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HINTERGRUND DER ERFINDUNG
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Gebiet der Erfindung
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Messung von Koordinaten oder Eigenschaften einer Werkstückoberfläche mit Hilfe eines Messinstruments, das von einer an einem Koordinatenmessgerät befestigten Positioniereinrichtung relativ zu einem zu vermessenden Werkstück positioniert wird.
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Beschreibung des Standes der Technik
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Zur Messungen an Werkstückoberflächen werden häufig Koordinatenmessgeräte (KMG, engl. CMM, coordinate measuring machine) verwendet. Ein Koordinatenmessgerät umfasst üblicherweise einen Tisch, der das zu vermessende Werkstück trägt, ein Messinstrument, das in unmittelbarer Nähe zu dem Werkstück positioniert wird, sowie einen Messkopf, der auf das Messinstrument definierte Stellkräfte ausübt und Kräfte misst, die von dem Messinstrument auf den Messkopf übertragen werden. In der Regel weisen Koordinatenmessgeräte außerdem eine Verfahreinrichtung auf, die den Messkopf in drei orthogonalen Verfahrrichtungen x, y und z relativ zu dem Tisch mit hoher Genauigkeit verfährt. Bekannt sind jedoch auch Koordinatenmessgeräte mit einem Verfahrtisch, der sich relativ zu einem feststehenden Messkopf bewegt. Soweit im Folgenden auf eine Verfahreinrichtung Bezug genommen wird, gelten die betreffenden Anmerkungen für Verfahrtische entsprechend.
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Zu einem Koordinatenmessgerät gehört außerdem eine Auswerte- und Steuereinrichtung, welche die Bewegungen der Verfahreinrichtung steuert und die von dem Messkopf erzeugten Messsignale auswertet. Falls das Messinstrument ebenfalls Messsignale erzeugt, werden auch diese von der Auswerte- und Steuereinrichtung ausgewertet. Die Verfahreinrichtung verfügt für jede der drei Verfahrrichtungen x, y, z über mindestens einen Wandler, die an die Auswerte- und Steuereinrichtung Informationen über die zurückgelegten Verfahrwege zurückgibt. Dadurch ist die Position einer Kupplung der Verfahreinrichtung, an welcher der Messkopf auswechselbar befestigt ist, in allen Verfahrstellungen mit hoher Genauigkeit bekannt.
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Besteht die durch Messung zu bestimmende Oberflächeninformation in den kartesischen Koordinaten der Werkstückoberfläche, so handelt es sich bei dem Messinstrument meist um einen taktilen Taster. Dieser berührt während der Messung die Oberfläche mit einer vorgegebenen und von dem Messkopf erzeugten Antastkraft. Beim Antasten wird der Taster geringfügig ausgelenkt, was ebenfalls vom Messkopf erfasst wird. Wenn die Lage des Tasters bezüglich der Kupplung der Verfahreinrichtung bekannt ist, lassen sich bei einem Kontakt des Antastelements mit der Werkstückoberfläche die kartesische Koordinaten des Kontaktpunktes genau bestimmen. Anstelle eines taktilen Tasters kann auch ein optischer Taster verwendet werden, der den Abstand zur Werkstückoberfläche berührungslos misst. Solche optischen Taster beruhen z. B. auf dem Prinzip der chromatisch konfokalen Abbildung und sind vor allem für die Vermessung von sehr weichen Werkstücken zweckmäßig.
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Wenn die Rauheit von Werkstückoberflächen gemessen werden soll, wird als Messinstrument ein Rauheitssensor eingesetzt, der häufig als Tastschnittgerät ausgebildet ist. Ein Tastschnittgerät weist einen beweglich gelagerten Messarm auf, an dessen Ende ein Tastelement, z.B. eine Diamantspitze, befestigt ist, das während der Messung durch den Kontakt mit der Werkstückoberfläche ausgelenkt wird. Das Tastelement wird während der Messung senkrecht zur Auslenkungsrichtung des Tastelements mit Hilfe einer Vorschubeinheit linear verfahren und auf diese Weise entlang einer Linie über die zu vermessende Werkstückoberfläche geführt. Genaue Messwerte können nur dann erhalten werden, wenn die Auslenkungsrichtung des Tastelements exakt senkrecht zur vermessenden Oberfläche verläuft. Daher muss das Tastelement nicht nur bezüglich seiner kartesischen Koordinaten, sondern auch bezüglich seiner winkelmäßigen Orientierung im Raum sehr genau relativ zum Werkstück ausgerichtet sein.
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Entsprechendes gilt auch für berührungsfrei arbeitende Rauheitssensoren, etwa punktweise oder flächig messende Weißlichtsensoren. Auch solche Sensoren müssen sehr genau relativ zum Werkstück ausgerichtet sein, damit die Messergebnisse nicht verfälscht werden.
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In modernen Produktionsabläufen müssen die Werkstücke inzwischen mit so geringen Toleranzen gefertigt werden, dass eine laufende Prozessüberwachung unverzichtbar ist. Dabei stellt sich immer häufiger das Problem, dass die Werkstücke, deren Oberflächen automatisiert vermessen werden sollen, sehr komplexe Formen haben. Ein Motorblock eines Verbrennungsmotors beispielsweise weist eine Vielzahl von Bohrungen mit unterschiedlichen Innendurchmessern, zahlreiche Hinterschneidungen und unregelmäßig geformten Ausnehmungen auf, an denen es zu vermessende Oberflächen gibt. Herkömmliche Koordinatenmessgeräte mit ihren meist sehr voluminösen Verfahreinrichtungen sind in der Regel nicht in der Lage, ein Messinstrument so in den Öffnungen oder Ausnehmungen eines Motorblocks zu positionieren, dass dort eine Messung durchgeführt werden kann.
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Moderne und teilweise auch für die laufende Prozessüberwachung geeignete Messsysteme weisen deswegen häufig eine Positioniereinrichtung auf, die zwischen der Verfahreinrichtung des Koordinatenmessgeräts und dem Messinstrument angeordnet ist. Die Positioniereinrichtung hat die Aufgabe, das Messinstrument unmittelbar über der zu vermessenden Oberfläche zu positionieren. Im Allgemeinen wird die Positioniereinrichtung nicht unmittelbar an der Verfahreinrichtung des Koordinatenmessgeräts, sondern an dem Messkopf befestigt, der von der Verfahreinrichtung getragen wird. Bekannt sind jedoch auch Messsysteme, bei denen der Messkopf zwischen der Positioniereinrichtung und dem Messinstrument angeordnet ist. Das Messinstrument ist dann nicht unmittelbar, sondern mittelbar über den Messkopf an der Positioniereinrichtung befestigt.
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Solche Positioniereinrichtungen können beispielsweise ein Dreh-Schwenkgelenk aufweisen, wie es in der
EP 2 207 006 A2 beschrieben ist. Mithilfe dieser bekannten Positioniereinrichtung kann ein Messinstrument um eine vertikale Achse gedreht und zusätzlich um eine horizontale Achse verschwenkt werden, um das Messinstrument optimal bezüglich der Werkstückoberfläche zu positionieren. Das Messinstrument ist dort zusätzlich noch um eine dritte Drehachse drehbar.
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Vor allem infolge Herstellungs- und Montagetoleranzen, aber auch bedingt durch Verformungen des Arms oder seiner Glieder befindet sich das Messinstrument bei der Messung unter Umständen nicht an der gewünschten Soll-Pose, wie sie durch die idealisierte Konstruktion des Arms vorgegeben ist. Derartige Abweichungen verfälschen die Messungen. Außerdem kann es vor allem dann, wenn das Messinstrument in sehr kleine Öffnungen oder Bohrungen eingeführt werden soll, zu unerwünschten Kollisionen zwischen dem Messinstrument oder der Positioniereinrichtung und dem Werkstück kommen.
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Aus der
DE 100 66 470 B4 ist eine Dreh-Schwenk-Einrichtung für einen Tastkopf eines Koordinatenmessgerätes bekannt. Die gemessenen Messwerte werden dort einer Korrektur unterzogen, die kinematische und elastische Effekte berücksichtigt.
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Eine Korrektur der Messwerte, um Durchbiegungen eines Dreh-Schwenk-Gelenks zu berücksichtigen, findet auch bei der
DE 40 01 433 A1 statt.
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Eine weitere Dreh-Schwenk-Einrichtung für Tastköpfe von Koordinatenmessgeräte ist aus der
DE 37 40 070 A1 bekannt.
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Die
DE 195 08 861 A1 beschreibt eine Rauheitsmessung mit Hilfe eines verschwenkbaren Taststiftes und eine Bahnsteuerung für die Antriebe des Koordinatenmessgeräts.
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ZUSAMMENFASSUNG DER ERFINDUNG
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren zur Messung von Koordinaten oder Eigenschaften einer Werkstückoberfläche anzugeben, mit dem sich ein Messinstrument mit Hilfe einer an einem Koordinatenmessgerät befestigten Positioniereinrichtung exakter relativ zur Werkstückoberfläche ausrichten lässt. Das Verfahren soll außerdem dazu beitragen, dass es seltener zu Kollisionen zwischen dem Werkstück und dem Messinstrument oder der Positioniereinrichtung kommt.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe durch ein Verfahren gelöst, das die folgenden Schritte aufweist:
- a) Es wird ein Koordinatenmessgerät mit einer daran befestigten Positioniereinrichtung bereitgestellt, die aufweist:
- - einen Arm, der mehrere beweglich miteinander verbundene Glieder aufweist, wobei der Arm mehrere steuerbare Freiheitsgrade der Bewegung hat, denen jeweils ein Antrieb zugeordnet ist, und
- - ein an einem Ende des Arms befestigtes Messinstrument;
- b) Es wird ein parametrisches Strukturmodell des Arms festgelegt, in dem
- - jedem steuerbaren Freiheitsgrad der Bewegung ein Steuerungsparameter zugeordnet wird und
- - Abweichungen der Pose des Arms oder seiner Glieder von durch die Konstruktion vorgegebenen Sollwerten durch Korrekturparameter beschrieben werden;
- c) Unter Verwendung des parametrischen Strukturmodells werden Steuerungsparameter für die Antriebe so festgelegt, dass das Messinstrument in eine Messpose in der Nähe einer zu vermessenden Oberfläche bewegt wird;
- d) Das Messinstrument wird an die Messpose bewegt und führt von dort aus die Messung durch.
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Die Erfindung beruht auf der Erkenntnis, dass Abweichungen der Pose des Arms oder seiner Glieder von durch die Konstruktion vorgegebenen Sollwerten die Ursache sind für die beobachteten Kollisionen und fehlerhaften Messungen infolge eines falsch zur Oberfläche ausgerichteten Messinstruments. Zwar ist bekannt, dass solche Abweichungen auftreten, und es wird ihnen auch bei der Auswertung der Messergebnisse insoweit Rechnung getragen, dass die gemessenen Koordinaten durch Kalibrierung korrigiert werden. Den im Stand der Technik bekannten Positioniereinrichtungen liegt aber trotzdem bislang ein sehr einfaches und solche Abweichungen nicht berücksichtigendes ideales Strukturmodell zugrunde. Dieses einfache und ideale Verhältnisse voraussetzende Strukturmodell wird im Stand der Technik dazu verwendet, den Arm der Positioniereinrichtung zu steuern und das Messinstrument in die gewünschte Messpose in der Nähe einer zu vermessenden Oberfläche zu bewegen.
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Erfindungsgemäß wird zur Steuerung des Arms ein parametrisches Strukturmodell verwendet, in dem Abweichungen der Pose des Arms oder seiner Glieder von durch die Konstruktion vorgegebenen Sollwerten durch Korrekturparameter berücksichtigt sind. Das so erhaltene korrigierte parametrische Strukturmodell kann damit insbesondere Herstellungs- und Montagetoleranzen und/oder durch die Gravitation oder andere äußere Kräfte vorursachte Verformungen des Arms oder seiner Glieder Rechnung tragen. Auf diese Weise ist es möglich, den Arm sehr viel präziser im Raum zu bewegen als bisher. Dies wiederum verringert das Risiko von Kollisionen und erlaubt es, das Messinstrument auch hinsichtlich seiner Orientierung im Raum exakt so auszurichten, wie dies die jeweilige Messaufgabe erfordert. Ein als Messinstrument verwendetes Tastschnittgerät kann auf diese Weise beispielsweise so orientiert werden, dass die Auslenkrichtung des Tastelements exakt senkrecht zur Werkstückoberfläche verläuft. Die präzisere Armführung ermöglicht es außerdem, das Messinstrument in Öffnungen einzuführen, die nur unwesentlich größer sind als die Außenabmessungen des Messinstruments.
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Die Korrekturparameter können insbesondere parasitäre Drehungen und/oder Translationen der Glieder des Arms in Freiheitsgraden beschreiben, die nicht durch die Steuerungsparameter beeinflussbar sind. Anstatt beispielsweise wie bislang eine motorisch angetriebene Drehung um eine Gelenkachse nur durch eine Drehmatrix für die Drehung um eine Achse zu beschreiben, kann eine erweiterte Drehmatrix verwendet werden, mit der sich allgemein Drehungen im dreidimensionalen Raum beschreiben lassen. In dieser Drehmatrix repräsentiert ein Drehwinkel einen Steuerungsparameter, der dem entsprechenden Antrieb zugeordnet ist, während die anderen beiden Drehachsen Korrekturparameter repräsentieren. Parasitäre, also ungewollte, aber nicht vermeidbare geringfügige Drehungen um die anderen beiden Drehachsen werden damit im Strukturmodell berücksichtigt. Dadurch kann insbesondere der Tatsache Rechnung getragen werden, dass sich die Drehachsen der Glieder des Arms in der Regel nicht exakt schneiden, sondern mehr oder weniger windschief zueinander ausgerichtet sind. Die bislang im Stand der Technik verwendeten idealen Strukturmodelle vernachlässigen solche Abweichungen vom idealen Verhalten.
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Die Korrekturparameter können zumindest teilweise durch Simulation der physikalischen Vorgänge ermittelt werden. So lassen sich beispielsweise Verbiegungen infolge des Eigengewichts in Abhängigkeit von der momentanen Konfiguration des Arms simulieren. Herstellungstoleranzen lassen sich vor der Montage messen und ebenfalls in Korrekturparameter umsetzen. Schwieriger ist der Umgang mit Montagetoleranzen, da sich diese häufig nicht messen lassen.
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Am einfachsten, aber auch genauesten ist es jedoch, wenn zum Festlegen der Korrekturparameter in Schritt b) eine Kalibrierung gemäß den folgenden Schritten durchgeführt wird:
- b1) Das Messinstrument wird mit dem Arm in eine Kalibrierpose bewegt, die sich in der Nähe eines vorzugsweise kugelförmigen Kalibrierkörpers befindet, dessen Pose relativ zu der Positioniereinrichtung bekannt ist;
- b2) Das Messinstrument misst eine Ortsinformation des Kalibrierkörpers;
- b3) Die gemessene Ortsinformation wird den Steuerungsparametern, unter deren Verwendung der Arm in die Kalibrierpose bewegt wurde, und einem Satz von zunächst unbekannten Korrekturparametern zugeordnet;
- b4) Die Schritte b1) bis b3) werden mehrfach mit unterschiedlichen Kalibrierposen wiederholt, wodurch mehrere Sätze von Korrekturparametern erhalten werden;
- b5) Die Korrekturparameter werden durch einen Vergleich der gemessenen Ortsinformationen und der mehreren Sätze von Korrekturparametern bestimmt.
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Wenn das Strukturmodell beispielsweise 100 zunächst unbekannte Korrekturparameter enthält, dann lassen sich diese prinzipiell durch das Lösen eines linearen Gleichungssystems oder eines Optimierungsproblems ermitteln, wenn zuvor 100 Messungen mit unterschiedlichen Kalibrierposen durchgeführt wurden. Denn jede Messung ordnet eine gemessene Pose des Kalibrierkörpers den 100 Korrekturparametern und den Steuerungsparametern zu. Für diese Messungen genügt als Messinstrument ein einfacher Taster.
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Typischerweise hat der Arm ausschließlich rotatorische Freiheitsgrade. Beim Tastschnittverfahren zur Rauheitsmessung wird jedoch das Tastelement von einer Vorschubeinheit des Messinstruments linear verfahren. Dieser translatorische Freiheitsgrad kann selbstverständlich ebenfalls im parametrischen Strukturmodell berücksichtigt werden.
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Das Messinstrument wird üblicherweise mit einem Kupplungsstück des beweglichen Arms der Positioniereinrichtung verschraubt. Trotz der hochpräzisen Fertigung der Kupplung und der Verschraubung sind auch hier Fertigungs- und Montagetoleranzen unvermeidbar. Diese führen dazu, dass die Pose des Messinstruments relativ zum Arm nicht exakt den Sollwerten entspricht. Vor allem dann, wenn es sich bei dem Messinstrument um ein Tastschnittgerät handelt, können solche Toleranzen zu Messfehlern führen, da dann eine zur Werkstückoberfläche orthogonale Abtastrichtung nicht gewährleistet ist.
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Um solche Toleranzen mit einer rechnerischen Korrektur berücksichtigen zu können, kann für ein Messinstrument, das eine Längsachse und ein Tastelement hat, das entlang einer Auslenkrichtung auslenkbar ist, die senkrecht zu der Längsachse des Messinstruments verläuft, eine weitere Kalibrierung durchgeführt werden. Nach dem Befestigen des Messinstruments an dem Arm wird zu diesem Zweck eine an dem Messinstrument angeordnete und vorzugsweise kugelförmige Einmesshilfe, deren Pose im Koordinatensystem des Messinstruments möglichst exakt bestimmt wurde, in Kontakt mit einem Kalibrierkörper gebracht, dessen Pose in einem Koordinatensystem des Koordinatenmessgeräts bekannt ist. Anschließend wird die Position der Einmesshilfe in dem Koordinatensystem des Koordinatenmessgeräts gemessen. Aus der gemessenen Position der Einmesshilfe wird ein Korrekturwert für die Lage des Koordinatensystems des Messgeräts relativ zu dem Koordinatensystem des Koordinatenmessgeräts abgeleitet.
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Bei kugelförmigen Einmesshilfen ist zwar die Position, aber nicht die Orientierung des Messinstruments relativ zu dem Arm eindeutig bestimmbar. Die Mehrdeutigkeit bezüglich der Orientierung kann aufgelöst werden, wenn an dem Messinstrument eine weitere Einmesshilfe angeordnet ist, deren Ort im Koordinatensystem des Messinstruments ebenfalls möglichst exakt bestimmt wurde. Diese weitere Einmesshilfe wird zu einem späteren Zeitpunkt in Kontakt mit dem Kalibrierkörper gebracht. Der Ort der weiteren Einmesshilfe wird in dem Koordinatensystem des Koordinatenmessgeräts gemessen. Unter Verwendung des gemessenen Orts der weiteren Einmesshilfe wird dann die Mehrdeutigkeit bezüglich der Lage des Koordinatensystems des Messinstruments relativ zu dem Koordinatensystem des Koordinatenmessgeräts ausgeschlossen.
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Figurenliste
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Nachfolgend werden Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand der Zeichnungen näher erläutert. In diesen zeigen:
- 1 ein Koordinatenmessgerät mit einer daran befestigten erfindungsgemäßen Positioniereinrichtung in einer perspektivischen Darstellung;
- 2 die in der 1 gezeigte Positioniereinrichtung in vergrößerter Darstellung;
- 3 ein kinematisches Modell der in den 1 und 2 gezeigten Positioniereinrichtung.
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BESCHREIBUNG BEVORZUGTER AUSFÜHRUNGSBEISPIELE
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Koordinatenmessgerät
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Die 1 zeigt ein insgesamt mit 10 bezeichnetes Koordinatenmessgerät in einer perspektivischen Darstellung. Das Koordinatenmessgerät 10 umfasst einen Tisch 12, der eine Basis 14 und eine Platte 16 aus Hartgestein umfasst. Die Platte 16 dient zur Aufnahme eines Werkstücks 18 mit Hilfe eines nicht dargestellten Werkstückhalters. In diesem Ausführungsbeispiel wird angenommen, dass die Messaufgabe darin besteht, die Rauheit einer Oberfläche 19 des Werkstücks 18 ortsaufgelöst zu messen.
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Der Tisch 12 trägt eine Verfahreinrichtung 20, mit der sich ein Messkopf 21 und eine daran befestigte Positioniervorrichtung 22 relativ zu dem Tisch 12 mit hoher Genauigkeit positionieren lässt. Die Verfahreinrichtung 20 ist im dargestellten Ausführungsbeispiel in Portalbauweise ausgeführt und umfasst ein Portal 24, das mit zwei Füßen 26, 28 an den Rändern des Tisches 12 gelagert und in der horizontal verlaufenden x-Richtung entlang des Tisches 12 motorisch verfahrbar ist. An einem Portalquerbalken 30, der die beiden Füße 26, 28 miteinander verbindet, ist ein Ausleger 32 so gelagert, dass er entlang der Längsrichtung des Portalquerbalkens 30, d. h. in der ebenfalls horizontal verlaufenden y-Richtung, motorisch verfahren werden kann, wie dies durch einen Doppelpfeil angedeutet ist. In einer vertikal ausgerichteten Aufnahme 34 des Auslegers 32 ist ein Messträger 36 aufgenommen und entlang der vertikal verlaufenden z-Richtung motorisch verfahrbar.
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An dem Messträger
36 ist austauschbar der Messkopf
21 befestigt, der die Positioniervorrichtung
22 trägt. Der Messkopf
21 weist im dargestellten Ausführungsbeispiel drei hintereinander angeordnete Federparallelogramme auf, so dass die Positioniervorrichtung
22 über jedes Federparallelogramm in einer Koordinatenrichtung verschiebbar gelagert ist. Zur Erfassung der Auslenkung ist jedem Federparallelogramm ein Wandler in Form eines Tauchspulenmagneten zugeordnet. Zusätzlich weist jedes Federparallelogramm einen Messkraftgenerator in Form eines Tauchspulenantriebes auf, über den in der jeweiligen Koordinatenrichtung Kräfte auf die Positioniervorrichtung
22 ausgeübt werden können. Der Messkopf
21 kann auf diese Weise definierte Stellkräfte entlang orthogonaler Richtungen
x,
y und
z auszuüben, während die Wandler des Messkopfes
21 die auf die Positioniervorrichtung
22 entlang dieser Richtungen einwirkenden Kräfte messen. Weitere Einzelheiten hierzu können der
WO 02/054010 A1 entnommen werden, deren Offenbarung insoweit durch Verweis zum Gegenstand der vorliegenden Anmeldung gemacht wird.
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Der Raum, der von dem Messträger 36 durch Verfahrbewegungen entlang den Richtungen x, y und z erreicht werden kann, liegt im dargestellten Ausführungsbeispiel in der Größenordnung von etwa 2 m3, so dass auch deutlich größere Werkstücke 18 vermessen werden können, als dies in der 1 dargestellt ist.
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Die Verfahreinrichtung 20 verfügt für jede der drei Richtungen x, y, z über mindestens einen Wandler, die an eine Auswerte- und Steuereinrichtung 38 Informationen über die zurückgelegten Verfahrwege zurückgibt. Dadurch ist die Position der Automatikkupplung, an welcher des Messkopf 21 befestigt ist und die im Wesentlichen dem Tool Center Point (TCP) bei Robotern entspricht, in allen Verfahrstellungen mit hoher Genauigkeit bekannt.
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Die Auswerte- und Steuereinrichtung 38 steuert die Bewegungen der Verfahreinrichtung 20 und wertet die Messwerte aus, die von dem Messkopf 21 und einem an der Positioniervorrichtung 22 befestigten Rauheitssensor 44 erzeugt werden. Die Automatikkupplung des Messträgers 36 kann neben einer mechanischen Verbindung auch eine Kommunikationsverbindung herstellen, damit zwischen dem Messkopf 21, dem Rauheitssensor 44 und der Steuer- und Auswerteeinrichtung 38 Steuer- und Messdaten ausgetauscht werden können. Alternativ hierzu kann diese Kommunikation über eine Funkschnittstelle erfolgen.
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Im Folgenden wird mit Bezug auf die 2 der Aufbau der Positioniereinrichtung 22 näher erläutert.
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Positioniereinrichtung
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Wie in der vergrößerten Darstellung der 2 erkennbar ist, besteht die Positioniervorrichtung 22 im Wesentlichen aus einem Arm 40, der mehrere beweglich miteinander verbundene Glieder umfasst. An dem Arm 40 ist eine Vorschubeinheit 52 des Rauheitssensors 44 befestigt, dessen Rauheitstaster 58 entlang einer Vorschubrichtung V verfahrbar ist und dem eine Auslenkrichtung D zugeordnet ist.
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Das in der 2 oben dargestellte Glied des Arms 40 wird im Folgenden als Verbindungsglied 45 bezeichnet und hat eine erste Kupplung, mit der die Positioniervorrichtung 22 an dem Messkopf 21 befestigbar ist, der seinerseits von der Verfahreinrichtung 20 des Koordinatenmessgeräts 10 getragen wird. Die Kupplung verfügt zu diesem Zweck in an sich bekannter Weise über Ausrichtelemente, Befestigungselemente und elektrische oder optische Verbindungselemente, mit denen sich eine Signalverbindung zwischen dem Verbindungsglied 45 und dem Messkopf 21 herstellen lässt.
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Der Arm 40 hat einen ersten Armabschnitt G1, der unterhalb des Kupplungsglieds 45 angeordnet ist. Der erste Armabschnitt G1 ist relativ zu dem Kupplungsglied 45 um eine erste Drehachse A1 drehbar und verfügt zu diesem Zweck über einen ersten Antrieb, der in der 2 nur schematisch angedeutet und mit M1 bezeichnet ist. Ein zweiter Armabschnitt G2 ist relativ zu dem ersten Armabschnitt G1 um eine zweite Drehachse A2 mithilfe eines zweiten Antriebs M2 drehbar, wobei die zweite Drehachse A2 senkrecht zur ersten Drehachse A1 verläuft. Ein dritter Armabschnitt G3 ist relativ zu dem zweiten Armabschnitt G2 mithilfe eines dritten Antriebs M3 drehbar, und zwar um eine dritte Drehachse A3, die zur zweiten Drehachse A2 senkrecht verläuft. Der Arm 40 ist dabei so ausgelegt, dass die zweite Drehachse A2 sowohl die erste Drehachse A1 als auch die zweite Drehachse A3 schneidet.
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Die relative Anordnung der vorstehend erwähnten Drehachsen A1, A2, A3, der Vorschubrichtung V und der Auslenkrichtung D ist in der 3 ohne die Abschnitte G1, G2, G3 des Arms 40 dargestellt. In dieser modellhaften Darstellung sind zusätzlich mehrere Koordinatensysteme eingezeichnet. Ein Koordinatensystem mit den Koordinatenachsen X0 , Y0 und Z0 ist dem Kupplungsglied 45 zugeordnet, das starr an den Messträger 34 der Verfahreinrichtung 20 angekuppelt ist. Weitere Koordinatensysteme sind für die Armabschnitt G1, G2, G3 eingezeichnet. Der erste Armabschnitt G1 hat dabei das Koordinatensystem mit den Koordinatenachsen XA1 , YA1 und ZA1 , das sich um die erste Drehachse A1 bezüglich des Koordinatensystems X0 , Y0 und Z0 dreht, wenn der Antrieb M1 entsprechend angesteuert wird. Entsprechend dreht das dem zweiten Armabschnitt G2 zugeordnete Koordinatensystem mit den Koordinatenachsen XA2 , YA2 und ZA2 mit der zweiten Drehachse A2 und das dem dritten Armabschnitt G3 zugeordnete Koordinatensystem mit den Koordinatenachsen XA3 , YA3 und ZA3 mit der dritten Drehachse A3 mit. Die Vorschubeinheit 52 hat nur einen linearen Freiheitsgrad entlang der Vorschubrichtung V. Daher dreht sich die Vorschubrichtung V bei einer Drehung des dritten Armabschnitts G3 um die dritte Drehachse A3 mit. Senkrecht zur Vorschubrichtung V und parallel zur dritten Drehachse A3 verläuft die Auslenkrichtung D. Der Arm 40 muss von der Steuer- und Auswerteeinrichtung 38 so angesteuert werden, dass die Auslenkrichtung D stets zumindest im Wesentlichen senkrecht auf einer zu vermessenden Oberfläche 19 des Werkstücks 18 steht.
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Rauheitssensor
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Wie in der 2 erkennbar ist, erstreckt sich vom Ende des dritten Armabschnitts G3 radial nach außen die Vorschubeinheit 52 des Rauheitssensors 44. Im dargestellten Ausführungsbeispiel ist die Vorschubeinheit 52 dauerhaft mit dem dritten Armabschnitt G3 verbunden und umfasst eine Antriebseinheit 54 sowie ein Kupplungsglied 56 mit einer zweiten Kupplung. Das Kupplungsglied 56 ist linear entlang einer Linearführung in der Vorschubrichtung V relativ zu der Antriebseinheit 54 mit Hilfe eines Antriebs M4 verfahrbar, wie dies in der 2 durch einen Doppelpfeil angedeutet ist. Wie oben bereits erwähnt, verläuft die Vorschubrichtung V senkrecht zur dritten Drehachse A3 und wird mit dieser mitgedreht. Über die zweite Kupplung ist der Rauheitstaster 58 auswechselbar an dem Kupplungsglied 56 befestigt. Bei anderen Ausführungsbeispielen ist der gesamte Rauheitssensor 44 lösbar an dem dritten Armabschnitt G3 befestigt, der zu diesem Zweck über eine geeignete Kupplung verfügt.
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Der Rauheitstaster 58 hat ein Gehäuse 59 mit einer Öffnung, aus der ein Tastarm 60 mit einer Tastspitze 62 hervorragt, bei der es sich zum Beispiel um eine Diamantnadel handeln kann. Ferner ist an dem Gehäuse 59 eine Kufe 64 befestigt, die während der Messung an der Oberfläche 19 des Werkstücks 18 anliegt.
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Rauheitsmessung
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Zur Vorbereitung einer Rauheitsmessung bringt die Verfahreinrichtung 20 des Koordinatenmessgeräts 10 die Positioniervorrichtung 22 zunächst in eine Position in der Nähe des Werkstücks 18. Damit die Rauheitsmessung am gewünschten Ort auf der Oberfläche 19 durchgeführt werden kann, positioniert die Positioniervorrichtung 22 den Rauheitssensor 44 anschließend in noch näher zu erläuternder Weise mit hoher Genauigkeit relativ zum Werkstück 18. Dazu werden die Motoren M1, M2 und M3 der Positioniervorrichtung 22 so von der Auswerte- und Steuereinrichtung 38 angesteuert, dass die Tastspitze 62 des Rauheitssensors 44 schließlich an der gewünschten Stelle an der Oberfläche 19 des Werkstücks 18 aufsetzen kann. Im Rahmen der Positionierung wird mindestens eines der Glieder G1, G2, G3 um die zugeordnete Drehachse A1, A2 oder A3 gedreht.
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Beim Aufsetzen der Tastspitze 62 gelangt auch die Kufe 64 des Rauheitssensors 44 in Anlage mit der Oberfläche 19. Der Messkopf 21 erzeugt dabei die für die Rauheitsmessung benötigte Antastkraft, mit der die Tastspitze 62 auf der Oberfläche 19 des Werkstücks 18 aufliegt. Während der Messung wird der Motor M4 der Vorschubeinheit 54 betätigt, um den Rauheitstaster 58 entlang der Vorschubrichtung V zu verfahren. Die Kufe 64 gleitet dabei über die Oberfläche 19 des Werkstücks 18 hinweg. Wellen oder Stufen auf der Oberfläche führen dabei zu Auslenkungen des Rauheitssensors 44 entlang der Auslenkrichtung D, die von dem Messkopf 21 aufgenommen und gemessen werden.
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Während des Verfahrvorgangs V wird gleichzeitig der Messarm 60 mit der daran befestigten Tastspitze 62 von kleineren Riefen oder Rillen auf der Oberfläche 19 ausgelenkt. Die Auslenkungen des Messarms 60 entlang der Auslenkrichtung D werden durch einen im Gehäuse 59 angeordneten Wandler erfasst. Die vom Wandler erzeugten Messsignale werden über die Kupplungen der Positioniervorrichtung 22 und über das Koordinatenmessgerät 10 an die Auswerte- und Steuereinrichtung 38 übermittelt. Aus diesen Messsignalen wird schließlich das Rauheitsprofil der Oberfläche 19 abgeleitet.
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Ansteuerung der Positioniereinrichtung
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Im Folgenden wird erläutert, wie die Positioniereinrichtung 22 angesteuert wird, um die vorstehend beschriebenen Bewegungen auszuführen.
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Unabhängig von der konkreten Messaufgabe und somit unabhängig davon, ob es sich bei dem Messinstrument um den Rauheitssensor 44, einen anderen taktilen Sensor oder um einen optischen oder elektrischen Sensor handelt, müssen bei allen Messaufgaben die kartesischen Koordinaten des in der 3 gezeigten Messpunktes MP auf der Oberfläche 19 des Werkstücks 18 ermittelt werden. Diese kartesischen Koordinaten werden üblicherweise in einem Koordinatensystem des Koordinatenmessgeräts 10 angegeben. Als Koordinatennullpunkt kann dabei z. B. der Mittelpunkt einer in der 1 dargestellten Kalibrierkugel 66 dienen, deren Ort zuvor mit hoher Genauigkeit relativ zu dem Tisch 12 mit anderen Mitteln gemessen wurde.
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Der gesuchte Ortsvektor des Messpunktes
MP wird im Folgenden mit
bezeichnet. Die Positioniereinrichtung
22 liefert den Ortsvektor
an der Kupplung des hier als steif unterstellten Messkopfes
21. Dann ergibt sich der Ortsvektor
des Messpunktes MP zu
wobei
Drehmatrizen sind, welche Drehungen um die Drehachsen
A1,
A2 bzw.
A3 beschreiben,
die durch die Länge der Armabschnitte
G1,
G2 und
G3 vorgegebenen Translationen repräsentieren,
die Vorschubrichtung bezeichnet und der Steuerparameter
xv ein Maß für den eingestellten Vorschub ist. Der Vektor
ist ein Maß für den Abstand zum Messpunkt
MP entlang der Auslenkrichtung
D, d.h. senkrecht zur Oberfläche
19. Bei einem Tastschnittgerät wird dieser Abstand über die Auslenkung des Tastelements
60 ermittelt.
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Durch Kalibrierung können in an sich bekannter Weise Abweichungen vom idealen Verhalten berücksichtigt werden, die z. B. Folge von Herstellungs- und Montagetoleranzen sein können. Hierzu wird die Kalibrierkugel
66, dessen Pose im Koordinatensystem des Koordinatenmessgeräts
10 bekannt ist, mehrfach aus unterschiedlichen Richtungen angemessen. Dadurch wird die Form der Oberfläche der Kalibrierkugel
66 bestimmt, woraus die Position des Kugelmittelpunkts abgeleitet werden kann. Der Gl. (1) kann dann z. B. ein Korrekturterm
hinzugefügt werden, der die Abweichung zwischen dem gemessenen und dem tatsächlichen Ortvektor beschreibt.
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Bevor eine Messung durchgeführt werden kann, wird der Rauheitssensor 44 zunächst der als nächstes zu vermessenden Oberfläche in der richtigen Orientierung zugestellt. Um von einer Ausgangspose zu einer Zielpose zu gelangen, berechnet die Steuer- und Auswerteeinrichtung 38 zuvor einen geeigneten Verfahrweg. Bei dieser Berechnung werden zum einen die steuerbaren, d. h. über die Antriebe M1 bis M4 beeinflussbaren, Freiheitsgrade berücksichtigt. Zum anderen muss die Geometrie des Werkstücks und ggf. vorhandener Werkstückhalterungen in die Berechnung einbezogen werden, da der Rauheitssensor 44 in der Regel nicht auf dem geometrisch kürzesten Weg zwischen der Ausgangspose und der Zielpose verfahren werden kann. Für die Berechnung der ggf. erforderlichen Umfahrwege sind verschiedene Algorithmen im Stand der Technik bekannt, so dass an dieser Stelle hierauf nicht näher eingegangen wird.
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Diese Algorithmen greifen auf ein Strukturmodell des Arms 40 zurück, das die möglichen Bewegungen seiner Glieder beschreibt. In herkömmlichen Positioniereinrichtungen dieser Art wird ein Strukturmodell verwendet, das im Wesentlichen der Gl. (1) entspricht. Bei drei Drehachsen A1, A2, A3 und einer Vorschubachse V stehen dann insgesamt vier Steuerungsparameter zur Verfügung, nämlich drei Steuerungsparameter Pα1 , Pα2 , Pα3 , für Drehungen um die Drehachsen A1, A2, A3 und ein Steuerparameter Pv für die Verfahrbewegung der Vorschubeinheit 52. Unterstellt wird dabei, dass sich der Arm 40 wie durch die Konstruktion vorgegeben verhält. Dies bedeutet beispielsweise, dass die Drehachsen A1, A2, A3 sich paarweise schneiden, exakt orthogonal zueinander ausgerichtet sind und Armabschnitte G1, G2, G3 sowie die verbindenden Gelenke perfekt steif sind und sich deswegen nicht aufgrund statischer oder dynamischer Kräfte verbiegen.
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Da diese Annahmen auf reale Systeme nicht zutreffen, wird der Arm 40 in herkömmlichen Messvorrichtungen 22 nicht immer so angesteuert, dass sich der Rauheitssensor 44 und die Glieder G1, G2, G3 des Arms 40 zu einem gegebenen Zeitpunkt an dem gewünschten Ort befinden. Im Einzelnen kann dies insbesondere zur Folge haben, dass der Rauheitssensor 44 nicht den zuvor berechneten Weg zu seiner Sollpose einnimmt, von der aus die Messung durchgeführt werden soll. Dadurch können Teile des Arms 40 oder des Rauheitssensors 44 während der Verfahrvorgänge unbeabsichtigt das Werkstück 18 oder Teile einer (nicht dargestellten) Werkstückhalterung berühren, was zu Beschädigungen und zum Abbruch des Messvorgangs führen kann. Derartige Unterbrechungen können sehr lange dauern, weil der Austausch von Teilen der Messvorrichtung nur von besonders geschulten Personal durchgeführt werden kann und sich daran häufig mehrere Kalibriervorgänge anschließen. In modernen Produktionsabläufen sind solche Unterbrechungen kaum tolerierbar.
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Außerdem verlangen bestimmte Messungen, dass sich der Rauheitssensor 44 nicht nur in einer bestimmten Position, sondern auch in einer bestimmten Orientierung relativ zu der zu vermessenden Oberfläche 19 des Werkstücks 18 befindet. Vor allem bei Rauheitsmessungen muss die Auslenkrichtung D senkrecht oder zumindest in einem definierten anderen Winkel relativ zur Oberfläche 19 ausgerichtet sein. Gelingt es nicht, den Rauheitssensor 44 in der gewünschten Orientierung zu Oberfläche 19 auszurichten, führt dies zu Messfehlern.
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Um diese Nachteile zu vermeiden, wird bei der Messvorrichtung 22 die Kinematik des Arms 40 durch ein verbessertes parametrisches Strukturmodell modelliert. Abweichungen der Pose des Arms 40 oder seiner Glieder von durch die Konstruktion vorgegebenen Sollwerten werden darin durch mehrere Korrekturparameter beschrieben. Mit dem verbesserten Strukturmodell können parasitäre Drehungen und/oder Translationen der Glieder des Arms in Freiheitsgraden beschrieben werden, die nicht durch die vier oben genannten Steuerungsparameter Pα1 , Pα2 , Pα3 , Pv beeinflussbar sind.
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Das verbesserte Strukturmodell kann beispielsweise durch die Gleichung (2) repräsentiert werden, die ebenso wie Gleichung (1) die Berechnung des Ortsvektors
ermöglicht.
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Die Drehmatrizen
beschreiben in der Gleichung (2) keine Drehungen um nur eine Drehachse, sondern um drei orthogonale Drehachsen gemäß Gleichung (3):
wobei α, β, γ die Drehwinkel um die drei orthogonalen Achsen des jeweiligen Koordinatensystems sind. Einer dieser drei Drehwinkel ist jeweils durch einen Steuerparameter
Pαi gegeben, während die zwei anderen Drehwinkel Korrekturparameter darstellen, die durch einen noch zu erläuternden Kalibriervorgang bestimmt werden. Durch diese allgemeineren Drehmatrizen wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Achsen
A1,
A2,
A3 sich nicht notwendigerweise schneiden, sondern in der Regel windschief zueinander angeordnet sind.
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Die Funktionen
Fel,i in der Gleichung (3) beschreiben die elastischen Eigenschaften der Glieder des Arms
10. Eine Durchbiegung des zweiten Armabschnitts
G2 bei horizontaler Ausrichtung wird beispielsweise durch die Gleichung (4) beschrieben.
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Durch Einwirken von Kräften Fx , Fy und Fz sowie von Momenten Mx , My und Mz , die sich aus den Massen der einzelnen Glieder berechnen lassen, kommt es zu zusätzlichen Translationen tx , ty und tz und Rotationen rx , ry und rz . Die Elemente der Matrix stellen weitere Korrekturparameter dar, die durch die Kalibration bestimmt werden.
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Man erkennt, dass bei Berücksichtigung aller vorstehend erwähnten Abweichungen vom idealen Verhalten sehr viele Korrekturparameter in das verbesserte parametrische Strukturmodell einfließen.
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Die Festlegung der Korrekturparameter erfolgt am einfachsten in einem Kalibriervorgang. Hierzu wird der Rauheitssensor 44 mit Hilfe des Arms 40 in eine erste Kalibrierpose bewegt, die sich in der Nähe der Kalibrierkugel 66 befindet, deren Pose im Koordinatensystem des Koordinatenmessgeräts 10 bekannt ist. Zu diesem Zweck wird als Messinstrument am besten ein einfacher Tastsensor verwendet.
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Der Tastsensor misst nun in an sich bekannter Weise eine Ortsinformation der Kalibrierkugel
66. Die gemessene Ortsinformation wird den Steuerungsparametern
Pα1 ,
Pα2 ,
Pα3 ,
Pv , unter deren Verwendung der Arm
40 in die Kalibrierpose bewegt wurde, und einem Satz von zunächst unbekannten Korrekturparametern
Pi,1 zugeordnet. Diese Schritte werden mehrfach mit unterschiedlichen Kalibrierposen wiederholt, wodurch mehrere Sätze von Korrekturparametern
Pi,2 ,
Pi,3 etc. erhalten werden. Die Korrekturparameter können nun durch einen Vergleich der gemessenen Ortsinformationen und der mehreren Sätze von Korrekturparametern bestimmt werden. Am einfachsten gelingt dies durch Lösen eines linearen Gleichungssystems auf der Basis der Gleichung (2). Jede gemessene Ortsinformation repräsentiert einen Ortsvektor
der über die Gleichung (2) den Korrekturparametern
Pi zugeordnet ist. Wenn die Zahl der gemessenen Ortsvektoren
so groß ist wie die Zahl der zu bestimmenden Korrekturparametern
Pi , kann auf diese Weise ein Satz von Korrekturparametern
Pi ermittelt werden, auf dessen Grundlage dann die Ansteuerung des Arms
40 durchgeführt werden kann.
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Da häufig keine exakte Lösung des Gleichungssystems existiert, kann durch Lösen eines Optimierungsproblems mit bekannten numerischen Verfahren ein Satz von Korrekturparametern Pi bestimmt werden, mit dem sich die gemessenen Ortsvektoren gemäß der Gleichung (2) am besten annähern lassen.
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Einmessen des Rauheitssensors
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Die von der Positioniereinrichtung 22 getragenen Messinstrumente werden üblicherweise mit Hilfe einer Kupplung an dem beweglichen Arm 40 der Positioniereinrichtung 22 befestigt. Trotz der hochpräzisen Fertigung der Kupplung sind auch hier Fertigungs- und Montagetoleranzen unvermeidbar. Diese können dazu führen, dass die Pose des Messinstruments relativ zum Arm 40 nicht exakt den Sollwerten entspricht. Kritisch sind insoweit nicht nur Lagefehler, sondern auch Fehler in der räumlichen Orientierung, da etwa bei Rauheitssensoren azimutale Winkelfehler bezüglich der Längsachse der Sensoren dazu führen, dass die Werkstückoberfläche nicht orthogonal abgetastet wird.
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Um solche Toleranzen mit einer rechnerischen Korrektur berücksichtigen zu können, kann eine zusätzliche Kalibrierung durchgeführt werden, was im Folgenden am Beispiel des Rauheitssensors 44 erläutert wird. Am Rauheitssensor 44 ist zum Zwecke der Kalibrierung eine vorzugsweise kugelförmige und in der 2 erkennbare Einmesshilfe 70 befestigt, deren Pose im Koordinatensystem des Messinstruments möglichst exakt bestimmt wurde. Diese Einmesshilfe 70 wird in Kontakt mit der Kalibrierkugel 66 gebracht, deren Pose in dem Koordinatensystem des Koordinatenmessgeräts 10 bekannt ist, um auf diese Weise die Position der Einmesshilfe 70 in dem Koordinatensystem des Koordinatenmessgeräts 10 zu messen. Aus der so gemessenen Position der Einmesshilfe 70 wird ein Korrekturwert für die Lage des Koordinatensystems des Rauheitssensors 44 relativ zu dem Koordinatensystem des Koordinatenmessgeräts 10 abgeleitet, wie sie aus der Gl. (2) ableitbar ist.
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Bei einer kugelförmigen Einmesshilfe 70 ist zwar die Position, aber nicht die Orientierung des Rauheitssensors 44 relativ zu dem Arm 40 eindeutig bestimmbar. Die Mehrdeutigkeit bezüglich der Orientierung kann aufgelöst werden, wenn an dem Rauheitssensor 44 eine weitere Einmesshilfe 72 angeordnet ist, deren Ort im Koordinatensystem des Rauheitssensors 44 ebenfalls möglichst exakt bestimmt wurde. Diese weitere Einmesshilfe 72 wird zu einem späteren Zeitpunkt in Kontakt mit der Kalibrierkugel 66 gebracht, um dadurch den Ort der weiteren Einmesshilfe 72 in dem Koordinatensystem des Koordinatenmessgeräts 10 zu messen. Unter Verwendung des gemessenen Orts der weiteren Einmesshilfe 72 wird dann die Mehrdeutigkeit bezüglich der Lage des Koordinatensystems des Rauheitssensors 44 relativ zu dem Koordinatensystem des Koordinatenmessgeräts 10 ausgeschlossen.