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Die Erfindung betrifft eine Messvorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und ein Messverfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 13.
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In vielen Systemen mit beweglichen Bauelementen ist es wichtig, das Versagen der Bauelemente zu erfassen, aber insbesondere auch, das Versagen der Bauelemente vorherzusagen.
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Es ist bekannt, den Körperschall eines Systems, wie z.B. eines Wälzlagers, zu analysieren, um den Verschleiß zu beurteilen. Dazu werden z.B. eingebettete Piezoelemente (piezoelektrische oder piezoresistive Sensorelemente) eingesetzt. Der Wälzlagerverschleiß ergibt sich dann auf Grund periodischer oder quasi-periodischer Signale. Schäden, wie z.B. das Überrollen der Wälzkörper von Defekten auf den Laufflächen, können so erkannt werden.
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Die Aufgabe wird durch eine Messvorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst.
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Dabei erfasst die Messvorrichtung Körperschall und Verformung gleichzeitig an einem System mit mindestens einem ersten Bauelement, das sich relativ zu mindestens einem zweiten Bauelement unter Last bewegt.
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Dabei ist mindestens ein Messelement so eingerichtet und ausgebildet, dass damit Körperschall und Verformung gemeinsam messbar sind. Damit ist die Erfassung von unterschiedlichen, aber für die Beurteilung des Systemzustands wichtigen, Frequenzbereichen möglich.
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Dabei sind in einer Ausführungsform Körperschall im Frequenzbereich bis 5 MHz, insbesondere bis 2 MHz und Verformungen hinunter bis zu 0.1 Hz messbar. Die Frequenzbereiche können damit mehr als sechs Größenordnungen auseinanderliegen.
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In einer Ausführungsform sind der Körperschall und die Verformung durch mindestens ein Piezoelement erfassbar. Insbesondere kann dabei das mindestens eine Piezoelement ein piezoelektrisches Element, ein piezoresistives Element, eine Dehnungsmessbrücke oder eine Messbrücke mit piezoresistiven Elementen aufweisen.
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Zusätzlich oder alternativ weist das mindestens eine Messelement ein trägheitsfreies Messprinzip auf, wobei insbesondere ein Piezokristall verformt wird. Somit ist es nicht erforderlich, dass das Messelement eine Beschleunigungsmasse aufweist.
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In einer weiteren Ausführungsform ist das mindestens eine Piezoelement in ein festes Bauteil des Systems, insbesondere einen Außenring eines Wälzlagers, eingebettet oder als geschlossenes, separates Bauteil angebaut.
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Auch ist es möglich, aus dem erfassten Körperschall und der erfassten Verformung ein Messsignal, insbesondere ein Muster, in Abhängigkeit einer Abweichung von der regulären Form eines Lastwechsels (d.h. der Lastwechsel wird als die periodische Überrollung des Sensorareals aufgefasst), zu generieren, wobei die Abweichung insbesondere repräsentativ für die Feststellung mindestens eines Schadens des Systems und / oder der Bauelemente ist. Die gleichzeitige Erfassung von Körperschall und Verformung erlaubt eine umfassende Kontrolle des zu prüfenden Systems. Dies bedeutet, dass das mindestens eine Messelement eingerichtet und ausgebildet ist, eine solche Abweichung zu erfassen.
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Auch ist es möglich, dass der Lastwechsel in einer Änderung eines am System angreifenden Momentes und / oder einer am System angreifenden Kraft resultiert.
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Typischerweise kann das System ein Lager, ein Wälzlager und / oder Getriebe sein oder solche Teile aufweisen. In allen diesen Ausführungsformen sind mindestens zwei Bauelemente vorhanden, die sich unter Last relativ zueinander bewegen.
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Das Signal besteht aus Überrollsignal plus einem höherfrequenten Schadsignal (falls ein Schaden vorhanden ist). Bei der Anwendung auf ein Wälzlager ist in einer Ausführungsform ein Signal der Wälzkörper ermittelbar, wobei der Überrollanteil dominiert. Es ist ein Filtermittel dazu vorgesehen ist, das höherfrequente Schadsignal aus dem Signal zu ermitteln. Dabei kann insbesondere mindestens ein Filterparameter des Filtermittels durch eine Auswertung des Überrollsignals ermittelbar sein.
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Die Aufgabe wird auch durch ein Messverfahren nach Anspruch 13 gelöst.
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Dabei werden mit mindestens einem Messelement der Körperschall und eine Verformung zusammen und im Wesentlichen gleichzeitig erfasst.
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Insbesondere kann in einer Ausführungsform aus dem erfassten Körperschall und der erfassten Verformung ein Messsignal, insbesondere ein Muster, in Abhängigkeit einer Abweichung von der regulären Form des Lastwechsels generiert werden, wobei die Abweichung insbesondere repräsentativ für die Feststellung mindestens eines Schadens des Systems und / oder der Bauelemente ist.
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Die Auswertung abklingender Eigenfrequenzen kann insbesondere unter Verwendung von Hüllkurven, z.B. ermittelt mit der Hilbert-Transformation, erfolgen.
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Aus dem Signal kann nach einer Fourier-Transformation die Auswertung von Seitenbändern zur Feststellung von periodischen Vorgängen erfolgen.
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Auch ist es möglich, dass eine Messung von Lasten erfolgt, die das Bauelement bis in den plastischen Bereich belasten.
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Die Messvorrichtung und / oder das Messverfahren können in einer Turbomaschine, insbesondere einem Flugzeugtriebwerk, verwendet werden.
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Ausführungsbeispiele werden anhand von Figuren näher beschrieben. Dabei zeigt
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1 eine schematische Ansicht einer Stirnseite eines Wälzlagers mit Piezoelementen (Piezosensor);
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2 eine schematische Schnittansicht durch ein Wälzlager mit einer Detailansicht eines Messelementes;
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3 ein Flussdiagramm einer Ausführungsform eines Messverfahrens, hier einer Wälzlageranalyse;
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4 eine graphische Darstellung eines Stoßes, von Strukturresonanzen und einer Abklingkurve;
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5 Darstellung einer Stoßimpulsmessung eines geschädigten Wälzlagers und einer Hüllkurvenanalyse anhand der Teilabbildungen a) bis d) in 5;
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6 oben ein erfasstes Rohsignal des piezoelektrischen Messelementes, unten das dazugehörige Frequenzspektrum nach Filterung und Bildung der Umhüllenden;
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7 Darstellung der an einem Triebwerkslager gewonnenen Ergebnisse mit einem vorgeschädigtem Lager unter Verwendung eines Piezoelementes;
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8a–f Darstellung der Verformungen am Außenring eines Wälzlagers eines Flugzeugtriebwerkes in verschiedenen Flugphasen (Leerlauf, Sinkflug, Geradeausflug; Steigflug, Starten, maximaler Schub);
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9 oben ein Überrollsignal eines Wälzlagers in Abhängigkeit von der Zeit; unten ein Spektrum des Überrollsignals in Abhängigkeit von der Frequenz;
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10 eine Darstellung einer Lastabschätzung basierend auf der Signalamplitude des Piezoelementes (Piezosensors) und der Käfiggeschwindigkeit. Oben: Berechnung der axialen Last in kN, unten: relative Differenz in %.
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11 ein Überrollsignal eines Keramikwälzlagers mit einem erkannten Riss,
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12 grafische Darstellungen eines Rechnermodells zur axialen Lastschätzung.
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Im Folgenden werden die Ausführungsformen der Messvorrichtung und des Messverfahrens anhand von Beispielen, nämlich der Datenerfassung an einem Wälzlager, beschrieben. Das Wälzlager ist ein System, in dem sich ein erstes Bauelement (hier z.B. eine Kugel) unter Last relativ zu einem zweiten Bauelement (hier Laufbahn des Wälzlagerings) bewegt.
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Dabei geht es um die Erkennung von kleinen oder kleinsten Schäden in einem Wälzlager, insbesondere einem Kugellager. Das Überrollen eines Schadens verursacht einen Puls mit einer hohen Bandbreite. Dieser Puls regt die Eigenfrequenzen der umgebenden Strukturen an, die z.T. sehr hoch sein können. Diese Frequenzen können von einem Piezoelement 2 aufgenommen werden. Dabei geht es nicht um die Überrollfrequenzen des Schadens an sich.
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Grundsätzlich können die hier beschriebenen Vorrichtungen und Verfahren auch bei anderen Wälzlagern verwendet werden, wie z.B. radialem Rollenlager, Kugellager, Nadellager, Zylinderrollenlager oder Tonnenlager. Auch können damit Schrägkugellager oder Axiallager untersucht werden.
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In jedem Fall ist ein Wälzlager ein System, bei dem sich Bauelemente (Außenringe 11, Wälzkörper 15, etc.) relativ zueinander unter Last bewegen.
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Dabei ist die Erkennung von Schäden auf einer Kugel (oder allgemeiner einem Wälzkörper 15) besonders wichtig, da dies mit bisherigen Technologien nicht geleistet werden kann.
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1. Aufbau und Installation eines Messelementes
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In der Anwendung in einem Schrägkugellager 10 als ein Beispiel für ein Wälzlager werden vier Messelemente 1 mit Piezoelementen (d.h. Piezokristallen) an der Stirnseite des Wälzlagers (d.h. hier dem Außenring 11) angebracht, siehe 1 und 2.
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Die Messelemente 1 werden dabei in einer Nut 5 des Außenrings 11 angebracht. Das Piezoelement 2 ist mit einer Schutzschicht 3 (z.B. eine Glasfasermatte, die mit einem Kleber gegen Öleinflüsse imprägniert wurde) überzogen und / oder in die Nut 5 eingebettet. Das Piezoelement 2 ist über ein Befestigungsmittel 4 (z.B. eine Epoxidschicht) mit dem Außenring 11 des Wälzlagers 10 verbunden.
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Dies ist eine mögliche Form einer Einbettung eines Messelementes 1 mit einem Piezokristall 2 in ein festes Bauteil (hier das Wälzlager 10).
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Die Piezoelemente 2 sind mit einer Messvorrichtung 20 (mit einem Datenverarbeitungsmittel) verbunden, mit dem die erfassten Messsignale auswertbar sind. Auch weist die Messvorrichtung 20 ein Filtermittel 21 auf, mit dem bestimmte Signale in noch zu beschreibender Weise gefiltert werden können.
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2. Funktionsprinzip und Fehlererkennungsmethoden
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Im polarisierten Piezokristall des Piezoelementes 2 wird durch eine Verformung eine Ladungsverschiebung (piezoelektrischer Effekt) hervorgerufen und somit wird eine elektrische Spannung generiert, die an die Messvorrichtung 20 mit einer Datenauswertungseinheit übermittelt wird.
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Durch die Verwendung von Piezoelementen 2 kann ein trägheitsfreies Messprinzip realisiert werden, d.h., es sind keine Beschleunigungsmassen notwendig.
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Im piezoresistiven Kristall des Piezoelementes 2 erfolgt eine Änderung des elektrischen Widerstandes. (Ausführung des Piezoelementes 2 als Einzelkristall oder als Messbrücke). Dies ermöglicht die Messung von:
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Körperschall bei Schadüberrollung (siehe Abschnitt 2.1)
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Bei der Überrollung eines Schadens, entweder auf der Kugel oder den Lagerringen, erfolgt ein Energieeintrag. Der entstandene Körperschall ist mit einem Piezoelement 2 messbar. Unter Körperschall wird hier die Ausbreitung von Schall, insbesondere Longitudinalwellen, in einem Festköper verstanden. Die Körperschallanregung durch Pulse ist in 5 Teil a) dargestellt. Die Antwort als abklingende Strukturresonanz ist in 5 Teil b) dargestellt.
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Zyklische Überrollung (Verformung, siehe Abschnitt 2.2)
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Bestimmung der Käfigdrehzahl, aber auch der Wellendrehzahl und kleinste Unwucht werden dadurch ermöglicht. Die Amplitude der Überrollung lässt auf das Maß der Verformung und somit auf die Lagerlast rückschließen. Durch das Überrollsignal ist eine fortlaufende Funktionsprüfung der Messkette möglich.
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Somit ist es möglich, Körperschall und Verformungen gemeinsam im System, hier also einem Wälzlager 10, zu bestimmen.
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Bei der Anwendung in Flugzeugtriebwerken kann die Verformungsfrequenz als Käfigfrequenz mal Kugelanzahl angenommen werden. Die Käfigfrequenz ist kleiner als die halbe Drehzahl der Welle. Der Körperschall weist eine viel höhere Frequenz auf, in der Regel über 10 KHz.
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2.1 Schadenserkennung durch Körperschallmessung
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Bei der Überrollung von Schäden oder Partikeln im Kugellager 10 kommt es zu einem zeitlich kurz andauenden Stoß (angenähert Dirac-Stoß, siehe Kurve a) in 4). Dies kann als eine Abweichung von der regulären Form des Lastwechsels aufgefasst werden. Der Lastwechsel kann für eine Kraft und / oder ein Moment vorliegen.
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Dieser Stoß selbst ist messtechnisch nur sehr schwer erfassbar, regt jedoch Eigenfrequenzen von umliegenden schwingfähigen Strukturen an. Angeregte Eigenfrequenzen sind als abklingende Schwingungen gut durch das Messelement 1 (Sensorelement) messbar. Die Schwingungen der Eigenfrequenzen sind jedoch nicht entscheidend für die Schaderkennung, vor allem die Wiederholrate dieser Schwingungen ist für die Erkennung von Lagerschäden von Interesse. Der Analyseprozess der Wiederholrate wird im Ablaufdiagramm in 3 schematisch wiedergegeben und im Folgenden erläutert.
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2.1.1 Hochpassfilterung der Signale der Piezoelemente
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Die Signale, die bei der Überrollung im Bereich der Piezoelemente 2, d.h. der Messelemente (Verformung), entstehen (siehe 8), haben im Vergleich zu den Signalen, die bei den Schadüberrollungen entstehen (Körperschall), sehr hohe Amplituden.
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Für eine Ermittlung der Körperschallsignale auf den Überrollsignalen ist eine Filterung mit einem Filtermittel 21 sinnvoll, das z.B. mit einer Messvorrichtung 20 gekoppelt ist (siehe 1). Allerdings ist der Körperschall in einem höheren Frequenzbereich angesiedelt und kann deshalb gut durch eine Hochpassfilterung sichtbar gemacht werden. Bei der Filterung (Schritte 1 und 2 in 3) ist Vorsicht geboten; da die Überrollsignale sehr viel höhere Amplituden haben als die Körperschallsignale, kann es dazu kommen, dass nach der Dämpfung durch einen Hochpassfilter 21 noch ausreichend Signalanteile der Überrollfrequenz vorhanden sind. Diese würden dann irrtümlicherweise als Außenringfehler identifiziert werden.
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In 11 ist ein Überrollsignal mit einer Amplitude von ca. 0,1 Einheiten der y-Achse dargestellt. Diesem überlagert sind sehr viel höherfrequente Schadsignale (siehe die beiden Kreise in 11), die hier durch einen Riss in einer Keramikkugel eines Kugellagers erzeugt wurden. Dieses Schadsignal entspricht dem Abklingen einer angeregten Strukturresonanz (siehe 4).
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2.1.2 Hüllkurvenerfassung
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Bei der Schadüberrollung einer defekten Komponente im Wälzlager 1 ist das durch kleine Schäden erzeugte Signal selbst gar nicht zu sehen. Die Überrollung erzeugt einen sehr kurzen Stoß, der dann von der Abtastung erfasst und aufgelöst werden müsste. Allerdings wird bei einer Schadüberrollung meist eine Eigenfrequenz angeregt, die sehr gut messbar ist. 5 verdeutlicht den Zusammenhang zwischen dem Stoß (Kurve a)), der Strukturresonanz (Kurve b)) und der Abklingkurve (oder Hüllkurve, Kurve c)).
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Die wichtige Information über den Schaden ist in der Wiederholfrequenz der angeregten schnell abklingenden Schwingungen der Eigenfrequenzen enthalten (5, Kurve b)).
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Um die Wiederholfrequenz erhalten zu können, wird die Hüllkurve (Kurve c) in 5) gebildet. Eine mögliche Methode zur Bildung der Hüllkurve stellt die Hilbert-Transformation dar. Eine Hüllkurve kann allerdings auch über eine Gleichrichtung des Signals mit anschließender Tiefpassfilterung gebildet werden.
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Dabei ist schematisch ein Wälzlager 10 dargestellt, bei dem eine Schädigung der Außenringlaufbahn vorliegt.
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Im Teil a) der 5 sind individuelle Dirac-Stöße angenähert dargestellt. Diese Stöße haben die Strukturresonanzen (überlagertes Körperschallsignal, siehe 4, Teil b) der 5) zur Folge. Die Strukturresonanzen sind hier gedämpfte Schwingungen im Wälzlager 10. Durch die Hilbert-Transformation oder ein vergleichbares Verfahren werden dann die Hüllkurven der Strukturresonanzen gebildet (siehe Teil c) der 5).
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Dieses Signal kann dann einer Frequenzanalyse (z.B. Analyse der Hüllkurve mittels FFT) unterzogen werden, die z.B. in der Messvorrichtung 20 mit der Datenverarbeitungsvorrichtung durchgeführt wird. Der Teil d) der 5 zeigt die Moden der Strukturresonanzen im Frequenzraum als Ergebnis der Frequenzanalyse.
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Der Abstand der Moden wird durch die Größe fAR bestimmt, deren Größe von der Drehzahl, der Kugelanzahl z, dem Kontaktwinkel α und dem Durchmesserverhältnis Dpw / Dw, d.h. dem Verhältnis von Kugeldurchmesser und Durchmesser des Kreises, auf dem die Wälzkörpermittelpunkte liegen, abhängt.
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Da nicht über rein-theoretische Überlegungen die Eigenfrequenzen ausgearbeitet werden können, müssen diese messtechnisch bestimmt werden. Es ist dann möglich, Durchlassfrequenzen derart zu setzen, dass möglichst nur die Eigenfrequenz durchgelassen wird, die für die entsprechende Überwachung von Interesse ist. Es ist dabei allerdings zu beachten, dass sich diese Eigenfrequenz entsprechend der Betriebsbedingungen und der Betriebsdauer verschieben kann. Das optimale Setzen der Frequenzen ist jedoch eine Möglichkeit, die zahlreich vorhandenen Störfrequenzen eines Flugzeugtriebwerks von Beginn an nach Möglichkeit auszublenden.
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2.1.3 Seitenbänder und Höherharmonische
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2.1.3.1 Seitenbänder
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Die Messelemente 1 (Sensoren) sind am Außenring 11 der Wälzlager 10 fest eingebaut (siehe 1, 2). Schadüberrollungen am Innenring 12 oder auf den Wälzkörpern 15 (z.B. Kugeln) werden von diesem Messelement 1 aufgrund der unterschiedlichen Entfernungen zu anderen Messelementen 1 mit sich verändernden Amplituden aufgenommen. Dies führt zu einer Amplitudenmodulation der Signalfrequenzen. Die Amplitudenmodulation drückt sich im Frequenzspektrum durch Seitenbänder aus (siehe z.B. 9). Die bei einer Schadüberrollung erzeugten Seitenbänder erhöhen die Sicherheit der Schaderkennung und liefern eine Möglichkeit der genauen Zuordnung des Schadens, da sie für verschiedene Fehler (am Innenring oder an der Kugel) andere Frequenzen annehmen.
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Der Abstand der Seitenbänder ergibt zusammen mit den Mittenfrequenzen eine Information über das Lagerelement (Innenring, Außenring), das geschädigt ist.
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6 zeigt im oberen Teil ein Rohsignal eines Überrollvorgangs während einer Sekunde. Wird dieses Rohsignal einer Frequenzanalyse – einschließlich Filterung und Hüllkurvenanalyse – unterzogen, so erhält man das Signal im unteren Teil der 6 (Hüllkurvenspektrum). Dort sind die Modulation des Signals (unterschiedlich hohe Amplituden) und die Seitenbänder im Frequenzspektrum erkennbar.
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2.1.4 Test-Ergebnisse
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7 zeigt die Ergebnisse, die an einem Prüfstandtest mit einem Schrägkugellager 10 eines Triebwerks mit einer vorgeschädigten Kugel erzielt wurden. Dabei fand eine Wiederholung von Standardflugzyklen statt, hier insgesamt 114 h. Die ist in der oberen Kurve der 7 dargestellt, wobei die Zyklen hier durch Drehzahlen repräsentiert werden.
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Es ist anhand der Überrollereignisse (Kreuze als unterste Messwerte in 7) und des in 7 darüber dargestellten gleitenden Mittelwertes (Kurve a, dazu rechte Skala mit der Überrollrate in Prozent) Schadüberrollungen zu erkennen und dass das Messelement 1 in der Lage ist, den Schaden von Beginn an zu detektieren. Ein ebenfalls installierter Vibrationssensor war erst in der Lage, den Schaden ab dem Zeitpunkt t1 zu detektieren.
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2.2 Käfigdrehzahl-/ Wellendrehzahlmessung und Lagerlastbestimmung
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Die zyklische Überrollung des Außenrings 11 eines Wälzlagers 10 verursacht eine lokale Verformung an der Kontaktstelle des Wälzkörpers 15 mit dem Außenring 11 (siehe 8 in einer FEM-Simulation). Diese Verformung wird vom Piezoelement 2 des Messelements 1 detektiert und lässt auf die Käfigdrehzahl, die Wellendrehzahl, aber auch die axiale Last schließen.
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In den einzelnen Abbildungen der 8 werden die Verformungen in unterschiedlichen Betriebszuständen eines Flugzeugtriebwerks dargestellt. Im Leerlauf (8a)) sind die Verformungen relativ am geringsten. Die Verformungen steigern sich beim Sinkflug (8b)), Geradeausflug (8c)), dem Steigflug (8d)), dem Start (8e)) und dem maximalen Schub (8f)).
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9 zeigt das Überrollsignal, d. h., das Signal der Überrollung des Messelementes 1 durch die Kugeln, wobei anzumerken ist, dass dies nichts mit der Schadüberrollung zu tun hat.
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Der obere Teil der 9 zeigt die nominale Amplitude. Jeder Ausschlag entspricht dem Überrollen des Bereichs des Messelementes 1 durch eine Kugel.
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Das entsprechende Spektrum des Überrollsignals ist im unteren Teil der 9 dargestellt. Dabei sind hier die Grundmode sowie die erste und zweite Oberwelle des Spektrums dargestellt. Dies entspricht der Bezeichnung b im unteren Teil der 9. Die erste Oberwelle hat eine Amplitude von ca. 40% der Grundmode. Die zweite Oberwelle hat eine Amplitude von weniger als 10% der Grundmode.
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Die Seitenbänder um die Moden des Spektrums weisen den Abstand +/–c (Wellendrehzahl) auf, wobei das gesamte Spektrum um +c gegenüber dem Nullpunkt verschoben ist. Die Seitenbänder stammen von minimalen Exzentrizitäten (Unwucht) der Welle.
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Jeder Wellenberg stellt einen vorbeirollenden Wälzkörper 15 dar. Im Spektrum kann die Wellendrehzahl in Form von Seitenbändern und die Überrollfrequenz als Produkt von Käfigfrequenz mit der Kugelanzahl abgelesen werden. Die Seitenbänder treten auf Grund der Amplitudenmodulation des Signals auf.
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Die Überrollung des Schadens erfolgt in räumlich unterschiedlichen Abständen zum Messelement 1. Dabei treten Amplituden am Messelement 1 auf, die mit zunehmenden Abstand kleiner werden. Die Schadüberrollung ruft aber Frequenzen hervor, die in einem ganz anderen Bereich liegen, als die Frequenzen, die beim Überrollen des Messelementbereichs durch die Kugeln hervorgerufen werden.
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Es ist ebenfalls möglich, aus der Signalamplitude, respektive der Verformung, (siehe 7) und der Käfiggeschwindigkeit die axiale Last zu ermitteln. Die 10 zeigt die guten Ergebnisse der Lastabschätzung für verschiedene Sensoren (#2 bis #6) für unterschiedliche Flugzyklen.
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Die Lastabschätzung wird in Zusammenhang mit der 10 dargestellt. Dazu wird ein Mittel zur Lastabschätzung verwendet, indem ein Rechenmodell verwendet wird.
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Eingangsgrößen für den Lastschätzer sind die Temperatur von Laufringen eines Wälzlagers, die vom Piezoelement erfassten Amplituden und die Käfigfrequenz. Die Ausgangsgröße des Lastschätzers ist die Axialkraft auf die Laufringe des Wälzlagers.
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Das Rechenmodell kann z.B. einen Polynomansatz zweiter Ordnung umfassen. Mittels einer Fehlerquadratminimierung können die Parameter, d.h. die Koeffizienten des Polynomansatzes, bestimmt werden.
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In 10 sind im oberen Teil die Messungen und die berechneten Lastschätzungen gegenübergestellt. Die Abweichungen sind gering. Im unteren Teil der 10 sind die relativen Differenzen zwischen gemessenen und geschätzten Daten dargestellt.
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In 12 ist in einer 3D Darstellung das Rechenmodell für die geschätzte Axialkraft dargestellt. So steigt z.B. mit zunehmender Käfigfrequenz die geschätzte Axialkraft an. Die Temperatur der Laufringe war hier konstant angenommen worden.
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2.3 Lebensdauerbestimmung
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Das Konzept zur Bestimmung der Lagerlebensdauer bestimmt den Lagerzustand anhand der Akkumulation aller Schäden, unter Berücksichtigung der Lagerlast, sowie der Materialkennwerte und prognostiziert daraus die verbleibende Lebensdauer. Das Messelement 1 ist im Stande, die genaue Überrollhäufigkeit zu bestimmen und die Last abzuschätzen, was zu einer genaueren Lebensdauerberechnung führt.
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Die geringe Abmessung des Messelements 1, die hohe Sensitivität und das Prinzip der Körperschallmessung in Kombination mit der Verformungsmessung ermöglichen eine Frühindikation, die mit einem Vibrationssensor nicht möglich ist. Eine einfache Integration an unterschiedlichen Positionen ist dadurch ebenfalls realisierbar.
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Der Piezokristall des Piezoelementes 2 zeichnet sich durch seine große Bandbreite aus. Diese ist um ein Vielfaches größer als bei einem herkömmlichen Vibrationssensor. Zudem existiert keine abnehmende Empfindlichkeit bei hohen Frequenzen. Somit kann z.B. ein Bereich von 0.1 Hz, insbesondere von 1 Hz bis zu mehreren MHz abgedeckt werden. Auch kann eine Schadensdetektion in bestimmten Frequenzbereichen erfolgen.
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Da das Messelement 1 die Kraft anhand der Verformung misst, muss es nicht zwischen zwei Flächen eingepresst werden. Dadurch kann trotz der Installation an der Außenfläche die Last direkt bestimmt werden (siehe z.B. 2). Außerdem kann durch die Verformung, und damit die Bestimmung der Käfig- und Wellendrehzahl, eine durchgehende Funktionsüberprüfung des Sensors und der gesamten Messkette umgesetzt werden, dies ist ein weiterer Vorteil gegenüber dem Vibrationssensor.
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Auch wenn die Messvorrichtung und das Messverfahren anhand einer Ausführungsform eines Wälzlagers beschrieben wurden, so können beide auch im Zusammenhang mit anderen Systemen, z.B. Getrieben oder anderen Lagern, verwendet werden.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Messelement
- 2
- Piezoelement, piezoelektrisches Element
- 3
- Schutzschicht
- 4
- Befestigungsmittel
- 5
- Nut
- 10
- Bauelement, Wälzlager
- 11
- Außenring Wälzlager
- 12
- Innenring Wälzlager
- 15
- Wälzkörper
- 20
- Messvorrichtung, Datenverarbeitungsvorrichtung
- 21
- Filtermittel