchte. Der Prozess des Konditionierens ist reversibel und insbesondere bei Polyamid-Kunststoffen technisch bedeutsam. Das im Trockenen spröde Material erhält erst durch Wasseraufnahme (Konditionierung) von bis zu 3,5 % seine Schlagzähigkeit. Festigkeit und Steifigkeit nehmen jedoch unter Feuchteeinfluss ab, die Bruchdehnung nimmt zu. Dies ist bei der Herstellung von Abschirmelementen im Sinne der Erfindung zu berücksichtigen. Durch die Aufnahme von Wasser findet eine Verschiebung der Schirmdämpfung hin zu höheren Werten sowie eine Verbesserung der Leitfähigkeit statt.
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Bevorzugt beträgt der Massenanteil des Füllstoffs an der Polyamidmasse zwischen 20 Gew.-% und 80 Gew.-%, bevorzugt zwischen 50 Gew.-% und 70 Gew.-%.
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Der Massenanteil der Kohlenstoff-Fasern an der Füllstoffmasse beträgt bevorzugt zwischen 20 Gew.-% und 40 Gew.-%.
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Der Massenanteil der Ruße an der Füllstoffmasse beträgt bevorzugt zwischen 20 Gew.-% und 40 Gew.-%.
Der Massenanteil des Graphits an der Füllstoffmasse beträgt bevorzugt zwischen 20 Gew.-% und 40 Gew.-%.
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Die angegebenen Massenbereiche gewährleisten sowohl eine hinreichende Leitfähigkeit des Polyamids als auch eine gegenüber Metallen oder bloßen Leitruß-Kunststoff Mischungen verbesserte mechanische Stabilität bzw. Eigensteifigkeit und Wärmealterungsbeständigkeit. Im Stand der Technik ist die gewünschte, definiert begrenzte Leitfähigkeit durch die bloße Einarbeitung von Leitrußen nur schwierig einzustellen, da die steile Perkolationsschwelle schon bei geringen Rußkonzentrationsschwankungen kritische Widerstandsänderungen bewirkt. Zur vorteilhaften Einstellung permanenter, definierter spezifischer Durchgangswiderstände bzw. Schirmdämpfung, wie sie für eine Reihe von antielektrostatischen Anwendungen gefordert werden, werden Kohlenstoff-Fasern, Kohlenstoff-Nanofasern, einwandigen Kohlenstoffnanoröhren, oder mehrwandigen Kohlenstoffnanoröhren bevorzugt zwischen 20 Gew.-% und 40 Gew.-%, bezogen auf die Füllstoffmasse, zugegeben.
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In einer bevorzugten Ausführungsform des Abschirmelements weisen die Kohlenstoff-Fasern einen äußeren Durchmesser zwischen 1 nm und 5 µm und/oder eine Länge zwischen 1 µm und 12 mmm auf.
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Ein weiterer Vorteil des Einbringens leitfähiger Kohlenstoff-Fasern ist der Umstand, dass der gleiche elektrische Effekt auf Grund der Fasergeometrie und der Leitstrukturen der Fasern im Kunststoff viel weniger Leitfähigkeitsadditiv erfordert, als bei Zugabe von Leitfähigkeitsadditiv in den Kunststoff entsprechend dem Stand der Technik.
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Weiterhin tragen die textilen Eigenschaften der Fasern (Reißfestigkeit, Dehnung) mit dazu bei, dass im Gegensatz zu mit reinen Leitrußen gefüllten Kunststoffen die Abnahme der Flexibilität, Dehnbarkeit und Zähigkeit des gefüllten Kunststoffes weitgehend verhindert wird.
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist das Abschirmelement als Gehäuse für elektrische oder elektronische Funktionselemente, insbesondere Leiterplatten, ausgebildet, das seinen Innenraum gegenüber elektromagnetischer Strahlung abschirmt.
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Die erfindungsgemäße Verwendung des Abschirmelements beinhaltet die Ableitung elektrischer Ladungen und/oder Dämpfung elektromagnetischer Felder im MHz- und GHz-Bereich, bevorzugt im MHz-Bereich.
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Dabei erfolgt die Verwendung des Abschirmelements vorzugsweise in Fahrzeugen. Die Einstellung der elektrischen und mechanischen Eigenschaften des Kunststoffs wird dabei insbesondere durch Auswahl und Mengenanteile der Füllstoffe bestimmt. Damit wird vorteilhaft ein selektives Abschirmen definierter Frequenzbereiche bei gleichbleibender Geometrie des Abschirmelements ermöglicht.
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Beispiel 1
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Nachfolgend wird eine Ausführungsform des Abschirmelements anhand der Zeichnung näher erläutert, ohne die Erfindung damit einschränken zu wollen.
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Dabei zeigen:
- 1 ein erfindungsgemäßes Abschirmelement als Gehäuse in perspektivischer Schrägansicht und
- 2 ein Messergebnis zur Schirmwirkung eines erfindungsgemäßen Abschirmelements.
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In 1 ist ein schirmwirksames Gehäuse 1 gezeigt, in dessen Innenraum eine Leiterplatte 2 und weitere elektrische oder elektronische Bauelemente 3 und Verbindungen angeordnet sind und das die Leiterplatte 2 und die Bauelemente 3 gegen elektromagnetische Strahlung abschirmt. Elektronische Bauelemente 3, aber auch gegenüber elektromagnetischer Strahlung störungsempfindliche Mess-, Untersuchungs- und ähnliche Anordnungen, benötigen zu ihrem störungsfreien Betrieb eine Abschirmung gegenüber den am Betriebsort vorhandenen elektromagnetischen Feldern. Sie werden daher in abschirmenden Gehäusen 1 untergebracht, die in den Wandungen leitfähiges Material 4 aufweisen und im Sinne eines Faradayschen Käfigs wirken.
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Solche Gehäuse 1 finden darüber hinaus Anwendung für Geräte oder Baugruppen 3, die ihrerseits elektromagnetische Strahlung emittieren, die es von der Umgebung fernzuhalten gilt.
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Die Grundform des bevorzugt einteiligen Gehäuses 1 ist durch ein spritzgegossenes PA-6-Formteil mit zumindest einer Bohrung, die dem Verschrauben der Leiterplatte 2 mit einem Rahmen und/oder der Erdung dient, vorgegeben. Das Gehäuse 1 ermöglicht die Ableitung elektrischer Ladungen sowie eine Dämpfung elektromagnetischer Wellen.
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Das Gehäuse 1 besteht aus recyclebarem, vorzugsweise konditioniertem PA-6, in welches ein kohlenstoffhaltiger, elektrisch leitender Füllstoff 4 eingearbeitet ist
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Die Einstellung der elektrischen und mechanischen Eigenschaften des Kunststoffs wird dabei insbesondere durch Hinzufügung der Füllstoffe 4 (Ruß bzw. Ruße und synthetische Graphite, Naturgraphite, insbesondere Kohlenstoff-Fasern, Kohlenstoff-Nanofasern, einwandigen Kohlenstoffnanoröhren, oder mehrwandigen Kohlenstoffnanoröhren, oder Mischungen daraus) bestimmt.
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Die Art, der Mengenanteil und die Faserlänge oder Korngröße der die Leitfähigkeit sichernden Beimengung aus Kohlenstoff beeinflusst nicht nur die elektrischen, sondern auch die mechanischen und Verarbeitungseigenschaften des leitfähigen elastischen Materials. Die (Querschnitts-)Abmessungen und Gestalt des Gehäuses werden primär durch die physiko-chemischen Eigenschaften der verwendeten leitfähigen Kunststoffmasse bestimmt und sind daher durch geeignete Wahl o.g. Parameter vorgebbar. Die Einstellung der Eigenschaften der Kunststoffmasse kann dabei insbesondere durch Hinzufügung einer erfindungsgemäßen Füllstoffauswahl derart erfolgen, dass ein Gehäuse 1 bei gleichem Design (Form, Dicke) je nach Anforderung unterschiedliche Schirmdämpfungseigenschaften aufweist.
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Die Schirmdämpfungseigenschaften des Gehäuses 1 im MHz- und GHz-Bereich, besonders bevorzugt im MHz-Bereich, werden dabei insbesondere durch die Länge und/oder den Durchmesser der Kohlenstoff-Fasern, Kohlenstoff-Nanofasern, einwandigen Kohlenstoffnanoröhren, oder mehrwandigen Kohlenstoffnanoröhren bestimmt. Mit zunehmender Länge der eingesetzten Kohlenstoff-Fasern, beispielsweise bis in den Millimeter-Bereich, wird eine verstärkte Schirmdämpfung im niederfrequenten Bereich, d.h. im MHz-Bereich oder kHz-Bereich, erzielt.
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Bei anderen vorteilhaften Ausführungen der Erfindung können statt becherartiger Gehäuse 1 auch plattenartige Abschirmungen vorgesehen sein. Auch Leiterplattenteile können Abschirmfunktionen übernehmen. In dem benutzten PA 6 ist mindestens ein kohlenstoffhaltiger, elektrisch leitender Füllstoff 4 eingearbeitet, wobei der Füllstoff 4 aus Rußen und mindestens einem elementaren Kohlenstoff besteht.
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Beispiel 2
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Es wurden Schirmdämpfungsmessungen an verschiedenen kohlenstoffhaltigen PA-6-Proben im Sinne der Erfindung durchgeführt. Fünf Proben wurden als Platten der Größe ca. 180 mm × 180 mm × 3 mm aus PA-6 in jeweils sechs Ausführungen präpariert.
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Messaufbau
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Die Schirmdämpfung der Proben wurde durch Einfügungsdämpfung ermittelt. Zur Bestimmung der Schirmdämpfung durch Einfügungsdämpfung werden zwei Antennen verwendet: Eine Sendeantenne außerhalb der Schirmung und eine Empfangsantenne innerhalb. Die Sendeantenne wird mit einer konstanten HF-Leistung Psend gespeist. Der mit der Empfangsantenne gemessene Leistungspegel wird gemessen. Dies geschieht zunächst ohne ein schirmendes Material zwischen den beiden Antennen (Referenzmessung, Probe 1, PA-6 natur, vgl. Tabelle 1). Der so erhaltene Empfangspegel a0 wird notiert. Anschließend wird das schirmende Material bzw. die Schirmhülle zwischen den Antennen eingefügt, deshalb auch die Bezeichnung Einfügungsdämpfungsmessung. Es wird bei gleicher Sendeleistung der empfangene (gedämpfte) Pegel a1 gemessen, d.h. es wird die Kopplung zwischen zwei Antennen gemessen, einmal ohne und einmal mit dem Prüfling im Kopplungspfad. Die Schirmdämpfung ergibt sich aus dem Verhältnis der beiden gemessenen HF-Leistungen, was der Differenz der (logarithmischen) Pegelmaße entspricht.
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Im vorliegenden Fall wurde die Messung mit elektrischen Antennen durchgeführt. Die maximal nachweisbare Schirmdämpfung ergibt sich aus der Differenz von Referenzpegel und Rauschpegel bei vollständig geschlossenem Messsystem.
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Messanordnung
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Die Materialproben besaßen Abmessungen in der Größe ca. 180 mm x 180 mm x 3 mm. Zur Ihrer Vermessung wurde eine Schirmkabine (Abmessungen 6,10 m x 3,40 m x 2,55 m) der Firma Schirmungstechnik in Rheinstetten mit einem Koppelfenster ausgerüstet, das zur Aufnahme der Materialproben diente. Bei den durchgeführten Messungen wurde ein Messaufbau verwendet, der im Wesentlichen der Norm [EN 50147-1 96] entspricht. Gemessen wurde mit zwei Bilog-Antennen. Als Antennenabstand (zwischen den Antennenspitzen) wurde 1 m gewählt. Als HF-Quelle wurde ein hochpräziser Signalgenerator (Synthesizer) verwendet, als Detektor ein Spektrumanalysator.
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Zunächst wurde die HF-Dichtigkeit der Schirmkabine bei vollständig geschlossenem Koppelfenster bestimmt, um unerwünschte Kopplungspfade des Messsignals auszuschließen. Dabei wurde in der Schirmkabine nur Rauschen gemessen. Die Schirmkabine besitzt eine Schirmdämpfung > 100 dB. Anschließend wurde die Referenzmessung mit unbehandeltem PA-6 (Probe 1) bei offenem Koppelfenster durchgeführt. Dieser Referenzpegel wurde messtäglich neu bestimmt, um Einflüsse durch geringfügige Abweichungen der Antennenposition auszuschließen.
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Zur Dämpfungsmessung wurden die Materialproben in das Koppelfenster unter Verwendung einer leitfähigen Textildichtung eingesetzt und mit dem Anpressrahmen angedrückt.
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Messdurchführung
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Der Sender wurde in der Kabine platziert und sendet durchgängig in 20 MHz Schritten etwa 60 ms lang auf Frequenzen zwischen 40 MHz und 3000 MHz. Der Empfänger außerhalb der Kabine nahm im selben Frequenzbereich den jeweils höchsten Wert auf und speicherte diesen. Nach Aufnahme aller Werte wurde das Gesamtergebnis gespeichert.
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Resultate
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Zusammenfassende Ergebnisse der Messungen im Frequenzbereich 100 MHz bis 3 GHz sind in Tabelle 1 dargestellt:
Tabelle 1. Mittlere Schirmdämpfung kohlenstoffhaltiger PA-6 Proben.
Probe | Mittlere Schirmdämpfung bei |
| 200 MHz | 500 MHz | 1 GHz | 3 GHz |
1. PA-6 Referenz | 0 | 0 | 0 | 0 |
2. PA-6 + 20% Ruß, + 20% Graphit | 5 | 13 | 22 | 17 |
3. PA-6 + 20% Ruß, + 20% Graphit + 20% Kohlefaser | 40 | 54 | 62 | 80 |
4. PA-6 + 20% Kohlefaser | * | * | 14 | 10 |
5. PA-6 + 60% Graphit | * | * | 5 | 7 |
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Der Tabelle 1 ist zunächst zu entnehmen, dass insbesondere die Zumischung von Ruß, Graphit und Kohlefasern (Länge 1 µm bis 12 mm) gemäß Probe 3 eine signifikante Erhöhung der Schirmkraft des PA-6 Formkörpers bewirkt. Die Fähigkeit des Polyamids, Wasser einzulagern (Konditionierung), scheint den Effekt zu verstärken.
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Die Probe 2 enthält als Füllstoff Ruß und Graphit, jedoch keine Kohlefaser. Es zeigt sich eine durchschnittliche Schirmwirkung mit einem Maximum von etwa 20dB Dämpfung im Frequenzbereich um etwa 1 Ghz.
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Die Probe 3 enthält als Füllstoff in gleichen Anteilen Ruß, Graphit und Kohlefasern. Hierbei ist die größte Schirmwirkung zu beobachten, deren Wert bei hohen Frequenzen mit Aluminium vergleichbar ist. In der Spitze werden in einem Frequenzbereich von 700 MHz - 3 GHz 50 dB Dämpfung überschritten. Bei fallender Frequenz zeigt sich ein konstanter Verlust der Dämpfung. Die Kohlefasern bilden im konditionierten PA-6 Formkörper offenbar eine gitterartige Struktur, die bestimmte Frequenzen reflektiert. Daher ist zum einen die Ausrichtung der Fasern, parallel oder quer zum elektrischen Feldvektor, von Bedeutung. Zum anderen ist die Faserlänge mit Blick auf den Frequenzbereich relevant, d.h. je länger die Fasern desto niedriger die Frequenzen, die reflektiert werden (λ = c/f). Die Kombination aus gleichen Anteilen Ruß, Graphit und Kohlefasern scheint die Schirmwirkung der Einzelkomponenten, vgl. Probe 4 und 5, deutlich zu verstärken.
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Die Probe 4 enthält als Füllstoff Kohlefasern, jedoch keinen Ruß und Graphit. Es zeigt sich eine durchschnittliche Schirmwirkung wie für Probe 2, aber auf niedrigerem Niveau mit etwa 15 dB Dämpfung.
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Die Probe 5 enthält als Füllstoff Graphit, jedoch keine Kohlefasern und Ruß. Es zeigt sich eine eher geringe Schirmwirkung, trotz der hohen Dosierung mit Graphit.
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In 2 ist zusammengefasst das Ergebnis der Messungen für Probe 3 im Frequenzbereich 100 MHz bis 3 GHz dargestellt.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 3915651 A1 [0004]
- GB 2463017 A [0006]
- DE 102010043472 A1 [0010]
- DE 102013210162 A1 [0011]